Krähenkeller. Friesenthriller -  Thorsten Siemens

Krähenkeller. Friesenthriller (eBook)

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2020 | 1. Auflage
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-173-2 (ISBN)
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Marie wich einen weiteren Schritt zurück. Wieso ist er gefesselt und geknebelt? Ist das etwa ein Trick? Was will er damit nur erreichen?
In vollkommener Abgeschiedenheit lebt Dennis im friesischen Sande. Von Schuldgefühlen und Zwangsstörungen geplagt, meidet er den Kontakt zu anderen Menschen. Doch als er eines Tages um den Sander See joggt, trifft er auf Marie und fühlt sich fortan für ihr weiteres Schicksal verantwortlich. Als er dann auch noch mitbekommt, dass sie von ihrem Freund geschlagen wurde, will er ihm hierfür einen Denkzettel verpassen. Doch die Situation eskaliert und plötzlich liegt Marie bewusstlos in der Kellerwohnung seines Hauses. Dennis bemüht sich, Marie davon zu überzeugen, dass er alles nur für sie getan hat. Dabei ahnen beide nicht, dass bereits ein noch viel schlimmeres Unheil auf sie lauert...

1. Kapitel


Alltag


Mittwoch


Fast an jedem Werktag klingelte der Postbote gegen 11:30 Uhr an der Haustür von Dennis Fink. An diesem Tag war er jedoch etwas später als gewöhnlich und deshalb hatte Dennis in den letzten Minuten immer wieder nervös auf die Uhr gesehen. Er erwartete zwar keine besondere Paketsendung oder einen eiligen Brief, aber irgendwie gehörte dieser Moment des Tages schon zu seinen persönlichen Highlights. Schließlich war sein Briefzusteller häufig der einzige Mensch, den er den ganzen Tag über zu Gesicht bekam.

Dennis öffnete die Tür und begrüßte den Postboten freundlich, nachdem dieser endlich an seiner Haustür geklingelt hatte. Sein Blick fiel sofort auf die schulterlangen Haare des Mannes, der ungefähr seine Größe hatte. Er trug sein Haar heute zum ersten Mal offen. Dennis war überrascht, wie lang sie bereits geworden waren. Als er ihn das allererste Mal gesehen hatte, trug er noch eine klassische Kurzhaarfrisur. Vor etwa einem Jahr musste er dann damit begonnen haben, sich seine Haare wachsen zu lassen. Bisher hatte er sie allerdings immer zu einem Zopf zusammengebunden gehabt.

Seine Haare sind ja schon genauso lang wie meine, dachte er und strich sich unbewusst mit den Händen über seinen Pferdeschwanz. Wenn er nicht diesen komischen Bart tragen würde, könnte man uns glatt für Brüder halten.

Eigentlich mochte er seine langen Haare nicht besonders, aber ein Friseurbesuch war für ihn einfach ein Ding der Unmöglichkeit geworden. Und da alle seine Selbstversuche mit der Schere ein katastrophales Ergebnis zur Folge gehabt hatten, hatte er sie irgendwann einfach wachsen lassen. Da er sowieso kaum noch unter Menschen ging, spielte sein Äußeres für ihn ohnehin keine große Rolle mehr.

Der Postbote hielt ihm ein größeres, aber unscheinbares Paket entgegen.

Sicher meine neue Jacke, dachte Dennis und nahm das Paket entgegen. »Danke!«, sagte er.

Da das Paket trotz seiner Größe sehr leicht war, war er sich jetzt ziemlich sicher, dass sich darin seine erst kürzlich bestellte Jacke befinden musste. Er drehte sich um, stellte den Karton in den Hausflur und wollte gerade die Tür hinter sich schließen, als der Postbote ihn vollkommen überraschend noch einmal ansprach.

»Ist das von Ihrer Familie?«, fragte er und zeigte auf das Paket.

