Schöner Tod (eBook)

Ein Frankfurt-Krimi

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
280 Seiten
Verlag edition krimi
978-3-946734-99-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schöner Tod -  Astrid Keim
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Ausgerechnet auf dem Frankfurter Hauptfriedhof stößt die pensionierte und seit einem Jahr verwitwete Anwältin Laura Mahler auf eine Leiche. Mit ihrem geflochtenen Haar und der blutroten Rose darin sieht das tote Mädchen aus wie die Grabfigur, hinter der Laura es findet. Die konservierte Schönheit weckt ihr Interesse und so beginnt Laura, auf eigene Faust zu ermitteln. Zugleich ist der Leichenfund Anlass, wieder Kontakt zu ihrem alten Freund, Krimimalkommissar Thomas Aumann, aufzunehmen. Dabei zeigt sich schnell, dass bei der Zusammenarbeit nicht allein kriminalistische Interessen im Spiel sind. Die beiden kommen sich näher - da wird eine zweite Mädchenleiche gefunden. Inspiriert von einem echten Grabmal auf dem Frankfurter Hauptfriedhof spinnt Astrid Keim eine spannende Geschichte um die Anwältin Laura Mahler. Dabei geht es nicht nur um die Frage nach dem Täter, sondern auch um das Altern, die Schönheit, den Genuss und die Liebe.

Astrid Keim wurde 1947 geboren und ist in Wiesbaden aufgewachsen. Sie studierte in Frankfurt Biologie und Kunst für das Lehramt. Nach über 20 Jahren Schuldienst wechselte sie 1993 durch ihre Heirat in die Gastronomie. 1999 übernahm ihr Mann Eckhardt Keim als Inhaber und Küchenchef das Restaurant Estragon, und dort war sie fast 19 Jahre für den Service zuständig. Sie war freie Mitarbeiterin für die Frankfurter Neue Presse im Ressort Gastronomie und Gastrokritik. Zahlreiche Bücher von ihr sind veröffentlicht.

Astrid Keim wurde 1947 geboren und ist in Wiesbaden aufgewachsen. Sie studierte in Frankfurt Biologie und Kunst für das Lehramt. Nach über 20 Jahren Schuldienst wechselte sie 1993 durch ihre Heirat in die Gastronomie. 1999 übernahm ihr Mann Eckhardt Keim als Inhaber und Küchenchef das Restaurant Estragon, und dort war sie fast 19 Jahre für den Service zuständig. Sie war freie Mitarbeiterin für die Frankfurter Neue Presse im Ressort Gastronomie und Gastrokritik. Zahlreiche Bücher von ihr sind veröffentlicht.

1


Laura steht auf dem Balkon und atmet tief ein. Es riecht nach Frühling. Zum ersten Mal in diesem Jahr ist eine Ahnung von aufspringenden Knospen und zwitschernden Vögeln zu spüren. Vor wenigen Tagen erst hat der strenge Frost nachgelassen, der den ­Februar fest im Griff hatte und selbst den ­Schneeglöckchen ihre Lust am Blühen verdarb. Dann sind mit dem Regen mildere Temperaturen gekommen, und heute ist der Himmel fast klar. Sie hatte überlegt, wärmere ­Regionen aufzusuchen, doch das wäre ihre erste Reise ohne Christoph gewesen, und dem fühlt sie sich noch nicht gewachsen. Christoph ist nun etwas über ein Jahr tot und die Verzweiflung der Trauer gewichen. Aber ohne ihn, mit dem sie so viele Reisen, so viele sonnige Tage erlebt hat, wäre sie nicht glücklich gewesen, denn zum Glück braucht man jemanden, mit dem man es teilen kann.

Die Kälte hat sie bisher abgehalten, sein Grab auf dem Hauptfriedhof zu besuchen, aber heute wird das Versäumte nachgeholt, dieser Entschluss stand schon beim Aufstehen fest. Heute wird das Fahrrad aus dem Keller getragen, in dem es fast vier Monate stand, es ist an der Zeit, das zwar ziemlich verrostete, aber heiß geliebte Vehikel ans Tageslicht zu bringen. Sie wirft einen Blick auf das Thermometer: 10 Grad. Da könnte man vielleicht schon zur Übergangsjacke greifen? Nein, besser nicht auf Daunenjacke und gefütterte Stiefel verzichten. In ihrem Alter ist warme Kleidung angesagt, sonst droht womöglich eine Blasenentzündung, wenn nicht Schlimmeres.

