Die Frauen vom Nikolaifleet - Der ferne Glanz (eBook)

Roman
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2021 | 1. Auflage
350 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2373-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Frauen vom Nikolaifleet - Der ferne Glanz -  Katharina Lansing
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Eine junge Frau kämpft für ihr Glück und für ihre Leidenschaft  Hamburg 1925: Von klein auf ist Leonores jüngste Tochter Ada in dem Kolonialwarenladen am Nikolaifleet aufgeblüht. Doch als es darum geht, offiziell in das Familiengeschäft einzusteigen, flüchtet sich Ada vor der Verantwortung nach Berlin und stürzt sich dort in eine leidenschaftliche Affäre zu einem Schriftsteller. Als sie auch noch eine Anstellung in einem Delikatessenhaus bekommt, könnte ihr Glück perfekt sein. Aber schon bald muss Ada erkennen, dass sie sich vom Glanz der großen Stadt hat täuschen lassen und ihr Herz das Nikolaifleet nie verlassen hat ...  

Katharina Lansing ist gebürtige Westfälin und lebt seit vielen Jahren in Niedersachsen. Hamburg und das besondere Flair dieser Stadt haben sie schon immer fasziniert. Sie erzählt leidenschaftlich gerne von Frauen, die heute wie damals für ihre Träume kämpfen.

Katharina Lansing ist gebürtige Westfälin und lebt seit vielen Jahren in Niedersachsen. Hamburg und das besondere Flair dieser Stadt haben sie schon immer fasziniert. Sie erzählt leidenschaftlich gerne von Frauen, die heute wie damals für ihre Träume kämpfen

1.


Hamburg im November 1925

Ada Konradi hatte noch vor dem Frühstück das Haus verlassen, um einen Spaziergang zu machen. Vor Tagen hatte es munter geschneit, doch dann waren die Temperaturen angestiegen, und die Hoffnung auf weiße Weihnachten war jäh verflogen.

Die zwanzigjährige Ada hob den Kopf. Der Himmel war wolkenverhangen. Regenwolken.

Als Kind hatte sie sich vorgestellt, der Regen wasche die Häuser und Straßen sauber, und bei jeder dunklen Wolke hatte sie vor Freude in die Hände geklatscht und gerufen: »Heute ist Waschtag!«

Ada schob die Hände in die Manteltaschen und schlug den Kragen hoch. Wie spät mochte es sein? Sie ging etwas schneller. Bis zu ihrem Haus waren es nur noch wenige Schritte.

Um ein Haar wäre sie in Helga Bannert gelaufen, die ihr auf dem Gehweg entgegenkam. »Huch! Entschuldige, Helga. Ich war in Gedanken.«

»Ich hab auch nicht aufgepasst.« Helga wohnte ein paar Häuser weiter, sie war mit Adas Schwester zur Schule gegangen. »Du bist früh auf den Beinen.« Sie trug einen hellen Regenmantel mit Schulterklappen und war tadellos frisiert trotz des feuchten Wetters.

»Ich brauchte frische Luft.«

»Wie läuft’s bei euch im Laden?«

»Es geht wieder bergauf.« Ada war ganz überrascht, warum sie meinte, das »euch« so herausgehört zu haben. Weil es im Grunde der Laden ihrer Mutter war? Weil sie wieder mal mit der Nase darauf gestoßen wurde, dass sie sich nicht mehr als Teil davon sah?

Sie war praktisch im Kolonialwarenladen der Mutter groß geworden. Er gehörte zu ihrer Familie wie der Tannenbaum zu Weihnachten. Ihr Ururgroßvater hatte ihn eröffnet, und ihre Mutter hatte ihm neues Leben eingehaucht und dafür gesorgt, dass man dort nicht mehr nur heimisches Obst und Gemüse, Kaffee, Werkzeug und Kurzwaren kaufen konnte, sondern auch exotische Obstkonserven, chinesischen Tee, erlesene Konfitüren, Pralinés und Liköre.

Helga warf einen Blick auf ihre zierliche Armbanduhr. »Ich muss weiter, Ada. War nett, mal wieder mit dir zu plaudern.« Im Vorbeigehen sagte sie noch: »Grüß Greta von mir. Ach, und frohe Weihnachten!«

Als Ada kurz darauf die quietschende Gartenpforte öffnete, sah sie ihre Mutter am Fenster stehen. Wenig später ging die Haustür auf. »Du bist ohne Frühstück aus dem Haus?«, wurde sie von ihrer Mutter begrüßt.

