Political correctness -  Barbara Schwartz

Political correctness (eBook)

Neue Glossen
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
156 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-4226-3 (ISBN)
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"Klara" ist das Alter Ego von Barbara Schwartz. In ihren Glossen befasst sie sich sowohl mit den kleinen Geschehnissen ihres Alltags als auch mit größeren weltpolitischen Ereignissen. Mal heiter, mal ironisch, polemisch oder satirisch und mit unvergleichlicher Komik verführen die Glossen zum Schmunzeln oder auch zum lauten Lachen. Klara berichtet vom Älter werden, den Personalschwierigkeiten im Bundestag, den Alten, der Bürokratie in Deutschland, der Corona Pandemie, Ereignissen, Begebenheiten, Episoden, die verwundern, amüsieren oder auch ärgern. Mit einem Postskriptum, dem PS: am Ende jeder Glosse wird ein meist satirischer Schlusspunkt gesetzt.

Barbara Schwartz wurde 1949 in Hannover im Leineschloss, dem heutigen Sitz des niedersächsischen Landesparlamentes, geboren. Nach dem Schulbesuch folgte ein Lehramtsstudium und 1984 die Ausbildung zur analytischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Sie war bis 2011 in beiden Berufen tätig, seitdem arbeitet sie ausschließlich als analytische Psychotherapeutin für Jugendliche in eigener Praxis. Barbara Schwartz war schon immer kreativ tätig. Sie stand mit dem Kabarett Kaktusblüte auf niedersächsischen Kleinkunstbühnen, töpferte, schrieb Bücher, spielte Theater, wurde Clownin. Ihre Galerie im Treppenhaus ist mittlerweile ein beliebter Treffpunkt für kreative Menschen. Barbara Schwartz ist in zweiter Ehe verheiratet und lebt mit ihrem Ehemann und zwei Katzen in Hannovers Südstadt. Sie hat eine Tochter und einen Enkelsohn.

Der Juchtenkäfer und das Reptil des Jahres 2011


HausbesetzerInnen waren in den siebziger und achtziger Jahren äußerst aktiv und deshalb in aller Munde. Sie verhinderten, dass Häuser aus Spekulationsgründen leer standen oder gar abgerissen wurden. Berühmt für die Hausbesetzer*innen - Szene war vor allem Hamburg. Häufig klagten damals die HausbesitzerInnen gegen die Hausbesetzer*innen wegen Hausfriedensbruch und die Häuser wurden dann zwangsgeräumt. Die Menschen in der Hafenstraße allerdings wehrten sich erfolgreich und waren lange Jahre sogar Anziehungspunkt für Tourist*innen aus Ländern rund um den Globus. Dann wurde es ruhiger um die Hausbesetzer*innenszene und die junge Generation erinnert sich vielleicht gar nicht mehr daran.

Nun aber gibt es eine neue Hausbesetzer*innenszene in Hannover. Im Berggarten, in Hannover - Herrenhausen, sollten die alten, morschen Linden gefällt werden. Die maroden Bäume jedoch holten schnell Hilfe, riefen die Juchtenkäfer und diese siedeln nun in den 300 Jahre alten Linden nach oben beschriebener Hausbesetzermanier. Juchtenkäfer nämlich sind schützenswert, und ein Baum, der diese kleinen Tiere beherbergt, fällt unter das Sägeverbot. Wegen Hausfriedensbruchs können die Käfer jedoch nicht belangt werden, weshalb eine Zwangsräumung ebenfalls entfällt. Da aber nicht nur die Juchtenkäfer, sondern auch die Menschen schützenswert sind, gibt es jetzt einen Zaun um die Linden herum, damit keinem unserer lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger ein morscher Ast auf den Kopf fällt.

Man könnte dem Juchtenkäfer natürlich Alternativbäume in der Nachbarschaft anbieten. Das könnte allerdings bedeuten, dass die Hälfte der Population umsiedelt und die andere Hälfte weiterhin die Linden besetzt hält. Damit wäre also nichts gewonnen, es würde nur der Bestand der Bäume vergrößert, für die ein Sägeverbot besteht. Und irgendwann wäre der Berggarten nur noch von morschen Bäumen samt Juchtenkäfern besiedelt.