Irritiert blickte Dennis zu ihm auf. Bisher war sein Paketzusteller immer angenehm schweigsam gewesen, hatte ihn lediglich gegrüßt, höchstens mal nach einer Unterschrift verlangt und ist dann sofort wieder gegangen.

Soll ich ihm antworten?, fragte er sich.

Eigentlich vermied er jegliche Konversationen mit anderen Menschen. Das Risiko war ihm einfach viel zu groß. Aber wenn er ihm jetzt nicht geantwortet hätte, wäre das schon sehr sonderbar gewesen.

»Nein, nur eine Bestellung aus dem Internet«, gab er ihm deshalb eine bewusst kurze Antwort und unternahm einen weiteren Anlauf, um die Tür zu schließen.

»Entschuldigen Sie, ich wollte nicht zu neugierig sein«, begann der Postbote seine unerwartete Frage zu erklären. »Sie bekommen nur so wahnsinnig viele Pakete und sind immer zu Hause, wenn ich komme. Das ist schon sehr ungewöhnlich und irgendwie...« Er sprach nicht weiter.

»Ja?«, fragte Dennis nach. Ihn interessierte jetzt schon, welche Gedanken sich der wildfremde Mann über ihn gemacht hatte.

»Na ja, irgendwie habe ich mir Sorgen um Sie gemacht«, brachte dieser schließlich mühsam hervor und schaute verschüchtert zu Boden.

Dennis musterte ihn argwöhnisch. »Wieso machen Sie sich denn Sorgen um mich?«

»Nun ja, Sie sind immer alleine zu Hause und da habe ich mich gefragt, ob Sie vielleicht Hilfe gebrauchen könnten.« Der Postbote schaute vom Boden auf und blickte ihm jetzt so direkt in die Augen, dass es ihm regelrecht unangenehm war.

Dennis fand seine Frage schon sehr merkwürdig. Da er aber schon seit Jahren den Kontakt mit seinen Mitmenschen mied, war er nun wahrlich kein Experte auf dem Gebiet der zwischenmenschlichen Kommunikation.

»Sie müssen sich keine Sorgen um mich machen. Ich bin so oft zu Hause, weil ich von hier aus arbeite«, sagte er schließlich und hoffte, ihn damit etwas beruhigen zu können.

»Was machen Sie denn?«

»Ich bin Autor«, antwortete er ihm und hatte damit nicht einmal wirklich gelogen.

»Aber Sie haben noch nie ein Paket oder einen Brief von einer Privatperson erhalten. Es sind immer nur Warensendungen und Rechnungen. Und als ich heute dieses neutrale Paket für Sie ausliefern sollte, da dachte ich...«

Dennis wurde das Gespräch langsam wirklich unangenehm. Der Postbote war ohnehin schon viel zu lange hier. Es war viel zu gefährlich für ihn, noch länger vor seiner Haustür zu stehen.

Ich muss ihn so schnell wie möglich loswerden!, dachte er und beschloss, ihm ein letztes Mal zu antworten, um ihm dann endgültig die Tür vor der Nase zuzuschlagen.

»Zu meiner Familie habe ich keinen Kontakt mehr. Ich bin generell gerne alleine und pflege wenige soziale Kontakte. Vielen Dank, dass Sie sich um mich sorgen, aber dazu besteht absolut kein Grund. Jetzt muss ich aber wirklich weiterarbeiten!«

Schwungvoll warf er die Tür ins Schloss, drehte den Schlüssel zweimal herum und drückte zur Kontrolle die Klinke herunter. Erschöpft setzte er sich auf den kalten Fliesenboden im Flur und starrte an die gegenüberliegende Wand. Seine Gedanken begannen Amok zu laufen.

Hätte ich ihm vielleicht sagen sollen, dass alle meine Familienmitglieder tot sind? Aber vielleicht hätte er mich dann noch gefragt, wie es dazu gekommen ist? Was hätte ich ihm dann sagen sollen? Dass alles meine Schuld war? Dass sie wegen mir gestorben sind? Dass ich nur deshalb den Kontakt zu Menschen meide, damit das nicht noch einmal passiert?

