Gespenster-Krimi 48 (eBook)
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-9929-5 (ISBN)
Ein silberner Mond strahlte auf die Wipfel des Palmengartens. Der warme Nachtwind der Tropen fächelte in den Bananenstauden, und der schwere Duft des Rhododendron drang bis an den Pavillon, vor dem Denise Latour auf einer Bank aus Rohrgeflecht saß. Ihre dunklen Augen verfolgten den Tanz der Nachtschmetterlinge, und auf ihrem Gesicht lag ein glückliches Lächeln. Heute beim Tennis im Princess Garden hatte sie ihn kennengelernt. Ihn, der der Mann ihres Lebens werden könnte.
Plötzlich schrak sie zusammen! Aus der Ferne drang der dumpfe Trommelwirbel des Voodoo an ihr Ohr, und sie wusste, dass der Friede ringsherum trügerisch war. Die Trommeln erweckten die schrecklichen Geister der Insel zum nächtlichen Leben ...
Voodoo-Hölle Haiti
von Brian Elliot
Ein silberner Mond strahlte auf die Wipfel des Palmengartens. Der warme Nachtwind der Tropen fächelte in den Bananenstauden, und der schwere Duft des Rhododendron drang bis an den Pavillon, vor dem Denise Latour auf einer Bank aus Rohrgeflecht saß. Ihre dunklen Augen verfolgten den Tanz der Nachtschmetterlinge, und auf ihrem Gesicht lag ein glückliches Lächeln. Heute beim Tennis im Princess Garden hatte sie ihn kennengelernt. Ihn, der der Mann ihres Lebens werden könnte.
Plötzlich schrak sie zusammen! Aus der Ferne drang der dumpfe Trommelwirbel des Voodoo an ihr Ohr, und sie wusste, dass der Friede ringsherum trügerisch war. Die Trommeln erweckten die schrecklichen Geister der Insel zum nächtlichen Leben …
Unsinn, dachte sie dann und versuchte wieder zu lächeln. Schließlich war sie durch die Gartenmauern geschützt, und hinter den Sträuchern schimmerten die weißgetünchten Wände des Bungalows, in dem sie mit ihrem Vater und ein paar schwarzen Dienern wohnte.
Sie war die Tochter von Colonel Latour, der die allmächtige Leibgarde des Präsidenten von Haiti befehligte. Denise galt ihm, seit ihre Mutter vor einigen Jahren gestorben war, mehr als alles auf der Welt. Sie hatte das französische College in Port au Prince mit Glanznoten absolviert, und seitdem bestand ihr Leben aus Schwimmen, Tennisspielen, Segeln, Partys …
Ein Leben, wie es sich nur wenige Menschen der armen Republik Haiti leisten konnten. Richtiges Glück aber hatte sie zum ersten Mal heute Nachmittag gefühlt, als sie der große blonde Amerikaner angelächelt hatte. Er lud sie zu einem Match ein.
Er spielte verhalten und gewann nur knapp, aber sie wusste, dass er sie ohne Satzgewinn hätte vom Platz fegen können.
Dann hatten sie zusammen an der Bar einen Cocktail getrunken. Sie wusste eigentlich nur von ihm, dass er Offizier war, Ralph Scott hieß und einige Wochen Urlaub im Hotel Princess Garden verbrachte, wo eine Übernachtung ungefähr so viel kostete wie eine Durchschnittsfamilie der Republik Haiti im Monat zum Leben verbrauchen konnte.
Für morgen Nachmittag hatten sie sich verabredet.
Denise Latour war glücklich, denn sie war zum ersten Mal in ihrem Leben verliebt.
Trotzdem mischte sich Angst in dieses Glück. Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass ein Mädchen aus Haiti keinen Fremden lieben durfte, schon gar nicht einen dieser verhassten Amerikaner, die das Inselland vor ihrer Haustür in Armut versinken ließen. Die allmächtigen Götter hatten furchtbare Strafen für einen solchen Frevel vorgesehen, und nur Damohin, die geflügelte Göttin der Liebe, konnte vielleicht das Schlimmste verhüten.
