Die Richterin und das Ritual des Todes (eBook)

Ein Südfrankreich-Krimi
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
352 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99889-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Richterin und das Ritual des Todes -  Liliane Fontaine
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Untersuchungsrichterin Mathilde de Boncourt ermittelt In der Nähe von Nîmes verunglückt die Schülerin eines Eliteinternats bei einem scheinbar tragischen Reitunfall tödlich. Doch bei der Obduktion wird klar: Es war kein Unfall, sondern Mord. Mathilde de Boncourt und ihr Team beginnen ihre Ermittlungen, stoßen bei Schülern wie Lehrern jedoch auf eine Mauer des Schweigens. Bald stellt sich heraus, dass es einen Zusammenhang zu dem rätselhaften Tod eines Schülers ein Jahr zuvor geben könnte. Als auf dem Gelände kurz darauf die Leiche des Sportlehrers aufgefunden wird, muss Mathilde sich fragen, ob womöglich weitere Leben in Gefahr sind ... Mathilde de Boncourt ermittelt: Band 1: Die Richterin und die Tote vom Pont du Gard Band 2: Die Richterin und die tote Archäologin Band 3: Die Richterin und der Kreis der Toten Band 4: Die Richterin und das Ritual des Todes Band 5: Die Richterin und der Tanz des Todes Band 6: Die Richterin und das Erbe der Toten Band 7: Die Richterin und der Todesbote Alle Bände sind in sich abgeschlossene Fälle und können unabhängig voneinander gelesen werden.

Liliane Fontaine ist der Geburtsname der Krimiautorin und Kunsthistorikerin Liliane Skalecki, die in Saarlouis nahe der französischen Grenze geboren wurde. Sie promovierte an der Universität des Saarlandes in den Fächern Kunstgeschichte und Klassische und Vorderasiatische Archäologie und wohnt heute mit ihrer Familie in Bremen. Die Autorin besitzt französische Wurzeln und lebt viele Wochen des Jahres in der Nähe von Nîmes, wo sie Kultur, Land und Leute und das Savoir-vivre Südfrankreichs genießt.

Liliane Fontaine ist der Geburtsname der Krimiautorin und Kunsthistorikerin Liliane Skalecki, die in Saarlouis nahe der französischen Grenze geboren wurde. Sie promovierte an der Universität des Saarlandes in den Fächern Kunstgeschichte und Klassische und Vorderasiatische Archäologie und wohnt heute mit ihrer Familie in Bremen. Die Autorin besitzt französische Wurzeln und lebt viele Wochen des Jahres in der Nähe von Nîmes, wo sie Kultur, Land und Leute und das Savoir-vivre Südfrankreichs genießt.

Prolog


Sssss. Eine Stechmücke umschwirrte seinen Kopf, bereit, es sich auf einem Stückchen Haut bequem zu machen, zuzustechen und sich eine Mahlzeit zu gönnen. Mit einem Wedeln seiner linken Hand verscheuchte er den winzigen Blutsauger. Sollte der sich sein Opfer doch auf der anderen Seite suchen. Phil würde noch nicht mal was davon bemerken.

Sie teilten sich das Zimmer. Philiberts Reich nahm die rechte Hälfte ein, seines die linke. Die rechte Seite sah immer aus, als hätte eben eine Bombe eingeschlagen. Drohte eine Zimmerkontrolle, verschwanden Klamotten, Bücher, Schuhe und Dreckwäsche im Schrank, der sich dann nur noch mühsam schließen ließ. In die Schränke schaute niemand.

Philibert drehte sich im Bett auf den Bauch, das Schnarchen ebbte für ein paar Sekunden ab. Dann ein tiefer Seufzer. Der Junge nahm wieder seine Rückenschläferposition ein, und das Schnarchkonzert begann mit voller Lautstärke von vorne. Unter normalen Umständen wäre Michel jetzt aufgestanden, hätte Philibert einen ordentlichen Klaps auf den Brustkorb gegeben, ihm zur Not eine Sekunde lang die Nase zugehalten, in der Hoffnung, sein Freund würde endlich eine Stellung finden, in der weniger Bäume ihr Leben lassen mussten.

Doch diese Nacht war keine Nacht wie jede andere. Zum gefühlt hundertsten Mal schaute Michel auf sein Handy. Noch eine halbe Stunde. Und in spätestens zwei Stunden … Er hatte kein Auge zugetan. Aufregung, Vorfreude, aber auch Beklemmung bei der bangen Frage, was nun wirklich auf ihn zukommen würde. Es ging nicht immer zimperlich zu, so viel war ihm klar. Dieses bedrückende Gefühl beherrschte nicht nur seinen Kopf, er spürte es auch körperlich, als ob man ihn ganz eng in etwas eingewickelt hätte. So musste sich ein Insekt fühlen, wenn die Spinne es mit ihren klebrigen Fäden einspann. Ob er unter einer Art Klaustrophobie litt?

