Die Sekte - Deine Welt steht in Flammen (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2021
592 Seiten
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-27100-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Sekte - Deine Welt steht in Flammen - Mariette Lindstein
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Die Sekte wurde besiegt, doch ihr Feuer brennt heißer denn je ... Die Fortsetzung der Bestsellerreihe aus Schweden!
Das Herrenhaus auf der Nebelinsel Dimö steht leer. Zwei Jahre sind vergangen, seit Sektenführer Franz Oswald seinen eigenen Sohn geopfert hat, um die junge Julia zu retten, und selbst einen Schlaganfall erlitt. Nun ist er zurück und entschlossener denn je - wären da nur nicht all jene ungewohnten Gefühle, die Franz bislang nicht kannte. Hat der Schlaganfall einen anderen Menschen aus ihm gemacht? Julia selbst arbeitet bei einer Zeitung - als das Blatt ein Interview mit Franz in Auftrag gibt, will dieser mit niemand anderem als Julia sprechen. Und obwohl ihr alle abraten, den gefallenen Sektenführer zu treffen, sagt Julia aus Neugierde zu. Noch weiß sie nicht, was Franz im Schilde führt: nämlich nach Dimö zurückzukehren und ein Experiment durchzuführen. Und Julia ist bereits Teil davon ...
Der vierte Teil der packenden »Sekten«-Reihe!
Alle Bände der Bestsellerserie aus Schweden:
Die Sekte - Es gibt kein Entkommen
Die Sekte - Deine Angst ist erst der Anfang
Die Sekte - Dein Albtraum nimmt kein Ende
Die Sekte - Deine Welt steht in Flammen
Die Sekte - Dein Feind ist dir ganz nah
(Alle Bände sind unabhängig voneinander lesbar)

Mariette Lindstein war fünfundzwanzig Jahre lang Mitglied bei Scientology. Sie arbeitete unter anderem im Hauptquartier der Kirche in Los Angeles, bis sie die Gemeinschaft 2004 verließ. Heute ist sie mit dem Autor und Künstler Dan Koon verheiratet. Die beiden leben mit ihren drei Hunden in einem Wald außerhalb von Halmstad. Ihr erster Roman »Die Sekte - Es gibt kein Entkommen« wurde in Schweden mit dem Crimetime Specsavers Award für das beste Debüt ausgezeichnet und für den CWA Dagger Award 2019 nominiert. Aktuell wird ihre Reihe für das Fernsehen verfilmt. Neben dem Schreiben hält Mariette Vorträge über die Gefahren von Sekten.

1

JULIA

Sie stieg aus dem überfüllten Zug und sah ihm hinterher, wie er nach Osten weiterfuhr, in die Innenstadt. Wie so oft überkam sie das Gefühl von Einsamkeit. Tagsüber verschwand es wieder, aber in der Dämmerung packte es sie und ließ sie nicht mehr los. Es hatte einen Puls und scharfe Krallen. Und war ziemlich bedrohlich. Sie sehnte sich nach Thor und hoffte inständig, dass er schon zuhause war.

Abends meldete sich immer die Traurigkeit, die ihr neuer Job in ihr auslöste. Wie ein Nachbeben. Nach dem Abschluss der Schule mit dem Schwerpunkt Sprache hatte sie sich ins Berufsleben gestürzt. Zwei Monate hatte sie jetzt schon bei dem Webmagazin MODA gearbeitet, das hauptsächlich von jungen Karrierefrauen gelesen wurde. Nachdem sie durch Zufall erfahren hatte, dass die Redaktion eine Assistentin suchte, hatte sie sich beworben. Und irgendetwas schien sie auch richtig gemacht zu haben, denn sie boten ihr sofort den Job auf Probezeit an.

Am Anfang hatte es sich wie ein Traumjob angehört, mit einem angemessenen Einstiegsgehalt und attraktiven Zusatzleistungen wie gratis Make-up und Klamotten. Aber das war, bevor sie ihre Chefin Susanna Asker kennengelernt hatte. In kürzester Zeit bestand Julias Aufgabe nun darin, ihr wie ein Lakai nicht von der Seite zu weichen. Der Kaffee hatte noch keine Gelegenheit gehabt abzukühlen, da verlangte Susanna bereits einen neuen. Und wenn sie ihn verschüttete – was ihr wegen der ausladenden Gesten ziemlich häufig passierte –, erwartete sie, dass Julia auf dem Boden herumkrabbelte und die Pfütze wegwischte. Aber auch diese Erniedrigung hätte sie ertragen und wegstecken können, wenn nicht die Überzeugung in ihr gewachsen wäre, dass sie einfach nicht in diese Redaktion passte. Sie schminkte sich kaum. Mode interessierte sie auch immer weniger. Und in einer Arbeitsumgebung, die ausschließlich aus Frauen bestand, fühlte sie sich sowohl verloren als auch deplatziert. Sie hatte sich bei MODA beworben, weil sie schreiben wollte. Viele Themen interessierten sie, menschliche Schicksale, Klimawandel, sogar Politik fand sie spannend. Außerdem war sie von Natur aus neugierig und scheute nicht davor zurück, Fragen zu stellen. Nicht einmal die unangenehmen.

