Alter Hund, neue Tricks (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1., Deutsche Erstausgabe
368 Seiten
Suhrkamp Verlag
978-3-518-76499-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Alter Hund, neue Tricks - Adrian McKinty
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Belfast, 1992. Der ehemalige Detective Inspector Sean Duffy hat sich unlängst mit seiner Familie nach Schottland abgesetzt. In Belfast ist er nur noch tageweise. Doch als ein Landschaftsmaler ermordet wird, muss Duffy ein paar Extratage dranhängen. Alles sieht nach Autodiebstahl mit tödlichem Finale aus: Jemand hatte es auf den Jaguar des Opfers abgesehen, wurde überrascht, eine Waffe ist losgegangen. Doch ein Blick auf die Werke des Malers wirft die Frage auf, wie er damit genug Geld für einen Luxuswagen hatte verdienen können. Und wieso hat er regelmäßig eine Telefonnummer in der Republik Irland angerufen? Eine Nummer, die zu IRA-Funktionären im Exil führt. Duffy lässt sich nicht mit einfachen Lösungen abspeisen und gräbt tiefer. Bis er selbst von allen Seiten unter Beschuss gerät ...

Im Belfast der Neunziger ist plötzlich alles anders: Der Milchmann hat seinen Dienst quittiert, die Musik kommt von CD, und der katholische Bulle Sean Duffy ist ein Familienmensch mit Hauptwohnsitz in Schottland. Doch als er von einem dubiosen Mordfall auf den Plan gerufen wird, will Duffy unbedingt beweisen, dass ein alter Hund sehr wohl neue Tricks lernen kann.



<p>Adrian McKinty, geboren 1968 in Belfast, z&auml;hlt zu den wichtigsten nordirischen Krimiautoren. Nach einem Philosophiestudium an der Oxford University verschlug es ihn nach New York und Denver, wo er verschiedenste Jobs annahm, vom Barkeeper bis zum Rugbycoach. Nach einigen Jahren in Melbourne, Australien, lebt der preisgekr&ouml;nte Autor und Journalist mit seiner Familie heute wieder in New York.</p>

1

Gehe nie nach Belfast im Juli


Die Buchhandlung war gesteckt voll. Alle acht Stühle waren besetzt, an der hinteren Wand standen weitere sechs Personen. Ciaran Carson kam mit einer Tasse Tee, ein paar DIN-A4-Blättern und einem Gedichtband aus einem Nebenraum. Er trug einen dunkelblauen Anzug, ein weißes Hemd und eine rote Krawatte. Er war ein schlanker, selbstbewusster Mann mit kurzen schwarzen Haaren und ovaler Brille. Er sah aus wie ein Gelehrter der alten Sprachen, und das war er natürlich auch. Er sagte Guten Abend und begann mit seinem ersten Gedicht.

»Als die Bereitschaftspolizei aufmarschierte, regnete es plötzlich Ausrufezeichen. Muttern, Schrauben, Nägel, Autoschlüssel. Ein Satz kaputter Schrifttypen. Und die Explosion selbst – ein Asterisk auf der Landkarte …«

Die Veranstaltung lief sehr gut. Seamus Heaney, Derek Mahon und Paul Muldoon saßen im Publikum, und auch alle anderen waren entweder ernsthaft poesieverrückt oder Möchtegerndichter. »Hier drin ist es ja so wie damals, als die Sex Pistols in der Lesser Free Trade Hall in Manchester gespielt haben«, wollte ich zu jemandem sagen, aber keiner von diesen Leuten hätte verstanden, worüber ich da laberte.

Carson las aus The Irish for No und Belfast Confetti und aus seiner hervorragenden Übersetzung der Táin Bó Cúailnge.

Die Fragerunde wurde eröffnet, doch befiel uns die übliche peinliche Zurückhaltung der Einwohner von Ulster.

»Worin bestehen die Schwierigkeiten bei der Übersetzung von irischen Versen ins neuzeitliche Englisch?«, hörte ich mich fragen, und nachdem mir das entfleucht war, war ich ziemlich erleichtert, von Carson und dann Heaney nur freundliche Antworten zu erhalten, dazu eine lustige und recht gelehrte Bemerkung von Muldoon.

