Zwei Tote im Fluss (eBook)

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2020 | 1. Auflage
379 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-1930-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zwei Tote im Fluss -  Iain McDowall
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Als der junge Schwarze am Neujahrstag tot aus dem Fluss gefischt wurde, waren Chief Inspector Jacobson und Detective Sergeant Kerr gerade im Urlaub. Das Urteil war eindeutig: Tod durch Ertrinken, wahrscheinlich Selbstmord. Umso unwilliger ist Jacobson, als ihn vier Monate später ein prominenter Journalist beim Feierabend-Bier anspricht, und ihm erklärt: »Der Mann ist ermordet worden, von weißen Rassisten.« Zwei Tage später liegt der Journalist selbst tot im Fluss. 

Gibt es wirklich eine Verschwörung in Crowby, diesem unscheinbaren Provinznest in England?



Iain McDowall, in Kilmarnock, Schottland, geboren, war Universitätsdozent für Philosophie und Computerfachmann, ehe er als Autor von Kriminalromanen bekannt wurde. Heute lebt er in Worcester, England, wo sich auch die fiktive Stadt Crowby befindet, in der seine Kriminalromane allesamt spielen.

2


Mittwoch, 20. April

 

 

»Darren McGee?« Jacobson legte seinen ›Argus‹ auf den Tisch und sah auch Shaws Ausgabe nicht näher an. »Ein unglücklicher junger Mann, vorsichtig ausgedrückt, mit psychischen Problemen, die am Ende zum Selbstmord führten. Detective Chief Superintendent Salter hat die Untersuchung höchstpersönlich geleitet.«

Er nahm einen weiteren Schluck und schwieg. Im Zeitalter der Nanotechnologie – mit Kameras und Mikrofonen nicht größer als ein Mückenschwanz – war man besser vorsichtig, was man der Presse sagte. Besonders Journalisten gegenüber, die man noch nie getroffen hatte. Shaw behielt sein schmerzliches Lächeln bei.

»Der offizielle Untersuchungsbericht ist mir bekannt, Inspector Jacobson. Ich habe ihn gelesen. Genau wie die Vernehmungsprotokolle.«

»Und?«

»Sie haben mit der Wahrheit nichts zu tun. Aber auch gar nichts.«

Jacobson überlegte, ob er die gerade erst begonnene Unterhaltung gleich wieder abbrechen sollte. Er hatte seinen Jahresurlaub gemacht, als der junge Mann – also gut, der schwarze junge Mann – aus der Crow gefischt worden war. Tot. Weil er, Jacobson, nicht da gewesen war, hatte Greg Salter, der Schleimer, zum ersten und hoffentlich letzten Mal, seit er zu Crowbys Chief of Detectives aufgestiegen war, die Untersuchung in einem möglichen Mordfall an sich gerissen. Aber selbst Salter hatte einen Fall, der so klar und einfach war, nicht versauen können. Obwohl bei Jacobsons Rückkehr alles längst abgeschlossen war, hatte er die Unterlagen doch noch einmal gegengelesen – mehr als das, um ehrlich zu sein. Es wäre zu schön gewesen, Salter Fehler und Inkompetenz nachweisen zu können. Aber die Tatsachen sprachen eine andere Sprache.

Es stimmte, McGee hatte verschiedentlich Schwierigkeiten mit seinen Nachbarn und Arbeitskollegen gehabt. Dabei hatte es durchaus rassistische Untertöne gegeben, doch den ausschlaggebenden Faktor in diesem Fall stellte McGees psychische Verfassung dar. Mehr als einmal war er stationär behandelt worden, die Diagnose lautete auf Schizophrenie. Nach Crowby war er nur gekommen, weil er hinter einer Freundin her war, die ihn rausgeschmissen und als gewalttätig angezeigt hatte. Sie hatte bei Gericht eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirkt, nach der ihm jeder Kontakt zu ihr untersagt wurde. Die Ergebnisse der Gerichtsmediziner hatten in die gleiche Richtung gedeutet: Es gab keinen zwingenden Hinweis auf Verletzungen, die Darren McGee vor dem Eintauchen ins Wasser zugefügt worden waren. Er war eindeutig nicht gefesselt oder mit Gewichten beschwert worden. Zudem stimmten die mikroskopisch kleinen Kieselalgen in seiner Lunge überzeugend mit den Populationen in dem Teil des Flusses überein, in dem er gefunden worden war.

