Juister Hochzeit. Ostfrieslandkrimi -  Sina Jorritsma

Juister Hochzeit. Ostfrieslandkrimi (eBook)

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2020 | 1. Auflage
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-177-0 (ISBN)
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Die Vorbereitungen einer Traumhochzeit auf Juist werden überschattet, als die Trauzeugin Mieke Torn brutal erstochen aufgefunden wird. Für die Inselkommissarin Antje Fedder ist der Fall eine persönliche Angelegenheit, denn bei dem Tatort handelt es sich ausgerechnet um die Seemannskneipe ihres Vaters Tjark. Hier jobbte das Mordopfer und wurde noch am Vorabend von einem Gast belästigt. Hat der junge Verehrer die Zurückweisung der attraktiven Kellnerin nicht verkraftet? Doch die Ermittler nehmen auch das reiche Brautpaar ins Visier, zu dem eine einfache Kellnerin so gar nicht zu passen scheint. Außerdem werden Zweifel an der Identität der Toten wach. Wer war Mieke Torn wirklich? Trotz des Todesfalls soll die Hochzeit auf der Ostfriesischen Insel wie geplant stattfinden, doch sie steht unter keinem guten Stern...

Kapitel 1


 

Der kräftige Nordwind hatte feinen Juister Sand auf die Leiche geweht. Die Schicht, bestehend aus den winzigen hellen Körnchen, war allerdings nur hauchdünn. Es war, als ob jemand den leblosen Körper der jungen Frau mithilfe einer riesigen Puderzuckerdose über und über bestäubt hätte. Der große Blutfleck unter ihrem Leib war trotzdem nicht zu übersehen.

»Ich kenne noch nicht mal ihren Nachnamen«, sagte Kommissarin Antje Fedder mit tonloser Stimme. Es ließ die Inselpolizistin mit den langen blonden Haaren niemals kalt, wenn auf »ihrem« Eiland ein Verbrechen geschah. Mord war natürlich ein besonders schweres Delikt. Und selbst ein Polizeischüler im ersten Ausbildungsmonat hätte erkannt, dass es sich bei diesem Todesfall weder um Selbstmord noch um einen tragischen Unfall handeln konnte.

Das Messer steckte noch im Körper. Mieke hätte sich schon extrem verbiegen müssen, um sich selbst die tödliche Verletzung beizubringen.

»Mieke hieß Torn mit Nachnamen«, murmelte Tjark Fedder. Er hatte eine seiner großen abgearbeiteten Hände auf die Schulter seiner Tochter gelegt. Normalerweise hätte Antje es sich verbeten, von einem Zeugen oder dem Melder einer Straftat berührt zu werden. Doch Tjark war immerhin ihr Vater, deshalb wäre es ihr seltsam vorgekommen, sich seiner Hand zu entziehen. Außerdem musste sie sich eingestehen, dass seine Nähe ihr in diesem Moment ganz besonders guttat.

Obwohl Antje den Tod der jungen Frau bedauerte, war sie einfach nur erleichtert darüber, dass ihr Papa noch lebte. Ihr war nämlich gerade bewusst geworden, dass es genauso gut Tjark Fedder hätte treffen können.

»Also ist es purer Zufall, dass heute nicht du dein Lokal aufgeschlossen hast?«, vergewisserte die Inselpolizistin sich. Ihr Vater ließ sie los und fuhr sich mit beiden Handflächen über sein wettergegerbtes Gesicht.

»Richtig, mein Schatz. Dr. Weerts hat gesagt, dass er mich wegen meiner Rückenschmerzen heute früh noch einmal gründlich untersuchen will. Also rief ich gestern Abend Mieke an und bat sie, ausnahmsweise die Juister Kajüte aufzuschließen. Und als ich kam, sah ich sie in ihrem Blut liegen. Das ist meine Schuld.«

»Red dir doch so etwas nicht ein!«, fauchte Antje. Der Satz kam schärfer hervor, als sie es beabsichtigt hatte. Antje war hochgradig gestresst, was bei ihrem Dienst auf der idyllischen Urlaubsinsel eher selten vorkam. Doch es sah ganz danach aus, dass ihr Vater nur durch Zufall mit dem Leben davongekommen war. Dieser Gedanke war für sie beinahe unerträglich.

