Der stumme Tod (eBook)

Der zweite Rath-Roman
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
544 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99642-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der stumme Tod -  Volker Kutscher
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Der zweite Fall der Bestsellerreihe um Kommissar Gereon Rath im Taschenbuch Im zweiten Gereon-Rath-Roman muss der Kommissar einen Serienmörder stoppen.  Berlin 1930 : Die Schauspielerin Betty Winter kommt bei Dreharbeiten ums Leben. Kommissar Rath entdeckt Indizien, die auf einen Mord hindeuten. Doch niemand glaubt ihm, und so muss er auf eigene Faust ermitteln. Schnell stößt er in ein komplexes Geflecht aus Rivalitäten und Erpressungen und gerät selbst in die Schusslinie.   Eine tote Schauspielerin, ein dubioser Beleuchter und ein erpressbarer Kölner Bürgermeister: Gereon Rath gerät selbst in Gefahr.  Volker Kutscher bettet die Ermittlungen seines Kommissars in die historische Realität ein und zeichnet die politische und gesellschaftliche Entwicklung nach. So kommt es bei der Beerdigung von Horst Wessel zu einer Straßenschlacht zwischen Nazis und Kommunisten, was seiner Stilisierung zum Märtyrer der Bewegung Vorschub leistet.  Babylon Berlin - Preisgekrönte Serie setzt Erfolg fort  Volker Kutschers »Der stumme Tod« bildet die Grundlage für die dritte Staffel der Kultserie »Babylon Berlin«. Die Sky- und ARD-Serie gilt als eine der erfolgreichsten deutschen Fernsehproduktionen und ist unter anderem Träger des Grimme-Preises und des Deutschen Fernsehpreises. Auch Kutscher wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem BZ Kulturpreis und dem Berliner Krimifuchs.  »Mit ?Der stumme Tod? ist dem Kölner Autor erneut ein glänzend recherchierter, spannender Pageturner gelungen.« Der Spiegel

Volker Kutscher, geboren 1962, arbeitete nach dem Studium der Germanistik, Philosophie und Geschichte als Tageszeitungsredakteur und Drehbuchautor, bevor er seinen ersten Kriminalroman schrieb. Er lebt als freier Autor in Köln und Berlin. Mit dem Roman »Der nasse Fisch« (2007), dem Auftakt seiner Krimiserie um Kommissar Gereon Rath im Berlin der Dreißigerjahre, gelang ihm auf Anhieb ein Bestseller, dem bisher acht weitere folgten. Die Reihe ist die Vorlage für die internationale Fernsehproduktion »Babylon Berlin«, deren erste drei Staffeln auf Sky und in der ARD zu sehen waren. Die vierte Staffel folgt im Frühjahr 2023 in der ARD. OLYMPIA, der achte Band der Reihe, verkaufte sich weit über 150.000-mal. Mit den von Kat Menschik illustrierten, im Rath- Universum angesiedelten Erzählungen »Moabit« und »Mitte« gelangen ihm ebenfalls Bestseller.

Volker Kutscher, geboren 1962, arbeitete als Tageszeitungsredakteur und Drehbuchautor, bevor er seinen ersten Kriminalroman schrieb. Mit "Der nasse Fisch" (2007) gelang ihm ein Bestseller, dem fünf weitere folgten. Die Reihe ist die Vorlage für "Babylon Berlin", deren erste zwei Staffeln 2017 auf Sky anliefen und im Oktober 2018 in der ARD zu sehen sind. Seine von Kat Menschik illustrierte Erzählung "Moabit" wurde im Oktober 2017 ein weiterer Bestseller.

3


Die Sch. wehrte sich heftig. »Baumgart« zwang sie aber auf den Rücken und versuchte, ihr das Beinkleid herunterzuziehen. Auf ihre Drohung, sie werde schreien, wenn er nicht von ihr abließe, meinte »Baumgart« höhnisch, sie solle nur schreien, hier höre sie doch niemand. Im weiteren Ringen sagte die Sch. dann, daß sie eher sterben würde, als ihm zu Willen zu sein, worauf »Baumgart« erwiderte: »Dann sollst du sterben …«

»Haben der Herr noch einen Wunsch?«

»Dann sollst du sterben«, murmelte er.

