So schweige denn still (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2020
448 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-26764-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

So schweige denn still - Mary Higgins Clark
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Reden ist Silber...
Die Investigativjournalistin Gina Kane bekommt eine verstörende Nachricht: Eine Person namens CRyan enthüllt, dass sie in ihrer Firma, einem großen Nachrichtensender, »schreckliche Erfahrungen« gemacht habe. Und sie sei nicht die einzige. Jeder Versuch Ginas, mit CRyan Kontakt aufzunehmen, scheitert jedoch. Nach endlosen Recherchen entdeckt Gina den tragischen Hintergrund: CRyan ist vor Kurzem bei einem Jet-Ski-Unfall ums Leben gekommen. Doch die Hintergründe ihres Todes sind sehr merkwürdig. Also forscht Gina nur mit noch größerem Nachdruck - und stößt auf eine entsetzliche Spur.

Mary Higgins Clark (1927-2020), geboren in New York, lebte und arbeitete in Saddle River, New Jersey. Sie zählt zu den erfolgreichsten Thrillerautoren weltweit. Ihre große Stärke waren ausgefeilte und raffinierte Plots und die stimmige Psychologie ihrer Heldinnen. Mit ihren Büchern führte Mary Higgins Clark regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten an. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den begehrten Edgar Award. Zuletzt bei Heyne erschienen: »Denn du gehörst mir«.

1

Ginas Wohnung lag an der Ecke 82nd Street und West End Avenue. Ihre Eltern hatten sie ihr überlassen, als sie in Rente gegangen und nach Florida gezogen waren. Die Wohnung war geräumig, verfügte über drei Zimmer sowie über eine ganz anständige Küche und rief den Neid ihrer Freunde hervor, von denen sich viele in winzige Einzimmerapartments zwängen mussten.

Sie stellte ihre Taschen im Schlafzimmer ab und sah auf die Uhr. 23.30 Uhr in New York, 20.30 Uhr in Kalifornien. Ein guter Zeitpunkt, um Ted anzurufen. Er meldete sich nach dem ersten Klingeln.

»Na, fremde Frau«, begrüßte er sie mit tiefer, liebevoller Stimme, die Gina mit einem warmen Gefühl erfüllte. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr du mir gefehlt hast.«

»Du hast mir auch gefehlt.«

»Es bringt mich noch um, dass ich eine ganze Woche in L. A. festsitze.«

Sie plauderten einige Minuten, bevor er das Gespräch beendete: »Ich weiß, du bist gerade erst nach Hause gekommen, wahrscheinlich bist du erschöpft. Bei mir stehen morgen unzählige Konferenzen an. Ich ruf dich an, wenn es hier etwas ruhiger geworden ist.«

»Gut«, sagte sie.

»Ich liebe dich.«

»Ich dich auch.«

Erst als sie auflegte, wurde ihr so richtig klar, dass Teds unerwartete Reise nach Kalifornien auch ein Segen war. Natürlich hätte sie ihn wirklich gern gesehen, aber sie war auch erleichtert, dass sie nun nicht das Gespräch führen musste, zu dem sie noch nicht bereit war.

Als Gina am nächsten Morgen um halb sechs aus der Dusche trat, war sie überrascht, wie gut sie sich fühlte. Sie hatte fast acht Stunden im Flugzeug geschlafen und weitere vier nach ihrer Ankunft zu Hause. Sie spürte nichts vom gefürchteten Jetlag, unter dem viele nach einer langen Flugreise litten.

Sie konnte es kaum erwarten, wieder zur Arbeit zu kommen. Sofort nach ihrem Journalistik-Abschluss am Boston College hatte sie eine Stelle als Redaktionsassistentin bei einer kleinen Zeitung auf Long Island ergattert. Aufgrund von Etatkürzungen waren viele der langjährigen Mitarbeiter entlassen worden, weshalb sie bereits ein Jahr später große Artikel und Features verfasste.

Ihre Beiträge über Wirtschaft und Finanzen hatten den Herausgeber von Your Money auf sie aufmerksam gemacht. Begeistert war sie daraufhin zu dem unkonventionellen neuen Blatt gewechselt und hatte jede Minute der sieben Jahre genossen, die sie dort gearbeitet hatte. Aber auch hier hatten das nachlassende Interesse an den Printmedien, der Rückgang der Werbeeinnahmen ihre Spuren hinterlassen. Seit drei Jahren war Your Money nun schon eingestellt, und seitdem war sie als freie Journalistin tätig.

