Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder (eBook)

Auftakt der Kinderärztin-Saga zur Kaiserzeit: Zwei Schwestern, ein Kinderkrankenhaus und ein großer Traum

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
448 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2401-2 (ISBN)

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Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder -  Antonia Blum
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Auftakt der Bestseller-Serie von Antonia Blum: authentisch, kurzweilig und zum Mitfiebern! Das erste Kinderkrankenhaus Berlins und zwei junge Frauen, die sich aufopferungsvoll um ihre kleinen Patienten kümmern Berlin 1911: Die Schwestern Marlene und Emma Lindow können ihr Glück kaum fassen: Sie dürfen als Lernschwestern in der Kinderklinik Weißensee anfangen. Die forsche Marlene lernt schnell, die schüchterne Emma fühlt sich hingegen bald von ihrer Schwester zurückgesetzt. Denn Marlene hat sich gleich doppelt verliebt: in den vornehmen Assistenzarzt Doktor Maximilian von Weilert und in das noch junge Fachgebiet Kinderheilkunde. Sie ist fest entschlossen, selbst Kinderärztin zu werden. Doch der Weg nach oben ist steinig, der in Maximilians Familie erst recht. Emma geht in ihrer Rolle als Kinderkrankenschwester auf und entfernt sich immer mehr von ihr. Erst als das Leben des kleinen Fritz Schmittke am seidenen Faden hängt, erkennen Emma und Marlene, dass sie zusammenstehen müssen, um ihre wichtigste Aufgabe zu erfüllen: den Kindern zu helfen.  Die Kinderärztin-Serie - Kinderklinik Weißensee - Zeit der Wunder - Kinderklinik Weißensee - Jahre der Hoffnung - Kinderklinik Weißensee - Tage des Lichts - Kinderklinik Weißensee - Geteilte Träume*** Wer Ulrike Schweikert und Helene Sommerfeld mag, wird Die Kinderklinik Weißensee von Antonia Blum verschlingen! Ein Muss für alle Berliner, die die Geschichte ihrer Stadt kennenlernen wollen und für Fans historischer Romane. ***

Antonia Blum lebte längere Zeit in Berlin, ohne den Weißen See dort je gesehen zu haben. Erst Jahre später, nachdem sie die Hauptstadt längst verlassen hatte, entdeckte sie durch einen Zufall die Ruine der einstigen Kinderklinik in Weißensee und kommt seitdem von dem Ort und seiner bewegten Geschichte nicht mehr los. Heute fährt Antonia nicht nur zum Spazierengehen immer wieder an den Weißen See, der dem Berliner Stadtteil seinen Namen gab. Sie ist überzeugt, dass dort ein Tor in die Vergangenheit existiert.

Antonia Blum ist das Pseudonym eines deutschen Schwesternpaares. Gemeinsam haben sie bereits mehrere erfolgreiche historische Romane veröffentlicht. Als sie auf die faszinierende Geschichte der Kinderklinik Weißensee stießen, war ihnen sofort klar, dass sie ein Buch darüber schreiben wollten.

Prolog


Lübars bei Berlin
3. Juli 1898

Marlene stand an der Tür der kleinen, windschiefen Kate und hielt sich die Hände vors Gesicht. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, und ihre Hände waren feucht vor Aufregung. Sie musste sich anstrengen, nicht doch zum Tisch hinüberzulinsen, von wo ein Rascheln und kleinkindliches Flüstern zu hören waren. Es duftete herrlich süß.

»Und wer im Juli geboren ist, tritt ein, tritt ein, tritt ein«, erklang endlich die zärtliche Stimme ihrer Mutter, untermalt von Emmas Singversuchen, die noch Probleme hatte, sich den Text des Geburtstagsliedes zu merken.

Für Marlene war ihr Geburtstag der schönste Tag im Jahr, noch schöner als Weihnachten, weil sie trotz der Feststimmung nicht in die Kirche mussten. An Geburtstagen konnten ihre Mutter, ihre jüngere Schwester Emma und sie ganz unter sich sein, die kleine Familie Lindow. Anmutig schritt Marlene zum Geburtstagstisch. Der liebevolle Blick ihrer Mutter gab ihr das Gefühl, etwas Besonderes zu sein, eine Prinzessin mit Krone und Schleier.

»Der macht vor uns einen tiefen Knicks, recht fein, recht fein, recht fein«, sang Elisabeth Lindow weiter, wie sie es an vielen Abenden zuvor schon vor dem Einschlafen für ihre Kinder getan hatte.

Marlene knickste ungelenk wie jedes Jahr, weil sie nur Augen für den Geburtstagskuchen hatte. Sechs Kerzen leuchteten auf dem Streuselkuchen, gelb wie die Sterne am Himmel über Lübars. Sie war so froh darüber, dass ihre Mutter doch noch eine sechste Kerze hatte kaufen können, obwohl zuletzt nicht einmal mehr Geld für die Arztrechnung da gewesen war.