»Wie bitte?«

Rath blickte von seiner Zeitschrift auf. Der Kellner stand an seinem Tisch, in der Hand ein Tablett mit schmutzigem Geschirr.

»Ach, schon gut«, sagte Rath. »Nicht weiter wichtig.«

»Kann ich dem Herrn noch etwas bringen?«

»Im Moment nicht, danke. Ich erwarte noch jemanden.«

»Sehr wohl.«

Der Kellner räumte die leere Kaffeetasse vom Tisch und drehte ab. Ein beleidigter Pinguin. Rath blickte ihm hinterher, wie er sein Tablett durch die Stuhlreihen balancierte. Das Café füllte sich langsam. Bald würde er den freien Stuhl an seinem Tisch verteidigen müssen.

Sie kam zu spät. Sie kam sonst nie zu spät. Ob sie nicht begriffen hatte, um was es ging? Oder kam sie nicht, weil sie es begriffen hatte?

Sie hätte ihn nicht im Büro anrufen dürfen. Sie hatte es einfach nicht verstanden. Sie hatte ihm einen Gefallen tun wollen, so wie sie ihm immer und immer wieder Gefallen tun wollte, nach denen er überhaupt nicht verlangt hatte. Nur deswegen hatte sie unbedingt mit ihm ins Resi gewollt, das müsse ihm doch gefallen, als Rheinländer, hatte sie gesagt und ihm die Karten für den Kostümball gezeigt.

Fasching!

Allein schon dieses Wort!

Aber so nannten sie das hier, Fasching. Rath ahnte, was ihn da erwartete. Kostümzwang, Weinzwang, Gutelaunezwang, Ichliebedichzwang, Wirgehörenaufewigzusammenzwang.

Das missglückte Telefonat hatte ihn unbarmherzig daran erinnert, was das mit Kathi wirklich war: eine Silvesterbekanntschaft, die es viel zu weit ins neue Jahr geschafft hatte.

Er hatte sie erst kurz vor Mitternacht kennengelernt, zusammen hatten sie auf das neue Jahr angestoßen und sich, beide schon recht angeschickert, spontan geküsst. Gemeinsam waren sie dann zur Bowleschüssel gegangen, an der irgendein Schlauberger jedem, der es nicht hören wollte, alle Hoffnungen auf das neue Jahrzehnt schon gleich zu Beginn zerstörte, indem er behauptete, das sei doch noch gar nicht das neue Jahrzehnt, da müsse man sich noch gedulden, das beginne erst mit dem Jahr 1931, mathematisch korrekt sei 1930 vielmehr das letzte Jahr der Zwanziger.

Rath hatte den Kopf geschüttelt und die Bowlegläser nachgefüllt, während Kathi dem mit Missionsdrang gesegneten Mathematiker fasziniert gelauscht hatte. Er hatte sie regelrecht wegzerren müssen von der Nervensäge, zurück auf den Dachgarten, wo die Festgesellschaft das Feuerwerk am Nachthimmel über Charlottenburg bestaunte, und in eine dunkle Ecke, in der er sie wieder küsste, während um sie herum die Leute lachten und grölten und die Feuerwerksraketen pfiffen und krachten. Er küsste sie heftig, bis sie einen kurzen spitzen Schrei ausstieß, einen Schmerzensschrei. Ihre Lippe blutete, und sie schaute ihn für einen Moment so überrascht an, dass er schon eine Entschuldigung formulierte. Doch dann lachte sie und zog ihn wieder zu sich.

Sie hielt es für Leidenschaft, doch eigentlich war es Wut, eine unbenennbare Aggression, die sich Bahn brach und an einer Unschuldigen austobte, auch später, als sie ihn mit in ihr kleines Dachzimmer genommen hatte und er sich austobte, als habe er hundert Jahre keine Frau mehr gehabt.

