Ankermord (eBook)

Ein Rügen-Krimi
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2021 | 2. Auflage
352 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2541-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ankermord - Katharina Peters
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Der Tote von Binz.

Bei Arbeiten an der Seebrücke in Binz wird eine männliche Leiche entdeckt, die mit einer Ankerkette an einem Pfeiler befestigt wurde. Hauptkommissarin Romy Beccare steht vor einem Rätsel. Erst als die Identität des Toten geklärt ist, kommt sie einen Schritt weiter. Marek Liberth ist durch kleinere Drogendelikte aufgefallen; in seiner letzten Firma, einem Zulieferer für Werften, ist er entlassen worden. Doch gerade diese Firma weckt Romys Interesse. Dort laufen die Geschäfte so gut, dass es nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint ...



Katharina Peters schloss ein Studium in Germanistik und Kunstgeschichte ab. Sie begeistert sich für japanische Kampfkunst und lebt mit ihren Hunden in Schleswig-Holstein. An die Ostsee fährt sie, um zu recherchieren, zu schreiben - und gelegentlich auch zu entspannen. 

Aus der Rügen-Serie mit Romy Beccare sind »Hafenmord«, »Dünenmord«, »Klippenmord«, »Bernsteinmord«, »Leuchtturmmord«, »Deichmord«, »Strandmord«, »Fischermord«, »Schiffsmord«, »Ankermord«, »Ufermord«, »Inselmord« und »Wintermord« lieferbar.

Aus der Ostsee-Serie sind »Todesstrand«, »Todeshaff«, »Todeswoge«, »Todesklippe«, »Todeswall«, »Todesbrandung« sowie »Todesküste« lieferbar.

Mit der Kriminalpsychologin Hannah Jakob als Hauptfigur sind »Herztod«, »Wachkoma«, »Vergeltung«, »Abrechnung«, »Toteneis« und »Abgrund« lieferbar.

In der Bornholm-Serie sind erschienen: »Bornholmer Schatten«, »Bornholmer Falle«, »Bornholmer Flucht« sowie »Bornholmer Finale«.

Unter katharinapeters.com finden Sie alle lieferbaren Titel und mehr zur Autorin.

Kapitel 1


Romy hatte drei Tage beim Landeskriminalamt in Schwerin verbracht. Ihrer Ansicht nach hätte auch ein Tag gereicht, um sich als leitende Hauptkommissarin auf Rügen gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen landesweiten Dienststellen mit neuen Fahndungsmethoden und aktuellen Erkenntnissen zur Drogenkriminalität zu beschäftigen. Doch Jan war anderer Ansicht gewesen und hatte sich nicht von ihr überzeugen lassen. Da er nicht nur ihr Ehemann – dem sie leicht und forsch hätte widersprechen können –, sondern auch als Leiter des Kriminalkommissariats Stralsund ihr Vorgesetzter war, hatte sie schließlich wohl oder übel in den sauren Apfel beißen müssen. Seminaratmosphäre war so gar nicht ihre Welt, und sie zählte die Tage und Stunden herunter, bis sie sich wieder auf den Weg machen konnte.

Während der Rückfahrt herrschte unfreundliches Wetter – der Herbst hielt mit stürmischen Winden und Regen Einzug. Sie war dennoch bester Dinge und freute sich auf die Insel. Ihr letzter großer Fall hatte mitten in der Hochsaison für Aufsehen und viel Wirbel gesorgt und beschäftigte immer noch Beamte aus mehreren Behörden, die die Staatsanwaltschaft bei der Vorbereitung der Prozesse unterstützten. Das Team Rügen-Stralsund hatte sich gut geschlagen und eine Auszeit oder zumindest eine Verschnaufpause verdient, fand Romy. Max freute sich, in aller Ruhe seine Datenbanken zu sichten, neue Programme zu testen und seine fachspezifischen Kenntnisse zu ergänzen. In Kürze stand eine Software-Schulung des Teams auf dem Programm.

Kurz vor Stralsund vibrierte ihr Handy, und Jans Konterfei erhellte das Display. Romy aktivierte die Lautsprecherfunktion. »Gib es zu, du kannst es kaum abwarten, mich wiederzusehen!«, rief sie fröhlich.