Nein, entschied Jacobson, es lohnte sich kaum, Shaw in dieser Sache zuzuhören. Entweder lechzte Shaw danach, seinen Namen an prominenter Stelle in der Zeitung zu lesen – ganz gleich, wie die Sachlage aussah –, oder er war ein verrückter, zwanghafter Verschwörungstheoretiker. Vielleicht auch beides. Andererseits bestand keine Eile, nach Hause in die leere Wohnung zu kommen und sich vorher noch etwas aus dem chinesischen Take-away zu holen. Warum sollte Jacobson diesem jungen Mann nicht zuhören, während er sein Bier austrank?

Er sah auf die Uhr.

»Ich gebe Ihnen fünf Minuten, Mr Shaw«, sagte Jacobson. »Gehen Sie sorgsam damit um.«

»Darren McGee war mein Cousin, Mr Jacobson. Ich bin nicht hinter einer Story her. Es geht um die Wahrheit – und um Gerechtigkeit. Darren zog im November nach Crowby. Im Januar war er tot, und bis dahin hatte er täglich mit rassistischen Drohungen zu kämpfen.«

»Täglich? Nun, vielleicht. Aber das verschweigt der Untersuchungsbericht ja auch gar nicht, mein Junge. Der Untersuchungsrichter hat die Schuldigen kritisiert und festgestellt, dass die Feindseligkeit, die Darren McGee entgegenschlug, ein weiterer Stressfaktor war, der seine Labilität sicher noch verschlimmerte.«

Paul Shaw hatte kein Glas und holte auch keine Zigaretten hervor. Es hatte den Anschein, als speiste er sich allein aus seiner eigenen, nervösen Energie.

»Besonders, als ihn das rassistische Gesindel von der Brücke warf. Über das Geländer hielt und fallen ließ.«

Jacobson studierte Shaws Gesicht. Wie ein Verrückter sah er nicht aus.

»Der einzige Rassismus, der im Bericht genannt wird, ist die gewöhnliche, dumme Alltagshetze«, fuhr Shaw fort. »Ich rede von etwas, das im Bericht weggelassen wurde. Ernsten Drohungen gegen Darren. Wirklich ernsten Drohungen, die am Ende wahr gemacht wurden.«

»Wenn Sie den Bericht so eingehend studiert haben, wie Sie sagen, Mr Shaw, dann wissen Sie auch, dass die Spurensicherung die Brücke genauestens untersucht hat, ohne auch nur einen einzigen Hinweis darauf zu finden, dass Darren McGee mit Gewalt ins Wasser befördert worden sein könnte. Einen Hinweis auf eine Auseinandersetzung. Einen Schuhabrieb oder sonst etwas. Es war absolut nichts zu finden.«

»Vielleicht haben sie nicht gründlich genug gesucht«, entgegnete Shaw. »Es gab in der ganzen Untersuchung nichts, das den politischen Willen hätte erkennen lassen, der Wahrheit auf die Spur zu kommen. Darrens labiler Zustand machte es äußerst einfach – und verlockend –, seinen Tod als Selbstmord abzuhaken. Ich gehe nicht davon aus, dass Ihr Vorgesetzter, Chief Salter, ernsthaft daran interessiert war, zu einem anderen Schluss zu kommen. Es hätte eine Menge Arbeit verlangt und ziemlich unangenehm werden können, die Mörder zu überführen.«

Jacobson nahm einen kräftigen Schluck. Shaw wusste ganz offenbar, wie man in seinem Job vorging. Er hatte seine Hausaufgaben gemacht, und Henry Pelling, oder einer seiner Kollegen, hatte ihn nicht nur an Jacobson verwiesen, sondern auch über das eher gespannte Verhältnis zwischen Jacobson und Schleimer-Greg ins Bild gesetzt.

