White Sleep - Unschuldig in den Tod (eBook)

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
432 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-95967-912-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

White Sleep - Unschuldig in den Tod - Mark Griffin
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Ein Junge wird ermordet in einem Londoner Park gefunden, fast nackt und arrangiert, als würde er schlafen. In seiner Hand befindet sich eine Kette mit einem Engelsanhänger. Der ermittelnde Detective Inspector Bishop bittet Profilerin Holly Wakefield um Hilfe. Es ist ihr zweiter gemeinsamer Fall. Doch sie kommen dem Täter nicht auf die Spur. Stattdessen finden sie eine zweite Leiche. Zahlreiche Jungs im Teenageralter werden in London vermisst. Wie viele von ihnen hat der Mörder bereits auf dem Gewissen?



Mark Griffin wurde 1968 in Hampshire geboren und begann seine Autorenkarriere mit drei Goldmedaillen beim Hampshire Writing Festival, bevor er 1996 nach Los Angeles zog. Dort arbeitete er als Film- und Theaterschauspieler sowie Drehbuchautor für Warner Brothers, 20th Fox und Universal. Fünfzehn Jahre später kehrte er nach England zurück und schrieb weiterhin Drehbücher und Theaterstücke. »Dark Call. Du wirst mich nicht finden« ist sein furioses Thrillerdebüt.

Zwei

»Bist du betrunken?«

Das war eine gute Frage.

Etwa zwei Stunden zuvor hatte jemand einen Nagel in Holly Wakefields Kopf geschlagen, und sosehr sie sich auch bemühte, ihn zu finden, sie bekam immer nur Haare zu fassen. Ungewaschene Haare. Stinkige Haare. Zigaretten und Rhabarber-Gin.

»Könnte sein«, antwortete sie mit schleppender Zunge.

Sie brachte sich in eine aufrechte Position und öffnete die Augen, orientierungslos und verängstigt wie eine neugeborene Spitzmaus. Und dann war da auf einmal ein Gefühl, das sie lange nicht mehr gehabt hatte: Ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie schloss die Augen wieder, als der Raum sich um sie zu drehen begann, und überlegte, ob sie sich womöglich gleich übergeben würde.

»Musst du dich übergeben?«

Wieder eine ganz ausgezeichnete Frage. Detective Inspector Bishop war wirklich in Topform.

»Möglich.«

Halt es zurück. Halt es zurück. Um Gottes willen, halt es zurück.

Wessen Vorschlag war es gewesen, um halb fünf Uhr morgens Schnäpse zu trinken? Es hatte am Vorabend um acht Uhr mit Gin Tonics angefangen. Ein Wiedersehen mit den Mädchen aus Blessed Home, dem Kinderheim, in dem sie aufgewachsen war. Valerie, Sophie Savage, Michelle, Joanne, Zoe. Gin in zweiundsechzig verschiedenen Geschmacksrichtungen? Wer hätte das überhaupt für möglich gehalten?

Danach hatten sie beschlossen, was essen zu gehen.

In Soho. Wo auch sonst?

Im Balans in der Old Compton Street – oder?

Gegen zwei Uhr hatte man sie rausgeschmissen, und sie waren in einen Privatclub in der Shaftesbury Avenue weitergezogen. The Connaught oder so. Nein – The Century Club, so hieß er. Valerie war Mitglied, deshalb hatte man sie reingelassen. Sie waren bis zum bitteren Ende geblieben. Im Club hatte die Party erst richtig begonnen. Sophie war auf einen der Kellner scharf gewesen, und der hatte ihnen einen unglaublich komischen Witz über einen Mann erzählt, der betrunken nach Hause kommt und sich noch einen Tee machen will. Wie ging der noch gleich? Ein Betrunkener kommt nach Hause und macht sich einen Tee. Im Bett fragt er seine Frau, ob Kanarienvögel Füße haben … Nein, das stimmte so nicht.

»Der Kanarienvogel …«

»Was?«, sagte Bishop.

»Leise. Das war der Witz von gestern Abend. Ich versuche mich daran zu erinnern. Der war echt lustig.«

War es ein Kanarienvogel? Vielleicht war es auch ein Wellensittich oder ein Papagei? Es würde ihr schon wieder einfallen. Und wenn nicht, konnte sie immer noch eins der Mädels fragen. Ach – die Mädels. Ihre Mädels. Allesamt erwachsen geworden. Alle wunderschön und klug und stark und großartig. Knallhart, wenn es sein musste. Gute Freundinnen. Nostalgie pur bis zur letzten Runde. Ab vier Uhr waren die Drinks umsonst gewesen, sie hatten auf der Terrasse Zigarren geraucht, und dann hatte das Singen angef…

Jemand führte sie irgendwohin. Sanfte Hände. Eine an ihrer Schulter, die andere in ihrem Rücken.