»Nur für einen kurzen Spaziergang. Jetzt knurrt mir der Magen. Ist Papa schon auf?« Ada zog ihren nassen Mantel aus und hängte ihn an die Garderobe. Auf dem Flur roch es nach Kaffee, und sie verzog das Gesicht.

»Er ist in seinem Atelier.« Ihr Vater hatte das Malen und Bildhauen ein wenig vernachlässigt und nach Inspiration gesucht. Offenbar hatte er sie gefunden.

Ada ging in die Küche. Die Teekanne stand bereits auf dem Tisch. »Dann scheint die Muse ihn wieder geküsst zu haben, wie schön. Ich habe übrigens Helga getroffen, Helga Bannert. Sie war auf dem Weg zur Arbeit. Sie sagt auch, dass die Leute sehr vorsichtig geworden sind.« Sie schenkte sich Tee ein und nahm eine Scheibe Brot, die sie dünn mit Butter und einem Klecks Brombeermarmelade bestrich. Ihre Mutter setzte sich zu ihr. »Früher musste ich nur das Schaufenster hübsch dekorieren, schon kamen die Ersten herein und sahen sich um.« Sie seufzte wehmütig. »Und kauften auch Dinge, die sie eigentlich gar nicht brauchten. Weil sie der Versuchung nicht widerstehen konnten.«

Ada hoffte, dass das Thema damit vom Tisch war. Sie wollte in Ruhe frühstücken und sich nicht schon am frühen Morgen mit dem Laden befassen. Das würde sie später noch den ganzen Tag tun müssen.

»Ich habe mir immer gewünscht, dass du ein gut laufendes Geschäft übernehmen wirst, Ada.«

Sie verdrehte die Augen und hoffte, dass ihre Mutter es nicht gesehen hatte.

Offenbar hatte die es aber doch gesehen, denn sie schaute Ada verwundert an, sagte aber nichts.

Ada trank ihren Tee aus. »Es wird schon wieder aufwärtsgehen, Mama.« Sie klang ungehalten, was sie nicht beabsichtigt hatte.

»Was hast du denn? Mir ist schon mehrmals aufgefallen, dass du so … lustlos wirkst.«

Jetzt wäre der beste Zeitpunkt, es ihr endlich zu sagen, dachte Ada mit einem Anflug purer Verzweiflung. Im Januar würde sie nach Berlin gehen und ein neues Leben anfangen, und ihre Eltern wussten noch immer nichts davon. Weil sie ein erbärmlicher Feigling war und Angst hatte, ihrer Mutter ins Gesicht zu sagen, dass sie endlich auf eigenen Füßen stehen, endlich ihren eigenen Weg gehen wollte.

Doch stattdessen zwang sie sich zu einem Lächeln. »Nein, Mama, alles ist gut. Wirklich«, versicherte sie und erhob sich. Sie aß ihr Brot im Stehen auf und ging zur Tür. »Ich räume später ab.«

»Kommst du nicht mit zum Laden?«

Als wäre sie in den vergangenen Jahren ein Mal nicht mitgekommen.

»Doch, Mama, natürlich.« Sie unterdrückte ein resigniertes Seufzen. »Ich gehe mich nur umziehen.«

Ada lief die Treppe hoch in ihr Zimmer und schloss die Tür.

Sie wurde ungerecht, und das war gar nicht gut. Eine latente Unzufriedenheit hatte einige Monate an ihr genagt und ihr Innerstes gehörig in Schieflage gebracht. Sie hatte ihre Arbeiten im Laden nur noch aus Pflichtgefühl erledigt. Lustlos, genau wie ihre Mutter gesagt hatte. Zudem war sie launisch und oft schnippisch gewesen, hatte sich an der Fliege an der Wand gestört. Und dann war ihr im Sommer Anneliese über den Weg gelaufen, eine frühere Schulkameradin, die ihr erzählt hatte, dass sie in die Eifel ziehen würde. Weil sie es satthatte, weiterhin im Büro des Vaters unter dessen Knute zu stehen. »Ich will mich endlich abnabeln. So würde ich nur weiterhin die kleine Anneliese, Siegfried Schmidts Tochter bleiben.« Ihre Worte hatten Ada nicht nur nachdenklich gemacht, sie hatten sie aufgewühlt und ihr vor Augen gehalten, dass es bei ihr genauso war. Plötzlich hatte alles ganz klar vor ihr gelegen, und die Entscheidung, auch nach Berlin zu gehen wie ihre Schwester, war schnell gefallen.