»Es scheint sich um einen Raubüberfall zu handeln.«

Mit diesen Worten meldete sich Kommissar Roland Witte zu Wort. Er kehrte gerade aus der Juister Kajüte zurück, wo er die Gaststube sowie die hinteren Räumlichkeiten durchsucht hatte. Mieke Torn schien vom Täter überrascht worden zu sein, als sie gerade die urige Seemannskneipe aufgeschlossen hatte. Tjark Fedder war jahrzehntelang ein Fahrensmann gewesen, bevor er in Rente ging. Die zahlreichen maritimen Gegenstände, mit denen die Wände des Lokals geschmückt waren, hatte er von seinen Reisen auf allen Weltmeeren mitgebracht.

»Raubüberfall?«, wiederholte der Wirt stirnrunzelnd. »Wie kommst du darauf, Roland? Ist etwas gestohlen worden?«

Der dunkelhaarige Inselpolizist schüttelte den Kopf.

»Nein, aber der Mörder hat in sinnloser Wut deine Registrierkasse zu Boden geworfen. Wahrscheinlich war er sauer, weil er ohne Beute abziehen musste. Du nimmst doch abends die Tageseinnahmen immer mit, oder?«

»Ja, und das mache ich so, seit ich meine Kneipe eröffnet habe«, brummte Antjes Vater. »Ich lasse die Kasse sogar offen, damit jeder sehen kann, dass es bei mir kein Bargeld zu holen gibt.«

»Wenn wir in einer Großstadt wären, würde ich auf Beschaffungskriminalität eines Süchtigen tippen«, vermutete Witte. »Aber auf Juist …«

Es war nicht nötig, diesen Satz zu beenden. Obwohl Witte noch nicht so lange auf der Insel Dienst tat wie seine blonde Kollegin, wusste er genau, dass es auf Juist keine nennenswerte Drogenszene gab. Antje und Witte kannten einige Kiffer, die aber stets so diskret vorgingen, dass man sie niemals auf frischer Tat ertappte. Gelegentlich fanden die Inselpolizisten mal einen Joint in den Dünen. Aber nach Antjes Meinung beging niemand einen Mord für eine Haschisch-Zigarette, die man in jedem holländischen Koffie Shop fertig gedreht für zwei Euro kaufen konnte. Die Kommissarin versuchte, sich von ihrer Sorge um ihren Vater nicht überwältigen zu lassen. Sie fasste zusammen: »Ich stelle mir vor, dass Mieke von dem Täter überrumpelt wurde, als sie die Juister Kajüte aufschließen wollte. Der Schlüssel steckt noch im Schloss. Die junge Frau bricht sterbend zusammen, während der Mörder hineingeht und nach Geld oder Wertgegenständen sucht. Das kann nicht länger als ein paar Minuten gedauert haben. Aus Frust wirft er die Registrierkasse herunter, wie Roland gerade sagte.«

Antje stemmte die Fäuste in die Hüften, reckte sich und ließ ihren Blick über die Umgebung schweifen. Die Juister Kajüte verfügte über einen kleinen Außenbereich, der während der Öffnungszeiten hauptsächlich von Rauchern bevölkert wurde. Das Lokal befand sich direkt an der Strandpromenade. Hinter den Dünenkämmen glitzerte das graublaue Wasser der Nordsee, und der Wind wehte das Lachen und Kreischen der Kinder herüber, die sich am nahe gelegenen Strand vergnügten.