»Das würde ich glatt unterschreiben«, erwiderte Jan, dann räusperte er sich leise. »Allerdings …«

Romy runzelte die Stirn. »Was ist los?«

»Wo genau bist du?«

»Wenige Kilometer vor Stralsund.«

»Dann komm doch bitte in der Dienststelle vorbei, und wir fahren gemeinsam auf die Insel. Es gibt Arbeit.«

Soweit zum Thema Auszeit. »Schlimm?«

»Ja. Bei Arbeiten an der Binzer Seebrücke ist eine Leiche entdeckt worden, genauer gesagt eine Wasserleiche. Kein schöner Anblick, wenn ich es richtig verstanden habe. Rechtsmedizin und Kriminaltechnik sind bereits auf dem Weg. Mehr weiß ich selbst noch nicht.«

Wasserleichen waren selten ein schöner Anblick, dachte Romy und gab Gas. »Okay, ich beeile mich.«

Brücke und Strand waren weiträumig abgesperrt, als Romy und Jan eine Dreiviertelstunde später eintrafen. Polizeiwagen und andere Behördenfahrzeuge blockierten die Zufahrt. Romy erkannte von Weitem Marco Buhl und seine Leute von der Kriminaltechnik, die am Brückenkopf beschäftigt waren, mehrere Männer in Arbeitskleidung sowie uniformierte Polizisten von der Dienststelle in Binz.

»Ich spreche erst mal mit den Kollegen«, sagte Jan leise und legte Romy kurz eine Hand auf die Schulter.

Sie nickte. »Und ich frage Buhl, ob er schon was sagen kann.«

»Okay.«

Romy hatte selten ein Problem mit dem Anblick von Leichen. Allerdings veränderte sich der menschliche Körper nach dem Tod im Wasser auf frappierende, manchmal schockierende Weise, je nach Länge und anderen Bedingungen des Aufenthalts. Sie blendete die Bilder aus, die ungefragt in ihr hochstiegen, und lief mit forschen Schritten über die Brücke. Der Wind zerzauste ihre Locken.

Buhl sah ihr entgegen, hob eine Hand und wies mit dem Daumen über seine Schulter. »Der Rechtsmediziner untersucht ihn gerade«, meinte er nach denkbar knapper Begrüßung.

»Ihn? Es ist also ein Mann.«

»Kannst du von ausgehen.«

Romy beugte sich über das Geländer am tiefergelegten Schiffsanleger. Der Leichnam war ausgebreitet auf einer Folie drapiert. Daneben hockte eine Gestalt in weißer Schutzkleidung, stumm in den Anblick des Toten vertieft. Aufgequollene bläulich-weiße Haut, zerfetzte Kleidung, Fresswunden insbesondere in Gesicht und an den Händen, seine Körpermitte wirkte ausgedünnt. Ein Fuß fehlte, am zweiten waren noch Reste eines Schuhs zu erkennen. Romy atmete tief durch. Ein flaues Gefühl stieg in ihr auf. Sie schob es rasch beiseite.

»Unschwer zu erkennen, dass sich die Fische überall bedient haben«, meinte Buhl trocken. »Und es war die hungrige Sorte.«

Romy hob nur kurz eine Braue. Sie war seinen Humor genauso gewohnt wie seine manchmal ruppige und häufig introvertierte Art – andere würden behaupten, dass er abweisend und maulfaul war. »Und sonst so?«

»Die Leiche war mithilfe einer Ankerkette am Brückenpfeiler befestigt, zwei, drei Meter in der Tiefe.«

Romy starrte Buhl entsetzt an. »Er war da unten angekettet?«

»So kann man sagen.« Der Kriminaltechniker hob die Hände. »Wo und wie werden uns die Taucher, die sich da unten gerade umsehen, hoffentlich genauer erzählen können.«

»Aber …?«

»Zurzeit werden Brückenarbeiten durchgeführt. Arbeiter haben die Kette entdeckt und ordentlich an ihr gezogen. Kurz darauf trieb die Leiche nach oben.«

Romy schloss kurz die Augen.

»Ja, die waren auch nicht begeistert.«

»Kann ich mir denken.«

»Willst du erst mal gleich runter zu Möller?«

»Er ist persönlich hier?«

»Das wollte er sich nicht entgehen lassen«, meinte Buhl achselzuckend. »Wasserleichen hat er nicht jeden Tag. Da gibt es viel zu lernen – seine Worte.«

Sie nickte, und Buhl löste das Absperrgitter. Mit Doktor Ulrich Möller hatte Romy meistens telefonisch zu tun. Sie schätzte seine schnellen Analysen und seine charmante Art, und dass sie bei ihm ein Stein im Brett hatte, förderte die Zusammenarbeit ganz erheblich. Er blickte auf, als sie die Treppe hinunterkam. »Hallo, Doktor.«

»Kommissarin Beccare«, er lächelte, als würden sie sich bei einem Spaziergang am Strand zufällig über den Weg laufen. »Ich dachte, Sie wären gar nicht im Hause.«

»War ich auch nicht. Ich bin gerade erst von einer Fortbildung in Schwerin zurückgekehrt – offenbar genau zum richtigen Zeitpunkt. Wenn man so will.«

»Ach so.« Er zögerte, als überlegte er, ob es angebracht sei, etwas Small Talk zu führen.