Wie war das in ihrer Jugend? Lief sie da nicht auch bei strengster Kälte mit knapper Lederjacke durch die Gegend, die bei jeder Bewegung bloße Haut enthüllte? Auszuschließen ist das nicht, denn die Lederjacke war Pflicht in den frühen Siebzigern, schon um die Eltern zu ärgern, die solch ein Ding mit den schlimmsten Befürchtungen für den Werdegang ihrer Brut verknüpften. Genauso wenig Beifall fand der Minirock, dessen Länge der Breite des Gürtels entsprach. Für so etwas jobbte Laura seit ihrem sechzehnten Lebensjahr wochen­lang in den großen Ferien, da ihre Erzeuger absolut nicht willens waren, Geld für derartigen Firlefanz herauszurücken, der so gar nicht ins konservative Weltbild passen wollte. Auch die Freude über den Fleiß der Tochter hielt sich in Grenzen, da er zu solchen Resultaten führte.

Mit Mühe gelingt es ihr, das Fahrrad die steilen Stufen hochzutragen. Letztes Jahr ging das noch besser, die Gelenke sind auch nicht mehr das, was sie früher mal waren. Es wird Zeit, sich mehr zu bewegen. Vor allem, dass es warm wird, dann geht es hoffentlich wieder bergauf.

Bergauf geht es aber zunächst am Holzhausenpark vorbei zur Eckenheimer. Keine große Steigung, aber sie zieht sich. Das Tor des Alten Portals ist ins Schloss gefallen, darum muss sie absteigen. Das ist Absicht, vermutet sie, um den Radfahrern das Hineinkommen zu erschweren, denn der große Hinweis »Radfahren verboten« wird von vielen ignoriert. Auch von ihr. Sie hat für sich beschlossen, dass damit nur die Mountainbiker gemeint sein können, die sonst querfeldein durch die Gräberreihen pflügen würden. Schritttempo dagegen gefährdet niemand und macht kaum einen Unterschied zum Laufen, erleichtert aber das Vorwärtskommen ungemein. Schließlich sind 65 Jahre kein Pappenstiel. Natürlich ist man noch nicht wirklich alt, Gott bewahre, aber kleine Einschränkungen sind nicht wegzuleugnen.

Sie bleibt vor Christophs Urnengrab stehen, einer Doppelnische in der Mauer, die einst auch ihre Asche aufnehmen wird, und betrachtet sein Foto. Er lächelt sie an, braungebrannt, mit Wind im Haar. Vorletztes Jahr ist das gewesen, aufgenommen von seiner Schwester Maren, als sie zu viert in Südfrankreich waren. Glory Days. Einige von vielen vorangegangenen. Sie ­lernte ihn zehn Jahre nach einer katastrophal ­gescheiterten, früh geschlossenen Ehe kennen. Bei ihrem ersten Mann, einem intellektuellen Überflieger, lagen Genie und Wahnsinn eng beisammen. Lange hatte sie seine Stimmungsschwankungen verharmlost. Als er jedoch eines Morgens erklärte, dass Hegel und Kant ihm im Schlaf offenbart hätten, wie die Welt zu retten sei und er sich fortan ganz dieser Aufgabe widmen wolle, gab es kein Verdrängen mehr. An diese Zeit denkt sie nicht gern. Sie war Referendarin, stand kurz vor dem zweiten juristischen Staatsexamen. Sie konnte nicht mehr schlafen, sie konnte sich nicht mehr konzentrieren, die Prüfung musste um ein Jahr verschoben werden. Erst nach der Trennung fasste sie wieder Tritt.

Mit Christoph dagegen verband sie nicht nur tiefe Zuneigung, sondern eine gemeinsame Verständigungsebene, die Worte und Erklärungen oft unnötig machte. Gleichaltrig und mit ähnlicher Sozialisation, harmonierten sie von Anfang an. Sogar ihre Nach­namen ergänzten sich zum Stabreim: Martens-Mahler. Er war Pädagoge durch und durch, ging seiner Arbeit am ­humanistischen Gymnasium mit Freude und Engagement nach. Die Verabschiedung in den Ruhestand wurde mit einem lachenden und einem weinenden Auge entgegengenommen. Aber der Ausblick auf ein Leben ohne Pflichten überwog, zumal sich auch Laura entschloss, aus dem Berufsleben auszuscheiden; sie war Partnerin in einer großen Kanzlei. Nun wollten sie das Leben genießen, Ausstellungen besuchen, sich ihrem Hobby, dem Kochen, intensiver widmen und natürlich reisen. Hatten sie bis jetzt die meisten ­Ferien in Frankreich verbracht, auch der Sprache wegen, stand jetzt Italien auf dem Programm. Den Spuren der Renaissance wollten sie folgen, Florenz, Venedig, Rom, Padua besuchen, wo diese Epoche in unzähligen Meister­werken präsent ist.

Es hätte so schön werden können, aber das Schicksal machte einen Strich durch die Rechnung. Drei Monate später war er tot. An dem Tag, als Laura offiziell verabschiedet wurde. Als sie abends gegen zehn nach Hause kam, fand sie ihn auf dem Sofa, zur Seite gesunken, das Gesicht friedlich. Der Fernseher lief, ein halb leeres Weinglas stand auf dem Tisch.

