Der Netzwerkeffekt (eBook)

Ein Killerbot-Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
480 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-26981-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Netzwerkeffekt - Martha Wells
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Wer kennt es nicht: dieses Gefühl, wenn der Boss reinkommt, einem einen Auftrag gibt, von dem mal wieder die Zukunft der Galaxis abhängt bla bla bla, während man sich in dieser Sekunde viel lieber abschalten und ein paar Hundert Folgen der Lieblingsserie bingen würde. Ach ja, und eigentlich ist man ein auf die Tötung von Menschen programmierter, ausgemusterter Roboter. Sie kennen das? Herzlichen Glückwunsch - und willkommen in der Welt von Killerbot.

Martha Wells ist »New York Times«-Bestsellerautorin und hat eine Vielzahl an Science-Fiction- und Fantasy-Romanen und -Kurzgeschichten sowie Jugendbücher, Film- und TV-Tie-ins wie »Star Wars«, »Stargate: Atlantis« und Essays geschrieben. Ihr Werk wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet. »Tagebuch eines Killerbots« wurde für den Philip K. Dick Award nominiert und gewann den Nebula Award, Hugo Award, ALA/YALSA Alex Award und Locus Award. Martha Wells lebt mit ihrer Familie in College Station, Texas.

1

Ich hatte schon Klienten, die sich einbildeten, sie bräuchten absurd viel Security. (Und wenn ich den Begriff »absurd« benutze, will das was heißen – schließlich wurde mein Code von einer Finanzierungsgesellschaft entwickelt, die für eine derart krass xenophobe Paranoia bekannt ist, dass nur ihre verzweifelte Geldgier sie noch mildern kann.) Ebenso hatte ich schon Klienten, die fanden, sie hätten gar keine Security nötig, und zwar bis zu genau jenem Moment, in dem irgendetwas sie auffraß. (Das ist im Wesentlichen eine Metapher. Die meisten meiner Klienten werden nicht verspeist.)

Dr. Arada befand sich als »hoffnungslose Optimistin«, wie ihre Ehepartnerin Overse es nennt, irgendwo im angenehmen Mittelfeld. Dr. Thiago gehörte definitiv zur Lasst-uns-die-dunkle-Höhle-doch-ohne-nervige-SecUnit-untersuchen-Fraktion. Deshalb drückte sich Arada auch neben der Schleuse zur offenen Beobachtungsplattform an die Wand und hielt eine Projektilwaffe in den schweißnassen Händen, während Thiago draußen auf besagter Beobachtungsplattform stand und versuchte, mit einem potenziellen Ziel vernünftig zu reden. (»Potenziell«, weil Dr. Arada in einem früheren Gespräch Ach, SecUnit, es wäre mir wirklich lieber, du würdest Leute nicht als »Ziele« bezeichnen gesagt und Thiago mich mit diesem Blick bedacht hatte, der normalerweise Das Ding sucht doch nur nach einem Grund, jemanden umbringen zu können bedeutete.)

Andererseits hatten die potenziellen Ziele da auch noch nicht angefangen, mit ihrer eigenen Sammlung großer Projektilwaffen herumzufuchteln.

Das sind so die Sachen, die mir durch den Kopf gehen, während ich unter einem Schiff von Räubern hindurchtauche, die gerade versuchen, sich Zutritt zu unserer Meeresforschungsanlage zu verschaffen.

Hinter dem Heck kam ich, schön mit Abstand zum Antrieb, wieder hoch. Ich durchbrach leise die Wasseroberfläche, griff hinauf zur Reling und zog mich nach oben. Das Tageslicht gleißte, die Luft war klar, und ich kam mir ungeschützt vor. (Wieso konnten diese dämlichen Räuber nicht in der Nacht angreifen?) Ich hatte Drohnen in der Luft, die mir Kameraansichten beider Decks dieses blöden Schiffs lieferten, und wusste deshalb, dass dieser Teil des Hecks leer war.