Er rappelte sich vom Boden auf und ging nervös den Flur auf und ab. Dennis wusste einfach nicht, was er jetzt tun sollte.

Hoffentlich passiert ihm jetzt nichts! Ob ich ihm hinterherfahren sollte?

Er dachte noch eine Zeitlang darüber nach, entschied dann aber, dass es nahezu unmöglich war, einem Postboten unauffällig zu folgen. Daher entschied er, bis morgen zu warten und darauf zu hoffen, dass er auch am nächsten Tag wieder eine Lieferung für ihn dabei haben würde. Erst dann würde er die Gewissheit haben, dass ihm der lange Aufenthalt vor seiner Haustür nicht geschadet hatte.

Um sich ein wenig abzulenken, ging er die Treppenstufen hinauf in sein Büro. Als er gerade am Schreibtisch saß und seinen Laptop aufklappen wollte, durchzuckte ihn einer dieser quälenden Gedanken, die ihn so oft heimsuchten.

Habe ich eigentlich die Tür abgeschlossen?

Er stand auf und ging die Treppe wieder hinunter. Mehrfach betätigte er die Türklinke, bis er sich schließlich absolut sicher war, dass die Tür definitiv nicht mehr geöffnet werden konnte. Erst danach kehrte er wieder an seinen Schreibtisch zurück. Er schaltete seinen WLAN-Router ein, da er noch schnell eine dringende Überweisung tätigen musste. Nachdem er die Daten in das Online-Banking seiner Direktbank eingegeben hatte, schaltete er den Router aber auch sofort wieder aus. Auch wenn sein nächster Nachbar mehr als fünfhundert Meter entfernt wohnte, befürchtete er stets, dass irgendjemand seinen drahtlosen Internetzugang missbrauchen könnte, um so zum Beispiel die Textdateien seiner Bücher zu stehlen oder sein Online-Banking zu hacken. Deshalb ließ er die WLAN-Verbindung nie länger als nötig bestehen.

Nachdem er wieder offline war, öffnete er die Textdatei seines aktuellen Buches. Nachdenklich starrte er auf den blinkenden Cursor. Er hatte sowieso schon große Schwierigkeiten an der entscheidenden Stelle seines neuen Liebesromans weiterzukommen, aber jetzt spukte ihm zu allem Überfluss auch noch der Postbote im Kopf herum.

Warum hat er nicht einfach nur das verdammte Paket abgegeben und ist dann zum nächsten Haus weitergefahren?, fragte er sich und bemerkte, wie wütend er auf einmal war.

Unter diesen Umständen machte es einfach keinen Sinn weiter an seinem Roman zu arbeiten. Er speicherte die Datei, obwohl er gerade einmal ein einziges neues Satzzeichen hinzugefügt hatte, zog eine Sicherheitskopie auf seinen USB-Stick, den er zur Sicherheit immer in einem feuerfesten Safe aufbewahrte und ging hinunter in die Küche, um sich einen Kaffee zu kochen. Während der Wasserkocher das Wasser erhitzte, schaute er aus seinem Küchenfenster in den Garten hinaus. Die Sonne schien vom Himmel und tauchte die Büsche und Sträucher in ein angenehm warmes Licht. Vielleicht könnte ihn ja ein wenig Gartenarbeit von seinen düsteren Fantasien ablenken?

Er füllte einen Löffel löslichen Kaffee in einen Becher, gab einen Würfel Zucker hinzu und übergoss das Ganze mit kochendem Wasser. Hinterher zog er den Stecker des Wasserkochers sofort wieder aus der Steckdose....

Erscheint lt. Verlag 20.4.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-173-5 / 3965861735
ISBN-13 978-3-96586-173-2 / 9783965861732
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