Der Tote vom Plitvicer See -  Angelika Fröhlich

Der Tote vom Plitvicer See (eBook)

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2020 | 1. Auflage
264 Seiten
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99110-475-9 (ISBN)
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Auf dem Weg zu ihrem Ferienhaus in Kroatien machen Anna und ihre Familie ein paar Tage Halt bei den Plitvicer Seen - einem wunderschönen UNESCO-Weltnaturerbe. Das unbeschwerte Urlaubsfeeling wird bald durch einen Toten getrübt. Auf der Suche nach dem Mörder führen die Spuren Kommissar Jukic und seinen jungen Kollegen bis in die Zeit des Jugoslawienkriegs zurück. Bis zum Schluss ist sich Branko Jukic nicht sicher, wer das Verbrechen begangen hat.

Angelika Fröhlich wurde am 30. Juni 1971 in Innsbruck geboren und wuchs dort als jüngstes von drei Geschwistern auf. Nach der Matura zog es sie nach Italien und England. Anschließend studierte sie Internationale Wirtschaftswissenschaften und zog im Alter von 23 Jahre nach London, um Bankerin zu werden. Diesen Beruf hat sie auch nach ihrer Rückkehr nach Österreich bis heute beibehalten. Schon immer hatte Angelika Fröhlich eine Passion für das Schreiben und nach vielen verborgenen Versuchen veröffentlichte sie im Jahr 2020 ihren ersten Kriminalroman. Dabei stehen die Charaktere und die Verstrickung ihrer Schicksale im Mittelpunkt und bieten so Spannung vom Anfang bis zum Ende.

Kapitel 6

Werner tat sich schwer seinen Gefühlsausbruch unter Kontrolle zu bekommen, nachdem er ins Zimmer seiner Familie geschlichen war und sich leise neben Barbara gelegt hatte. Er verwendete eine Atemtechnik, die er bei einem Geburtsvorbereitungskurs mit Barbara ständig geübt hatte. Tief einatmen bis in den Bauch hinunter und dann „fff“ über den Mund wieder herausblasen. Das beruhigte ihn einigermaßen, aber es half ihm nicht, seine Gedanken abzuschalten. Dunja, seine erste große Liebe. Eigentlich seine einzige große Liebe, denn natürlich war Werner Barbara dankbar für die Kinder und dass er sich um sie kümmern durfte, sie tat ihm auch leid und er mochte sie wirklich – zumindest hatte er sie gemocht, bevor sie so extrem depressiv geworden war. Aber Liebe? Nein, das hatte sich ganz anders angefühlt. Viel explosiver, vielleicht aber auch nicht so langlebig – doch das würde er niemals erfahren können, denn Dunja war schon lange tot. Viel zu früh gestorben.

Werner hatte die junge Serbin zum ersten Mal an den Plitvicer Seen getroffen. Er eben ganz Winnetou-Fan hatte diese Seen zum ersten Mal wenige Monate nach Kriegsende im Jahr 1996 aufgesucht. Also vor mehr als zwanzig Jahren. Er war damals Anfang 30 gewesen und völlig ungebunden. Da er noch nie eine wirkliche Schönheit gewesen war, hatten sich auch nie viele Mädchen für ihn interessiert. Dazu kam noch seine eher schüchterne, wenig dominante Art. Aber es schlummerten zwei Persönlichkeiten in ihm. Im Grunde war er nämlich ein gnadenloser Egoist. Ein feiger eben. Deshalb führten ihn oft die Unschuldsmasche, gepaart mit Tricks und Schleimereien zum Ziel.