Die Aufbauten über mir waren dreieckig und nach hinten geneigt, zwecks Windschnittigkeit oder so. Keine Ahnung, ich bin ein Killerbot, Wasserfahrzeuge interessieren mich einen Dreck. Das Oberdeck lief den Bug mit der vorderen Geschützstellung entlang. Damit besaß das blöde Boot jede Menge toter Winkel, die der Sicherheitsalbtraum von jemand anders waren. Es basierte auf einem raffinierteren Entwurf als die anderen Schiffe, die wir während dieser Erkundung zu sehen bekommen hatten, und es war technisch besser ausgestattet.

Genau darum war es angreifbar.

Ich überwachte parallel unseren Außenperimeter und die verstreuten Inseln ringsum, weil es sich ja um ein Ablenkungsmanöver handeln konnte und irgendwo noch ein zweiter Versuch lief, an Bord zu gelangen. Und mit einer Kamera behielt ich natürlich die Beobachtungsplattform im Blick, auf der die Kacke am Dampfen war.

Thiago stand dort draußen fast vier Meter von der Luke entfernt und trug nicht mal seine Schutzausrüstung, fast wie ein Mensch, der kein Vertrauen in die Lagebewertung seiner SecUnit aufbrachte. Die augenscheinliche Führungsperson der potenziellen Ziele stand am Rand des Decks, kaum drei Meter entfernt, und hielt beiläufig eine Projektilwaffe auf Thiago gerichtet. Ich machte mir mehr Sorgen wegen der sechs anderen auf dem Vordeck des blöden Schiffs verteilten PZ – und wegen der dort montierten Waffe, deren Mündung auf die obere Ebene unserer Anlage zielte.

Einige PZ trugen nicht mal Helme. Es gibt da einen Trick, den man bei diesen kleinen Spähdrohnen durchziehen kann (sofern man eine entsprechende Anweisung seiner Klienten bekommt oder sein Chefmodul gehackt hat), wenn Feinde so dumm sind, ohne angemessene Körperpanzer aggressiv zu werden. Dann beschleunigt man eine solche Drohne und jagt sie dem Feind mitten ins Gesicht. Selbst wenn sie kein Auge oder Ohr trifft, durch das sie bis ins Hirn vordringt, lässt sich im Schädel ein Krater erzeugen. Damit hätte ich das Problem gelöst und mich prompt wieder den neuen Folgen von Häuser der Sonne widmen können; allerdings stand fest, dass Arada mich dann traurig ansehen würde und Thiago sauer wäre. Wobei mir wahrscheinlich gar nichts anderes übrig blieb. Unglücklicherweise trug Führung PZ einen Helm.

(Thiago ist ein Ehepartner von Dr. Mensahs Bruder, weshalb mich seine Meinung einen Scheiß interessierte.)

Außerdem fehlten mir noch Daten darüber, wie viele Feinde sich im Inneren des Bootes befanden, etwa beim Leitstand für die große Waffe. Wenn ich die sichtbaren Ziele (Pardon, sichtbaren potenziellen Ziele) an Deck zu früh eliminierte, war die Kacke womöglich nicht mehr am Dampfen, sondern flog uns um die Ohren.

Noch bestand ansatzweise die Chance, dass Thiago uns vielleicht hier rausquatschte. Er konnte richtig gut mit anderen Menschen reden. Ich hielt trotzdem bei Arada in der Luke eine Drohne bereit. (Overse wäre am Boden zerstört gewesen, wenn ich zuließ, dass ihre Ehepartnerin getötet wurde, und außerdem mochte ich Arada.)

Inmitten der ganzen Chaosfakke klang Thiago noch ruhig, als er sagte: »Das ist alles überhaupt nicht nötig. Wir betreiben hier Wissenschaft; wir haben nicht vor, irgendjemanden zu schädigen.«

Führung PZ sagte etwas, das unser HabSystem im Feed wie folgt übersetzte. »Ich habe Ihnen bereits deutlich gemacht, dass ich es ernst meine. Wir nehmen uns, was wir wollen, dann lassen wir Sie wieder in Ruhe. Sagen Sie den anderen, sie sollen herauskommen.«

»Wir geben Ihnen Vorräte, aber keine Leute«, sagte Thiago.