»Das ist eine schwerwiegende Anschuldigung, Mr Shaw, und ich bin bereit, so zu tun, als hätte ich sie nicht gehört. Wie ich schon sagte: Es gibt absolut keine Spur, keinen äußeren Hinweis, der Ihre Theorie unterstützen würde.«

Paul Shaw ließ von seinem Lächeln nicht ab.

»Professor Merchant hat die Obduktion vorgenommen. Nach allem, was ich höre, war man bei Ihnen weit glücklicher, wenn Peter Robinsons Unterschrift unter einem Bericht stand.«

Jacobson nahm einen weiteren Schluck Bier, bevor er antwortete.

»Professor Merchant galt als einer der besten sechs Kriminalpathologen in diesem Land.«

»Aber in den letzten Jahren hat er etwas nachgelassen oder täusche ich mich da?«

Da hast du wohl Recht, mein Junge, dachte Jacobson. Plötzlich gewann die Aussicht auf ein Entengericht vom »Yellow River Take-away« an Attraktivität. Anschließend würde er noch eine Stunde mit einem guten Buch verbringen. Das war allemal besser, als hier nach Feierabend zwei der größten Trottel verteidigen zu müssen, mit denen er in seinem Arbeitsleben je zu tun gehabt hatte.

»Warum bohren Sie da erst jetzt nach?«, fragte Jacobson. »Die Untersuchung fand im Januar statt. Warum haben Sie bis heute gewartet, wenn Sie Bedenken anzumelden hatten?«

»Ich war sehr beschäftigt und im Januar im Ausland. Ich hatte jetzt erst Gelegenheit, mich näher darum zu kümmern, was mit Darren passiert ist.«

Shaw zog den Reißverschluss eines weiteren Fachs seiner Laptoptasche auf. Jacobson konnte einen Stapel Papiere darin erkennen.

»Einen Moment, mein Junge«, sagte er. »Warum erzählen Sie mir das eigentlich alles? Mal abgesehen davon, dass ich nicht gerade DCS Salters bester Freund bin – was kaum die Story des Jahres ist.«

»Weil Sie den Ruf haben, fair zu sein, Inspector. Ich dachte, wenn ich Ihnen zeige, worauf ich gestoßen bin, sehen Sie vielleicht eine Möglichkeit, wie man den Fall noch einmal aufrollen könnte.«

Shaw hatte seine Papiere bereits halb aus der Tasche. Er zog ein einzelnes Blatt daraus hervor und legte es neben Jacobsons Bierglas. Auf dem Blatt stand eine Liste mit vier Namen, vier Vornamen und vier Zunamen. Jacobson ließ den Blick schnell darübergleiten. Keiner der Namen sagte ihm etwas.

Shaw sah sich um, als würde ihm mit einem Mal bewusst, dass sie sich an einem öffentlichen Ort befanden. Seine sowieso nicht laute Stimme senkte sich zu einem Flüstern.

»Das sind die vier, die ihn umgebracht haben. Sie haben es ihm angedroht, es angekündigt – und dann haben sie es getan.«

Wie ein Mantra spulten sich in Jacobsons Kopf die Hauptergebnisse der Untersuchung ab: keine Anzeichen eines Kampfes, keine vorausgehenden Verletzungen und keinerlei Zeugen.

»Wie wurden die Drohungen hauptsächlich gemacht?«

»Direkt, auf der Straße. Manchmal haben sie ihn auch auf dem Handy angerufen. Alle vier haben Verbindungen zur extremen Rechten. Zu wem genau, weiß ich nicht. Nicht zur British National Party oder zur National Front, sondern zu...

Erscheint lt. Verlag 20.5.2020
Reihe/Serie Ein Fall für Jacobson und Kerr
Übersetzer Werner Löcher-Lawrence
Sprache deutsch
Original-Titel Killing for Englad
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Chief Inspector • Chief Inspector Jacobson • Ellen Sandberg • Ermittler • Ian Rankin • Irland • Jeffrey Deaver • John leCarré • Kriminalfall • Lee Child • Leiche • Michael Robothan • Mord • Polizeiarbeit • stuart mcbride • Tod • Tot
ISBN-10 3-8412-1930-6 / 3841219306
ISBN-13 978-3-8412-1930-5 / 9783841219305
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