Ein kalter Wind riss an ihren Haaren und trieb ihr die Tränen in die Augen. Es fing an zu regnen, kleine messerscharfe Tropfen fielen ihr in den Nacken. Es war erst Ende August, aber der Herbst hing schon in der Luft. Sie schüttelte sich das Wasser aus den Haaren, ging die Treppe hoch und schloss die Wohnungstür auf. Es roch nach Thor, aber die Leere, die ihr entgegenschlug, verriet, dass er noch nicht zuhause war. Die Wohnung gehörte Thors Großmutter, die sie ihm untervermietet hatte. Als Julia ihren Job in Göteborg antrat, waren sie zusammengezogen und teilten sich die Miete.

Thor und Julia waren beide zu schnell erwachsen geworden, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Julia hatte sich immer reifer und weiter als ihre gleichaltrigen Freunde gefühlt. Sie war früh in die Pubertät gekommen und auch damit aufgezogen worden. Und dann, später, als die anderen Mädchen auch so weit waren und Julia zu hören bekam, dass sie dankbar für ihr Aussehen sein sollte, war es praktisch unmöglich, den Leuten zu klarzumachen, dass das unmöglich war. Es war schlicht und einfach zu spät. Thor hingegen hatte in der Sekte ein sehr rigides und diszipliniertes Leben geführt und war genötigt gewesen, sich früh um sich selbst zu kümmern. Während Julia in Uddevalla ihre Schule beendete, besuchte sie Thor in Göteborg so oft es ging. Seit sie sich eine Wohnung teilten, waren sie sich noch nähergekommen. Ihre Freundschaft hatte sich weiterentwickelt und eine Tiefe bekommen, die keiner von beiden so richtig greifen konnte.

Seit Julia ihn vor zwei Jahren kennengelernt hatte, hatte sich Thor sehr verändert. Physisch betrachtet war aus dem Jungen ein Mann geworden. Obwohl Thor rote Haare hatte und sein Vater pechschwarze, konnte Julia eine große Ähnlichkeit zwischen den beiden erkennen. Vor allem in der Körpergröße und dem kräftigen Körperbau, aber auch die ausgeprägte Kieferpartie, die hohen Wangenknochen und die gerade Nase ergaben Übereinstimmungen. Sogar in der Art und Weise, wie er manchmal die Worte fast unerträglich deutlich aussprach, ähnelte er seinem Vater. Ansonsten aber hatten sie kaum etwas gemeinsam. Franz besaß eine Ausstrahlung, die Julia so noch bei keinem anderen Menschen erlebt hatte. Bei ihrer ersten Begegnung war ihr sofort aufgefallen, dass seine Augen im Sonnenlicht bernsteinfarben leuchteten. Er hatte den Blick eines Raubtieres, dem aber die Wärme nicht fehlte. Das war verwirrend. Seine Person und seine ganze Erscheinung hatten etwas Überirdisches. Er schien über allem zu schweben, erhöht und unbeeindruckbar.

Thor dagegen besaß eine fast unwiderstehliche Kombination aus physischer Robustheit und seelischer Verletzlichkeit. Eine schwere Kindheit und familiäre Tragödien hatten ihn schneller erwachsen werden lassen als Gleichaltrige und tiefe Spuren in seinen schönen Augen hinterlassen, die einem wesentlich älteren Menschen zu gehören schienen. Allerdings hatte sich in ihrer Beziehung ein Problem herauskristallisiert. Es gab mittlerweile eine magische Zeitspanne, die Julia seinem Blick standhalten konnte. Wenn sie diese allerdings überschritt, war sie von dem Gedanken besessen, mit ihm zu schlafen. Dann blieb sie an seinen Lippen hängen und stellte sich vor, wie es wohl wäre, ihn zu küssen, oder sie warf verstohlene Blicke auf seine langen schmalen Hände.

Es war nicht so einfach. Man bricht nicht das Herz seines besten Freundes, und das würde sie, wenn sie ein Paar wären, wahrscheinlich eines Tages tun. Julia war rastlos, entwurzelt und fühlte sich meistens zu sehr viel älteren Männern hingezogen. In dem verzweifelten Versuch, den emotionalen Abstand zwischen ihnen zu vergrößern, hatte sie Thor schon empfohlen, andere Mädchen zu daten. Als er aber zu Julias großer Verwunderung tatsächlich ein Mädchen kennenlernte, wurde sie wahnsinnig eifersüchtig. Sie redete hinter ihrem Rücken schlecht über sie und unternahm alles Mögliche, um die Beziehung zu zerstören. Thor durchschaute es sofort und machte sich lustig über sie. Vor kurzem hatte er tatsächlich mit der Begründung Schluss gemacht, dass er sich auf seine Noten konzentrieren wollte. Und auf ihre Freundschaft.