»Ich wundere mich, dass niemand vor dir die Leiche bemerkt hat«, sagte Witte zu Tjark Fedder. »Auf der Strandpromenade sind doch meist Spaziergänger und Jogger unterwegs.«

»Ja, aber um Mieke dort liegen zu sehen, muss man schon genau hinschauen«, antwortete Antje anstelle ihres Vaters. »Die Tische und Stühle der Außengastronomie verdecken teilweise den Blick auf den Eingangsbereich. Außerdem wissen die Einheimischen und die Stammgäste, dass die Juister Kajüte erst mittags öffnet. Es gibt also für sie keinen Grund, das Lokal frühmorgens genauer zu betrachten.«

Die Kommissarin hatte bereits begonnen, sich Notizen zu machen. Sie fragte ihren Vater: »Um welche Uhrzeit hätte Mieke heute hier sein müssen?«

»So gegen acht Uhr wird aufgeschlossen, dann lüften wir und machen Klarschiff. Wie gesagt, normalerweise fange ich an, Mieke wäre erst später dazugekommen, so gegen zehn Uhr. Mittags haben wir dann offiziell geöffnet, wie du weißt.«

Antje nickte. Es war jetzt kurz vor zehn Uhr. Sie fragte sich, ob ihr Papa sich gegen einen Angreifer gewehrt hätte. Tjark war zwar schon im Rentenalter, aber der große und kräftige Mann konnte sich sehr gut seiner Haut wehren. Als Matrose und Steuermann hatte Tjark Fedder in fremden Häfen so manche Schlägerei überstehen müssen. Außerdem schien er einen sechsten Sinn für Gefahren zu besitzen, denn während seines bewegten Berufslebens war sein Leben mehr als einmal gefährdet gewesen.

Wittes Stimme riss sie aus ihren Überlegungen.

»Ich fahre mal eben zur Wache und hole eine Plane, um die Leiche abzudecken«, schlug er vor. Antje nickte. Sie und ihr Kollege waren erst vor wenigen Minuten bei der Juister Kajüte eingetroffen, kurz nachdem Tjark Fedder sie aufgeregt angerufen hatte. Jeden Moment konnten Touristen vorbeischlendern, und schon aus Gründen der Pietät sollten sie die Tote nicht zu sehen bekommen.

Witte schwang sich auf sein Dienstfahrrad und fuhr Richtung Carl-Stegmann-Straße, wo sich die Polizeiwache befand. Antje griff zum Smartphone und rief einen der Badeärzte an, die auf der kleinen Nordseeinsel praktizierten. Mieke Torn war nach Ansicht der Kommissarin eindeutig an einem Messerstich verstorben, dennoch musste ein Mediziner die Todesursache diagnostizieren und den Totenschein ausstellen. Der Arzt versprach, umgehend zur Strandpromenade zu kommen.

Antje schaute sich die Leiche genauer an. Die junge Tote war mit Bluejeans, Tennisschuhen und einer offenen rot karierten Bluse bekleidet gewesen, darunter trug sie ein weißes T-Shirt. Hinweise auf ein Sittlichkeitsverbrechen gab es nicht, zumindest war Mieke komplett angezogen. Antje zog sich Latexhandschuhe über und durchsuchte die Taschen der Toten, doch sie waren komplett leer. Sie konnte noch nicht einmal ein Smartphone finden. Diese Tatsache sprach für einen Raubüberfall. Aber für ein gebrauchtes Mobiltelefon bekam man nicht mehr viel Geld, und eine junge Saisonkellnerin hatte höchstwahr­schein­lich keine großen Bargeldbeträge in der Tasche.

»Ich frage mich, ob das eine zufällige oder eine geplante Tat war«, dachte die Inselpolizistin laut nach.

»Wer mich kennt, der weiß, dass bei mir keine Reich­tü­mer zu holen sind«, grollte ihr Vater. Er machte mit seinem tätowierten rechten Arm eine umfassende Bewegung, indem er auf das kleine Lokal deutete.

»Das ist mein Besitz«, fuhr Tjark fort. »Wie du weißt, habe ich meine...

Erscheint lt. Verlag 8.5.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-177-8 / 3965861778
ISBN-13 978-3-96586-177-0 / 9783965861770
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