G. F. Unger 2083 (eBook)

Der lange Weg

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Aufl. 2020
64 Seiten
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-0508-0 (ISBN)

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G. F. Unger 2083 - G. F. Unger
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An einem schönen Spätherbstvormittag trat ich durch die Hintertür von Jack Garradines Saloon. Die Zeit war gut gewählt, denn Garradines Revolvermänner und Rausschmeißer schliefen, um am Abend wieder rüstig zu sein für eine wilde und sündhafte Nacht.
Als ich in Garradines Wohnzimmer trat, war er nicht allein. Er saß mit Ester McCrea beim Frühstück. Ester war der große Star in seinem Unternehmen. Wenn sie auf der kleinen Bühne ihre Lieder sang, war der Saloon gerammelt voll. Und wenn einer laut zu husten oder auch nur mit den Füßen zu scharren wagte, bekam er es von allen Seiten.
Der Frühstückstisch war prächtig gedeckt, so richtig nobel und wie es nur eine Frau machen kann. Das Paar hatte Stil - selbst hier in dieser wilden Stadt.
Jack Garradine, der vor einem knappen Jahr noch Zahlmeister der Armee gewesen war, sah auch wirklich wie ein Gentleman aus. Er trug ein blütenweißes Hemd, eine bestickte Samtweste, und er war frisch gebadet, rasiert und manikürt.
»Raus mit Ihnen!«, sagte er, ärgerlich über die Störung. Ich sah ihm an, dass er noch etwas ganz anderes eingefallen wäre, wenn Ester nicht mit am Tisch gesessen hätte.
»Sie sind verhaftet, Garradine«, sagte ich zu ihm. »Ich bin Master Sergeant Noel Kane und habe den Befehl, Sie nach Fort Laramie zu bringen - tot oder lebend. Sie können sich's aussuchen.«


Der lange Weg

An einem schönen Spätherbstvormittag trat ich durch die Hintertür von Jack Garradines Saloon. Die Zeit war gut gewählt, denn Garradines Revolvermänner und Rausschmeißer schliefen, um am Abend wieder rüstig zu sein für eine wilde und sündhafte Nacht.

Als ich in Garradines Wohnzimmer trat, war er nicht allein. Er saß mit Ester McCrea beim Frühstück. Ester war der große Star in seinem Unternehmen. Wenn sie auf der kleinen Bühne ihre Lieder sang, war der Saloon gerammelt voll. Und wenn einer laut zu husten oder auch nur mit den Füßen zu scharren wagte, bekam er es von allen Seiten.

Der Frühstückstisch war prächtig gedeckt, so richtig nobel und wie es nur eine Frau machen kann. Das Paar hatte Stil – selbst hier in dieser wilden Stadt.

Jack Garradine, der vor einem knappen Jahr noch Zahlmeister der Armee gewesen war, sah auch wirklich wie ein Gentleman aus. Er trug ein blütenweißes Hemd, eine bestickte Samtweste, und er war frisch gebadet, rasiert und manikürt.

»Raus mit Ihnen!«, sagte er, ärgerlich über die Störung. Ich sah ihm an, dass ihm noch etwas ganz anderes eingefallen wäre, wenn Ester nicht mit am Tisch gesessen hätte.

»Sie sind verhaftet, Garradine«, sagte ich zu ihm. »Ich bin Master Sergeant Noel Kane und habe den Befehl, Sie nach Fort Laramie zu bringen – tot oder lebend. Sie können sich’s aussuchen.«

Nach diesen Worten schloss ich die Tür ab, an der ich lehnte, und steckte den Schlüssel in meine Tasche. Ich bewegte mich durch den Raum zur anderen Tür hinüber. Ich stieß sie auf und blickte ins andere Zimmer.

Ich sah, dass Ester McCrea offensichtlich nicht mit ihm zusammenlebte. Sein Schlafzimmer war spartanisch einfach und nur für ihn allein bestimmt.

»Also los, vorwärts. Ziehen Sie sich an!«, sagte ich. »Ich gebe Ihnen fünf Minuten, Garradine. Dann nehme ich Sie so mit, wie Sie sind.«

Ester McCrea saß noch starr am Tisch. Sie war reizend und begehrenswert, auf eine eigenwillige Art lebendig und mehr als nur hübsch. Und nun staunte sie und hatte ihre grünen Augen weit geöffnet.