Sie nannte es Liebhaben.

Und seine Wut nannte sie Leidenschaft.

So missverständlich wie alles, was danach kam, ihre Liebe, wie sie es nannte, das, was da zwischen ihnen war, für das er keinen Namen fand, das angefangen hatte mit Feuerwerk und Zukunftswünschen und dennoch keine Zukunft hatte, von Anfang an nicht. Geahnt hatte er das schon während der ersten Küsse, als Alkohol und Hormone jegliche Bedenken beiseitefegten, gewusst hatte er es spätestens am Neujahrsmorgen, als sie ihm mit verliebtem Blick frischen Kaffee ans Bett gebracht hatte.

Über den Kaffeeduft hatte er sich zunächst gefreut. Dann hatte er ihr verliebtes Gesicht gesehen.

Er hatte den Kaffee getrunken und sie müde angelächelt.

Seine erste Lüge. Die erste von vielen, die folgen sollten. Ohne dass er lügen wollte, ja, ohne dass er manchmal überhaupt wusste, dass er gerade log. Mit jedem Tag war seine Lüge größer geworden, mit jedem Tag unerträglicher. Er hätte es ihr schon längst sagen müssen.

Ihre Stimme, die vorhin aus dem Hörer drang, ihr so gezwungen fröhliches Gerede über den Faschingsball, über Verabredungen und Vergnügen und Kostüme und sonstiges belangloses Zeug hatten ihm die Augen geöffnet. Es war Zeit, endgültig Zeit, das Ganze zu beenden.

Nur nicht am Telefon. Und ganz bestimmt nicht am Diensttelefon. Rath hatte zu Gräf hinübergeschielt, zu dem konzentriert durch irgendeine Akte blätternden Kriminalsekretär, und hatte Kathi kurzerhand ins Uhlandeck bestellt. Zum Reden.

»Was willst du am Ku’damm, wir müssen nach Schöneberg«, hatte Gräf gefragt, ohne von seiner Akte aufzublicken.

»Du fährst nach Schöneberg.«

Rath hatte seinem Kriminalsekretär die Wagenschlüssel gegeben und sich am Uhlandeck absetzen lassen. Kathi arbeitete ganz in der Nähe.

Und ließ sich dennoch nicht blicken.

Rath schlug die Kriminalistischen Monatshefte wieder auf, in denen er gelesen hatte, bevor der Kellner kam. Kriminalrat Gennat, sein Chef am Alex, berichtete dort über die spektakulären Ermittlungen in Düsseldorf, eine grauenhafte Serie unaufgeklärter Morde, bei denen Gennat und ein paar handverlesene Berliner Kollegen der örtlichen Kriminalpolizei auf die Sprünge helfen sollten. Rath hatte es abgelehnt mitzukommen, obwohl er wusste, dass er den Buddha mit dieser Absage enttäuschte und seine eigene Karriere damit ausbremste: Von Gennat ausgewählt zu werden war eine Auszeichnung, etwas, das man nicht so einfach ablehnte. Aber selbst Raths Vater hatte von einer Rückkehr in die Rheinprovinz abgeraten, auch wenn es nur um Düsseldorf ging und nicht um Köln. Zu gefährlich, hatte Kriminaldirektor Engelbert Rath gesagt, LeClerk und seine Zeitungen könnten davon Wind bekommen, dass Gereon Rath noch als Polizist arbeitete, und dann wäre alles umsonst gewesen, was man vor einem Jahr arrangiert habe.

