Selektion: Kriminalroman -  Volker Raus

Selektion: Kriminalroman (eBook)

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
230 Seiten
Federfrei Verlag
978-3-99074-096-5 (ISBN)
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Der medizinische Leiter der Kinderwunschklinik Linz wird auf offener Straße ermordet.
Im Rahmen einer Sonderkommission ermittelt der junge Polizeiinspektor Bernhard Kain in seinem zweiten gro­ßen Fall.
Stecken medizintechnische Großkonzerne, die Pharmaindustrie oder doch radikale Abtreibungsgegner und militante Lebensrechtsbewegungen hinter dem Mord an dem weltbekannten Linzer Gynäkologen?
Werden nur mehr ideale, gesunde und wunschgerechte Kinder herangezüchtet? Wer wählt aus?
Die Zukunft hat längst begonnen.

Für Sylvia. In Liebe und Dankbarkeit.

 

1


 

Es gibt nichts, was es nicht gibt.

Als der junge Mann am Monitor drei auftauchte und langsam auf einen Mann im hellbeigen Anzug zuging, fand diese Theorie wieder einmal ihre Bestätigung.

 

Der junge Inspektor Bernhard Kain beobachtete im Rahmen seines Nachtdienstes in der Polizeiinspektion Hauptplatz bereits seit zwei Stunden gelangweilt die Monitorbilder, die ihm die in der Linzer Innenstadt installierten Kameras lieferten. Zehn Stück an der Zahl. Linz war nicht London, wo an den Straßenlaternen tausende von Kameras hängen. Der wunderschön beleuchtete Hauptplatz war stark frequentiert, die Gastgärten der zahlreichen Lokale bis auf den letzten Platz gefüllt. Klimawandel auch in der Stahlstadt an der Donau. Eine afrikanische Luftströmung ließ die Quecksilbersäulen noch am späten Abend auf dreiundzwanzig Grad steigen. Viel zu hoch für Samstag, den 21. März.

 

In den Seitengassen der Altstadt schlenderten junge Leute nur mit T-Shirts bekleidet, manche Mädchen trugen schon bunte Sommerkleider. Sämtliche Tische der Pizzeria am Alten Markt waren besetzt. Kellnerinnen jonglierten die »Margaritas« und »Diabolos« schwungvoll durch die Reihen. Die Landhauskamera zeigte, wie die festlich gekleideten Gäste des Schauspielhauses nach Vorstellungsschluss Richtung Hauptplatz schlenderten.

Nichts Aufregendes, keinerlei Auffälligkeiten, ein ruhiger Samstagabend. Bis zu jenem Augenblick, als auf Monitor drei eine Handlung abzulaufen begann, die jedem TV-Thriller zur Ehre gereicht hätte. Es war einundzwanzig Uhr und fünfzig Minuten. Noch immer herrschten viel zu hohe Temperaturen in der von Saharasand und Feinstaub verdreckten Stadt. An den letzten Regen konnte sich niemand mehr erinnern. Umso verwunderlicher fand Bernhard Kain die Kleidung jenes Mannes, der auf den Stufen des Hauseingangs in der Schmidtorstraße 2 gegenüber dem Eingang eines italienischen Restaurants hockte. Trotz der nächtlichen Hitze hatte er die Kapuze seiner roten Daunenjacke tief in sein Gesicht gezogen und trug mit Lammfell gefütterte Lederhandschuhe.

»Mario! Würdest du dir das einmal ansehen. Da sitzt ein eigenartiger Typ herum. Ich schlage vor, ihn zu kontrollieren«, bat er seinen Kollegen Bleckmann, der gemeinsam mit Bezirks­inspektor Josef Mayr an einem der Schreibtische des Großraumbüros im Erdgeschoß der Polizeiinspektion saß. Mayr war amtierender österreichischer Staatsmeister im Schachspiel. Die beiden teilten sich immer ihre Nachtdienste gemeinsam ein, um miteinander spielen zu können.

