G. F. Unger Tom Prox & Pete -19 (eBook)

Die große Not

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Aufl. 2020
64 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7517-0081-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

G. F. Unger Tom Prox & Pete -19 - G. F. Unger
Systemvoraussetzungen
1,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen

Das Forellen-Camp, eine kleine Blockhütte am Creek, ist eines der schönsten Vorwerke der Herz-Ranch. Das Camp liegt in einer geschützten Bodensenke und ist von sanften Hügeln umgeben. In den Löchern des Creeks kann man herrlich baden und Forellen fischen. Es gibt wenig Raubwild in der Umgebung, und die Rinder können sich kaum irgendwie verirren.
Der Brennwagen der Herz-Ranch steht seit drei Tagen bei den Korrals des kleinen Vorwerks. Shorty, Little Egg und Blinky bilden die Brennmannschaft. Sie sollen möglichst alle Muttertiere mit ihren Kälbern aufspüren, den Kälbern das Rauchzeichen aufbrennen und die Ohrenmarke einschneiden.
Zurzeit machen die drei Cowboys Mittag. Um das Feuer herum stecken ein Dutzend Weidenruten, auf die sie prächtige Forellen gespießt haben. Das Lagerfeuer glüht nur und brät die leckeren Fische im eigenen Fett.
'Hört, Brüder! Dies hier ist der Cowboyhimmel!', sagt Shorty andächtig und legt sein Baumrindengesicht in zufriedene Falten. Dabei zieht er den Duft der bratenden Forellen deutlich hörbar in die Nase und stößt dann glücklich seufzend den Atem wieder aus.


»Yeah«, nickt Blinky und verdreht dankbar seine himmelblauen Augen, »dies hier ist ein Sanatorium. Alles ist prächtig. Sogar die Rinder sind sanft und milde. Die verdammten Fliegen sind hier nicht so arg am Werk. Es gibt feine Forellen, Wasser, Schatten und überhaupt keinen Ärger. Und die Arbeit ist so leicht und macht so viel Freude, dass ich mich richtig schäme, dafür einen Lohn zu nehmen.«

»Du kannst ihn mir geben«, brummt Little Egg hoffnungsvoll. »Ich bin diesen Monat etwas knapp bei Kasse, denn ich habe mir diesen prächtigen Hut gekauft. Für zwölf Dollar ist er natürlich geschenkt, aber zwölf Dahler sind auch viel Geld. Dieser Hut wird noch prächtig sein, wenn ich eines Tages auf dem letzten Stück meines Lebensweges reite.«

Die beiden anderen Boys nicken beifällig. »Yeah«, sagt Shorty, »wenn du mit diesem Hut in den Himmel kommst, kriegst du sofort einen Ehrenplatz. Nicht ein Engel dort oben wird einen solchen schönen Hut haben. Nur meine ich, ist die Krempe etwas breit. Du wirst mit deinen Flügeln immer anstoßen, wenn du als Engel von einer Wolke zur anderen summst – und du wirst abstürzen und auf die Erde fallen.«

Shorty sagt es ganz ernsthaft. Little Egg hört genau so ernsthaft zu und macht dann ein besorgtes Gesicht. »Wenn ich fliege, nehme ich ihn in die Hand«, murmelt er.

Nun grinsen sie sich alle drei an und wenden ihre Interessen wieder den Forellen zu, die jetzt bald gar sind.

So nebenbei murmelt Blinky: »Wenn ich solch einen missratenen Eierkopf hätte, müsste ich mir auch einen erstklassigen Hut anschaffen. Aber so sehe ich mit meinem alten Deckel auch ganz nett aus. Gestern habe ich geträumt, dass –«

»Heiliger Rauch, Brüder!«, ruft Shorty. »Da kommt Dick angeritten! Schnell, nehmt die Forellen! Los, wir verkriechen uns in den Büschen und verdrücken schnell unsere Forellen! Dick hat in den Schluchten nach verirrten Rindern gesucht! Der ist hungriger als neunundneunzig Wölfe! Der frisst uns die Fische weg! Los, kommt!«

Shorty kreischt die letzten Worte fast wie ein wildgewordener Pavian. Er befindet sich wirklich in allerhöchster Erregung. Fast eine halbe Stunde hat er nun vor den Forellen gesessen und zugesehen, wie sie langsam brieten. Das Wasser war Shorty im Munde zusammengelaufen, und er hatte sich schon die leckersten Fische ausgesucht. Und nun kommt Dick Hanson durch die Hügellücke. Das ist genau so, als wenn eine zwölfköpfige Familie irgendwo unangemeldet zum Mittagessen erscheinen würde.