Die Villa von Colonel Latour lag am äußersten Stadtrand von Port au Prince. Hinter den Gartenmauern breiteten sich einige Felder aus, und jenseits davon wucherte der Dschungel. Die wirbelnden Trommeln kamen näher und näher. Denise erkannte plötzlich, dass sie nicht aus irgendeinem Negerkral ertönten wie sonst fast jede Nacht. Nein, das dumpfe Geräusch schien in einer breiten Welle aus dem Busch dort draußen aufzusteigen.
Denise fröstelte trotz der Wärme. Sie sprang von der Bank auf und fühlte die Gänsehaut an ihren nackten Armen. Sie wollte in das schützende Haus.
Mit einem Schlag verstummten die Trommeln. Denise atmete erleichtert auf. Dann stand sie wie erstarrt.
Aus einem der wuchernden Rhododendronsträucher neben dem Pavillon trat eine Schreckensgestalt, die den Herzschlag des Mädchens stocken ließ.
Die riesige Erscheinung hatte Arme und Beine wie ein Mensch, aber den Kopf eines Sauriers, der sie mit bleckenden Zähnen anstarrte. Um die mächtigen nackten Schultern wanden sich züngelnd zwei riesige Anakondaschlangen.
Denise fasste sich rasch. Sie war weder besonders abergläubisch noch feige, und sie glaubte zu wissen, wen sie vor sich hatte. Sie hatte schon ein paarmal an den Exzessen des Voodoo in der Kneipe der dicken Francoise teilgenommen.
Die Schwarzen tranken dabei den Rum aus Flaschen, und auf dem Höhepunkt ihrer Ekstase erschien Haka, der Vertraute von Francoise, mit dem Schädel eines riesigen Leguans auf den Schultern und führte wilde rituelle Tänze auf.
«Was willst du hier, Haka?«, fragte sie entschlossen. Der riesige Mann musste gewaltig betrunken sein, dass er hier als Schlangengott Damballa aufzutreten wagte. »Wenn du nicht sofort verschwindest, werde ich dich durch Pablo hinauswerfen lassen.«
Ein heiseres Gelächter war die Antwort, und die grässliche Erscheinung kam näher. Denise überfiel lähmende Angst. Denn das waren nicht die Glasaugen des Leguankopfes, den Haka benutzte. Es waren tückische, lebendige Augen. Und aus dem Maul mit den spitzen Zahnreihen kam nicht die gewohnte Rumfahne des ständig betrunkenen Haka, sondern ein penetranter Gestank wie faulende Erde.
»Ich bin nicht Haka«, zischte die Gestalt mit tonloser, heiserer Stimme, die dem Mädchen durch Mark und Bein drang. »Damballa besucht dich persönlich. Auf die Knie mit dir.«
Willenlos sank das Mädchen zu Boden.
»So ist es gut«, hauchte das Ungetüm. Mit beiden Händen hielt er die Riesenschlangen hinter den Köpfen umklammert. »Und nun höre: Du wirst dich diesem weißen Schuft nicht an den Hals werfen. Sonst werde ich dir Samedin, den schwarzen Henker, schicken, und du wirst dein junges Leben auf den Feldern Zombis verdämmern, von seinen glühenden Peitschen gepeinigt. Hörst du mich, Denise? Willst du dich retten, so schwöre mir, dass du den weißen Hund nie mehr treffen wirst.«
Tränen rannen über das Gesicht des Mädchens.
Sie dachte an das Lächeln von Ralph Scott und seine strahlenden blauen Augen. ,Bis morgen, wunderschöne kleine Miss Denise, hatte er gesagt, als sie sich verabschiedete.
»Ich kann nicht.« flüsterte sie.
Der schreckliche Kopf des Ungeheuers beugte sich zu ihr herunter, und die Schlangen züngelten dicht vor ihrem Gesicht. Wieder roch sie den fauligen Atem.