Julia selbst hatte zwei kurze Beziehungen mit Männern gehabt, die beide schon Ende zwanzig gewesen waren. Die Bindungen waren aber zerbrochen und hatten sie enttäuscht und voller unerfüllter Erwartungen zurückgelassen. Sie dachte an Thor und vermisste ihn, wenn sie mit anderen Typen zusammen war. Dann fragte sie sich, was er gerade tat, mit wem er Zeit verbrachte und ob er an sie dachte. Am Ende hatte sie ganz aufgehört, Männer zu treffen.

Thor war in seinem letzten Jahr vor dem Abitur und hatte vor, in Göteborg Journalismus zu studieren. Ursprünglich wollte er Lehrer werden. Dann aber hatte er von einem jungen Mann gelesen, der allein auf Weltreise gegangen war, darüber einen Dokumentarfilm gemacht und diesen medial verwertet hatte. Seitdem wollte Thor Gesellschaftsreportagen schreiben. Und ihm gelang alles, was er sich vornahm. Diese Zielstrebigkeit hatte er von seinem Vater geerbt. Auch Julia war talentiert, wenn es darum ging, sich mit Worten auszudrücken, und diese Leidenschaft verstärkte das Band zu Thor noch zusätzlich.

Sie machte im Flur Licht an, ging in Thors Zimmer und schaltete das Radio ein. In der Wohnung war es stickig, sie zog die Gardinen im Wohnzimmer auf und sah aus dem Fenster hinunter auf die Taxis, die wie wütende Wespen durch die Straßen fuhren, und auf die Passanten, die nach Hause hetzten. Der Regen hatte zugenommen. Am Himmel türmten sich dunkle Gewitterwolken. Unter dem schweren Ballast der Einsamkeit fühlte sie sich immer furchtbar alt. Als würde ihr Leben vorbei sein, noch bevor es richtig begonnen hatte. Sie legte sich aufs Sofa und umklammerte eines der Kissen. Seit sie ein kleines Mädchen war, liebte sie es, nachts etwas Weiches, Warmes in den Armen zu halten. Sie drückte ihre Nase in das Kissen und atmete den schwachen Duft des Waschmittels ein, das Thor und sie benutzten. Und plötzlich, ganz überraschend stand er im Wohnzimmer.

Er trug einen Wollpullover mit viel zu langen Ärmeln und eine ausgeblichene Jeans. Seine Haare waren nass und die Wimpern schwer von Regentropfen. Julia setzte sich auf.

»Wo bist du gewesen?«, fragte sie und war von ihrer durchdringenden Stimme selbst überrascht.

»Ich habe meinen Vater besucht.«

Vater. Das Wort nahm den ganzen Raum ein. Jedes Mal, wenn sie es hörte, wurde sie in die Vergangenheit katapultiert.

Thor setzte sich neben sie.

»Aha. Und wie geht es ihm?«, fragte sie.

»Hervorragend«, antwortete er und verdrehte die Augen. »Er hat den Laden dort praktisch übernommen. Die Krankenschwestern finden ihn niedlich. Er sollte sich lieber eine anständige Arbeit besorgen, aber mit seinem Blutgeld lebt er dort offensichtlich ganz gut.«

»Thor …«, sagte sie mit vorwurfsvollem Blick. »Warum gehst du da immer wieder hin? Danach bist du immer wütend …«

»Er ist doch mein Vater.«

»Ja, und?«

»Er hat mich nie im Stich gelassen, anders als meine Mutter. Er hat mir zwar immer furchtbare Angst eingejagt, aber er hat mich nie geschlagen. Manchmal hat er mich sogar verteidigt.«

»Natürlich hat er dich geschlagen.«

»Aber nicht als Kind«, betonte Thor. »Nur ein einziges Mal, und damals war er in der Funktion eines Vorgesetzten. Da war ich auch schon lange...

Erscheint lt. Verlag 19.7.2021
Reihe/Serie Sofia Bauman
Sofia Bauman
Übersetzer Kerstin Schöps
Sprache deutsch
Original-Titel Requiem på Dimön (Fog Island 4)
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Claire Douglas • David Miscavige • eBooks • emma cline • Experiment • Herrenhaus • Insel • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Kult • Nr. 1 Bestseller Schweden • Schlaganfall • Schuld • Schweden • Scientology • Spannung • Thriller • Thriller Neuerscheinung 2021 • Vater Tochter Beziehung • Vergangenheit
ISBN-10 3-641-27100-2 / 3641271002
ISBN-13 978-3-641-27100-8 / 9783641271008
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