Er aber erhob sich und sagte trocken: »Verhaften? Hier in Montana gibt es kein Gesetz. Hier kann man nicht einfach herkommen und sagen, ich sei verhaftet. Das ist kindisch.«

»Ich diskutiere nicht mit Ihnen«, erwiderte ich. »Ich führe einen Befehl der Armee aus. Und nun haben Sie nur noch vier Minuten Zeit zur Verfügung.«

Er holte tief Atem, sah mich an, und er erkannte wohl in meinen Augen die Unabänderlichkeit der Dinge. Er sah auf meine beiden Revolver, die ich wie ein Zweihandmann im Kreuzgurt trug, und er kannte die Armee und wusste, dass diese keinen zweitklassigen Burschen nach Montana gesandt hatte.

Er war selbst groß und stark, bestimmt nicht ein einziges Pfund leichter als ich. Er konnte gewiss auch kämpfen und sich unter harten Männern behaupten.

Doch ich hatte ihn überrumpelt. Sein Waffengurt hing an der Wand an einem Kleiderhaken. Vielleicht hatte er noch irgendwo einen kleinen Derringer, wie ihn die Spieler oft im Ärmel oder in einer Tasche tragen. Doch ich würde aufpassen. Er wusste, dass er vorerst in meiner Hand war.

Nun sprang Ester McCrea plötzlich auf.

»Weshalb wollen Sie ihn verhaften? Was soll er verbrochen haben?«

Ich wollte mich auf keine Diskussion einlassen. Doch ich glaubte plötzlich, dass diese Frau dort ein Recht darauf hatte, Bescheid zu wissen über Jack Garradine, der sich hier im Goldland von Montana so sicher gefühlt hatte wie in China. Denn zwischen der Armee in Fort Laramie und dem Goldland von Montana lagen fast tausend Meilen Indianerland.

Ich entschloss mich, Ester McCrea eine Aufklärung zu geben. Und so sagte ich ruhig: »Jack Garradine war Zahlmeister bei der Armee. Er und ein Indianer-Agent hatten den Auftrag, einen ganzen Stamm von Agentur-Indianern für den Winter mit Proviant und all den anderen tausend Dingen zu versorgen. Sie erhielten für diesen Auftrag hunderttausend Dollar. Doch sie machten sich mit dem Geld aus dem Staub. Der Indianer-Agent wurde auf der Flucht von Indianern getötet. Garradine entkam. Und jener Stamm von Reservations-Indianern, der darauf vertraut hatte, für den Winter vom Großen Weißen Vater mit Lebensmitteln, Decken, Arzneien und vielen anderen Dingen versorgt zu werden, wurde grausam enttäuscht. Als der bittere Winter kam, verhungerten viele dieser Indianer. Die jüngeren brachen aus und zogen zu ihren wilden Vettern. Dabei überfielen sie viele Siedlungen, Handelsniederlassungen und Wagenzüge. Sie mordeten und plünderten. Unter den zurückbleibenden Roten aber brach auch noch eine Seuche aus. Das alles wäre nicht geschehen, hätten Garradine und jener Indianer-Agent ihren Auftrag redlich erfüllt. Und deshalb will die Armee diesen Mann haben. Sie werden ihn hängen. Oder ich werde ihn beim ersten Fluchtversuch töten. Jetzt wissen Sie Bescheid, Madam, nicht wahr?«

Sie starrte mich nur zwei Sekunden an. Und sie war bis in ihren tiefsten Kern erschrocken.

Doch dann richtete sie ihren Blick auf Jack Garradine und fragte ganz schlicht: »Stimmt das alles, Jack?«

»Nein«, sagte er. »Aber ich kann meine Unschuld nicht beweisen. Es spricht alles gegen mich. Ich schwöre dir, dass ich unschuldig bin.«

Da sagte sie nichts mehr.

Er aber wusste, dass er nur noch zwei Minuten hatte. Und so ging er in sein Schlafzimmer und kleidete sich binnen dreißig Sekunden vollständig an. Er nahm eine Decke und tat einige notwendige Dinge hinein, rollte alles zu einem Bündel zusammen, das man gut hinter einem Sattel festschnallen konnte.