Shorty kreischt also, springt auf und ergreift einige Weidenruten, an denen die Fische braten.

Little Egg winkt jedoch nur müde und resigniert ab.

»Lass diesen Quatsch, Kamerad«, sagt er traurig. »Du kannst mit den Fischen gar nicht so weit laufen, dass Dick sie nicht riechen würde. Du kannst eine kleine Ölsardine in einen Panzerschrank schließen – wenn Dick Hunger hat, so wittert er sie. Und er findet dann auch Mittel und Wege, an sie heranzukommen. Es ist vollkommen zwecklos, Kamerad!«

Blinky meint ebenso traurig: »Yeah, so ist es! Wenn die Forellen nicht noch so höllisch heiß wären, würde ich schnell meinen Teil verputzen. Wir könnten aber damit auf die höchsten Wipfel der Bäume klettern und…«

Blinky verstummt, denn es ist bereits zu spät. Dick kommt herangeritten. Er schnuppert mit seiner Kartoffelnase und ruft: »Oho, Brüder! Den ganzen Morgen hatte ich Sorge, dass ich zu spät kommen würde!«

Dick springt vom Pferd. Muskulös, massig und dennoch sehr beweglich, kommt er ans Feuer. Sein rundes Gesicht drückt Zufriedenheit aus. Er kauert sich sofort auf die Absätze und greift sich einen Fisch. Aus vollen Backen bläst er.

»Sind noch heiß, was?«, fragt er nebenbei.

»Wenn dir glühendes Eisen schmecken würde, würdest du’s auch fressen!«, grollt Shorty bitter.

»Stimmt!«, nickt Dick und beißt in den knusprigen Rücken des Fisches. Die anderen Männer greifen nun ebenfalls zu. Sie wissen, dass sie sich beeilen müssen. Und doch ist es Bestimmung, dass diese Mahlzeit nicht ohne Zwischenfälle verlaufen soll.

Wieder ist es Shorty, der einen Reiter sieht.

»Heh, da kommt ja noch jemand angeritten! Verdammt, der sitzt aber seltsam im Sattel!«

Shorty springt auf. Alle sehen in die betreffende Richtung. Und sie brauchen nicht zweimal hinsehen, um zu erkennen, dass der aufgetauchte Reiter, der anscheinend von Norden her auf Dicks Fährte gestoßen war, sich nur mit allerletzter Kraft im Sattel hält.

Die anderen Boys springen auf. Dick vergisst sogar seine Forelle. Er wirft sie zu Boden und schwingt sich auf seinen Weißfuchs, der inzwischen zum Wasser getrottet war und soeben zurückgelaufen kommt.

Dick galoppiert sofort los. Die anderen folgen ihm in kurzen Abständen, denn sie hatten natürlich gesattelte Pferde bei den Korrals stehen.

Die Strecke ist nur kurz, aber bevor Dick den Reiter erreicht, fällt dieser kraftlos aus dem Sattel und bleibt bewegungslos am Boden liegen.

Eine halbe Minute später kniet Dick neben dem Fremden. Und nach wenigen Sekunden sind auch die anderen Boys zur Stelle.

Dick hat indessen den Mann auf den. Rücken gedreht und ihm das blutige Hemd geöffnet. Ein primitiver Notverband, sehr schlecht angelegt, beweist, dass der Mann verwundet ist. Es ist ein junger Cowboy.

Gerade, als ihn Dick in die Arme nehmen will, um ihn zum Wasser zu tragen, öffnet der Fremde seine Augen. Sie sind voller Not. Fieber ist in ihnen. Das schmale Gesicht des Cowboys ist bleich und verzerrt. Und die Herzass-Boys erkennen auf diesem Gesicht die Zeichen des Todes. Sie alle haben schon Männer sterben sehen. Sie kennen die Schatten. Sie brauchen keinen Arzt, um zu wissen, dass dieser Boy in wenigen Sekunden sterben wird. Es ist ein Wunder, dass er noch dieses Camp erreicht hat.

»Bruder, was ist los? Wer hat dir das Ding verpasst? Heh, Kamerad, sage uns was?«

Dick kauert tief am Boden und ruft es halblaut, aber sehr eindringlich dem Sterbenden ins Ohr.

Nur einen kurzen Moment werden die Augen des Boys klarer. Erkennen und Begreifen ist in ihnen. Sein Gesicht verzerrt sich noch einmal.

»Rettet…«, haucht er schwach. »Reitet… und… rettet das… Land vor… der Pest…«

Dann ist der Cowboy tot.

