Die Ordensburg des Wüstenplaneten (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2024
576 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-25995-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Ordensburg des Wüstenplaneten - Frank Herbert
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Arrakis, der Wüstenplanet, wurde zerstört. Das, was vom alten Imperium noch übrig war, wurde von den Geehrten Müttern vernichtet. Ihrem endgültigen Sieg über die Galaxis steht nur noch eine Kraft im Weg: Die Schwesternschaft der Bene Gesserit, die einst hinter den Kulissen die genetischen Verflechtungen der Herrscherhäuser kontrolliert hat. Darwi Odrade, die Anführerin der Bene Gesserit, will einen neuen Planten zum Wüstenplaneten machen, um dort Sandwürmer anzusiedeln und Gewürz zu ernten. Gleichzeitig schmiedet sie einen Plan, um ihre Gegnerinnen auszuschalten. Dazu braucht sie die Hilfe eines Mannes - eines außergewöhnlichen Kämpfers, der schon Gottkaiser Paul Muad'Dib gedient hat ...

Frank Herbert (1920-1986) wurde in Tacoma, Washington, geboren. Nach einem Journalismus-Studium arbeitete er unter anderem als Kameramann, Radiomoderator, Dozent und Austerntaucher, bevor 1955 sein Debütroman »The Dragon in the Sea« zur Fortsetzung in einem Science-Fiction-Magazin veröffentlicht wurde. Der Durchbruch als Schriftsteller gelang ihm schließlich Mitte der 1960er-Jahre mit seinem Roman »Der Wüstenplanet«, der sowohl mit dem Hugo Award als auch mit dem Nebula Award ausgezeichnet wurde. Bis heute gilt »Der Wüstenplanet« zusammen mit den Nachfolgeromanen als einzigartige literarische Weltenschöpfung, die jede Generation von Leserinnen und Lesern neu für sich entdeckt.

Wer die Vergangenheit wiederholen will, muss die Kontrolle darüber haben, was als Geschichte gelehrt wird.

– Bene-Gesserit-Coda

Als das Ghola-Baby aus dem ersten Axolotl-Tank der Bene Gesserit geholt wurde, berief die Mutter Oberin Darwi Odrade eine stille Feier in ihrem privaten Speisezimmer hoch oben in Central ein. Der Tag hatte noch gar nicht richtig begonnen, und die beiden anderen Mitglieder des Rats – Tamalane und Bellonda – zeigten sich ungehalten über ihre Einbestellung, obwohl Odrade das Frühstück von ihrem persönlichen Koch zubereiten ließ.

»Nicht jede Frau hat die Möglichkeit, der Geburt ihres eigenen Vaters beizuwohnen«, scherzte Odrade, als sich die beiden anderen beschwerten, dass sie für eine derlei »alberne Zeitverschwendung« zu viel zu tun hätten.

Nur die alte Tamalane zeigte eine leise Belustigung, während Bellondas fleischiges Gesicht ausdruckslos blieb, was bei ihr oft Verärgerung bedeutete. War es möglich, überlegte Odrade, dass sich Bell ihrer Ablehnung der relativen Opulenz, mit der sich die Mutter Oberin umgab, noch nicht entledigt hatte? Odrades Räume kündeten deutlich von ihrer Position, doch das verwies eher auf ihre Pflichten als darauf, dass sie innerhalb der Schwesternschaft eine herausgehobene Stellung einnahm. Das kleine Speisezimmer erlaubte es ihr, sich während der Mahlzeiten mit ihren Beraterinnen zu treffen.

Bellonda sah sich ungeduldig um, offenbar wollte sie so schnell wie möglich wieder weg. Es war schon viel Mühe auf den erfolglosen Versuch verschwendet worden, ihre harte, abweisende Schale zu durchdringen.

»Es fühlte sich wirklich seltsam an, dieses Baby in den Armen zu halten und zu denken: Das ist mein Vater«, sagte Odrade.

»Ich habe es ja verstanden!« Bellondas Stimme kam tief aus ihrem Bauch, ein Bariton-Rumpeln, das sich anhörte, als würde ihr jedes einzelne Wort Verdauungsbeschwerden bereiten.