Ada zog eine frische Bluse über und bürstete ihr Haar.

Sie verließ ihr Zimmer und klopfte an die Tür zum Atelier. »Papa? Darf ich reinkommen?«

»Komm nur, Ada.«

Ihr Vater stand mit dem Rücken zu ihr am Fenster. Durch einen Fensterflügel strömte kalte Luft herein. »Es wird wieder Schnee geben.«

»Glaubst du? Das wäre schön«, sagte sie leidenschaftslos.

»Habt ihr euch gestritten, du und deine Mutter?«

Sofort überkam sie das schlechte Gewissen. »Gestritten? Aber nein, wieso fragst du?«

»Du bist die Treppe hochgestapft. Ich erkenne an deinen Schritten, wenn du verärgert bist.«

Sie ging nicht darauf ein und stellte sich neben ihn. »Woran arbeitest du gerade?«

»An einem Portrait.«

»Eine Auftragsarbeit?«

Er nickte. »Du lenkst ab.«

»Darf ich das Bild sehen?«

»Hm …« Er kratzte sich an der Stirn. »Nein, lieber nicht. Es ist noch etwas …« Er suchte nach einem Wort.

»Unfertig?«

»Unfertig, ja, damit hast du den Nagel auf den Kopf getroffen. Wieder mal.«

Ada schnupperte an seinem Hemd, das wie immer ganz leicht nach Leinöl roch.

»So nachdenklich heute?«

»Wie kommst du darauf, dass ich nachdenklich bin?«, fragte sie zurück.

»Du bist meine Tochter.« Er zuckte die Schultern. »Ich kann in deinem Gesicht lesen wie in einem Buch. Also: Gab es Streit mit deiner Mutter?«

Sie schüttelte den Kopf.

»Geht es etwa um einen Mann?«

»Was? Nein, ganz bestimmt nicht.«

»Es wird doch irgendwo einen ansehnlichen jungen Burschen geben, der dich beeindrucken kann.«

Ada lachte. »Ach, Papa …«

Sie scherzten häufig so miteinander, diesmal aber hatte ihr Vater ins Schwarze getroffen, ohne es zu wissen. Ada war noch nie verliebt gewesen – nun ja, vielleicht damals, als sie vierzehn oder fünfzehn gewesen war. In Wilhelm, einen Klassenkameraden. Aber das war rasch wieder vorbei gewesen.

»Liebe ist etwas Wunderbares«, hatte ihre Mutter irgendwann zu ihr gesagt. »Sie kann einen Menschen verändern, und sie macht so vieles selbstverständlich, das man vorher als Zumutung empfunden hat. Liebe besteht aus sehr viel mehr als Zugeständnissen und Rücksichtnahme.«

Ihr Vater ging zur Staffelei und legte den Kopf schief. »Die Nase …« Stirnrunzelnd zeigte er auf das Bild.

»Hast du sie vergessen?«

»Komm her«, bat er sie. »Vielleicht hast du einen Rat.«

»Ich dachte, ich darf es noch nicht sehen.«

»Ich mache eine Ausnahme.«

Ada betrachtete das Portrait, das er begonnen hatte. Es zeigte eine Frau mit rötlichem gewelltem Haar, die sehr ernst, beinah finster schaute. »Ist sie eitel?«

»Schrecklich eitel.«

»Dann solltest du ihre Nase vielleicht ein wenig zierlicher machen. Bis später,...

Erscheint lt. Verlag 12.1.2021
Reihe/Serie Die Kolonialwaren-Saga
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Band 2 • Berlin • der kleine Kolonialwarenladen • die weite Welt • Dynastie • Familie • Familienbetrieb • Familiendynastie • Familiengeschichte • Familiengeschichte Roman • Familiensaga • Feinkost • Flucht • Generationen • Generationenkonflikt • Hamburg • Hamburger Familie • Historischer Roman • Kaffeehaus • Kolonialwaren • Kolonialwarenladen • Kolonialwaren-Saga • Konflikt • Kulinarisch • Laden • Liebesgeschichte • Liebesroman • mehrere Generationen • Nikolaifleet • Saga • Speicherstadt • speicherstadt-saga • Starke Frauen • Übersee • weite Welt
ISBN-10 3-8437-2373-7 / 3843723737
ISBN-13 978-3-8437-2373-2 / 9783843723732
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