Die Frauen vom Nikolaifleet - Die Schätze der weiten Welt (eBook)

Eine hanseatische Familiensaga: In Hamburg kämpfen drei Frauen für die Liebe und für ihre Leidenschaft
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
350 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2455-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Frauen vom Nikolaifleet - Die Schätze der weiten Welt -  Katharina Lansing
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Drei Frauen, drei Generationen und ein Kolonialwarenladen in der Hamburger Speicherstadt Hamburg, 1955: Nach den Entbehrungen der Kriegsjahre wollen sich die Leute wieder satt essen: Masse statt Klasse ist die Devise, und ein Delikatessladen wie Konradi & Grieve hat es da schwer. Als Eliane, Leonores Enkelin, probeweise ihre köstlich duftenden Törtchen im Laden anbietet, ist abends zum ersten Mal seit langem das Schaufenster leer und die Kasse gefüllt. Eliane steigt in die Geschäfte ein und sprudelt vor Ideen, aber wird sie es damit schaffen, den Laden aus der Krise zu retten? 

Katharina Lansing ist gebürtige Westfälin und lebt seit vielen Jahren in Niedersachsen. Hamburg und das besondere Flair dieser Stadt haben sie schon immer fasziniert. Sie erzählt leidenschaftlich gerne von Frauen, die heute wie damals für ihre Träume kämpfen.

Katharina Lansing ist gebürtige Westfälin und lebt seit vielen Jahren in Niedersachsen. Hamburg und das besondere Flair dieser Stadt haben sie schon immer fasziniert. Sie erzählt leidenschaftlich gerne von Frauen, die heute wie damals für ihre Träume kämpfen.

4.


In Berlin

Wann immer Ada in Berlin war, wohnte sie bei ihrer Schwester. Greta lebte in einer traumhaft schönen, geräumigen Wohnung mit hohen Stuckdecken und Schiebetüren mit bunten Mosaikfenstern. In diesem Jahr hatte sie sich fast komplett neu eingerichtet, Nierentische in verschiedenen Größen gekauft, eine Vitrine mit Glasaufsatz, zwei schicke Klubsessel, die urgemütlich waren, und für jedes Zimmer farblich passende Stehlampen.

Greta arbeitete als Kinderärztin an der Charité. Kurzzeitig hatte sie von einer eigenen Praxis geträumt, den Traum aber irgendwann begraben, als ihr klar geworden war, wie sehr sie ihre Arbeit im Krankenhaus liebte und die Kinder dort sie brauchten.

Sie war wohlhabend, was sich auch an der Wohnungseinrichtung und in ihrem Kleidungsstil ausdrückte, die Bodenhaftung hatte sie aber nie verloren.

Den Traum von einer eigenen Familie hatte sie ebenfalls begraben. Es hatte nie einen Mann gegeben, der ihr Herz so erobert hatte, dass sie sich vorstellen konnte, ihn zu heiraten und Kinder mit ihm zu bekommen.

Greta hatte den Wohnungsschlüssel bei einer Nachbarin im Haus abgegeben, wo Ada ihn am frühen Nachmittag in Empfang nahm.

Ein bisschen träge von der Reise, stellte sie ihre Reisetasche im Flur ab und wusch sich die Hände im Bad. Beim Blick in den Spiegel runzelte sie die Stirn. Die fünfzig sah man ihr inzwischen an. Vielleicht sollte sie doch etwas mehr aus sich machen, wie Eliane kürzlich gemeint hatte. »Warum sperrst du dich nur so gegen ein bisschen Make-up und eine moderne Frisur?«

»Weil ich Make-up nie besonders gemocht habe, und mein Haar …« Sie hatte mit einer Hand hineingegriffen. »Ein moderner Schnitt? Damit?«

»Warum denn nicht? Ingrid sagt, ein guter Friseur macht aus jedem Haar etwas.«

Ingrid, Elianes Freundin, hatte eine Friseurlehre gemacht und arbeitete bei ihrem Onkel im Salon.

Ada schnitt ihrem Spiegelbild eine Grimasse und ging in die Küche, um Kaffeewasser aufzusetzen. Auch die Küche hatte Greta aufhübschen lassen – und wie! Es gab Hänge- und Unterschränke in Lindgrün und Weiß und eine große Spüle. Der Herd war ebenfalls neu, genau wie der weiße Holztisch mit vier hellgrünen Stühlen.