Tatsächlich verstand sie Odrades trockenen Witz durchaus. Der alte Baschar Miles Teg war der Vater der Mutter Oberin gewesen. Und Odrade hatte Zellen von ihm (etwa abgeschnittene Fingernägel) gesammelt, um diesen Ghola zu züchten – als Teil eines »Möglichkeitsplans«, sollte es ihnen jemals gelingen, die Tleilaxu-Tanks nachzubauen. Aber Bellonda würde sich eher mit Pauken und Trompeten davonjagen lassen, als Odrade darin zuzustimmen, dass etwas Derartiges für die Schwesternschaft überlebenswichtig war.

»Ich empfinde das zu diesem Zeitpunkt als frivol«, sagte Bellonda. »Diese besessenen Frauen sind hinter uns her, um uns zu vernichten, und du willst feiern!«

Mit einiger Mühe wahrte Odrade einen milden Tonfall. »Wenn die Geehrten Matres uns finden, bevor wir bereit sind, dann womöglich auch deshalb, weil es uns nicht gelungen ist, unsere Moral aufrechtzuerhalten.«

In Bellondas Schweigen und ihrem starren Blick lag eine düstere Anklage: Diese Frauen haben schon sechzehn unserer Planeten ausgelöscht!

Odrade wusste, dass es falsch war, die sechzehn zerstörten Planeten als Besitz der Bene Gesserit zu betrachten. Die lockere Konföderation planetarer Regierungen, die sich nach der Hungerzeit und der Zerstreuung zusammengefunden hatte, war zwar stark von der Schwesternschaft abhängig, was lebenswichtige Dienstleistungen und verlässliche Kommunikation anging, doch es gab immer noch die anderen Machtblöcke: die MAFEA, die Raumgilde, die Tleilaxu, die Überreste der Priesterschaft des Geteilten Gottes, Hilfstruppen der Fischsprecherinnen und weitere Gruppen von Schismatikern. Der Geteilte Gott hatte der Menschheit ein geteiltes Imperium vermacht – ein Imperium, in dem es nun angesichts der wütenden Attacken der Geehrten Matres aus der Zerstreuung nicht mehr darauf ankam, zu welchem Machtblock man gehörte. Die Bene Gesserit, die an den meisten ihrer Traditionen festhielten, waren das natürliche Hauptziel der Attacken.

Bellondas Gedanken entfernten sich nie allzu weit von der Bedrohung durch die Geehrten Matres. Odrade sah das als Schwäche, und immer mal wieder war sie versucht, Bellonda durch eine andere Schwester zu ersetzen, aber sogar in den Reihen der Bene Gesserit gab es nun unterschiedliche Fraktionen, und es ließ sich nicht abstreiten, dass Bell eine erstklassige Organisatorin war. Das Archiv der Schwesternschaft hatte noch nie so effizient gearbeitet wie unter ihrer Leitung.

Wie so oft gelang es Bellonda auch diesmal, die Aufmerksamkeit der Mutter Oberin auf die Jägerinnen zu lenken, die ihnen unerbittlich auf den Fersen waren – und damit die Atmosphäre des stillen Triumphs, die Odrade an diesem Morgen hatte erzeugen wollen, zu verderben. Sie bemühte sich, an den neuen Ghola zu denken. Teg! Wenn es ihnen gelang, seine ursprünglichen Erinnerungen wiederherzustellen, würde erneut der beste aller Baschars in den Diensten der Schwesternschaft stehen. Ein Mentaten-Baschar! Ein militärisches Genie, dessen Taten schon jetzt der Stoff von Mythen im Alten Imperium waren.

Aber womöglich würde auch Teg sie nicht gegen diese aus der Zerstreuung zurückgekehrten Frauen schützen können.

Welche Götter es auch immer geben mag, ich bete zu ihnen, dass uns die Geehrten Matres nicht finden. Noch nicht!

Teg repräsentierte etliche verstörende Unbekannte und Möglichkeiten. Die Zeit unmittelbar vor seinem Tod während der Zerstörung des Wüstenplaneten war geheimnisumwittert. Er muss auf Gammu etwas getan haben, das den Zorn der Geehrten Matres entfacht hat. Sein selbstmörderisches letztes Gefecht auf dem Wüstenplaneten kann nicht der alleinige Grund für ihre berserkerhafte Attacke gewesen sein. Es gab viele Gerüchte und Informationsbruchstücke über seine Tage auf Gammu. Er bewegte sich so schnell, dass ihm das menschliche Auge nicht folgen konnte! War das wirklich so gewesen? Handelte es sich um eine weitere unerwartete Eigenschaft der Atreides-Gene? Eine Mutation? Oder war es nur ein Teil des Teg-Mythos? Was immer es gewesen war, die Schwesternschaft musste es so schnell wie möglich herausfinden.