Er strampelte die Bettdecke komplett weg. Doch die Befreiungsaktion nutzte nichts. Für einen Moment glaubte Michel, keine Luft mehr zu bekommen. Ein schweres, unsichtbares Gewicht legte sich auf seine Brust, hinderte ihn am Atmen. Der Junge spürte, wie seine Poren winzige Schweißtröpfchen freigaben, die sich wie ein Film auf Gesicht und Nacken legten. Seine blonden, kurz geschnittenen Locken klebten ihm am Kopf. Er setzte sich auf und drehte den Oberkörper in Richtung Klimagerät, das auch in der Nacht brummte und das Zimmer auf angenehme zweiundzwanzig Grad herunterkühlte. Der Spuk verschwand so schnell, wie er gekommen war. Die Haut fühlte sich wieder trocken an, die Beklemmung ließ nach, das Herzrasen ebbte ab. Nur noch ein leichtes Klopfen in seinem Hals blieb davon übrig. Die Vorfreude hatte die Furcht besiegt.

Als die Tür zu seinem Zimmer geöffnet wurde, war Michel mit einem Satz auf den Beinen. Während Philibert den Schlaf der Gerechten schlief, war er bereits in seine blauen Shorts und das weiße Poloshirt geschlüpft, die Sommeruniform der Jungs.

»Chut, kein Licht.«

Michel wurde links und rechts an den Armen gefasst und in Richtung Zimmertür gedreht. Er gab keinen Laut von sich. Das hatte man ihm bereits eingetrichtert – nur nicht auffallen, keinen Lärm machen, nicht kichern. Das Letzte, was man jetzt gebrauchen konnte, war ein Philibert, der aus seinem Tiefschlaf erwachte und sich an die Fersen seines Freundes und Zimmergenossen Michel heftete. Doch um dieses Problem erst gar nicht zu provozieren, hatte man vorgesorgt.

»Hat er das Zeug getrunken?« Weniger als ein Flüstern.

Michel wisperte zurück. »Jeden einzelnen Schluck.«

Philiberts Lieblingsgetränk war an jedem Abend, den der liebe Gott erschuf, ein Becher Kakao, den er geräuschvoll mit einem Strohhalm schlürfte, bevor er in seinen noch geräuschvolleren Schlaf versank. Und es durfte nur Trinkschokolade von Valrhona sein. Nur hatte der dunkle Kakao heute Abend nicht ganz so wie sonst geschmeckt. Eine leichte Bitternote, die Philibert mit einem Achselzucken und der Einschätzung, man solle sich die Zähne nicht vor diesem Genuss putzen, abgetan hatte.

»Heh, muss das sein?«

»Ja, muss sein. Stell dich nicht so an. Wir machen sie später wieder ab.«

Die Augenbinde, die Michel die Sicht nahm, wurde an seinem Hinterkopf verknotet. Das Gewebe fühlt sich angenehm kühl und leicht an, war jedoch so fein und eng gewebt, dass er überhaupt nichts mehr sah. Erneut stellte sich dieses Gefühl von Furcht ein, und sein Herz klopfte bis zum Hals.

»Ich mag das nicht, so blind durch die Gegend zu latschen. Was, wenn ich nun irgendwo drüberstolpere? Dann scheppert’s, oder ich leg mich auf die Fresse.«

»Blödsinn, wir führen dich und passen schon auf, dass unserem chouchou nichts passiert. Alors, es geht los.«

Wieder packten Hände Michel an den Armen. Er hatte keine Ahnung, wie viele ihn begleiteten. Wahrscheinlich waren es in seinem Zimmer eben zwei gewesen. Und die anderen warteten draußen. Beim Passieren der Tür zum Flur wurde es schon eng, drei Personen passten nicht gleichzeitig durch. Michels rechter Arm wurde freigegeben, dafür drückte ihn nun jemand von hinten vorwärts.

Er konzentrierte sich aufs Riechen, wenn er schon nichts sehen konnte. Seine Nase würde ihm ganz sicher verraten, wohin sie ihn brachten. Er hatte sowieso schon einen Verdacht. Hinter dem Château lagen die Sportanlagen des Internats, daran schloss sich ein weitläufiger Park mit einer Reihe von Gebäuden an, die die ehemaligen Schlossbesitzer im Verlauf der letzten beiden Jahrhunderte zu ihrem Vergnügen oder aus rein praktischen Gründen dort hatten errichten lassen. Ein runder Tempel mit acht Säulen auf einer kleinen Anhöhe, eine Grotte, in der schon lange kein Wasser mehr über den künstlich angelegten Felsvorsprung sprudelte, ein chinesisches Teehaus, das immer abgeschlossen war, um die wertvollen Kacheln an den Wänden zu schützen, ein Swimmingpool aus den Zwanzigerjahren, der mit einer festen Plane abgedeckt war, damit niemand hineinfiel, und der Eiskeller, der noch im Zweiten Weltkrieg zum Lagern von Eis, empfindlichen Lebensmitteln und, wie man sich erzählte, zum Kühlen Hunderter Flaschen Champagner genutzt worden war. Auf diesen Kühlkeller, der halb unterirdisch angelegt und dessen Eingang von grob behauenen Steinen eingefasst war, tippte Michel. Auch dieser Keller war normalerweise abgeschlossen. Doch es gab kein Problem, das seine Freunde nicht lösen konnten. Und bald wäre er Teil dieser verschworenen Gemeinschaft. Erneut klopfte sein Herz bis zum Hals, diesmal vor überschäumender Freude.