Zum einen gefiel ihr die Freiheit, jene Themen verfolgen zu können, die sie interessierten, zum anderen vermisste sie aber auch den regelmäßigen Lohneingang und die Krankenversicherung, in deren Genuss sie als Festangestellte gekommen war. Klar konnte sie sich aussuchen, worüber sie schreiben wollte, letztlich musste ihr jemand die Story aber auch abkaufen.

Der Empire Review hatte sie damals gerettet. Während eines Besuchs bei ihren Eltern in Florida hatten Freunde von ihnen entsetzt erzählt, dass ihr achtzehnjähriger Enkel an seinem College bei einem Initiationsritual der Studentenverbindung mit Brandeisen traktiert worden war. Dabei waren ihm auf der Oberschenkelrückseite griechische Buchstaben eingebrannt worden.

Beschwerden bei der Universitätsverwaltung verhallten ungehört. Wichtige Geldgeber unter den Ehemaligen drohten damit, Spenden zurückzuhalten, sollte gegen die »Greek Life«-Verbindung rigoros durchgegriffen werden.

Der Empire Review hatte sich sofort bereit erklärt, die Geschichte zu veröffentlichen. Man gab ihr einen üppigen Vorschuss und ein großzügiges Reise- und Spesenkonto. Der Artikel, als er im ER erschien, war eine Sensation. Die landesweiten Abendnachrichten griffen das Thema auf, sogar 60 Minutes brachte einen Beitrag darüber.

Der Erfolg der Story machte sie als investigative Journalistin bekannt. Sie wurde überflutet mit »Tipps« von Möchtegern-Whistleblowern und allen möglichen Leuten, die behaupteten, Kenntnisse über einen gewaltigen Skandal zu haben. Manchmal hatte das tatsächlich zu Artikeln geführt, die veröffentlicht wurden. Es kam nur darauf an, zwischen den lohnenswerten Spuren und den Spinnern, den unzufriedenen Ex-Angestellten und Verschwörungstheoretikern zu unterscheiden.

Gina sah auf ihre Uhr. Am nächsten Tag stand ein Treffen mit dem Chefredakteur der Zeitschrift, Charles Maynard, an, der solche Gespräche üblicherweise mit dem Satz begann: »Also, Gina, worüber wollen wir denn als Nächstes schreiben?« Sie hatte also noch gut vierundzwanzig Stunden Zeit, um sich eine gute Antwort zu überlegen.

Sie zog sich schnell an, entschied sich für Jeans und einen warmen Rollkragenpullover. Nach dem Make-up betrachtete sie sich im Ganzkörperspiegel. Sie glich sehr ihrer Mutter, wie sie sie von frühen Aufnahmen kannte, als sie Ballkönigin an der Michigan State University gewesen war. Weit auseinanderstehende Augen, eher grün als haselnussbraun, dazu ein klassisches Profil. Kastanienbraune, schulterlange Haare, die sie noch größer aussehen ließen als ihre ein Meter siebzig.

Kurz darauf steckte sie einen tiefgefrorenen Bagel in den Toaster und machte sich Kaffee. Als alles fertig war, ging sie mit dem Teller und der Tasse zum Tisch am Wohnzimmerfenster, wo die Morgensonne zu sehen war, die sich gerade über den Horizont erhob. Zu keiner anderen Tageszeit war ihr der Tod ihrer Mutter so präsent wie jetzt, zu keiner anderen Tageszeit hatte sie so sehr das Gefühl, dass die Zeit zu schnell dahinraste.

Sie ließ sich am Tisch nieder – ihrem Lieblingsarbeitsplatz – und klappte den Laptop auf. Ungelesene Mails erschienen auf dem Bildschirm.

Ihr erster Blick galt den Nachrichten, die neu eingetroffen waren, seitdem sie sie im Flugzeug gecheckt hatte. Nichts dringendes. Noch wichtiger aber: nichts von CRyan.

Danach überflog sie die Mails der vergangenen Woche, in der sie sich in einer der wenigen noch vorhandenen Weltgegenden aufgehalten hatte, wo es kein WLAN gab.

