Tod im Alten Land (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
320 Seiten
Emons Verlag
978-3-96041-672-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tod im Alten Land -  Daniel E. Palu
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Eine spannende Ermittlerstory über alternative Fakten, populistische Parteien - und das zweifelhafte Glück, Sohn einer italienischen Mutter zu sein. Gerade erst ist Gabriele Berlotti zurück in sein Elternhaus im Alten Land gezogen, und schon soll der Hamburger Hauptkommissar mit italienischen Wurzeln im Endspurt der Bürgerschaftswahl einen Journalistenmörder entlarven. Als ein weiterer Mord geschieht, stellen sich ganz neue Fragen: Was sind Fakten - und was Fake News? Berlotti muss an seine persönlichen Grenzen gehen, um den Fall zu lösen.

Daniel E. Palu lebt in Hamburg und arbeitet als Autor und Textchef für fast alle großen Verlagshäuser. 'Tod im Alten Land' ist sein erster Roman. Mit seinem Ermittler teilt er die italienische Herkunft und die Vorliebe für guten Kaffee.

Daniel E. Palu lebt in Hamburg und arbeitet als Autor und Textchef für fast alle großen Verlagshäuser. "Tod im Alten Land" ist sein erster Roman. Mit seinem Ermittler teilt er die italienische Herkunft und die Vorliebe für guten Kaffee.

Montag


Der Pessimist sieht in jeder Aufgabe ein Problem,
der Optimist in jedem Problem eine Aufgabe.

Noch ehe er richtig wusste, wie ihm geschah, saß Gabriele Berlotti aufrecht im Bett. Sein Herz raste. Er suchte nach seinem Handy, konnte es jedoch nirgends finden. Folglich war der Vibrationsalarm noch nicht losgegangen, sonst hätte er ihn hören müssen.

Aus der Dunkelheit drang in Intervallen ein schrilles, aber gedämpftes Piepen zu ihm durch. Jetzt kam auch sein Gehirn auf Betriebstemperatur. Mit einem Satz katapultierte er sich aus dem Bett – und landete auf einem Gegenstand, der unter seinem Gewicht nachgab. Nur dank eines abenteuerlichen Balanceaktes konnte er einen Sturz gerade noch vermeiden.

»Was zum …?«

Seine Stimme hallte von den Wänden wider. Er tastete nach einem Lichtschalter und fand ihn schließlich. Eine nackte Glühbirne baumelte von der Decke, das Licht brannte ihm auf der Netzhaut. Berlotti stöhnte auf und schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete, fiel sein Blick auf Kartons, die sich teilweise bis unter die Decke stapelten – und ihm beim Sprung aus dem Bett im Weg gestanden hatten. Mit der flachen Hand schlug er sich an die Stirn. Er hastete barfuß auf der Suche nach dem piependen Unruhestifter durch die drei Zimmer seiner vollkommen kahlen Behausung. Der Lärm kam nicht aus seinen Räumen. Berlotti spürte eine unbekannte Panik in sich aufsteigen. So klang doch nur ein Feuermelder, der es ernst meinte. Er schnappte sich sein Smartphone und die beiden Wohnungsschlüssel, die auf einer Umzugskiste neben der Eingangstür lagen. Nur mit Boxershorts am Leib eilte er barfuß aus dem Haus, in das er keine zwölf Stunden zuvor eingezogen war.

Halb rannte, halb stürzte er über den frisch auf fünf Zentimeter gekürzten Rasen die zwanzig Schritte zur benachbarten Haustür und hielt nach Anzeichen eines Brandes Ausschau. Dass er auf den ersten Blick keine entdecken konnte, wertete er als gutes Zeichen.

Als er aufschloss, sah er seinen Vater im braun karierten Baumwoll-Pyjama im Flur auf einer Trittleiter stehen. Mit ausgestrecktem Arm angelte Alfio auf Zehenspitzen nach dem Feuermelder.

»Accidenti, warum ängte das Scheißedinge auk so weit obe? Porca miseria!«, rief er gegen das ohrenbetäubende Piepen an. Als ob er wirklich glaubte, dass sich der Apparat durch Beleidigungen dazu bewegen ließe, ihm ein Stück entgegenzukommen. Dabei versuchte er, mit kleinen Hüpfern an sein Ziel zu gelangen, doch der durch Unmengen Pizza, Pasta und Salsiccia-Würste wohlgenährte Bauch zog ihn wieder Richtung Erde, kaum dass er abgehoben hatte.