Kies knirschte unter seinen Füßen. Die außergewöhnliche Hitze des Spätfrühlingstages war jetzt einer angenehmen Kühle gewichen. Zu den beiden, die ihn aus dem Zimmer geleitet hatten, gesellten sich noch vier oder fünf weitere Personen, schätzte Michel. Einer ging wohl voraus, der Rest marschierte hinter ihm her. Seine beiden Begleiter hielten ihn sicher an den Ellbogen, geleiteten ihn nun an den Tennisplätzen vorbei. Michel roch den roten Sand, der noch die Sonnenwärme des Tages gespeichert hatte. Ganz anders der Geruch des Rasens auf dem Rugbyfeld, der täglich gehegt und gepflegt wurde.

Jetzt mussten sie wohl bald ihre Handys mit der Taschenlampenfunktion anmachen. Bis zum Rugbyfeld waren die Wege auch in der Nacht beleuchtet. Zwar nur schwach, aber immerhin so, dass niemand über etwas auf dem Boden Liegendes stolpern und sich dabei verletzen konnte. Die Sicherheit der ihnen Anvertrauten war, neben der Lehre und dem Vorbereiten auf das Leben, die höchste Priorität der Internatsleitung.

Jemand schlug Michel spielerisch mit einem Ast zwischen die Schulterblätter – Patricia. Mit einem leisen Kichern verschwand sie wieder. Ihren Duft hätte er aus Hunderten von Düften herausgerochen. Allerdings würde wahrscheinlich niemand außer ihm ihren Geruch als Duft beschreiben, doch für ihn war es der Duft der Düfte schlechthin. Eine Mischung aus Heu, Stroh und Pferd – Patricia war eine begeisterte Reiterin –, der immer an ihr haftete, und dazu dieses unverwechselbare Bouquet ihres Parfums. Irgendetwas mit Pink von Cacharel. Er hatte den Flakon auf ihrem Nachttisch gesehen.

Michels Nase enthüllte ihm den weiteren Weg. Die mit Rosen angelegten Rabatten nach barockem Vorbild, die Kräuterbeete, in denen die jüngeren Schüler fleißig herumgärtnerten, der Mischwald mit seiner harzigen und erdigen Note. Tief sog er das Aroma des Waldes in sich hinein, fühlte sich ganz eins mit der ihn umgebenden Natur. Plötzlich stutzte er, hielt an, brachte seine Begleiter fast zum Stolpern. Ein süßlich-fauliger Geruch war in seine empfindliche Nase gestiegen.

»Hier liegt was Totes.« Seine Worte unterbrachen die Stille.

»Was? Wo? Ich seh nix.« Die kleine Karawane blieb stehen. Wahrscheinlich wurde die Umgebung jetzt mit den Lampen abgescannt. Ein Rascheln verriet Michel, dass sich jemand in Richtung Unterholz bewegte.

»Tatsächlich. Da liegt ein Hase. Ich glaub, er ist noch nicht lange tot. Sieht eigentlich noch ganz lebendig aus.«

Ein kurzer Pieks mit dem Ast in seinen Rücken, und Michel trottete weiter. Keiner wunderte sich groß darüber, dass er den Tierkadaver gerochen hatte. Schon immer hatte er über diesen außergewöhnlichen Geruchssinn verfügt. Allerdings hatte es außer ihm selbst nie jemanden wirklich interessiert. Vielleicht seinen großen Bruder, eigentlich Halbbruder, den sein Vater mit in die Ehe gebracht hatte. Der zog ihn immer damit auf, er würde eines Tages als Parfumeur enden und den ganzen Tag seinen Riechkolben in einen Glaskolben stecken. Sein Bruder ärgerte ihn gerne und häufig, und doch verband die beiden eine tiefe Zuneigung. Michel nahm die Sottisen des Älteren gelassen. Und nicht nur das, er liebte die kleinen...

Erscheint lt. Verlag 3.5.2021
Reihe/Serie Ein Fall für Mathilde de Boncourt
Ein Fall für Mathilde de Boncourt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Band 4 • Bannalec • Ermittlungen • frankreich-krimi • Internat • Kommissar Dupin • Kriminalroman • Krimi Neuerscheinung 2021 • Krimireihe Frankreich • Languedoc • Madame le Commissaire • Madame le Juge • Mathilde de Boncourt • Provence-Krimi • Richterin • Ritual • Sophie Bonnet • Sophie Hénaff • Südfrankreich • Taschenbuch • Urlaubskrimi
ISBN-10 3-492-99889-5 / 3492998895
ISBN-13 978-3-492-99889-5 / 9783492998895
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