Die Reiter der Herz-Ranch nehmen langsam ihre Hüte ab und erheben sich. Dick löst zuerst seine Blicke von dem Toten und sieht nach dessen Pferd hinüber. Es ist ein typisches Cowpony, ein Rotscheck. Man sieht es auch an der Art, wie es ruhig auf dem Fleck steht, nachdem der Reiter heruntergefallen war.

»Den Brand kenne ich nicht«, murmelt Dick.

Auch die anderen betrachten sich den Brand an der Flanke des Schecken.

»Nee, den gibt’s nicht im County«, erklärt Little Egg.

»Das ist ’ne Rose, jedenfalls ’ne Blume«, knurrt Shorty.

Jetzt sehen alle drei Dick Hanson an.

»Wir schaffen ihn in die Hütte und folgen dann seiner Fährte. Vielleicht stoßen wir dann auf die Kerle, die ihn…«

Dick sagt es, bückt sich, nimmt den Toten auf und geht schnell zur Hütte zurück.

Zehn Minuten später klettern die Cowboys in die Sättel. Sie haben ihre Karabiner zur Hand und denken nicht mehr an die Forellenmahlzeit.

Aber bevor sie abreiten, ruft Blinky: »Was könnten seine Worte bedeuten? Wir sollen das Land vor der Pest retten. Was für ’ne Pest? By Jove, was liegt für ’n Sinn drin?!«

»Vielleicht kommen wir dahinter, wenn wir die Knaben erwischen, die ihm die Kugel gegeben haben!«, grollt Dick und reitet an.

So nebenbei denkt Dick Hanson daran, dass er sich heute hier im Forellen-Camp mit Billy Jenkins und Jim Chester treffen wollte. Er denkt auch daran, ihnen eine Nachricht zu überlassen. »Quatsch, sie werden den Toten in der Hütte finden und sich ihren Reim machen!«, murmelt er vor sich hin.

Dick war als Strayman geritten und hatte die Schluchten und Canyons nach verirrten Rindern abgesucht. Massenhaft hatte er sie in den letzten zwei Tagen gesehen. Vollkommen wild und scheu sind sie geworden. Die Herz-Ranch wird ein großes Treiben ansetzen müssen, wenn sie diese abgewanderten Rudel wieder auf die freie Weide des Forellen-Camps bringen will.

Daran denkt Dick noch einmal kurz, dann interessiert ihn nur noch Spur. Sie kam von Norden, biegt jedoch bald nach Westen ab und windet sich scheinbar ohne Sinn durch die Hügel. Dick begreift sehr schnell, dass der arme Kerl, der in seinen Armen gestorben war, vollkommen die Übersicht und die Kontrolle über sich selbst verloren hatte und es seinem Pferd überließ, sich den Weg zu wählen. Der junge Cowboy musste bewusstlos im Sattel gehangen haben.

Das kann ein langer Ritt ohne rechtes Ziel werden, denkt Dick bitter und biegt ab.

»He!«, ruft Shorty auch schon.

»Ist doch klar, dass er über den Ostpass ins Valley gekommen sein muss – auch dann, wenn sie ihn gehetzt haben!«, ruft Dick über die Schulter.

Nun verändern auch die anderen alle ihre Richtung und halten auf den schmalen Keil in der himmelhohen Bergmauer zu, die von Nord nach Süd im riesengroßen Bogen das Tal umschließt.

Das Weideland wird welliger. Furchen und kleine Canyons steigen zwischen bewaldeten Hügeln an. Kleine Bäche kommen zum Tal hernieder. Das Land wird immer rauer und zerhackter, wilder und unübersichtlicher. Sie reiten auf dem zertrampelten Rinderpfad, der sich dünn und in vielen Windungen durch die Hügel aufwärts zieht.

Es ist ein uralter Pfad. Büffel, die vor dem roten und erst recht vor dem weißen Mann da waren, haben...

Erscheint lt. Verlag 11.8.2020
Reihe/Serie G.F. Unger Classic-Edition
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Westernromane • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7517-0081-1 / 3751700811
ISBN-13 978-3-7517-0081-8 / 9783751700818
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Ohne DRM)

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Anne Freytag

eBook Download (2023)
dtv (Verlag)
14,99
Band 1: Lebe den Moment

von Elenay Christine van Lind

eBook Download (2023)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
9,49
Ein Provinzkrimi | Endlich ist er wieder da: der Eberhofer Franz mit …

von Rita Falk

eBook Download (2023)
dtv (Verlag)
14,99