Und so war er auch in jungen Jahren beruflich schon nicht gerade mega-erfolgreich, aber durch sein beinahe unterwürfiges Verhalten war er den Chefs der alten Garde immer schon positiv aufgefallen. Die mochten solche Leute, die nicht widersprachen und einfach alles toll fanden, was sie sagten. Damit hatte sich Werner mit Anfang 30 auch mit einem abgebrochenen Studium eine ganz solide Position erarbeiten können, in der er nicht schlecht verdiente. Er war Leiter einer Organisationsabteilung einer Bank und hatte damit ziemliche Narrenfreiheit. Seinem jeweiligen Chef war er völlig ergeben – das beherrschte er am besten. Ansonsten schaffte er es immer ganz gut, die wirkliche Arbeit an andere abzuschieben und selbst die Lorbeeren dafür zu kassieren. Ganz von seinen Chefs abgeschaut. Beliebt war er dafür unter den Kollegen nicht. Das war ihm aber egal, dafür hatte er genügend Geld und konnte in einer feinen 80qm Wohnung im Zentrum von Innsbruck hausen, sich seine Reisen und ab und zu ein gutes Essen in einem Lokal seiner Wahl leisten. Essen liebte er, obwohl er so dünn war. Gute Gene eben, da hatte er richtig Glück gehabt.

Wenige Monate nach Beendigung des Jugoslawienkrieges machte er sich im Frühjahr 1996 also auf nach Kroatien – an diese Bezeichnung musste man sich damals erst gewöhnen. Es waren noch nicht viele Touristen unterwegs, aber sie waren willkommen. Gab es den Einheimischen doch das Gefühl, wieder zur Normalität zurück zu kehren. So wurde Werner herzlich empfangen. Die Plitvicer Seen waren ja bereits in den Siebzigerjahren zum Weltnaturerbe ernannt worden und hatten im Krieg kaum Schaden genommen. So war man es dort gewohnt, interessierten Ausländern alles zu erklären.

Auch damals musste man schon Eintritt zahlen, aber es war längst nicht alles so organisiert, wie heute. Es gab keine vorgefertigten Routen für geh-faule, ein bisschen sportlichere und ganz ambitionierte Besucher. Es gab einen Plan vom Nationalpark, das ja, aber jeder musste sich selbst durchschlagen. Oder einen von den zahlreichen Guides fragen, die sich damit nach den harten Kriegsjahren gerne den ein oder anderen Kuna dazu verdienten. Diese Währung war 1994 eingeführt worden und wurde von den Kroaten mit Stolz verwendet, da sie doch einen Teil ihrer Unabhängigkeit symbolisierte.

Alles war unheimlich billig für die Österreicher – und so leistete sich der allein reisende Werner einen Guide. Er fragte sich durch und erwischte einen, der sich mit den Winnetou-Szenen auskannte, denn die interessierten Werner ganz besonders. Der Guide hieß Ivo und war begeistert von seinem Auftrag. Endlich einmal wieder ein Tourist, mit dem er durch sein geliebtes Gebiet streifen konnte und nicht irgendwelche Kämpfer, denen er Schleichwege zeigen musste. Ivo war froh, dass der Krieg endlich vorbei war.

Die beiden Männer starteten die Tour in einem alten, knarrenden Ruderboot, denn damals gab es noch keine Elektroboote, die Menschenmassen über den See brachten. Werner war in dem Moment froh, dass er schwimmen konnte, denn ganz vertraute er dem wackeligen Ding unter seinen Füßen nicht. War da eh nirgends ein schleichendes Loch? Wie kalt würde wohl das Wasser um die Zeit sein? So kalt wie die Tiroler Bergseen, oder vielleicht doch ein bisschen wärmer? All diese Gedanken schossen ihm durch den Kopf, ihm, dem ewig Besorgten. Dass seine Bedenken lächerlich waren, erkannte er in dem Moment, in dem ihm Ivo die Distanz zum Ufer zeigte, das sie ansteuerten. Das waren vielleicht 200 Meter – nicht mehr, also selbst bei kaltem Wasser konnte man sich mit verkrampften Beinen und Hundeschwimmstil wohl an die eine oder die andere Seite retten.

