Sein letztes Opfer -  Paul Riedel

Sein letztes Opfer (eBook)

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
316 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-7554-4 (ISBN)
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Eine Frau, keusch wie die heilige Katharina, oder fromm wie die heilige Barbara, oder eine Frau, zart wie die heilige Margareta oder gläubig wie die heilige Dorothea. Die Suche nach der perfekten Braut mit Eigenschaften, die der Glaube so sehr verehrt, wird für einige Menschen zum Fluch. Aber was passiert, wenn eine Frau kein Opfer mehr sein will?

Geboren in Brasilien, wuchs ich in der Stadt Sao Paulo auf. Mein Interesse an der Literatur begann in den siebziger Jahren. Damals las ich alle Romane von Simenon, Christie oder Marion Zimmer Bradley, die ich fand. Ich entwickelte später meinen eigenen Genre, wo Gewalt nicht vordergründig ist, aber nunmehr Be-standteil der Psyche und des Lebens der Charaktere. Die deutsche Sprache war für mich nie leicht, aber die Herausforderung reizt genug, um diese mit aller Kraft anzugehen. Ich lebe seit 1984 in München, wo ich Stadtführun-gen und Kunstseminare anbiete. Am Ende dieses Buchs finden Sie eine Liste meiner derzeitigen Werke.

Ein Mädchen


Der Wolf


Aus dem Fenster waren weder Mond noch Sterne am Himmel zu erkennen. Lediglich die Abwesenheit von Autos auf der Schönstraße setzte die Frau in Kenntnis, dass es Mitte der Nacht im August war. Feuchte Kühle schwebte in der Luft und verlieh der kleinen Wohnung am Isarpark eine düstere Aura. Der Sommer neigte sich seinem Ende zu, und die typische Morgenwärme löste diese mit den ersten Sonnenstrahlen auf.

Sie bewegte sich mühsam zum Wohnzimmerbereich des Appartements. Dort setzte sie sich auf das Sofa, und ihre ungehorsamen Finger suchten nach dem Lichtschalter der Stehlampe. Fotos von ihr aus den Achtzigern zeigten eine rehbraune Mähne mit Strähnchen. Sie trug ein pinkes Top. Die Farben auf dem Foto waren zwar etwas verblasst, aber man erkannte ihren Kampfgeist und Sex-Appeal. Eine Zierde, die sie vor fast zehn Jahren verlor. Von einem Triebtäter an der Isar attackiert, der gefasst wurde.

Das Trauma, das dem Überfall folgte, löste in ihr eine Neurasthenie aus. Die Behandlung verschiedener Experten zeigte jedoch in fünf Jahren keine Besserung.

Sie schaltet das Licht ein und suchte ihre Lesebrille auf dem antiken Biedermeiertisch neben ihrem Foto. Ein Anflug von Sehnsucht überkam sie jedes Mal, wenn sie dieses Bild ansah. Ihre jetzt zittrigen Hände widerstrebten ihrem Befehl, und sie rechnete damit, dass sie sich in absehbarer Zukunft nicht mehr allein versorgen könne.

Es wäre bald zu erwarten, dass ihre Tagespflegerin sie nicht mehr rechtzeitig vom Boden heben könne, und dann wäre es aus mit allein wohnen.

‚Überleben oder diesem Leiden ein Ende setzen?‘, fragte sie sich. Depression war ein Begleitsymptom und in solchen Fällen kaum zu vermeiden. Ihre Psychotherapeutin schloss die Gefahr eines Selbstmordversuchs aus. Jedoch der Gedanke an diese Möglichkeit war ebenso schädlich.

Sie setzte sich die Brille auf und schlug erneut die Tageszeitung von vor einigen Tagen auf. Sie las ungläubig die Meldung auf Seite drei.

„Verdächtiger im Fall der Frauenmisshandlung von Grünwald wegen Beweismangel freigelassen.“

‚Es ist nicht mal in Grünwald. Es war in Harlaching’, widersprach Kathrina der Meldung.

Auswärtige Redakteure in bayerischen Zeitungen waren durch solch kleine Fehler zu ertappen.