»Muss das sein? Mein nächster Zug ist entscheidend. Diesmal könnte ich den Sepp schlagen«, tönte die Antwort von hinten.

»Mario, bitte!«

»Na gut!«

Der Revierinspektor rückte lautstark seinen Sessel zurück und erhob sich unwillig. Bevor er den Tisch verließ, griff er zur weißen Dame und zog sie quer über die Felder des Schachbretts.

»Schach! Eigentlich matt, wenn dir nicht etwas Überragendes einfällt.«

Kurz darauf nahm er neben Kain Platz und betrachtete die Wand mit den zehn Monitoren.

»Was ist denn so wichtig, lieber Berndi!«, ätzte er.

»Schaue dir den jungen Mann auf Monitor drei an. Er sitzt schon seit geraumer Zeit mit einer Daunenjacke und hereingezogener Kapuze herum und trägt auch noch Winterhandschuhe. Und das bei der Hitze. Das ist doch nicht normal.«

»Was könnte er in seiner Jacke versteckt haben?«, fragte Bleckmann.

Tatsächlich war der Reißverschluss der Jacke zur Hälfte geöffnet, der Mann hatte seine rechte Hand an den Körper gepresst. Als ein Gast in einem hellen Anzug das Restaurant gegenüber verließ, sprang der groß gewachsene Mann plötzlich auf, lief die wenigen Schritte auf ihn zu. Jetzt zog er die Hand aus der Jacke. Im Licht der Straßenbeleuchtung blitzte ein metallischer Gegenstand auf. Ein Messer, ein großes Klappmesser. Blitzschnell stach er mehrmals auf den Oberkörper seines Gegenübers ein. Das Opfer schlug mit dem Rücken auf die Eingangstür des Restaurants zurück und sank langsam zu Boden. Dann saß der Mann regungslos da und griff sich mit beiden Händen an den Oberkörper.

»Der bringt den um! Josef, komm! Und du, Bernhard, löse sofort Alarm aus!«, schrie Bleckmann, sprang auf und rannte zur Tür hinaus. Mayr folgte ihm. Kain blieb zurück.

»Achtung! Hier Bernhard Kain mit einer Durchsage: Messerstecherei vor dem italienischen Restaurant in der Schmidtorstraße! Täter vermutlich ein junger Mann, ungefähr einen Meter neunzig groß, schlank! Bekleidet mit einer roten Daunenjacke, Kapuze hochgezogen, Bluejeans und roten Laufschuhen. Achtung! Täter führt ein Messer mit sich! Er flüchtet Richtung Landstraße!«, brüllte Kain in das Mikrofon, mit dem er per Knopfdruck sämtliche Polizeidienststellen und Funkwägen, die in der Stadt Patrouille fuhren, sowie das Landespolizeikommando alarmieren konnte. Auch die Rettungszentralen und Notärzte hörten mit.

Weitere Kollegen und Kolleginnen, die mit ihm Nachtdienst hatten, liefen ebenfalls los. Zum Tatort waren es höchstens fünfhundert Meter.

 

Der Täter lief weg. Kain starrte gebannt auf den Bildschirm. Dann zoomte er mit der Kamera auf das Opfer. Der Mann saß noch immer am Boden und versuchte mit den Händen das hervorquellende Blut zurückzupressen. Trotzdem strömte es aus seinen Wunden und floss zwischen seinen Fingern auf den dunklen Asphalt des Gehsteiges. Als er mit der Kamera näher an das Gesicht heranging, konnte er sehen, wie der Schmerz seine dunkel gebräunten, schmalen, markanten Züge verzerrte. Obwohl er höchstens fünfzig Jahre alt sein konnte, war sein volles Haar bereits schlohweiß.

Kain forderte die Rettungsteams zu mehr Eile an.

»Gebt Gas! Der Mann verblutet!«, schrie er ins Mikrofon.

