Spanische Geschichte (eBook)

Vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart
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2020 | 7. Auflage
144 Seiten
C.H.Beck (Verlag)
978-3-406-75611-5 (ISBN)

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Spanische Geschichte - Walther L. Bernecker
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Dieses Buch bietet einen Überblick über die wechselvolle Geschichte Spaniens vom ausgehenden Mittelalter bis zur Gegenwart. Mit dem Blick für das Wesentliche skizziert der Autor die Entwicklungen seit der Gründung der spanischen Monarchie im 15. Jahrhundert und lässt deutlich werden, wie das Land zu dem wurde, was es heute ist.

Walther L. Bernecker ist Prof. em. für Auslandswissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg.

II. Der Aufstieg zur Weltmacht (16. Jahrhundert)


Karls Herrschaft in Spanien begann schlecht. Als der von der ritterlich-höfischen Tradition Burgunds geprägte junge Monarch 1517 auf der Pyrenäenhalbinsel eintraf, entließ er zuerst Kardinal Francisco Jiménez de Cisneros, den Verweser Kastiliens. Sodann besetzte er viele Staatsämter mit (flämischen) Ausländern – eine Maßnahme, die ihm schnell die Abneigung seiner Untertanen einbrachte. Die Antrittsreise durch seine spanischen Kronländer war von unfreundlichen Akten und Protesten begleitet, die Bewilligung der geforderten Hilfsgelder durch die kastilischen, die aragonesischen und die katalanischen Cortes fand nur schleppend statt. Die Ständeversammlungen erkannten Karl zwar schließlich als Monarchen an, forderten von ihm aber, er solle Spanisch lernen, bald heiraten, im Land residieren sowie die Ämter und Würden nur an Kastilier vergeben.

Noch problematischer wurde die Beziehung zu den Stände-Abgeordneten, als Karl im Juni 1519 nach dem Tode Maximilians zum römischen König und (als Karl V.) zum Kaiser des Reiches gewählt wurde. In klarer Voraussicht befürchteten die Cortes-Vertreter, die neue Kaiserwürde ihres Königs werde Kastilien zum Nachteil gereichen, da der Monarch sich nicht den Problemen seiner iberischen Kronländer widmen werde und die kastilischen Steuergelder ins europäische Ausland abfließen würden.

Dadurch, dass Karl in Personalunion spanischer König (Karl I.) und deutscher Kaiser (Karl V.) war, lässt sich im 16. Jahrhundert die spanische Geschichte nicht von der des Deutschen Reiches trennen. Durch die Wahl Karls zum römischen König erhielt die spanische Monarchie ihre europäische Dimension. Die europäischen Kämpfe Karls in Italien, gegen Frankreich, die Türken und schließlich die protestantischen Fürsten im Reich betrafen daher stets auch – in der einen oder anderen Form – Spanien.

Kaum war Karl im Mai 1520 von Spanien abgereist – zuvor hatte er seinen früheren Erzieher Adrian von Utrecht zum Regenten des Landes ernannt –, brach in Toledo ein offener Aufruhr aus, der sehr schnell auf andere Städte übergriff. Dieser Comuneros-Aufstand führte zur Einsetzung von Juntas [Räten], die sich aus Kleinadeligen und Besitzbürgern der Städte zusammensetzten. Ursprünglich war der Aufstand der Comuneros gegen die Steuerpolitik der Krone und bestimmte Einzelmaßnahmen (wie die Bevorzugung von Ausländern) gerichtet; in einem allgemeineren Sinne sprach aus dem Aufstand jedoch die Weigerung Kastiliens, sich in den übergeordneten Reichsverband einbeziehen zu lassen und finanzielle Beiträge für die imperiale Politik Karls zu leisten.

Als der Aufruhr zu einer nationalen Bewegung wurde und die königlichen Truppen die von den Comuneros eingenommene Messestadt Medina del Campo zerstört hatten, erhielten die Aufständischen massiven Zulauf von Handwerkern, Textilarbeitern und Tagelöhnern. Als Führer profilierten sich die Toledaner Adeligen Juan de Padilla und Pedro Laso de la Vega. In Anbetracht der kritischen Situation im Lande – die Junta von Avila widersetzte sich Adrian von Utrecht und ernannte sich selbst zur Regierung Kastiliens – war der König zu Zugeständnissen bereit; er verpflichtete sich, fortan Staatsämter nicht mehr mit Ausländern zu besetzen und den kastilischen Adel stärker an der Verwaltung des Landes zu beteiligen. Auch aufgrund der Gefahr einer weiteren Radikalisierung der Comuneros-Bewegung hatte sich der spanische Hochadel zuvor mit dem Monarchen verbündet.

Zeitgleich mit dem Comuneros-Aufstand kam es in Valencia zur Rebellion der dort in Bruderschaften (Germanías) zusammengeschlossenen Zünfte; diese Erhebung, die auf die Kontrolle des Stadtregiments abzielte und gegen den Adel gerichtet war, trug von Anbeginn auch einen sozialen Charakter, nachdem die Existenz vieler Handwerker und Arbeiter Valencias (auch aufgrund einer Pestepidemie) gefährdet war. Die anfänglich eher gemäßigten Forderungen der Zünfte durchliefen alsbald einen Radikalisierungsprozess; angestrebt wurde schließlich eine freie Republik nach dem Muster Venedigs, verbunden mit extremen sozial-religiösen Bestrebungen.