»Mädel, dreh dich, Mädel …«, sang Elisabeth weiter und tanzte mit, fasste sich dabei aber an den Bauch.

Marlene drehte sich so eifrig, dass ihre dicken Zöpfe aufflogen. Erst als sich ihre Mutter abwandte und ihr die Stimme versagte, hielt auch sie inne. »Mama, was ist mit dir?«, fragte sie, während sich die Wände um sie herum noch zu drehen schienen.

»Es geht schon«, wiegelte Elisabeth ab und lächelte ihre Tochter liebevoll an, sodass diese ihre Sorge auch gleich wieder vergaß. Es war ihr Geburtstag, der Tag ausgelassener Fröhlichkeit, und wie ihre Mutter immer sagte: Traurigkeit ist an diesem Tag nicht erlaubt.

»Mädel, dreh dich, Mädel, dreh dich, hei hopsasasa!«, sang Elisabeth weiter und drehte sich wieder.

Marlene lachte auf. Bei der nächsten Liedzeile drehte auch Emma sich mit und wollte gar nicht mehr aufhören, bis sie taumelnd gegen das Bett stieß.

»Und natürlich gibt es einen Streuselkuchen für dich«, sagte ihre Mutter, nachdem die letzte Zeile des Liedes verklungen war.

»Mit ganz viel Butter?«, fragte Marlene ungeduldig.

»Natürlich, Lene«, antwortete Elisabeth, und Marlene wollte sich schon an den Tisch setzen und nach einem Stück Kuchen greifen, als ihre Mutter sie noch einmal zu sich heranzog und an sich drückte. »Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, meine liebe Lene.« Eine Träne lief Elisabeth über die Wange. »Es ist ein Wunder zu sehen, wie schnell du groß wirst. Jetzt bist du schon sechs Jahre alt.« Schnell wischte Elisabeth sich die Träne fort und lächelte jenes Lächeln, das Marlene so an ihrer Mutter liebte, das ihr das Gefühl gab, bedingungslos geliebt zu werden. Sie umarmte ihre Mutter lang und fest und bemerkte dabei, dass diese stark schwitzte, was sie sonst nicht tat. Letzte Nacht, als sie eng aneinandergeschmiegt geschlafen hatten, war das Nachthemd ihrer Mutter auch schon ganz feucht gewesen. Jetzt stand ihrer Mutter schon wieder der Schweiß auf der Stirn, obwohl es nicht heiß im Haus war.

Emma holte einen kleinen Sommerblumenstrauß mit Kornblumen unter dem Bett hervor: Margariten und eine Distel, die die Blätter schon etwas hängen ließen. »Die habe ich gestern für dich gepflückt.« Sie überreichte Marlene den Blumenstrauß und schmiegte sich an das Bein ihrer Mutter.

»Der Strauß ist wunderschön, Emmalein, danke!« Marlene wuschelte ihrer Schwester durch das weiche Haar. »Und jetzt essen wir endlich den Streuselkuchen, ja?«

Sie nahmen auf den Hockern am Tisch Platz, an dem ihre Mutter viele Stunden in der Woche Damenpantoffeln nähte. Fünfzig Pfennig gab es für das Dutzend Paar.

Elisabeth schnitt den Blechkuchen in Stücke. Unter ihrem milden Blick tat Marlene sich gleich drei davon auf, und auch auf Emmas Teller stapelte sie mehrere. Während sie gebutterten Hefeteig und zuckersüße Streusel schmeckte, überlegte Marlene, ob sie die Tür für einen Luftzug öffnen sollte, damit ihrer Mutter nicht mehr so heiß war. Die winzigen Fensterluken hakten, solange sie denken konnte.

Auch Emma aß mit Appetit und versuchte gleichzeitig noch »hei hopsasasa « zu singen, was ihre Mutter lächeln ließ.

Wie jedes Jahr war Marlene der Überzeugung, dass dieser Geburtstag ihr schönster war. Sie aßen den besten Streuselkuchen von ganz Lübars, waren fröhlich beieinander und tranken Kakao, der auch nur an Festtagen auf den Tisch kam.

Plötzlich versuchte Elisabeth jedoch ein Würgen zu unterdrücken. Sie erhob sich vom Tisch und verließ mit der Hand vor dem Mund die Kate. Marlene konnte hören, dass sie sich im Abort hinter dem Haus übergab. Als ihre Mutter zuletzt nach Berlin zum Arzt gefahren war, hatte sie auch so geschwitzt und sich erbrochen. Marlene legte ihr drittes Stück Kuchen auf den Teller zurück und wollte gerade hinauslaufen, um ihrer Mutter zu helfen, da stand Elisabeth bereits wieder in der Tür. »Es geht schon«, sagte sie und lächelte Marlene an. »Heute ist dein Geburtstag, Lene.« Sie deutete zum Tisch, wo Emma unbeschwert Kuchen aß.