Ich ließ mir ein paar Bücher signieren und trat zufrieden auf die Ormeau Avenue hinaus.

Es war noch früh, erst sieben Uhr abends, und meine Fähre ging um Mitternacht. Vielleicht noch ein ruhiges Bier in der Crown Bar oder in Kelly’s Cellars? Oder Kino?

Ich fand eine Telefonzelle und rief Beth in Portpatrick an.

»Hi, wie geht es dir?«, fragte sie.

»Gut. Ich bin zu dieser Lesung gegangen.«

»War es gut?«

»Sehr gut.«

»Und was machst du jetzt?«

»Ich schlage nur die Zeit tot. Ich nehme die Fähre um Mitternacht.«

»Wie war’s denn auf dem Revier?«

»Richtig, richtig langweilig.«

»War ja nicht anders zu erwarten.«

»Ja.«

Ich ging jetzt sechs Tage im Monat zur Arbeit, das Minimum, das man brauchte, um nach der Pensionierung die vollen Bezüge zu erhalten. Normalerweise blieb ich drei Tage, machte dann zwei Wochen frei und war Ganztags-Dad in Schottland, um danach die Fähre zu nehmen und weitere drei Tage zu arbeiten. Bis vor einem Jahr war die langweilige Büroarbeit nur meine Tarnung gewesen, weil ich in Wahrheit der Sachbearbeiter für einen Agenten der IRA bei der Polizei war, den wir in einen Doppelagenten umgedreht hatten: Er fütterte die IRA mit falschen Informationen und versuchte, Hinweise für uns aufzuschnappen. Allerdings hatte sich diese Mehrfachbelastung von Assistant Chief Constable John Strong gerächt. Er hatte in seinem Hinterhof einen Birnbaum mit der Kettensäge gestutzt und dabei einen Herzinfarkt erlitten. Zwar hatte die Kettensäge ihn nicht umgebracht, dafür aber eine Reihe seiner geliebten Gartenzwerge dahingerafft, bevor die Kettenbremse auslösen konnte.

Eine Stunde lang hatte er nach Luft schnappend zwischen den abgetrennten Köpfen seiner Gartenzwergarmee in der Sommerhitze gelegen, bis er starb; ausgleichende Gerechtigkeit, wenn es nach jenen ging, die von seinen Verbrechen und seinem Geheimnisverrat gewusst hatten.

Er war im Beisein einer Ehrenwache der Royal Ulster Constabulary und mit allem Brimborium zu Grabe getragen worden; ein paar Tage später hatte eine kleine Gruppe maskierter IRA-Leute für »einen der Unseren« Salut über seinem Grab abgefeuert.

Nach Strongs Tod hatte sich der falsche Papierkram in echten Papierkram verwandelt. Als Teilzeitpolizist durfte ich keine Kriminalfälle mehr bearbeiten, was bedeutete, dass ich bis zum glorreichen 31. August 1994, meinem letzten Arbeitstag, in der Verwaltung arbeiten und gelegentlich als Verkehrspolizist eingesetzt werden würde; danach konnte ich nach zwanzig Dienstjahren bei der RUC in Pension gehen. Und wenn ich es irgendwie lebend bis zum 31. März 1995 schaffen sollte, würde ich die Bezüge erhalten, die mir nach voller Dienstzeit zustanden.

Wir würden ja sehen.

Rein instinktiv wollte ich so bald wie möglich den Dienst quittieren.

»Langweilig finde ich gut«, meinte Beth. »Langweilig höre ich gern. Langweilig heißt, dass du nicht bei Sondereinsätzen oder zur Fußstreife an der Grenze eingesetzt wirst.«

»Nichts dergleichen. Dafür habe ich ein Attest. Meine Knie sind zu kaputt für Sondereinsätze und Fußstreife«, entgegnete ich.