Der Boden wankte unter ihren Füßen. Die Ambulanz konnte nichts mehr tun, der Tod war bereits vor einigen Stunden eingetreten. Es wurde eine Obduktion angeordnet, um Fremdverschulden oder Suizid auszuschließen. Ein geplatztes Aneurysma im Gehirn mit massiven Einblutungen war die Ursache gewesen.

Mit diesem Befund konnte Laura nur schwer umgehen. Sie machte sich Vorwürfe, nicht bei ihm gewesen zu sein. Kurz, nachdem sie das Haus verlassen hatte, war der Tod gekommen. Unfassbar, wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Nie hatte Christoph über ­Beschwerden geklagt. Erleichterung brachte ein ­Gespräch mit dem ­gemeinsamen Hausarzt, der erklärte, dass ein ­Aneurysma keine Symptome verursache und eine Rettung in diesem Fall an ein Wunder gegrenzt hätte. Rückblickend half ihr das zwar, trotzdem ­dauerte es noch Wochen, in denen sie mit dem Schicksal haderte, und ein weiteres halbes Jahr, bis sie wieder nach vorne schauen konnte. Alles ist wieder da beim Anblick von Christophs Bild. Als wäre es gestern geschehen.

Nach seinem unerwarteten Tod hat sie ein Ehrenamt angenommen, um die Leere zu füllen. Als ­Vorleserin in Altenheimen. Damit ist sie ziemlich ausgelastet, denn was zunächst nach nur wenigen Stunden in der Woche ausgesehen hat, nimmt mittlerweile viel Zeit in Anspruch. Schnell ging es nicht mehr nur um das Vorlesen, längst ist sie auch in die persönlichen Situationen der alten Menschen eingebunden, die sich nach Ansprache und Zuwendung sehnen. Laura hat sich dieser Aufgabe gerne angenommen, denn so trifft sie mit Leuten zusammen, die sie sonst niemals kennengelernt hätte, und erfährt Dankbarkeit und Vertrauen.

In Gedanken versunken, setzt sie sich auf eine Bank und legt den Kopf in den Nacken. Die Sonne hat schon etwas Kraft. Ein Eichhörnchen huscht nah vorbei, und im Baum unterhalten sich zwei Amseln. An diesem Ort ist das Sein genauso präsent wie die Vergänglichkeit. Ein inniges Gefühl von Dankbarkeit durchströmt sie und löst die traurigen Erinnerungen ab. Dankbarkeit, dass mit dem Frühling das Leben wiederkehrt und sie dabei sein darf. Sonne auf der Haut und das Zwitschern von Vögeln – das genügt, um glücklich zu sein. Was früher als Selbstverständlichkeit kaum ­wahrgenommen wurde, hat einen anderen Stellenwert erhalten. Das zunehmende Alter trägt dazu bei, und vor allem ­Christophs plötzlicher Tod. In jungen Jahren mochte sie den Herbst mit seinen schönen Farben am liebsten. Das hat sich gründlich geändert. Herbst hat nun mit Abschied zu tun, Frühling dagegen mit Neuanfang. Mittlerweile scheint ihr der Neuanfang nicht mehr so gewiss und wird deshalb umso wertvoller.

Sie beschließt, noch einen kleinen Spaziergang durch den schönen alten Teil des Friedhofs zu machen, in dem die großen Frankfurter Namen versammelt sind. Sie lässt das Fahrrad stehen und schlendert durch die Lebensbaumallee, nimmt dann kleinere Wege und bewegt sich kreuz und quer gemächlich auf den Ausgang zu, immer wieder stehenbleibend, um eine Inschrift zu entziffern oder eine Skulptur zu bewundern. Die wenigen milderen Tage haben den Schneeglöckchen gereicht, um Knospen anzusetzen. Das Leben fängt neu an – und zum ersten Mal seit Christophs Tod kann sie es wieder genießen.

Sie hat nicht auf den Weg geachtet und steht plötzlich vor einem Grabmal, das ihr während ihrer Spazier­gänge bis jetzt entgangen ist. Auf einem Sockel aus Kalkstein liegt die lebensgroße Skulptur einer jungen Frau. Sie ist in ein leichtes Gewand gekleidet, das den Körperformen folgt und auch ihre Füße bedeckt. Der linke Arm liegt angewinkelt auf der Brust. Der Kopf mit dem kunstvoll geflochtenen Haar, in dem drei kleine Blüten stecken, wendet sich dem Betrachter zu. Das schöne...

Erscheint lt. Verlag 16.11.2020
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Anwältin • Bahnhofsviertel • Ermittlung • Frankfurt am Main • Friedhof • Grab • Grabfigur • Kommissar • Krimi • Leiche • Liebe • Mord • Schönheit
ISBN-10 3-946734-99-5 / 3946734995
ISBN-13 978-3-946734-99-4 / 9783946734994
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