Als sie auf der anderen Seite des Ufers anlegten und Werner seinen Blick an Land richtete, war er gefangen in einem Moment, den er für immer festhalten wollte. Noch nie hatte er so gefühlt, nie wieder wollte er, dass dieses Gefühl aufhören sollte. Er erblickte den Rücken einer jungen Frau, lange, dicke dunkelbraune Haare wellten sich weit über die Schultern. Man konnte ihr Profil erkennen, ein scharf geschnittenes Gesicht, mit einer wohlgeformten beinahe römischen Nase. Sanft geschwungene Augenbrauen betonten die dunklen Augen, die wehmütig in die Ferne blickten. Die Frau saß auf dem Boden, die Knie eng an den Oberkörper gezogen und von den Armen umschlungen. So als müsste sie sich selbst wärmen und beschützen, obwohl es weder kalt war, noch Gefahr drohte. Die Sonne schien in die ungebändigten Haare und erzeugte rötliche Schimmer darin. Umrahmt von einer Explosion aus erblühenden Gräsern, Sträuchern, Blumen und Bäumen mit all den frischen Farben des Frühlings erschien sie ihm wie ein Gemälde. Unwirklich, zu schön, um wahr zu sein. Werner wollte sich nicht bewegen, nicht atmen, er wollte einfach diesen Moment festhalten und das warme Gefühl, das seinen ganzen Körper dabei durchrieselte.

„Let´s go, Werner!“10 In dem Moment riss ihn Ivo aus seinem Glücksmoment und er hasste ihn in diesem Moment dafür. Auch die junge Frau zuckte zusammen und sprang auf, wie ein Reh, das durch Lärm aufgescheucht worden war. „Yes, yes, I´m coming…“11 sagte er unwillig und konnte seinen Blick von der jungen Dame nicht abwenden. Sie war sicher mindestens 10 Jahre jünger als er und wunderschön. Er wandte sich an sie: „Sorry, that we disturb you, we didn´t want to shock you.”12 Sie schaute ihn aus ihren dunklen, schwermütigen Augen an und antwortete „Don´t worry I just wanted to go“ „No, no, stay!“13 wollte ihr Werner nachrufen, aber er tat es nicht. Er war wie gelähmt, feige wie immer, wenn es um Frauen ging, hatte er doch in seinem Leben schon zu viele Abfuhren erteilt bekommen. Also blieben ihm die Worte im Hals stecken und die junge Dame war so schnell im Wald verschwunden, so schnell konnte er gar nicht schauen. Ivo grinste und sagte „Beautiful girl, eh? I´ve seen her before on this spot, but she is always alone and always goes away, when someone comes. She often sits here and looks. I don´t know why.”

Werner trottete hinter Ivo her, aber so interessant seine Ausführungen auch waren und so viele Plätze er aus den Winnetou-Filmen erkennen konnte – irgendwie interessierte ihn das alles nicht mehr. Er wollte eigentlich nur die junge Frau wieder treffen, aber ohne Ivo, ohne irgendjemanden. Vielleicht würde sie dann weniger Angst haben, denn das war es, was er in ihren Augen gesehen hatte – Angst und Trauer – das passte so gar nicht zum Rest von ihr. Werner dachte nur darüber nach, wie er das Mädchen wiederfinden könnte, aber der Guide hatte ihm ja gesagt, dass sie öfters hier saß. Offenbar verband sie irgendetwas mit diesem Ort. Was hinderte ihn daran wieder hierher zurück zu kommen? Gar nichts – er würde sich ein wackeliges Boot ausleihen und den Park auf eigene Faust erkunden. Gleich morgen. Er hatte ja noch zwei Wochen frei und genügend Zeit, um das Mädchen wieder zu finden. Mit diesem Entschluss, den er nun gefasst hatte, konnte Werner den Rest der geführten Tour richtig genießen und erfuhr alles über die Seen und die Dreharbeiten, was er immer schon wissen wollte.

Am nächsten Tag kehrte Werner zurück zu den Plitvicer Seen – er hatte sich nicht weit davon ein billiges Zimmer in einem Bed and Breakfast genommen – mit seinem kleinen Citroen parkte er beim gleichen Eingang wie tags...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99110-475-X / 399110475X
ISBN-13 978-3-99110-475-9 / 9783991104759
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