»Bedenke«, zischte das Maul des Sauriers. »Zombis Peitschen lassen die Felder vom Gebrüll der Gepeinigten widerhallen. Niemand verlangt von dir, ohne Mann zu leben. Carlos Somoza dient treu den Göttern. Ihm sollst du gehören.«
Denise zuckte vor den Schlangenköpfen zurück.
»Somoza. Niemals«, kam es kaum hörbar von ihren Lippen.
»Schwöre«, zischte es dicht über ihrer Stirn. »Sonst wird Samedin, der schwarze Henker, dein Schicksal sein.«
Mit tränenverschwommenen Augen sah sie die gefletschten Zähne des Ungeheuers direkt vor sich. Aus der Ferne dröhnten plötzlich wieder Trommeln.
»Ich schwöre«, sagte Denise verzweifelt.
Die grässliche Gestalt richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und verschwand ohne jedes Geräusch zwischen den Büschen, aus denen sie gekommen war. Die Trommeln verstummten, und nur der schrille Gesang der Zikaden erfüllte den nächtlichen Garten.
Denise lag noch eine ganze Weile halb ohnmächtig auf den Knien. Dann stand sie auf und wankte auf die Terrasse des Bungalows zu. Müde wie eine alte Frau stieg sie die Treppe hinauf. Vor der Glastür stand ein Neger in weißem Anzug.
Er nahm die Taumelnde sanft in seine kräftigen Arme, holte ein unbenutztes Taschentuch aus seiner Jacke und wischte ihr ganz sanft die Tränen aus dem Gesicht.
»Ich habe alles gesehen«, sagte er ruhig. »Aber die Macht von Damballa ist begrenzt. Bitte verzweifeln Sie nicht, Mademoiselle.«
Denise Latour hatte sich die Bemühungen des Negers ruhig gefallen lassen. Mit einem dankbaren Blick sah sie ihm in die Augen.
»Ich danke dir, Pablo. Allerdings wirst du mir nicht viel helfen können.«
»Voodoo wird uns helfen, Mademoiselle«, sagte Pablo ernst. »Er wird die Köpfe der Schlangen zertreten, die Ihnen Francoise und Carlos Somoza als Todesboten geschickt haben. Pablo kennt ihren Zauber. Seine Ahnen leben seit zweihundert Jahren in diesem Land, seit sie als Sklaven über das große Meer geholt worden sind. Versuchen Sie bitte jetzt zu schlafen, Mademoiselle.«
Denise reichte dem Schwarzen die Hand. In ihren Augen schimmerte Hoffnung auf.
»Gute Nacht, Pablo.«
†
Captain Ralph Scott saß vor einem doppelstöckigen Whisky mit viel Eis auf der Terrasse des Princess Garden. Von hier aus konnte man sowohl die Tennisplätze wie auch den Jachthafen überblicken. Hinter den bunten Schiffen dehnt sich endlos das blaue Meer. Die Sonne stach heiß herunter. Trotzdem herrschte ziemlicher Betrieb auf dem Tennis Court.
Scott blickte auf seine Armbanduhr. Es war halb vier. Für vier Uhr hatte er Platz Nummer drei für eine Stunde reserviert. Um drei Uhr wollte er sich mit Denise treffen, aber das Tennisspiel schien ihm nicht mehr so wichtig. Bei einem Cocktail konnte man sich mit dem prachtvollen Mädchen weit besser unterhalten. Nun hatte sie ihn schon um eine halbe Stunde versetzt, aber seine Laune war zu gut, um darüber böse zu werden. Seine Erfahrung mit südlichen Schönen sagte ihm, dass hier...
Erscheint lt. Verlag | 11.8.2020 |
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Reihe/Serie | Gespenster-Krimi |
Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond |
ISBN-10 | 3-7325-9929-9 / 3732599299 |
ISBN-13 | 978-3-7325-9929-5 / 9783732599295 |
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