»Wo gehen wir denn hin?«

»Zur Toilette.«

»Ich glaube, das geht schon.«

Magenkrampf Nummer zwei, und gleich darauf ein metallischer Geschmack hinten am Gaumen. Sie spürte, wie ihre Kiefer sich öffneten und ihr Körper kurz davor war …

»Bitte nicht zuschauen, bitte nicht zuschauen«, flüsterte sie.

Die Hände halfen ihr, sich auf den Boden zu setzen, und sie spürte die flauschige Badematte unter ihren Knien. Wie von selbst umgriffen ihre Finger den Rand der WC-Schüssel, und im nächsten Moment kam ihr alles hoch.

Er hielt ihre Haare, während sie sich erbrach.

Und noch einmal erbrach.

»Gut gezielt«, sagte er. Sie hatte keine Ahnung, ob das sarkastisch gemeint war.

Ob er jetzt immer noch auf mich steht?

Als sie fertig war, musste sie plötzlich lachen, weil ihr die Pointe des Witzes wieder eingefallen war. Es ging um Zitronen! Der Betrunkene fragt seine Frau, ob Zitronen kleine gelbe Füße haben. Nein, sagt seine Frau, und daraufhin meint der Betrunkene: Oh, dann habe ich wohl den Kanarienvogel in den Tee gedrückt.

»Genial«, sagte sie, ehe sie sich mit dem Handrücken den Mund sauber wischte. Auf einmal ergab alles einen Sinn.

»Besser?«

Sie saßen mittlerweile im Brickwood Coffee & Bread, einem kleinen Frühstückscafé in Balham im Südwesten von London. Nacktes Gemäuer und Holzbalken an den Wänden, dazu ein üppiges Angebot an hausgemachten, vollwertigen Speisen und langsam geröstetem Kaffee. Holly hatte sich gegen etwas zu essen entschieden und nur einen Grünkohlsmoothie bestellt. Er hatte geschmeckt wie das, was der Rasenmäher übrig ließ, aber immerhin war er ihr nicht wieder hochgekommen. Braver Magen. Hab dich lieb. Jetzt schlürfte sie einen schwarzen Kaffee.

»Stinke ich nach Kotze?«, wollte sie wissen.

»Nach Kaffee und Schlafmangel, das rieche ich bis hier.«

»Was soll ich sagen? Ich habe eben Klasse.« Sie lächelte, und plötzlich fiel ihr ein, dass sie sich noch nicht mal die Zähne geputzt hatte. Die Kellnerin brachte Bishops englische Frühstücksplatte. Bei ihrem Anblick erschauerte Holly, als wäre sie einem Horrorfilm entsprungen.

»Ist das Black Pudding?«

»Ja, willst du auch welchen?«

»Eher würde ich meine eigenen Füße essen.«

»Was ist aus deinem ursprünglichen Plan geworden? ›Heiße Schokolade und danach vielleicht noch ein schöner Film, falls wir Lust haben‹?«

»Wir hatten die besten Absichten, aber dann ist alles ziemlich schnell außer Kontrolle geraten. Gutes Essen. Gute Drinks. Ich mag meine Mädels.«

»Ich weiß«, sagte er schmunzelnd. »Hattest du vergessen, dass wir zum Frühstück verabredet waren?«

»Nein.«

Doch.

Als sie um halb sieben kurz hinter der Wohnungstür zusammengebrochen und auf dem Bauch ins Schlafzimmer gerobbt war, war es ihr ganz kurz wieder eingefallen.

»Ich habe was für dich«, sagte er.

»Einen zweiten Kaffee?«

»Wenn du möchtest.«

Er bestellte noch einen Kaffee, dann reichte er ihr einen dünnen Hefter aus Pappe ohne Etikett oder Aufschrift auf der Vorderseite. Sie wollte ihn aufschlagen, doch er schloss ihn sanft in ihren Händen.

»Nicht während des Frühstücks«, sagte er. »Das ist der Abschlussbericht des letzten Falls.«

Ein Duo, das einem so richtig die Laune vermiesen konnte. Beide Killer waren richtige Mistkerle.