Ada setzte sich auf einen Stuhl, der so weich gepolstert war, dass sie glaubte, vorerst nicht mehr aufstehen zu wollen. Auf dem Tisch lag ein Zettel: Fühl Dich wie zu Hause, Schwesterherz! Ich sehe zu, dass ich pünktlich da sein kann.

Während der Kaffee durchlief, dachte sie darüber nach, wie ihr Leben wohl verlaufen wäre, wenn sie geheiratet hätte.

Sie hatte von klein auf im Laden ihrer Mutter gestanden, bereitwillig und gern. Bis ihr irgendwann Zweifel gekommen waren, ob das wirklich ihr Leben, der einzige Weg für sie war. Sie wollte herausfinden, wer sie war, was sie wirklich wollte.

Sie war nach Berlin gegangen und hatte Paul kennengelernt, einen Schriftsteller, der von der großen Karriere träumte. Zum ersten Mal war sie so verliebt, dass sie sich vorstellen konnte, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Doch Paul sah in ihr nicht das, was sie sich gewünscht hätte. Er wollte nach Amerika und dort ganz groß rauskommen, während sie bereits überlegt hatte, nach Hamburg zurückzukehren.

In Berlin hatte sie auch Lisbeth kennengelernt, die ein Zimmer in ihrer großen Wohnung vermietete. Was als Zweckgemeinschaft gedacht war, entpuppte sich schon bald als enge Freundschaft. Sie und Lisbeth wurden unzertrennlich.

Als Ada erfuhr, dass sie keine Kinder bekommen konnte, war es Lisbeth, die sie tröstete. Und als sie sich von Paul trennte, stand Lisbeth ihr bei.

Irgendwann wurde Lisbeth schwanger, von Toni, in den sie sich Jahre zuvor Hals über Kopf verliebt hatte. Die beiden waren sich zufällig wieder über den Weg gelaufen, und es kam zu dieser bedeutungsvollen Nacht. Doch Toni war wie Paul, auch er sah in Lisbeth nicht das, was sie sich wünschte. Und so erfuhr er nie, dass Lisbeth ein Kind von ihm erwartete.

Als Lisbeth wenige Tage nach der Geburt ihrer Tochter starb, nahm Ada sich der Kleinen an. Und ich habe Lisbeths Geschichte zu meiner gemacht, dachte sie etwas beschämt, um sie Lilly präsentieren zu können. Ich bin nicht nur ein grässlicher Feigling, ich bin auch eine Lügnerin.

Sie schenkte sich Kaffee ein.

Nach Paul hatte sie jedem Mann, der mit ihr geflirtet hatte, misstrauisch gegenübergestanden. Hinzu kam, dass sie Verantwortung für ein Kind hatte, und die wenigsten Männer waren versessen darauf, ein Kind aufzuziehen, das nicht von ihnen war.

Irgendwann hatte Ada sich mit dem zufriedengegeben, was sie hatte. Auch das leise Sehnen hatte irgendwann aufgehört.

Sie ging mit ihrem Kaffee in die Stube, deren Fenster auf einen Hinterhof mit Wäscheleine zeigte, an der lange Unterhosen und weiße Bettlaken hingen. Zwei kleine Mädchen spielten dort Himmel und Hölle.

Ada öffnete einen Fensterflügel und zog sich den kleinen Klubsessel heran. Der Kaffee war eine Wohltat, und sie spürte, wie ihre Energie zurückkehrte.

Am Nachmittag wollte sie zum Friedhof fahren und anschließend Gustav und Theo besuchen. Der morgige Sonntag würde dann ganz ihrer Schwester gehören.

Gustav und Theo, zwei Schauspieler, hatten Lisbeth im Theater kennengelernt, wo sie Programmhefte verkaufte. Die drei hatten sich rasch angefreundet, und wenig später waren Gustav und Theo auch zu Adas Freunden geworden. Sie gehörten zu den wenigen Menschen, die von Elianes Herkunft wussten.

Das Grab war frisch bepflanzt worden und sah sehr gepflegt aus. Gustav und Theo kümmerten sich liebevoll darum.

Ada packte den Strauß gelber Rosen und Freesien aus, den sie mitgebracht hatte, und holte Wasser. Sie stellte die Blumen in die Vase neben dem Grabstein.

Eine Weile blieb sie stehen und betrachtete die Inschrift, bevor sie sie mit einem weichen Tuch säuberte: Tanzen ist wie träumen mit den Beinen.

Lisbeth war eine begnadete Tänzerin gewesen, leider hatten ein Sturz und nachfolgende kleinere Unfälle ihrer Karriere ein Ende bereitet, bevor sie begonnen hatte.