Um Alfios Füße wuselte dessen noch kleinere Ehefrau Carmela. Das geblümte Nachthemd schlackerte um ihre schlanken Gliedmaßen. Wie die meisten ihrer Kleidungsstücke war wohl auch dieses aus der Kinderabteilung, mutmaßte Berlotti.

Da der Flur klein und eng war, rempelte Carmela jedes Mal die Trittleiter an, wenn sie sich mit schnellen Trippelschritten daran vorbeiquetschte, was Alfios Bemühungen zusätzlich erschwerte. Dabei warf sie die Arme in die Luft, nur um sie anschließend abwechselnd über dem lichten, schwarz gefärbten Haar oder vor dem Gesicht zusammenzuschlagen. Das aufgebrachte Murmeln seiner Mutter identifizierte Berlotti nach einigen Sekunden als aneinandergereihte Ave Marias, an deren Ende sie lautstark wahlweise ein »Oh, Dio mio!« oder auch »Gesù bambino, warum?« ausrief.

Von den visuellen und akustischen Reizen vorübergehend lahmgelegt, schlug sich allmählich der Geruchssinn bei Berlotti Bahn. Und der verhieß ebenfalls nichts Gutes. Berlotti schloss die Augen, strich sich mit der Hand durch seine widerspenstigen Locken, atmete tief durch und machte sich bemerkbar.

»Babbo, komm da bitte runter. Sag mir, wo ich einen Besen finde, damit ich endlich diesen Lärm abschalten kann. Und warum in drei Teufels Namen riecht es hier, als würden gerade fünfzig Priester weihrauchschwenkend durch euer Wohnzimmer marschieren?«

Die Antwort ging im Klingeln seines Mobiltelefons unter. Auch das noch! Er nahm unwirsch ab.

»Ja?«

»Kriminalkommissarin Katharina Meinhold, Ihre neue Kollegin. Freut mich!«

Berlotti hielt sich mit der freien Hand ein Ohr zu. »Ja?«

»Ja, hier auch ja. Stör ich, Herr Hauptkommissar?«

»Ich bin noch nicht offiziell … Ich bin mitten in einem …« Ja, was eigentlich? Er warf einen Blick auf seinen verzweifelten Vater und die zeternde Mutter und schloss sich mit einem Seufzer im Badezimmer ein.

»So, jetzt«, begann er das Gespräch von Neuem.

»Ich wollte Sie nicht an Ihrem ersten Arbeitstag so früh stören.« Die Stimme der Kollegin in der Leitung klang entschuldigend. »Aber es ist noch niemand im Büro, und eben wurde ein Toter gemeldet.«

Berlotti stöhnte innerlich auf, das ging ja gut los. »Ich muss um halb neun bei der Polizeipräsidentin antreten.« Er unterbrach sich. Was war mit ihm los? Erst stammelte er herum, dann verweigerte er seiner neuen Kollegin die Zusammenarbeit? Er musste schleunigst die Situation wieder in den Griff bekommen. »Aber das muss dann wohl warten. Schicken Sie mir die Adresse? Ich fahre sofort los, sobald ich hier … ähm … fertig bin.«

Eine knappe halbe Stunde später lenkte er seinen dunkelgrauen Fiat 500 Cabrio aus der Einfahrt. Ja, er fuhr Fiat. Und er liebte es. Auch wenn ihm der Spott der Kollegen sicher war. Er war diesem Wagen verfallen, obwohl er mit Autos ansonsten nichts am Hut hatte. Klein, geschmeidig, und entgegen der weitläufigen Meinung hatte er ihn bislang nie im Stich gelassen. Die Sonderedition mit der italienischen Flagge, die sich einmal rund um den Wagen zog, war eine der wenigen Extravaganzen, die er sich gönnte. Und so ziemlich der einzige Bezug zu seiner Herkunft. Er fühlte sich weder als Deutscher noch als Italiener, am ehesten noch als Norddeutscher. Aber irgendetwas Nostalgisches hatte dieses winzige Auto mit der Tricolore in ihm ausgelöst, sodass er einfach nicht hatte widerstehen können.

Obwohl die Sonne an diesem Junimorgen zwischen den Obstbäumen und reetgedeckten Häusern bereits mit ihm flirtete, war es noch zu frisch, um das Cabrio mit offenem Verdeck zu fahren.

