Bring Bier mit, wir müssen über Kinder reden (eBook)

Die schonungslose Wahrheit aus dem Leben fast perfekter Eltern
eBook Download: EPUB
2021
Goldmann Verlag
978-3-641-26586-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bring Bier mit, wir müssen über Kinder reden - Benjamin Kuhlhoff, Laura Marie Wilke
Systemvoraussetzungen
12,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Eine Mutter, ein Vater, zwei verschiedene Familien in Berlin und das ganz große Thema: Kinder. Überall Kinder. Was genau macht die Geburt eines Kindes mit einem? Wie geht man damit um, wenn die anderen wieder alles besser wissen? Und warum macht es so viel Spaß, sich vier Stunden mit Urlauten zu artikulieren? Kurzum: Wie wird man bei Gesprächen über Dammrisse, verkaterten Spielplatz-Klettereien und erzwungenen Eltern-Smalltalks nicht völlig verrückt? Weil es schon den einhunderteinundzwanzigsten Ratgeber mit gut gemeinten und manchmal schlecht umsetzbaren Tipps und Tricks für gestresste Eltern gibt, erzählen Laura und Benni abwechselnd große und kleine Geschichten aus dem Alltag fast perfekter Eltern: von kleinen Siegen am Wickeltisch und großen Niederlagen am Breikocher. Schonungslos und unterhaltsam - das Buch zum gleichnamigen erfolgreichen Podcast mit einem Plädoyer für mehr Lockerheit und Humor in der Erziehung!

Benjamin Kuhlhoff ist 38, Fußballjournalist und hat Kinder gehasst - bis er selber Vater wurde. Heute simuliert er täglich erfolglos den Übervater, mag keinen Sand in der Unterhose und scheitert am Versuch zu kaschieren, dass er gar nicht weiß, was er da tut. Statt Karriere im Beruf zu machen, ist er Elternvertreter in der KiTa. Seit Anfang 2019 spricht er gemeinsam mit Laura Wilke auf dem erfolgreichen Podcast »Bring Bier mit, wir müssen über Kinder reden« (mit mehr als 16.000 Zuhörern pro Folge) über die Höhen und Tiefen des Elterndaseins.

LAURA

Ich habe während meiner ersten Schwangerschaft eine Spam-E-Mail von »Franz Meyer« erhalten, der mich wissen ließ, dass er mich beim Masturbieren gefilmt habe. In der Mail hieß es: Guten Tag, masturbieren ist ganz normal, aber wenn deine Familie und Freunde es sehen, ist das natürlich eine große Schande. Ich habe dich eine Weile beobachtet, weil ich dich in einer Werbung auf einer Porno-Website durch einen Virus gehackt habe. Mein Angebot: Sende mir ästhetische Nacktbilder von dir, bei denen es nicht so peinlich ist, wenn sie ins Netz gelangen. Ansonsten veröffentliche ich meine Mitschnitte. Ich wusste mit Sicherheit, dass es sich um ein Fake handelte, nicht weil ich keine Porno-Webseiten besuche. Sondern weil ich meine Selfiekamera mit einem Dino-Sticker abgeklebt habe. Wenn überhaupt könnte Franz den grünen Schuppenpanzer eines T-Rex gesehen haben. Ich lasse Leute nicht gerne hängen, also antwortete ich Franz trotzdem. Lieber Herr Meyer, vielen Dank für das freundliche Angebot. Leider muss ich zu diesem Zeitpunkt ablehnen, da ich im neunten Monat schwanger bin, meine Füße die Größe und Form von Honigmelonen haben und ich meine Beine seit 173 Tagen nicht mehr rasiert habe. Alles Gute und viel Glück bei Ihren Bemühungen. Ich habe Franz’ Mail nicht irgendwo gemeldet oder mich darüber empört, denn wenn ich ehrlich bin, kam mir ein bisschen Abwechslung in meinem geburtsvorbereitenden Alltag ganz gelegen, in dem sich nämlich alles, aber auch wirklich alles um die bevorstehende Niederkunft drehte.

Das ultimative Ziel der Schwangerschaft – die Geburt – begann wie bei allen Schwangeren auf der Toilette, als sich zum ersten Mal diese zwei Streifen auf einem Plastikstab rosa färbten. Ich hatte schon ein paar Schwangerschaftstests gemacht und stets so lange darauf gestarrt, bis ich sicher war: ein Streifen. Bedeutet: nicht schwanger. Manchmal war ich erleichtert gewesen, manchmal enttäuscht. Dieses Mal war ich bei der Prozedur schon recht routiniert und etwas gelangweilt. Müde blickte ich also auf das kleine Fensterchen mit dem Teststreifen und wollte ihn schon wegschmeißen, als ich noch mal genauer hinsah. Zwei Streifen. Sehr deutlich zu sehen. Ach. Oh.