»Wie viel Mann haben Sie denn bei sich?« Dies fragte er dann kühl. »Denn wenn es nicht genug sind, bekommen Sie mich überhaupt nicht aus dem Goldland heraus.«

Ich hatte plötzlich einen meiner Revolver in der Hand. Er zuckte leicht mit den Wimpern, als er mich ziehen sah. Es überrumpelte ihn, denn es sah gewiss so aus, als wäre der Revolver plötzlich in meine Hand gezaubert worden.

Ich hielt ihm die Mündung gegen den Bauch und durchsuchte die Taschen seiner pelzgefütterten Jacke.

Und richtig, ich fand einen Colt Derringer.

»Jetzt können wir gehen«, sagte ich. »Hinten hinaus, Mister – und immer schön ruhig und langsam. Wenn uns jemand fragt, wohin Sie wollen, dann sagen Sie einfach nur, dass Sie sich meinen Claim ansehen wollen, um ihn vielleicht zu kaufen. Und wenn Sie etwas anderes sagen oder etwas versuchen, was mich in die Klemme bringen könnte, so bekommen Sie die erste Kugel. Mein Befehl lautet: tot oder lebend. Und wenn Sie tot sind, brauche ich Sie nicht tausend Meilen weit durch das Indianerland zu schleppen. Also kommen Sie, Mister!«

Ich wandte mich kurz an Ester McCrea. »Sie können ihm nicht helfen«, sagte ich. »Versuchen Sie nur nicht, seine Revolverhelden zu alarmieren. Niemand kann ihm das Leben retten, sollte ich in Bedrängnis kommen. Er hat viele Menschenleben auf dem Gewissen. Er hat die Regierung, die Armee und einen ganzen Indianerstamm betrogen. Es macht mir nichts aus, ihn zu töten.«

Sie saß starr da. Gewiss brauchte sie noch eine Weile, um das alles zu verarbeiten. Sie liebte Jack Garradine, das war klar. Vielleicht würde sie auch eine Menge unternehmen, um ihn zu retten. Doch bis dahin würde ich mit Garradine einen Vorsprung haben.

Wir gingen hinaus. Nicht weit entfernt standen die Pferde. Denn ich hatte mir im Mietstall Garradines Pferd geben lassen. Er schnallte wortlos sein Bündel hinter dem Sattel fest und saß dann auf.

»Kane«, sagte er, »Sie kommen mit mir keine hundert Meilen weit. Dann sind Sie erledigt. Für mich ist das nur ein Spazierritt. Sie sind ein Narr, Sergeant!«

Ich gab ihm keine Antwort. Wir ritten los, und ich rief ihm manchmal zu, wie er zu reiten hatte. Sein Pferd war erstklassig, doch es konnte sich mit meinem Red Bill nicht messen. Mein Wallach war noch eine Klasse besser. Garradine konnte mir also nicht entkommen. Ich ließ ihn stets zwei Längen vorausreiten.

So ritten wir aus Last Chance City. Es war ein stiller Vormittag, denn die wilde Stadt ruhte noch aus von ihren Sünden der Nacht.

Aber Garradine wurde von fast allen Menschen gegrüßt, denen wir begegneten. Und später dann, als wir durch die Last Chance Gulch ritten, riefen von vielen Claims und Arbeitsplätzen Männer Grüße herüber.

Wir bogen dann in eine Querschlucht ein und ritten noch etwa fünfzehn Meilen.

Dann erreichten wir jenen Canyon, in dem ich meine Hütte hatte. Sie gehörte zu einem Claim, den ich für wenig Geld gekauft hatte, weil er wertlos war. Überhaupt war in diesem Canyon alles schon nach Gold abgesucht worden. Es war einer der verlassenen Plätze, weil kein Digger hier fündig geworden war.

Als ich mit Garradine vor die Hütte ritt, trat der Armee-Scout Les Henderson aus der Tür. Er grinste blitzend, und sein dunkelbraunes Piratengesicht bekam tausend Falten.

»Nun, Noel«, sagte er, »dann hätten wir also alle Vögel beisammen und können uns auf den Weg machen?«

Ich nickte und blieb im Sattel....

Erscheint lt. Verlag 6.10.2020
Reihe/Serie G.F.Unger
G.F.Unger
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Westernromane • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-0508-2 / 3751705082
ISBN-13 978-3-7517-0508-0 / 9783751705080
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