Während Berlotti auf die idyllische Straße zwischen sattgrünen Deichen und Apfelbaumspalieren Richtung Hamburg abbog, wütete in seinen Gedanken ein Orkan. Weihrauch anzuzünden, um böse Geister zu vertreiben – was für eine bescheuerte Idee! Alfio hatte am Telefon zwar angedeutet, dass seine Ehefrau allmählich etwas tüddelig werde, doch Berlotti hatte das anfangs kaum glauben wollen. Seine Mutter mit ihrem leicht gebeugten Gang mochte vielleicht gebrechlich wirken. Aber Berlotti kannte die physische Stärke Carmelas. Sie hatte bisher noch jedes Gurkenglas und jede Wasserflasche aufgedreht, an denen gestandene Männer gescheitert waren, die halb so alt und doppelt so fit aussahen wie sie. Ihre Kraft ging einher mit einer enormen Willensstärke. Berlottis Ex-Frau hatte einmal über sie gesagt: »Sie ist fleißig wie ein ganzer Bienenstaat, hartnäckig wie ein Mafiaboss und hat einen Hang zur Theatralik wie Scarlett O’Hara.« Eine gelungene Charakterisierung, das musste Berlotti zugeben, wenn sie auch sonst selten einer Meinung gewesen waren. Doch an diesem Morgen hatte sich gezeigt, dass »tüddelig« noch untertrieben gewesen war.

In der Ferne tauchten dampfende Schlote als Vorboten des Hamburger Hafens auf. Das Tor zur Welt winkte ihm mit den Flügeln der Windkraftanlagen zu. Als er auf die elegant geschwungene Fahrbahn der Köhlbrandbrücke einbog, traf ihn die Erkenntnis, dass sich die ohnehin fundamentalistische Frömmigkeit seiner Mutter in Kombination mit einer beginnenden Demenz zu einer regelrechten Manie gesteigert hatte.

Er war sich nicht sicher, was überwog: die Sorge um seine Eltern, der Schreck über die Ereignisse des frühen Morgens oder die aufkommenden Zweifel, ob seine Rückkehr ins Alte Land eine gute Idee gewesen war. Ohne Frage genoss er den Blick auf die Apfelbaumreihen hinter ihrem Grundstück, die von seiner Wohnung im ersten Stock aus nahezu endlos erschienen. Als Kind hatte er gemeinsam mit Fiete, dessen Vater der Apfelhof direkt neben ihnen gehörte, dort ganze Sommer lang Verstecken gespielt. Jahre später drückte ihm Nele aus der Parallelklasse hinter einem Baum in der sechsten oder siebten Reihe seinen allerersten Kuss auf. Allerdings mit derart viel Enthusiasmus, dass ihre Zähne aufeinanderprallten und er noch Tage später glaubte, sein Frontzahn wackele und würde demnächst ausfallen. Kostbare Erinnerungen, auch wenn sie die düsteren Ereignisse um seine Schwester niemals aufwiegen konnten.

Andererseits bezweifelte er seit diesem Morgen, dass sich die Beförderung in eine neue Dienststelle und ein Mord am ersten Tag gut vertrugen mit der Aufmerksamkeit, die Carmela fortan wohl nötig haben würde.

»Das Ziel befindet sich in fünfzig Metern auf der rechten Seite.« Die Navi-Funktion des Smartphones beendete seine Grübeleien. Berlotti parkte und ging die letzten Schritte über den Mittelweg im schicken Ortsteil Pöseldorf, den die Hamburger auch als »Schnöseldorf« bezeichneten. Arbeit war immer noch die beste Ablenkung!

Beim Anblick des mintgrün gestrichenen Hauses gab er sich keiner Illusion hin. Nach außen strahlte der vierstöckige Bau hanseatische Zurückhaltung aus. Doch Berlotti konnte das Geld förmlich riechen. Die Villen der Frankfurter Zuhälter, in denen Berlotti in den letzten Jahren ermittelt hatte, wurden von bronzefarbenen Löwen bewacht oder strotzten vor Blattgold und Marmor. Hamburg hingegen war wohlhabend, zeigte es aber nicht.

Die Wohnungstür im zweiten Stock stand offen, und wie üblich ging es zu wie in einem...

Erscheint lt. Verlag 23.7.2020
Reihe/Serie Gabriele Berlotti
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Altes Land • Apfelernte • Gangster-Note • Hamburg • Italien • italienischer Hauptkommissar • Italien-Krimi • Korruption • Krimi • Lügenpresse • packend • Politik • populisten • Rassismus • Rechtspopulisten • Spannung • Verschwörungen und Korruption
ISBN-10 3-96041-672-5 / 3960416725
ISBN-13 978-3-96041-672-2 / 9783960416722
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