Möglicherweise beeinflussten und radikalisierten sich die beiden Bewegungen gegenseitig. Jedenfalls nahmen die revolutionären Elemente zu, was andererseits jedoch zu einer Spaltung der Bewegung führte. Wichtige städtische Zentren (u.a. Burgos) wechselten wieder ins königliche Lager über, einflussreiche Großkaufleute finanzierten das königliche Heer, Adel und höhere Geistlichkeit schlossen sich den monarchischen Kräften an. Schließlich siegte die königliche Reiterei im April 1521 bei Villalar über die Aufständischen, die Comuneros-Anführer Juan de Padilla und Juan Bravo wurden hingerichtet. Kurz danach konnte auch der Germanías-Aufstand niedergeschlagen werden. Nach der gewaltsamen Beendigung beider Aufstandsbewegungen wurde die Herrschaft Karls in Spanien vorbehaltlos anerkannt.

Der Comuneros-Aufstand hat unterschiedliche Interpretationen erfahren: Die späteren Liberalen sahen in ihm eine moderne freiheitliche Bewegung des städtischen «Bürgertums», durch dessen Niederlage der monarchische Absolutismus sich durchsetzen konnte, zugleich aber auch der Niedergang Kastiliens einsetzte. Die Comuneros erstrebten eine Art (früh-) «bürgerliche» Revolution, deren Ziele ein verstärktes Mitspracherecht der Städte in der Politik, die Errichtung eines repräsentativer organisierten frühneuzeitlichen Nationalstaates und eine eher dezentralisierte Monarchie waren. Die Niederlage der Aufständischen eröffnete Karl die (finanziellen) Möglichkeiten zu seiner universalen Politik; fortan sollte es zu regelmäßigen Geldabflüssen aus Kastilien hin zu den europäischen Schauplätzen kommen.

Dass Kastilien immer wieder zur Finanzierung der europäischen Kriege Karls (und später Philipps II.) herangezogen werden konnte, hängt damit zusammen, dass während ihrer Regierungszeit der größte Teil des amerikanischen Kontinents erobert und dem spanischen Herrschaftsgebiet angegliedert wurde. In Bezug auf die Träger der Expansion, ihre Zielsetzungen und politischen Interessen lassen sich drei Hauptfaktoren unterscheiden, die mit unterschiedlichem Gewicht und in wechselseitiger Beeinflussung auf die spanische Eroberung und Kolonisation in Amerika einwirkten: die Krone, die Konquistadoren und Kolonisten und die Kirche.

Die spanische Conquista Amerikas vollzog sich in hohem Maße unter der Kontrolle der Krone und im Rahmen einer zielorientierten spanischen Politik. Die Gründung einer wirtschaftlichen Monopolbehörde (Casa de Contratación) in Sevilla machte deutlich, dass Schifffahrt und Handel nach Lateinamerika staatlich gefördert und kontrolliert und Zolleinnahmen und Abgaben aus den überseeischen Unternehmungen für die Krone gesichert werden sollten. Entsprechend den Zielen des frühmodernen Staates zielte die Kolonialpolitik der Krone bald zusätzlich darauf ab, in Übersee eine kontinuierliche staatliche Herrschaft zu errichten und einen möglichst homogenen Untertanenverband aufzubauen. Deswegen verfolgte sie auch das Ziel, die autochthone Bevölkerung Amerikas kulturell in eine christlich-spanisch geprägte Weltordnung einzubinden. Insgesamt hielten sich im 15. und 16. Jahrhundert ökonomisch-machtpolitische und missionarisch-zivilisatorische Zielsetzungen in der Kolonialpolitik der spanischen Krone in etwa die Waage.

Die Dynamik der Conquista beruhte nicht zuletzt auf ihrem Charakter als sozialer Aufstiegsmechanismus, der jedoch nur bei einem Erfolg der Unternehmung zum Tragen kam. Es ist außerdem zu berücksichtigen, dass sich vor allem die Anführer der Entdeckungs- und Eroberungszüge zur Finanzierung der Expeditionen oft bei den im Hintergrund agierenden spanischen und ausländischen Finanziers verschulden mussten. Aus diesen Gründen standen die Konquistadoren unter einem beträchtlichen Erfolgszwang, der zum Verständnis der Tatsache beiträgt, dass die indigenen Kräfte oft einem verhältnismäßig kleinen Trupp von Eroberern unterlagen. Auch ist es unter diesen Umständen nachvollziehbar, dass die Konquistadoren vorrangig ihre persönliche Bereicherung anstrebten und deswegen mit den Interessen der Krone und der Kirche in Konflikt geraten konnten.

Die Kirche schließlich unterstützte die kolonialen Zielsetzungen der iberischen Könige, da sie aufgrund des Patronatskirchentums an die weltlichen Machtstrukturen gebunden war. Indem der Papst Portugal 1455 und Spanien 1486 bzw. 1508...

Erscheint lt. Verlag 16.10.2020
Reihe/Serie Beck'sche Reihe
Beck'sche Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Regional- / Landesgeschichte
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Schlagworte Diktatur • Entdecker • Entdeckung • Franco • Gegenwart • Geschichte • Gesellschaft • Katholizismus • Kolumbus • Krise • Kultur • Militär • Moderne • Monarchie • Neuzeit • Parlament • Podemos • Politik • Postmoderne • Protest • Reformation • Spanien • Überblick • Wirtschaft
ISBN-10 3-406-75611-5 / 3406756115
ISBN-13 978-3-406-75611-5 / 9783406756115
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