Elisabeth straffte sich unter Schmerzen. »Lasst uns weiterfeiern«, sagte sie, aber eine neuerliche Schmerzwelle ließ sie zum Bett taumeln, wo sie unter Stöhnen zusammensackte.

Verängstigt starrte Marlene ihre Mutter an, die nun auch zitterte. »Mir ist plötzlich so kalt«, murmelte Elisabeth.

Marlene breitete die Bettdecke über ihrer Mutter aus, aber Elisabeth fror nur noch mehr. Marlene meinte, die Zähne ihrer Mutter klappern zu hören. Aufgeregt holte sie Wäsche aus dem Schrank neben dem Bett, drei Röcke, Schürzen und ihre Unterhemden, und breitete alles über ihrer Mutter aus. Letzten Winter hatten sie oft gefroren, weil kein Geld mehr für Holz da gewesen war, es hatte sich schrecklich angefühlt.

»Komm, Emma, wir wärmen Mama, damit sie nicht mehr frieren muss.« Marlene half Emma an die linke Seite ihrer Mutter, sie selbst schmiegte sich an deren rechte. Dabei fielen ihr hellrote Streifen am Unterarm ihrer Mutter auf, die nun schnell und flach atmete und sich immer wieder an den Bauch fasste. Ganz vorsichtig, wie Elisabeth es bei ihr zu tun pflegte, wenn sie Bauchschmerzen hatte, begann Marlene, ihr den Bauch zu streicheln, der sich hart wie ein Brett anfühlte.

»Wir müssen weiterfeiern«, murmelte Elisabeth, Schweiß rann ihr an den Schläfen hinab und nässte ihr Haar.

Sehnsüchtig schaute Marlene zu den sechs Kerzen auf dem Streuselkuchen hinüber. Der Tag fühlte sich gar nicht mehr wie ein Geburtstag an, ihrer Mutter ging es immer schlechter. »Was kann ich tun, Mama, damit du dich besser fühlst?« Auch vor dem Arztbesuch im großen Berlin, wohin der Armenarzt sie geschickt hatte, hatte ihre Mutter schon Schmerzen im Bauch gehabt, aber nicht so schlimm wie heute.

»Schmieg dich an mich«, bat ihre Mutter mit erstickter Stimme, woraufhin Marlene noch einmal näher rückte.

»Liegst du auch ganz eng an Mama dran?«, fragte Marlene ihre Schwester.

Emma hob ihren Kopf, Streuselkrümel hingen ihr in den Mundwinkeln. »Ganz eng«, bestätigte sie unter Nicken und schmiegte sich wieder an ihre Mutter.

Elisabeth zwang sich ein Lächeln ins verschwitzte Gesicht. »Du musst jetzt mutig sein, meine große Lene.«

»Ich tue alles, damit es dir schnell wieder besser geht«, versprach Marlene ihrer Mutter, die sich nun mit schmerzerfülltem Gesicht auf die Seite drehte und die Beine vor den Bauch zog wie ein Säugling.

»Pass gut auf dich und unser Emmalein auf«, flüsterte Elisabeth.

Marlene richtete sich auf. »Warum sagst du das?«

Elisabeth röchelte. »Ihr seid das Beste, was mir je passiert ist.«

Marlene beugte sich über ihre Mutter, die die Augen nun geschlossen hatte. »Mama ist eingeschlafen«, flüsterte sie ihrer Schwester zu und atmete erleichtert aus. Wenn ein Kranker viel schläft, sagte ihre Mutter immer, wird er schneller gesund. »Schlaf du jetzt auch etwas, Emma.«

Kurz darauf vernahm Marlene ein kaum hörbares »Ja« von der anderen Seite des Bettes, dann schmiegte sie sich wieder enger an ihre Mutter, die der Schlaf zu entspannen schien. Am nächsten Morgen, so nahm sie sich vor, würde sie sich um den Haferbrei zum Frühstück kümmern, damit ihre Mutter sich im Bett noch von ihren Bauchschmerzen erholen konnte. In Gedanken bei dem verbliebenen Streuselkuchen schlief Marlene ein.

Mitten in der Nacht wachte sie auf. Der Mond...

Erscheint lt. Verlag 30.11.2020
Reihe/Serie Die Kinderärztin
Die Kinderärztin
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Ärztin • Ausbildung • Berlin • Berlin Roman • Diphterie • Familiansaga • Familiensaga • Frauen • Historienroman • historisch • Historischer Roman • Intrigen • Kaiserzeit • Kinder • Kinderarzt • Kinderärztin • Kinderheilkunde • Kinderkrankenhaus • Kinderkrankenschwester • Kinderkrankheiten • Krankenhaus • Krankenschwester • Milchkur • Neonatologie • Pädiatrie • Roman • Saga • Säugling • Schwester • Schwestern • Serie • Waisenkinder • Weißensee
ISBN-10 3-8437-2401-6 / 3843724016
ISBN-13 978-3-8437-2401-2 / 9783843724012
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