Die CDU Ratsfraktion stellte kürzlich den Antrag, Besichtigungen der morschen Linden samt Hausbesetzer*innen anzubieten, um dem Juchtenkäfer und somit auch Hannover zu einer Bedeutung zu verhelfen, die über die Landesgrenzen hinausgeht. Da haben sich die Ratsmitglieder offensichtlich an die Hafenstraße erinnert und hoffen nun auf eine neue Einnahmequelle durch Tourist*innen aus der ganzen Welt. Wir stellen uns vor, was das für die Hauptstadt bedeutet: Ausgebuchte Hotels, steigende Restaurantpreise, Japaner*innen zu Hauf in der Innenstadt, Zustände also, wie sonst nur zu Messezeiten. Hannover als Hauptstadt des Juchtenkäfers. Es wird auch schon darüber nachgedacht, T-Shirts mit dem Konterfei des Käfers zu fertigen, ebenso Anstecknadeln, Teebecher, Fingerhüte, Mützen, Schals, Eierbecher, und was man sich sonst so als Souvenirs vorstellen kann.

Auch Oberlehrerlerntafeln sollen aufgestellt werden, damit der Biologieunterricht an den Schulen einmal wieder einen praxisnahen Bezug hat. Da stehen dann staunende Grundschüler*innen am Zaun zu der Lindenallee und versuchen mit den Ferngläsern ihrer Eltern den Juchtenkäfer zu entdecken. Der allerdings lässt sich nur selten sehen, bleibt vornehmlich in seiner Baumhöhle und wird deshalb auch Eremit genannt.

Nun hat Hannover ja mit Umsiedlungen Erfahrung. Erst wurde das „Ritzengrün“ (s. meine Glosse „Ritzengrün und Feminismustourette“) umgesiedelt, jetzt denkt man über eine Umsiedlung der Linden samt Juchtenkäfer in den Tiergarten nach. Damit wären die Linden gerettet, die Hausbesetzerkäfer hätten ihren Zweck erfüllt und die Hannoveranerinnen und Hannoveraner hätten den Berggarten wieder für sich.

Bedauerlicherweise gibt es allerdings ein neues Problem. Im Berggarten wurde an unterschiedlichen Stellen eine Mauereidechse, das Reptil des Jahres 2011, gesichtet. Diese Mauereidechse ist ebenso schützenswert wie der Juchtenkäfer. Da kommt dann wieder der Gedanke an eine Umsiedlung auf. Nach Ritzengrün und Linden samt Juchtenkäfer, dürfte es eigentlich ein Leichtes sein, der Mauereidechse eine neue Behausung zu bieten. Diese wohnt ja vorzugsweise in Mauerritzen, ernährt sich vielleicht auch vom Ritzengrün, sonnt sich gerne auf flachem Gebiet, und das alles gibt es ja in Hannover massenhaft. So könnte die Umsiedlung ebenso ruckzuck vonstattengehen wie die des Juchtenkäfers samt dem besetzten Lindenhaus oder auch dem Ritzengrün. Umsiedlungen als sogenannte Rettungsmaßnahmen des Naturschutzes sind in diesem Falle jedoch nicht vertretbar, weil sich in dem neuen Gebiet der Mauereidechse die Konkurrenzsituation hinsichtlich Nahrung und Ruhehabitat für andere schützenswerte Reptilienarten, z. B. die Blindschleiche, verschärfen würde. Und dann wären diese Tiere wieder gefährdet, müssten umgesiedelt werden, und, und, und … Folgerichtig darf die Mauereidechse im Berggarten verbleiben und dieser muss nun in seiner Gesamtheit eingezäunt werden, damit niemand versehentlich eine der Mauereidechsen tot tritt. Geplant ist deshalb ein Weg in Form einer Hochstraße über die Pflanzen, Mauern und eben auch die Mauereidechse hinweg, so dass die Hannoveranerinnen und Hannoveraner ihren Berggarten wenigstens noch von oben bewundern können.