»Wenn Sie nette Vorräte haben, lasse ich die Leute hier.«

»Es war völlig unnötig, auf jemanden zu schießen.« Hitzigkeit schlich sich in Thiagos Stimme. »Wenn Sie Vorräte brauchen, hätten wir Ihnen auch so welche gegeben.«

Keine Sorge, der »Jemand«, auf den sie geschossen hatten, war ich.

(Thiago war unter Verletzung des Sicherheitsprotokolls, dem alle VORAB zugestimmt hatten, raus auf die Beobachtungsplattform getreten, um die Fremden auf ihrem blöden Boot zu begrüßen. Ich ging hinterher und zog ihn von der Kante zurück, und so schoss Führung PZ mich statt ihn nieder. Mitten in die Schulter. Ich schaffte es, mich von der Plattform fallen zu lassen und den Stutzen des Wasserzulaufs zu verfehlen. Jawohl, ich war stinksauer.

»SecUnit, SecUnit, bist du da …«, hatte Overse in der Schaltzentrale der Anlage über Funkinterface geschrien.

Jaja, mir geht’s gut, hatte ich ihr über Feed geschickt. Wie gut, dass ich nicht blute wie ein Mensch, denn feindliche Meeresfauna hätte in dieser Lage gerade noch gefehlt. Habe alles im verfickten Griff.

»Nein, sie sagt, es geht ihr gut«, hörte ich sie über Funk an die anderen weitergeben. »Na ja, und sie ist sauer.«

Ich schwang mich über die Reling und ließ mich aufs Deck fallen. Die Schmerzsensoren hatte ich runtergeregelt, aber ich spürte das Projektil trotzdem, wie es dicht an meiner Stützstruktur feststeckte, und das nervte. Ich blieb unten und kroch die Stufen runter in die erste Kabine. Der Mensch im Inneren überwachte ein primitives Scannersystem. (Das hatte ich schon lahmgelegt, bevor ich angeschossen worden war, indem ich es mit künstlichem Rauschen und zufällig aufpoppenden anormalen Energiesignaturen beschäftigt hielt.) Ich würgte die Frau, bis sie das Bewusstsein verlor, dann brach ich ihr den Arm, damit sie etwas hatte, worum sie sich kümmern musste, falls sie vorzeitig wieder zu sich kam. Die Projektilwaffe ließ ich ihr, machte jedoch kurz noch ein paar wichtige Komponenten kaputt.

Der Raum war mit Taschen und Behältern und anderem Menschenkram zugemüllt. Es gab ordentliche Staufächer, trotzdem lag alles durcheinander auf dem Boden. Wir hatten aus der Ferne elf Gruppen fremder Menschen in Wasserfahrzeugen gesehen und waren von zweien kontaktiert worden. Beide waren laut Thiago »ungewöhnlich divergent« und laut einiger anderer extrem schräg drauf gewesen. Beide Gruppen hatten mit erheblichem Aufwand deutlich gemacht, dass sie nicht feindlich gesinnt waren, und keinerlei Waffen zur Schau gestellt. Beide Gruppen hatten mit uns Vorräte tauschen wollen. (Arada und die anderen hatten ihnen das Benötigte einfach schenken wollen, aber Thiago hatte sie gebeten, als Gegenleistung zu erzählen, wieso sie hier auf diesem Planeten waren.)

Gut möglich also, dass Thiago auch bei dieser Gruppe berechtigterweise von einer nicht feindlichen Einstellung ausging. Nur hatte ich anhand der vorherigen Gruppen ein Profil hiesiger nicht feindlicher Annäherungen/Interaktionen entwickeln können, und dem entsprach diese Gruppe nicht.

Auf mich hört ja nie jemand, Scheiße nochmal.

Führung PZ und die Leute an...

Erscheint lt. Verlag 8.2.2021
Reihe/Serie Killerbot-Reihe
Killerbot-Reihe
Übersetzer Frank Böhmert
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Murderbot Diaries: Network Effect
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Androiden • diezukunft.de • eBooks • Ferne Zukunft • Hugo Award • Künstliche Intelligenz • Locus Award • Nebula Award • Roboter • Sammelband • Space Opera
ISBN-10 3-641-26981-4 / 3641269814
ISBN-13 978-3-641-26981-4 / 9783641269814
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