Es war fast vier Monate her, seit DI William Bishop von der Metropolitan Police bei ihr angerufen und sie gebeten hatte, ein Wohnzimmer zu besichtigen, in dem die ermordeten und grausam verstümmelten Leichen von Jonathan und Evelyn Wright lagen. Er war Arzt gewesen, sie seine treu sorgende Ehefrau. Vierzig gemeinsame Jahre, ausgelöscht durch einen Flachhammer und eine scharfe Klinge.

Angela Swan, die Gerichtsmedizinerin, hatte während der Autopsie festgestellt, dass die Verletzungen von Evelyn mit denen aus einem älteren Mordfall übereinstimmten. Drei Wochen zuvor war Rebecca Bradshaw, Flugbegleiterin bei British Airways, getötet worden. Der Mörder hatte ihren Leichnam wie eine lebensgroße Plastikpuppe auf ihrem Bett drapiert. Aufgeschlitzte Pulsadern. Der Kopf war ihr auf die Brust gesackt, als schliefe sie. Drei Morde, eine ähnliche Vorgehensweise, und ehe sie sich’s versah, hatte Holly es mit einem Serienmörder zu tun.

Bis dahin war ihr Leben in eher ruhigen Bahnen verlaufen. Nun ja … ihre Eltern waren ebenfalls durch einen Serienmörder ums Leben gekommen, und sie war im Heim aufgewachsen … Aber sie schätzte sich trotzdem glücklich. Sie war fleißig gewesen, hatte die Schule beendet und dann Kriminologie studiert. Aufgrund ihrer persönlichen Erfahrungen mit dem Tod hatte sie sich immer für das Warum interessiert. Warum töten Sie, Herr Soziopath? Wie kommt es, dass Ihr Gehirn tick-tick macht statt tick-tock?

Mittlerweile lehrte sie Verhaltenspsychologie am King’s College in London. Den Rest ihrer Arbeitswoche verbrachte sie im Wetherington Hospital in der Cromwell Road im Royal Borough of Kensington and Chelsea, wo sie sich um psychisch erkrankte Patienten mit Hang zum Töten kümmerte.

Zusammen mit DI Bishop war es ihr gelungen, zwei der brutalsten und cleversten Mörder zu fassen, die England je gesehen hatte. Die Spur hatte – wie romantisch – zu einem Cottage am Meer nahe Hastings geführt. Am Ende hatte sich der eine das Genick gebrochen, und Holly hatte dem anderen den abgebrochenen Oberschenkelknochen eines seiner früheren Opfer ins Herz gerammt. Alles in allem zwei ereignisreiche Wochen.

Die Staatsanwaltschaft hatte kurz erwogen, wegen des Todes der beiden Männer Anklage gegen sie zu erheben, doch der Commissioner und Chief Constable Franks hatten zu ihren Gunsten interveniert, und die Ermittlungen waren schnell wieder eingestellt worden. Zum ersten Mal seit Langem hatte Holly das Gefühl gehabt, dass es Menschen gab, die ihr helfen wollten. Dass sie nicht allein war. Dass sie so etwas wie eine Familie hatte. Sie betrachtete Bishop, während sie mit der Akte spielte. Sie brannte darauf, darin zu lesen, doch stattdessen legte sie sie beiseite.

»Ich will niemals erfahren, wo sie begraben sind«, sagte sie.

»Das dachte ich mir schon.«

Ihr nächster Kaffee kam, und sie trank ihn in einem Zug aus.

»Ich habe endlich wieder ein Leben, William«, sagte sie. »Ich verkrieche mich nicht mehr in meiner Wohnung. Ist...

Erscheint lt. Verlag 25.6.2020
Reihe/Serie Holly Wakefield
Holly Wakefield
Übersetzer Sybille Uplegger
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Original-Titel I'm A Boy
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Dark Call • dark call du wirst mich nicht finden • dark call mark griffin • Engel • England • Ermittler • gute Thriller • Holly Wakefield • Jagd • Jungs • Killer • Kriminalroman • krimi und thriller • London • Marc Griffin • mark griffin dark call • Opfer • Psychologin • Psychopath • Ritual • Serienkiller • Serienmörder Buch • Thriller • thriller neu • thriller neuerscheinung • Thriller Neuerscheinung 2019
ISBN-10 3-95967-912-2 / 3959679122
ISBN-13 978-3-95967-912-1 / 9783959679121
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