»Gehst du heute Nacht aufs Revier?«

»Ja. Aber nur kurz. Ich muss meinen Stundenzettel abgeben.«

»Grüß Crabbie und Alex von mir.«

»Mach ich, falls sie da sind. Wie geht’s Emma?«

»Bestens.«

»Gibst du sie mir?«

»Sie ist schon ins Bett gegangen. Aber ich kann sie ja wecken.«

»Nein, nein. Lass die Kleine schlafen.«

»Soll ich auf dich warten?«

»Nein, geh ruhig schlafen. Ich bin leise, wenn ich nach Hause komme«, sagte ich. Die neue SeaCat-Fähre von Larne nach Stranraer in Schottland brauchte nur eine Stunde über den Nordkanal, wenn also alles gutging, würde ich um halb zwei zu Hause in Portpatrick im Bett sein.

»Okay, ich liebe dich, Sean … bye!«

»Ich liebe dich auch.«

Ich legte auf und ging zum Kino an der Great Victoria Street.

Es handelte sich um ein Multiplex mit einem großen Angebot. Merkwürdigerweise gehörten zu diesem Angebot gleich vier Filme mit irischen Themen: In einem fernen Land mit Tom Cruise und Nicole Kidman; Die Stunde der Patrioten mit Harrison Ford; Cal mit Helen Mirren und The Crying Game mit Stephen Rea. In einem fernen Land war die Geschichte eines hin- und hergerissenen irischen Rebellen, der nach Amerika flieht, um den bösen Briten zu entkommen; Die Stunde der Patrioten handelte von einem hin- und hergerissenen irischen Rebellen, der sich mit Harrison Ford und den bösen Briten anlegt; Cal handelte von einem hin- und hergerissenen irischen Rebellen, der einen bösen Briten umbringt und sich in dessen Freundin verliebt, und The Crying Game handelte von einem hin- und hergerissenen irischen Rebellen, der einen bösen Briten umbringt und sich in dessen Freundin verliebt, die sich dann als Mann entpuppt. The Crying Game war der aus künstlerischer Sicht interessanteste Film, allerdings war ich selbst in eine Honigfalle der IRA getappt, deshalb ging mir die Geschichte etwas zu sehr an die Nieren.

Also beschloss ich, in der Crown Bar in Ruhe ein Glas zu trinken.

Ein gut eingeschenktes Pint Guinness im abgewetzten Hinterzimmer der wunderbaren Crown Bar in Belfast ist für viele der Inbegriff vom Himmel auf Erden. Ich durchlief allerdings gerade das bei mir übliche existentielle Stadium, das mich immer nach Abschluss meiner paar Diensttage überkam, und war keineswegs dem Ort angemessen entspannt.

Es war das Schicksal so vieler langgedienter Polizisten, einen Erlöser-Komplex zu entwickeln und die jugendlichen Versuchungen, die missionarischen Reisen, die Offenbarungen und schließlich das Martyrium zu durchlaufen. Ich war offenkundig im Stadium des Martyriums angelangt. Mit dem Ableben des von mir geführten Agenten war ich zu einem nutzlosen Teilzeitpolizisten in der Reserve geworden. Papierkram, Kleinscheiß und Revierdienst, so lauteten die Strafen, die überqualifizierten Teilzeitpolizisten drohten, welche nur ein paar Tage im Monat zum Dienst kamen.

Ich saß also gemütlich hinten rechts in der Crown Bar, als ich das unmissverständliche Zischen von Molotow-Cocktails hörte, die durch die Luft flogen und beim Aufprall auf der Straße in einer Stichflamme aus...

Erscheint lt. Verlag 20.7.2020
Reihe/Serie Sean-Duffy-Serie
Sean-Duffy-Serie
Übersetzer Peter Torberg
Sprache deutsch
Original-Titel Hang On St Christopher
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Belfast • Nordirland • Nordirland-Krimi • Sean Duffy Nr. 8 • ST 5060 • ST5060 • suhrkamp taschenbuch 5060 • Thriller
ISBN-10 3-518-76499-3 / 3518764993
ISBN-13 978-3-518-76499-2 / 9783518764992
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