Sie las diese Zeile mehrmals und leistete ihren bitteren Tränen keinen Widerstand. Auf einem unscharfen Foto sah man den Verdächtigen, von Polizeibeamten flankiert. Er verbarg sich unter einem großen Mantel. Kathrina presste die Zeitung zu einem Papierball und versuchte diesen mit aller Kraft wegzuwerfen. Jedoch das misslungene Ergebnis rollte schlapp zu Boden, was sie umso mehr in Rage brachte.

„Wo habe ich einen Fehler gemacht?“, fragte sie sich laut. Sie wischte die überflüssigen Tränen ab und richtet sich auf dem Sofa auf.

Sie schaltete ihren Computer ein, und solange das System hochfuhr, suchte sie nach Fassung und wischte sich weitere Tränen ab. Kathrina schaute auf dem Desktop nach der Uhrzeit, der Schlafmangel trübte ihren Blick.

‚Es ist zu früh. Du brauchst sieben und eine halbe Stunde Schlaf’, mahnte sie sich selbst.

Ein Dialogfeld öffnete sich, und sie tippte den Suchbegriff ein. Der Desktophintergrund war in schlichtem Schwarz, die Buchstaben waren blau. Er wirkte fast wie ein Computer aus den siebziger Jahren, obwohl das Gerät keineswegs so alt war. Sie fand die gesuchte Telefonnummer in der virtuellen Kartei und wählte sie. Es klingelte mehrmals, und bevor der Anrufbeantworter anging, legte sie auf und rief wieder an. Beim sechsten Mal war sie erfolgreich, und auf der anderen Seite antwortete widerwillig eine Stimme.

„Was denn? Es ist noch Schlafenszeit, verdammt“, monierte die Gegenseite.

„Kathrina ist hier“, sagte sie mit zittriger Stimme.

„Wer denn sonst? Ich muss arbeiten, und um dies tun zu können, benötige ich etwas Schlaf“, war zwischen Flüchen und Beschimpfungen zu verstehen.

„Er ist frei“, entschuldigte sich Kathrina. Sie sprach langsam und stotterte teilweise.

Die Gegenseite blieb stumm. Sie verstand, dass es lange dauern würde, bis eine Rückmeldung kam. Ob überhaupt eine Antwort kommen würde, war sie sich nicht sicher. Nicht selten legte ihre Gesprächspartnerin nur wütend den Apparat ab.

„Irene? Bist Du noch da?“, versuchte Kathrina das Gespräch fortzusetzen.

„Ja. Das habe ich auch gestern erfahren. Aber was soll ich tun? Er hat Geld und kann gute Anwälte bezahlen. Das Rechtssystem ist leider käuflich geworden.“ Irene klang etwas besänftigter, und Kathrina hörte, wie sie sich auf der anderen Seite vermutlich im Bett aufrichtete.

Die Krankheit erlaubte ihr nicht, ohne Beschwerden aufzustehen. Sie aktivierte den Lautsprecher des Telefons und bewegte sich zur Küchenzeile im Flur des Appartements. Dort setzte sie Wasser für einen Tee auf.

„Er wird sich an mir rächen wollen. Da bin ich mir sicher.“ Kathrina sprach laut und öffnete den Küchenschrank, um sich eine Porzellantasse mit bulgarischem Rosenmuster zu holen, mit der anderen Hand stützte sie sich ab.

„Ich stelle dich auf laut.“ Es war überflüssig, das zu sagen, aber es gab ihr Zeit, die weiteren Worte zu überlegen. „Ich kann mich heute nicht so gut bewegen“, sagte Kathrina, und Irene holte Luft, da diese Information genauso unnötig war. Ihr Zustand war seit ihrer ersten Begegnung bekannt.

Die Stille zwischen beiden Frauen zeigte, dass sie ratlos vor einem Problem standen.

Trotz der beschwerlichen Bewegungen erreichte Kathrina eine Tasse und einen Beutel billigen Tee und bereitete alles für das kochende Wasser vor. Sie wartete weiter auf ein Wort von Irene.