»Sie wird heiraten, Lisbeth. Unsere Lilly ist eine bildhübsche junge Frau geworden und wird eine eigene Familie gründen.« Ada hockte sich hin und zupfte einen Stängel Unkraut unter dem niedrigen Strauch heraus. »Ich habe es ihr immer noch nicht gesagt. Ich habe es schon viel zu lange hinausgezögert. Ich bin so ein elender Feigling.« Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. »Es tut mir leid«, sagte sie dann leise. »Ich schäme mich. Was musst du nur von mir denken?«

In ein paar Jahren würde die Grabstelle eingeebnet werden. Ada grauste es schon jetzt davor. Wohin sollte sie dann gehen, wenn sie Lisbeth nah sein wollte? Sie hatte sich so daran gewöhnt hierherzukommen.

Träge erhob sie sich, strich ein letztes Mal über das schlichte Holzkreuz und machte sich auf den Heimweg.

Aus dem Augenwinkel sah sie einen Mann, der den Kiesweg entlangkam, den Kopf gesenkt.

Als er das Gesicht hob, wandte sie den Blick ab und beschleunigte ihren Schritt.

»Verzeihung!«

Sie ging langsamer weiter und drehte sich halb um.

»Ich glaube, Sie haben etwas verloren.« Der Mann zeigte auf den Kiesweg. Ihr Kopftuch lag dort, offenbar war es aus ihrer Manteltasche gefallen.

Sie ging hin, um es aufzuheben, doch er kam ihr zuvor.

»Vielen Dank.« Sie schenkte ihm ein Lächeln. »Ich hätte es wohl erst zu Hause bemerkt, und ich hänge an dem Tuch.«

»Sie sind nicht von hier, oder?«

»Hört man das so deutlich? Ich komme aus Hamburg.«

»Hamburg.« Er nickte. »Eine schöne Stadt. Ich war allerdings erst ein Mal dort.«

Sie gingen nebeneinanderher bis zur Pforte. Dort verabschiedeten sie sich mit einem Lächeln voneinander.

Als der Mann weiterging, blickte Ada ihm ein wenig irritiert nach. Er erinnerte sie an jemanden, sie kam nur nicht darauf, an wen.

Am nächsten Morgen hatten Ada und ihre Schwester ausgedehnt gefrühstückt. Für beide ein Luxus, den sie sich immer dann leisteten, wenn sie sich in Berlin trafen.

»Wie geht es Gustav und Theo?«, erkundigte Greta sich.

»Gut, sehr gut. Sie haben gerade ein neues Engagement bekommen.«

»Das ist großartig. Wäre ich Schauspielerin, hätte ich ständig Angst, meine Miete nicht mehr zahlen zu können.«

Ada nickte. »Ich auch. Aber den beiden geht es nicht anders. Sie haben immer eisern gespart, für den Fall, dass sie irgendwann nicht mehr arbeiten können.«

Die beiden waren nicht nur Theaterkollegen, sie lebten auch seit vielen Jahren zusammen.

»Für mich wäre das nichts.« Greta schob ihren Teller beiseite. »Wir können nachher in den Zoo gehen, was meinst du? Ich war ewig nicht mehr dort.«

»Ja, warum nicht.« Ada räusperte sich. »Ich fürchte, ich greife Lilly vor, aber ich platze, wenn ich es nicht erzähle: Sie und Max haben sich verlobt.«

»Wie schön! Und so, wie du aussiehst, freust du dich ebenfalls.« Greta musterte sie, wurde dann ernst. »Aber du bist auch aufgewühlt,...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2021
Reihe/Serie Die Kolonialwaren-Saga
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Band 3 • Delikatessen • der kleine Kolonialwarenladen • die weite Welt • Dynastie • Familienbetrieb • Familiendynastie • Familiengeschichte • Familiengeschichte Roman • Familiensaga • Feinkost • Generationen • Generationenkonflikt • Hamburg • Hamburger Familie • Historischer Roman • Kaffeehaus • Kolonialwaren • Kolonialwarenladen • Kolonialwaren-Saga • Konfiserie • Krise • Kulinarisch • Laden • Liebesgeschichte • Liebesroman • mehrere Generationen • Nachkriegszeit • Nikolaifleet • Saga • Speicherstadt • speicherstadt-saga • Starke Frauen • Übersee
ISBN-10 3-8437-2455-5 / 3843724555
ISBN-13 978-3-8437-2455-5 / 9783843724555
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