Ihre Klara

PS: Mauereidechsen kommen in ganz Europa vor. Sollte sich herausstellen, dass die Mauereidechse im Berggarten nicht deutscher Abstammung ist, sondern einen Migrationshintergrund hat, so wäre sie allerdings nicht mehr schützenswert. Das soll nun mithilfe eines Gentests geprüft werden.

Empörung


Ich empöre mich gerne. Wann immer ich ein Unrecht wittere, empöre ich mich. Vehement und lautstark. Mit Beschwerden an den entsprechenden Stellen oder auch bei Vorgesetzten. „Ist doch nicht so schlimm“, sagt der beste Ehemann von allen und versucht mich damit runter zu takten. Ein vergeblicher Versuch von ihm. Das finde ich nämlich doch, dass es schlimm ist, empöre ich mich dann und er lässt meinen Empörungssturm geduldig über sich herabprasseln. Er sagt nichts dazu, gibt mir weder Recht, noch Unrecht, tröstet mich, wenn ich zu sehr empört bin und versucht mich zu beruhigen.

Das allerdings klappt nur ganz selten. Es gibt nämlich vieles, worüber ich mich empören kann: Der Patient, dem Unrecht getan wird, die Polizei, die den ruhestörenden Lärm der gegenüberliegenden Baustelle nicht so ernst nimmt, den Spießbürger, der eine süffisante Bemerkung macht, weil ich auf der falschen Straßenseite Fahrrad fahre, den Arzt, der mich nicht genügend aufklärt, die Mieterin, die sich grundlos beklagt. Die Liste kann ich endlos erweitern. Und dann können sich die entsprechenden Stellen, oder auch Vorgesetzten warm anziehen. Da empöre ich mich ausreichend, immer in wohlgesetzten, höflichen Worten. Denn ich kann mich sehr wohl disziplinieren, was meine Wortwahl betrifft, nur das Empören kann ich nicht abstellen.

Ob ich das vielleicht von meiner Mutter habe? Die wird die „eiserne Lady“ (wie einst Margret Thatcher, Chefin in Groß Britannien) genannt. Sie musste sich nämlich als Frau in einem von Männern dominierten Geschäftsleben übelst durchsetzen. Und sich auch gelegentlich immer mal wieder empören, um überleben zu können. Das habe ich also von ihr gelernt – meine ich. Und wohin kämen wir denn, wenn sich niemand mehr empört? Schneewittchen zu sein und auf die Erlösung durch den Prinzen zu warten liegt mir immer noch nicht.

Nun aber habe ich hohen Blutdruck und meine Heilpraktikerin meint, das kommt von der Schilddrüse. Deshalb, und nur deshalb empöre ich mich auch so schnell und so heftig, meint sie. Und deshalb auch der hohe Blutdruck. Schnell reizbar nennt sie das. Überfunktion der Schilddrüse ist das Zauberwort.

Hm, ich habe immer geglaubt, ich könne mich deshalb so empören, weil ich in der Lehranalyse, begleitend zu meiner Ausbildung als Analytikerin, gelernt habe, meiner Empörung freien Lauf zu lassen. Wie oben beschrieben sprachlich immer kontrolliert, aber eben empört. Und ich genieße es, mich ungehemmt empören zu können. Alles nur Einfluss der Hormone? Eine überbordende Schilddrüse? Schnickschnack!

Ich frage meine Mutter. Die kennt mich schließlich am besten. Empöre ich mich unangemessen? Ist das in letzter Zeit schlimmer geworden oder war das schon immer so?

„Nun ja“, meint sie, der Frage etwas ausweichend, „ich dachte, das sei eine Berufskrankheit. Schließlich warst du mal Lehrerin.“ Stimmt, da habe ich mich über renitente Schüler*innen, ignorante Eltern, die Behörde so empört, dass ich froh war, in Pension gehen zu können. Aber Schuld ist die überfunktionierende Schilddrüse und nicht ich?

Ich frage meine Cousine. Die kennt mich schließlich seit meiner Geburt. „Na ja“, meint sie, „das ist eine Familienkrankheit. Ich war auch oft sehr empört. Seit meine...

Erscheint lt. Verlag 25.5.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
ISBN-10 3-7519-4226-2 / 3751942262
ISBN-13 978-3-7519-4226-3 / 9783751942263
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