Kathrina ging zum Sofa zurück. Einige Sonnenstrahlen wagten sich über den Horizont, aber die feuchte Luft drängte sich bis tief in die Knochen ihrer müden Beine. Nach weiteren stummen Sekunden meldete Irene sich.

„Das Gericht befand die Beweismaterialien als unzureichend, und seine Anwältin ist wirklich gut. Sie hat bewiesen, dass deine Zeugenaussage … Sorry, das ist etwas blöd formuliert. Die Beweise waren fragwürdig“, entschuldigte sich Irene für die Entscheidung des Gerichts.

Kathrina hob ihren Bademantel und inspizierte die juckenden Narben auf ihrem Oberschenkel. Sie erschreckte beim Anblick nicht mehr, aber diese Wölbungen ließen sie die peinigenden Momente ihrer Vergangenheit erinnern. Sie überlebte einen wildgewordenen Mann, der sie am Flaucher in einer Nacht nach dem Biergarten traf. Sie war nicht die Einzige seiner Opfer, aber diejenige, die sich wehrte, und darum litt sie mehr als die anderen.

„Ich muss zugeben, dass auch ich mit der Entscheidung nicht zufrieden bin, aber wenn er sich nicht von selbst stellt, anhand der vorliegenden Indizien kann man ihn nicht festnehmen oder gar ihm etwas nachweisen.“ Irene klang barsch und trocken.

‚Wie immer’, dachte Kathrina.

„Es tut mir leid, Liebes“, beteuerte Irene.

„Peter Moers kam frei. Ich habe ihn identifiziert“, stammelte sie, und ihre Hände zitterten. Sie brachte ihre Teetasse zum Tisch und nahm mühevoll Platz.

„Du hast keine ausreichenden Beweise, und ich kann nichts tun, wenn ich nicht sicher bin, dass er wirklich schuldig ist. Auch er hat Rechte. Ich glaube dir, aber der Staatsanwalt kann ebenfalls nicht zaubern“, kam professionell und kühl. Kathrina befürchtete, dass Irene sich bald wieder wortlos abmelden würde.

„Ich habe ihn erkannt. Er mag Frauen in rosa Kleidern. Ich bin sicher, dass er seine Opfer fotografiert. Er tat das mit mir. Er ist dieser Mann, der mich damals zugerichtet hat. Peter riecht, und er ist …“, brach Kathrina wieder den Satz ab.

„Ohne Beweise keine Hilfe von mir. Aber wie sicher bist du mit der Beschreibung seines Opfertyps?“, kam prompt.

„Sehr sicher. Die anderen beiden Zeugen konnten ihn nicht erkennen, aber wir saßen fast wie Drillinge im Gericht, und ich fragte beide nach deren Kleidern, als sie angegriffen wurden. Wir drei trugen Rosa.“ Kathrina war wieder den Tränen nahe.

„Alle Frauen tragen mal etwas in dieser bescheuerten Farbe. Das ist wieder Mode seit zwei Jahren.“ Irenes Zweifel war kaum zu überhören, und Kathrina senkte den Kopf.

„Lange rehbraune Haare, kleine Statur. Du musst mir helfen“, forderte sie.

„Ich muss schlafen und du auch. In zwei Stunden muss ich raus. Lass mich denken. Ich kann momentan kaum glauben, dass ich um diese Zeit ans Telefon ging.“ Die Worte von Irene wurden von einem Gähner begleitet. Kathrina versuchte, sich zu beruhigen.

„In seiner Wohnung müssen Beweise sein. Ich habe dir alles über seinen Körper erzählt, an das ich mich erinnern konnte. Ich kann auch bezahlen.“ Kathrina schaute sich um und überlegte, wie unwahrscheinlich dies war.

„Ich brauche nicht dein und niemandes Geld, um meine Arbeit zu erledigen. Geh zu deiner Therapie und beruhige Dich. Er ist raus, und wenn er nichts tut, wird...

Erscheint lt. Verlag 3.8.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7519-7554-3 / 3751975543
ISBN-13 978-3-7519-7554-4 / 9783751975544
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