Ärgerlich! Die Düsseldorfer Mordserie war der spektakulärste Kriminalfall Preußens seit Jahren: neun Morde, dazu weitere Mordversuche binnen weniger Monate. Die Düsseldorfer Polizei war von einem einzigen Täter ausgegangen und hatte damit eine unbeherrschbare Hysterie in der Stadt ausgelöst. Gennat hielt nichts von solch voreiligen Schlüssen, er hatte für jeden einzelnen Düsseldorfer Mord dessen jeweilige Besonderheiten herausgearbeitet. Ein Fall wie geschaffen für die Monatshefte. In jeder Ausgabe berichtete Gennat über den Stand der Ermittlungen, die allerdings auch mit der prominenten Berliner Hilfe nicht vom Fleck kamen. Mangels anderer vorzeigbarer Ergebnisse hatte Gennat die Opfer akribisch aufgelistet: die neun Toten, aber auch vier Schwer­ und fünf Leichtverletzte, alle binnen weniger Monate im Raum Düsseldorf aktenkundig geworden. Die sechsundzwanzigjährige Hausangestellte Sch., deren Schicksal Gennat so eindringlich beschrieb, hatte nur deshalb mit schweren Verletzungen überlebt, weil der Täter gestört worden war.

Rath hatte jede Folge gelesen, während er am Alex die Stellung hielt und sich mit Kleinkram herumschlagen musste. Mit den Resten, die Oberkommissar Böhm bis zu ihm unter den Tisch fallen ließ, denn ausgerechnet Bulldogge Böhm hatte Gennat am Alex für

die Zeit seiner Abwesenheit mit der Leitung der Mordinspektion betraut. Und das bedeutete für Gereon Rath: stumpfsinnige Laufburschendienste oder bestenfalls Fälle, die sonst niemand haben wollte. Wie der von Isolde Heer, die in Schöneberg vor zwei Tagen ihren Gasherd aufgedreht hatte, ohne ihn anzuzünden: Suizide, die zwar viel Arbeit machten, bei denen man aber garantiert nicht Gefahr lief, sich mit Ruhm zu bekleckern. Solche Fälle gab es derzeit reichlich, Selbstmorde hatten Konjunktur diesen Winter. Meistens wurden sie von der örtlichen Kriminalpolizei in den jeweiligen Revieren bearbeitet, ein paar schafften es aber immer mal wieder bis zum Alex. Und dort landeten sie zielsicher auf dem Schreibtisch von Gereon Rath.

Eine deprimierende Arbeit.

Rath blätterte in der Zeitschrift und suchte die Stelle, an der ihn der Kellner unterbrochen hatte.

Hiernach spürte die Sch. plötzlich einen Messerstich oder Schnitt am Halse und schrie laut um Hilfe. Sie glaubte, auf ihre Hilferufe sofort Gegenrufe gehört zu haben. »Baumgart« stach nun wahllos von vorn auf sie ein und versetzte ihr schließlich einen heftigen Stich in den Rücken. Hierbei brach, wie bereits mehrfach erwähnt, die Spitze des Dolches ab und blieb im Rücken stecken …

»Telefon für Kommissar Rath!« Ein Boy spazierte durch die Tischreihen und reckte ein Pappschild in die Luft, auf dem große Blockbuchstaben das Wort Fernsprecher bildeten. »Kommissar Rath bitte ans Telefon!«

Rath brauchte ein paar Sekunden, bis er merkte, wer gemeint war, und hob die Hand wie in der Schule. Einige Gäste drehten den Kopf nach ihm um, als der Boy an seinen Tisch trat.

»Wenn Sie mir bitte folgen wollen …«

Rath legte die Zeitschrift als Platzhalter auf den Tisch. Ob Kathi ihm...

Erscheint lt. Verlag 4.5.2020
Reihe/Serie Die Gereon-Rath-Romane
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte ARD-Serie • Babylon Berlin • Berlin • Der nasse Fisch • Die Akte Vaterland • Dreißigerjahre • Gereon Rath • Gereon-Rath-Roman • Goldstein • Krimi • Lunapark • Marlow • Märzgefallene • Sky-Serie • Stummfilm • Tonfilm • Zeitgeschichtlicher Krimi
ISBN-10 3-492-99642-6 / 3492996426
ISBN-13 978-3-492-99642-6 / 9783492996426
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