•    Die Mitteilung einer Frau aus Atlanta, die angeblich Beweise hatte, denen zufolge der recycelte Gummi auf Schulspielplätzen die Kinder krank machte.

•    Eine Einladung, im nächsten Monat vor der ASJA, der American Society of Journalists and Authors, einen Vortrag zu halten.

•    Eine Mail von jemandem, der im Besitz eines nach der Autopsie verloren gegangenen Knochenfragments von Präsident Kennedys Schädel sein wollte.

Obwohl sie sie mittlerweile wahrscheinlich auswendig kannte, ging sie zur Mail zurück, die sie am Tag ihrer Abreise nach Nepal erhalten hatte.

Hallo, Gina, ich glaube nicht, dass wir miteinander zu tun hatten, als wir am Boston College waren. Wir waren einige Jahre auseinander. Gleich nach dem Uni-Abschluss habe ich bei REL News angefangen. Dort hatte ich mit einem der obersten Vorgesetzten ein schreckliches Erlebnis. (Ich war nicht die Einzige.) Jetzt fürchtet man, ich könnte alles ausplaudern. Deshalb hat man mir eine Vertraulichkeitsvereinbarung angeboten. Mehr möchte ich dazu in der Mail nicht schreiben. Können wir uns irgendwo treffen?

Sie hatte sich zu erinnern versucht, warum der Name CRyan ihr bekannt vorkam. Hatte es eine Courtney Ryan an der Uni gegeben?

Gina las die Mail ein weiteres Mal und überlegte, ob sie irgendwas übersehen hatte. Das Medienunternehmen REL News gehörte zu den Lieblingen der Wall Street. Die Zentrale lag an der Ecke 55th Street und Avenue of the Americas, der Sixth Avenue, wie die meisten New Yorker sie immer noch nannten. In einem Zeitraum von zwanzig Jahren hatte es sich von einer kleinen Gruppe von Kabel-TV-Sendern zu einem nationalen Medienkonzern entwickelt. Ihre Einschaltquoten hatten CNN überholt und näherten sich dem Marktführer Fox. Das inoffizielle Motto lautete: »REaL News – nicht die der anderen Sorte.«

Als Erstes war ihr natürlich sexuelle Belästigung in den Sinn gekommen. Moment mal, hatte sie sich gebremst. Du weißt doch gar nicht, ob »CRyan« überhaupt eine Frau ist. Du bist Journalistin. Urteile nicht vorschnell. Halt dich an die Fakten. Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden. Sie las sich noch einmal die Antwort durch, die sie verschickt hatte.

Hallo, Mr./Mrs. Ryan, ich bin sehr daran interessiert, mit Ihnen über das »schreckliche Erlebnis« zu reden, wie Sie es genannt haben. Ich werde in nächster Zeit außer Landes sein und auch keinen Mailzugang haben, bin aber ab dem 13. Oktober wieder hier. Wie Sie wahrscheinlich wissen, wohne und arbeite ich in New York City. Wo sind Sie? Es würde mich sehr freuen, von Ihnen zu hören. Mit den besten Grüßen, Gina.

Es fiel ihr schwer, sich zu konzentrieren, während sie durch die Mails scrollte. Sie hatte gehofft, mehr als nur das zu haben, wenn sie in das bevorstehende Treffen bei der Zeitschrift ging.

Vielleicht hatte sie ja eine Nachricht hinterlassen. Die Akkuladung ihres Handys hatte beim Boarding nur noch einen Balken angezeigt, bei der Landung in New York war das Gerät längst tot gewesen. In der Mail an CRyan hatte sie ihre Nummer angegeben.

Gina ging in ihr Schlafzimmer, nahm das Handy vom Ladegerät und kehrte in die...

Erscheint lt. Verlag 2.11.2020
Übersetzer Karl-Heinz Ebnet
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Kiss The Girls And Make Them Cry
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Aruba • Bestsellerautorin • eBooks • Fernsehsender • Investigativjournalistin • Jet-Ski • Manhattan • Me too • New York • New York Times Besteller • New York Times Bestseller • Psychothriller • Thriller • Verfolgte Frau
ISBN-10 3-641-26764-1 / 3641267641
ISBN-13 978-3-641-26764-3 / 9783641267643
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