»Können Sie schon etwas sagen?«, ergriff Romy schnell das Wort, während ihr Blick den Leichnam abtastete. »Buhl meinte, dass die Leiche am Pfeiler befestigt war.«

Möller nickte. »Mithilfe einer Ankerkette.« Er überlegte kurz. »Es ist anzunehmen, dass sich die Kette an einigen Stellen am Körper bereits gelockert hatte – durch starken Wellengang und Fischfraß –, und als die Männer kräftig daran zogen …« Er zuckte mit den Achseln.

Romy biss sich auf die Unterlippe.

»Ich kann mir denken, dass Sie sehr schnell wissen möchten, wie lange der Mann im Wasser war, ob er noch lebte, als man ihn ankettete, woran er genau gestorben ist und so weiter. Aber ich muss Sie bitten, mir etwas Zeit zu lassen – mehr Zeit als sonst. Bei Wasserleichen ist es extrem schwierig, den Todeszeitpunkt zu bestimmen, manchmal ist es gar nicht möglich, und man muss sich auf Schätzungen verlassen. Die medizinischen Einzelheiten unter Berücksichtigung wechselnder Bedingungen in Salzwasser und bei unterschiedlichen Temperaturen und Strömungslagen erspare ich Ihnen.«

»Sie wagen nicht mal einen ungefähren Hinweis?«

Möller lächelte. Er wirkte wenig überrascht, dass sie auf seine Einschätzung mit einer Gegenfrage reagierte. »Ein Mann ist ermordet worden, das dürfte wohl feststehen.«

Romy blies die Wangen auf.

»Ich weiß, dass das nicht gerade hilfreich ist. Halten Sie sich am besten zunächst mal an Buhl. Der Zustand der Kleidungsreste dürfte schneller eine zeitliche Schlussfolgerung zulassen als meine Analysen.«

Romy blickte auf die See hinaus. »Danke, Doktor Möller«, sagte sie schließlich.

»Tut mir leid, wenn ich im Moment nicht mehr dazu sagen kann.«

»Ist ja nicht Ihre Schuld.« Sie hielt seinen Blick fest.

»Allerdings …« Er zögerte und gab sich einen Ruck, als sie ihn weiterhin forschend ansah. »Ich denke nicht, dass das Ganze länger zurückliegt und mitten im Sommer geschehen ist.«

»Die Kette wäre längst entdeckt worden?«

»Ja, vielleicht.« Er wies auf den Oberkörper des Leichnams. »Wenn mich nicht alles täuscht, trug der Mann keine Sommerklamotten – aber auch das muss ja manchmal nichts heißen. Verstehen Sie diese Anmerkung bitte als inoffiziellen Hinweis.«

»Natürlich.«

»Sie hören von mir, Kommissarin.«

»Gut.« Romy machte sich auf den Rückweg. Buhl war beschäftigt, aber sie wusste, dass er sich so schnell wie möglich melden würde. Jan wartete bereits am Wagen auf sie und sah ihr mit fragenden Blicken entgegen.

»Wir haben nicht viel«, erklärte sie. »Abgesehen von einem Mann, der an den Brückenpfeiler gekettet wurde.«

Jan rieb sich über die Stirn.

»Der Todeszeitpunkt kann noch nicht näher bestimmt werden«, fuhr Romy fort. »Möller schätzt inoffiziell, dass das Ganze nicht im Sommer passiert ist. Demnach ist der Mann wahrscheinlich seit einigen Wochen tot …« Sie hielt kurz inne. »Man kann nur hoffen, dass er vorher gestorben ist.« Sie setzte sich hinters Steuer. »Kurze Lagebesprechung in Bergen?«

...

Erscheint lt. Verlag 13.2.2021
Reihe/Serie Romy Beccare ermittelt
Romy Beccare ermittelt
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Binz • Jagdschloss Granitz • Kriminaltechnik • Luxusjacht • Mordopfer • Ostsee • Rügen • Rügenkrimi • Seebrücke • Vergewaltigung • Vermisstensuche • Werft
ISBN-10 3-8412-2541-1 / 3841225411
ISBN-13 978-3-8412-2541-2 / 9783841225412
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