Obwohl er in seiner kurzen Polizeilaufbahn so eine brisante Situation noch nie erlebt hatte, hatte er die Lage im Griff. Das änderte sich in dem Augenblick, als sich auf dem Monitor von rechts oben eine Hand ins Bild schob. Sie hielt eine schwarz schimmernde Pistole umklammert. Die Mündung wurde direkt an die linken Schläfe des niedergestochenen Mannes gedrückt. Der Finger am Abzug krümmte sich. Die Kugel durchschlug den Kopf des Opfers, der aus dem Bildschirm fiel und den Blick auf die zersplitternde Glaswand des Restaurants freigab. Durch die geöffneten Fenster seines Wachzimmers dröhnte der Widerhall des Schusses an Kains Ohr.

»NEIN! Um Himmels willen! NEIN!«

Kain riss seine Hände vor das Gesicht, drückte den Rücken in die Lehne seines Sessels, streckte den Kopf nach hinten und holte tief Luft. Dann erst nahm er Kontakt mit seinen Kollegen und den Rettungskräften auf.

»Mord! Mord! Jemand hat das Opfer erschossen!«

Er begann am ganzen Körper zu zittern.

»Das ist doch Wahnsinn! Jemand hat ihm in den Kopf geschossen!«, stammelte er.

»Hier Wagen vier. Wer hat wen erschossen? Und wo? Was ist mit dem Schützen? Wohin ist er geflüchtet?«

Erst jetzt bemerkte Inspektor Bernhard Kain, dass er in der Aufregung die Kamera ständig in Großaufnahme auf das Opfer gerichtet hatte. Somit hatte er den Überblick über das Geschehen völlig verloren und konnte keinerlei Auskünfte geben.

»Verdammt noch einmal! Was ist mit dem Schützen? Aussehen? Fluchtrichtung? Aber schnell!«, tönte es Kain entgegen.

»Kamera defekt. Kann keine Auskunft geben«, log Kain. Dann zog er die Kamera in die Totale und sah, wie ein Rettungsauto sowie ein Notarztwagen am Tatort eintrafen. Männer in ihren neonfarbigen Anzügen stürzten auf das Opfer zu. Kurz darauf fuhren zwei Funkwägen vor, stellten sich quer auf die Schienen, um die Straßenbahnen am Vorbeifahren zu hindern. Zwei seiner Kollegen sicherten den Platz mit rot-weiß-roten Farbbändern ab. Die Funkstreifenbeamten richteten ihre mitgebrachten Scheinwerfer auf den Tatort. Bald war die Licht­insel von Schaulustigen umringt. Sie strömten aus den umliegenden Gastgärten herzu. Zu seiner Überraschung sah er seinen Chef und dessen Stellvertreterin auftauchen. Gebannt, aber vollkommen regungslos starrte Kain auf den Bildschirm. Sein Schüttelfrost wollte nicht aufhören. Er nestelte aus der Tasche seines Uniformhemdes eine Zigarette heraus, zündete sie an, erhob sich und begann ziellos in dem menschenleeren großen Raum seiner Dienststelle herumzugehen. Immer wieder sendete sein Gehirn das Bild aus, wie sich der Finger am Abzug der Pistole krümmte und nach Austritt der Kugel einzelne Teile des Kopfes und Fetzen von Gehirnwindungen auf die zerschmetterte Glasfront flogen.

 

Revierinspektor Mario Bleckmann war auf den Tatort zugelaufen. Er beobachtete, wie ein Mann auf das am Boden sitzende Opfer zuging, eine Pistole aus der Tasche seiner schwarzen Lederjacke zog, die Mündung an den Kopf des Niedergestochenen setzte, abdrückte, sich umdrehte und weglief. Bleckmann kümmerte sich nicht um das Opfer, er wusste,...

Erscheint lt. Verlag 28.9.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99074-096-2 / 3990740962
ISBN-13 978-3-99074-096-5 / 9783990740965
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