Eine Akoluthin brachte das Frühstück, und die drei Schwestern aßen es rasch – als müssten sie diese Unterbrechung schnell hinter sich bringen, weil jede Zeitverschwendung gefährlich war. Dann, als die beiden anderen gegangen waren, spürte Odrade das Nachbeben von Bellondas unausgesprochenen Ängsten.

Und von meinen Ängsten.

Sie erhob sich und trat an das breite Fenster, das über die niedrigen Dächer hinweg eine Aussicht auf einen Teil des Rings aus Obstgärten und Weiden bot, der Central umgab. Es war später Frühling, und schon wuchsen dort draußen die ersten Früchte. Wiedergeburt. Ein neuer Teg ist heute zur Welt gekommen. Doch der Gedanke brachte keine Euphorie mit sich. Normalerweise fand sie die Aussicht hier belebend, aber nicht heute. Wo liegen meine wirklichen Stärken? Auf welche Tatsachen kann ich mich stützen? Die Ressourcen, die einer Mutter Oberin zur Verfügung standen, waren beträchtlich: die tiefe Loyalität jener, die ihr dienten; ein militärischer Arm, befehligt von einem von Miles Teg ausgebildeten Baschar (der derzeit mit einem Großteil der Truppen den weit entfernten Schulplaneten Lampadas bewachte); Handwerker und Techniker, Spione und Agenten überall im Alten Imperium; unzählige Arbeiter, die darauf hofften, dass die Schwesternschaft sie vor den Geehrten Matres beschützen würde; und all die Ehrwürdigen Mütter mit ihren Erweiterten Erinnerungen, die bis an den Anbeginn des Lebens zurückreichten. Ohne falschen Stolz wusste Odrade, dass sie den Höhepunkt der stärksten Eigenschaften einer Ehrwürdigen Mutter repräsentierte. Wenn ihre persönlichen Erinnerungen eine bestimmte Information nicht enthielten, konnten jene, mit denen sie sich umgab, diese Lücke füllen. Darüber hinaus verfügte sie über maschinengespeichertes Datenmaterial – auch wenn sie sich eingestehen musste, dass sie diesen Daten gegenüber grundsätzlich misstrauisch war.

Odrade war versucht, in den anderen Leben zu stöbern, die sie als zweites Gedächtnis in sich trug – die tieferen Schichten ihres Bewusstseins. Vielleicht würde sie ja in den Erfahrungen der anderen Ehrwürdigen Mütter Lösungen für ihre Notlage finden. Doch das war gefährlich! Man konnte sich darin verlieren, fasziniert von den vielfältigen Variationen des Menschlichen. Es war besser, die Erweiterten Erinnerungen in einem Gleichgewicht zu halten, wo sie entweder bei Bedarf zur Verfügung standen oder sich aus Notwendigkeit einmischten. Das Bewusstsein – das war der Dreh- und Angelpunkt. Es bewahrte ihre Identität.

Was das anging, war Duncan Idahos merkwürdige Mentatenmetapher hilfreich. Selbst-Bewusstsein: einander zugewandte Spiegel, die durch das Universum ziehen und dabei neue Bilder sammeln. Endlose Reflexivität. Das Unendliche als Endliches betrachtet – die Entsprechung des Bewusstseins, das die sinnesbegabten Teile der Unendlichkeit trägt. Nie waren Worte Odrades wortlosem Erfahrungswissen nähergekommen. Duncan nannte es »spezialisierte Komplexität«. »Wir kommen zusammen, erstellen Ordnungssysteme und reflektieren sie.« Tatsächlich war es die Sichtweise der Bene Gesserit, dass Menschen...

Erscheint lt. Verlag 13.11.2024
Reihe/Serie Der Wüstenplanet - neu übersetzt
Der Wüstenplanet - neu übersetzt
Übersetzer Jakob Schmidt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Chapterhouse - Dune
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 2023 • 2024 • Arrakis • Bene Gesserit • Der Wüstenplanet • eBooks • Fremen • Future History • Galaktische Imperien • Klassiker der Science Fiction • Neuerscheinung • Reihe • Religion • Space Opera • Wüste
ISBN-10 3-641-25995-9 / 3641259959
ISBN-13 978-3-641-25995-2 / 9783641259952
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