Ich glaubte Ärzten damals stets alles, was sie sagten. Der Diagnose meiner Ärztin, ich könne nicht schwanger werden, vertraute ich zu hundert Prozent, obwohl ich die Dame eigentlich gar nicht so vertrauenserweckend fand. Meine Gynäkologin war ein gefühlsneutrales Wesen und kam ohne spezielles Alter oder nennenswerte äußerliche Merkmale daher. In der Praxis roch es immer nach einer Mischung aus Desinfektionsmittel und Vagina. Wenn ich auf diesem Stuhl saß, starrte ich stets auf ein modernes Triptychon, drei Fotografien expressionistischer Neonkleckse, und wünschte mich an einen Ort, an dem ich mich wohler fühlte. Auf einen Friedhof bei Nacht oder in den Physikunterricht, erste Reihe.

Trotz Unfruchtbarkeitsdiagnose gab es jedoch schon seit einigen Wochen ein paar eindeutige Hinweise darauf, dass etwas mit mir nicht stimmte. Ich hatte auf einmal irre Lust auf Süßigkeiten. Saure Weingummis. Waffeln mit Eis und Sahne. Schwarzwälder Kirschtorte. Ich schlang alles hinunter, als würde ich an einem Fress-Wettbewerb teilnehmen. Ein weiterer Hinweis auf die Existenz eines sich emsig teilenden Zellhaufens in meinem Bauch: Mir war die Lust auf Alkohol vergangen. Wein und Bier schmeckten mir einfach nicht mehr. »Ich habe bestimmt so eine angesagte Intoleranz. Gluten, Laktose, Fruktose oder so«, nölte ich eine Freundin voll. »Mir ist ständig gammelig, am schlimmsten ist es morgens.« Nüchternes Urteil der Freundin: »Schwanger.« Ach. Oh. Geht ja nicht, hat die Ärztin gesagt, dachte ich kleinlaut. Und kaufte auf dem Heimweg den Test.

Nachdem sich zwei Streifen blicken ließen, die in meiner Erinnerung aufblinkten wie zwei Warnleuchten, rief ich als Erstes die Person an, die nun sicherlich total ausrasten würde vor Freude und Überraschung: meine Frauenärztin. Doch die erhoffte Reaktion blieb aus. Anders als erwartet, hatte die Praxis nicht seit Monaten nur auf meine frohe Kunde gewartet. Statt mich mit Fanfaren abzuholen, meinen Befund umgehend zu bestätigen und mich zu beglückwünschen, wimmelte mich die Sprechstundenhilfe ab. »Na ja, grad erst Test gemacht, dann hat dit keene Eile. Dit is keen Notfall. Frühster Termin in zwei Wochen.« Ich war erschüttert. Und beschloss, endlich die Ärztin zu wechseln.

Der Mann, der dafür gesorgt hatte, dass mein Schwangerschaftstest positiv ausfiel, steuerte später an diesem Tag doch noch das Fanfaren-Feeling bei und organisierte einen Termin bei einer neuen Ärztin. Nur zwei Tage später. Dazwischen lag ein Wochenende. Samstagabend waren wir bei einem Geburtstag eingeladen, bei dem ich nichts würde trinken können. Jeder würde stutzig werden. Doch was sagen, obwohl wir selbst noch gar nicht wussten, ob das wirklich und wahrhaftig ein Baby ist, ein kleiner Mensch, der da in mir wächst? Auch hier reagierte der werdende Vater geistesgegenwärtig. Während ich mich gedanklich noch in »Ich nehme gerade Antibiotika«-Ausflüchte verstrickte, kaufte er kurzerhand einen Sixpack Bier, leerte eine Flasche, füllte sie mit Apfelschorle, verschloss sie mit dem Kronkorken und markierte sie (für Unwissende) kaum sichtbar an der Silberfolie am Flaschenhals. Ich hielt mich den ganzen Abend an meiner personalisierten Bierflasche fest und füllte sie immer wieder heimlich auf der Toilette mit Wasser. Niemand schöpfte Verdacht. Genial.

Als ich dann wenige Tage später bei der neuen Ärztin auf der Liege lag und wir gespannt auf den Bildschirm des Ultraschallgerätes starrten, erwartete ich so etwas wie ein kleines erbsengroßes Ding, woraus irgendwann in den kommenden Wochen dann mal ein echtes Baby werden könnte. Doch es kam ganz anders. Gerät an, Gerät an die richtige Stelle gehalten, Bild erscheint: ein fertiger Mensch. Arme, Beine, Kopf, alles wunderbar zu sehen. Selbst das kleine Geschlechtsteil konnte man, selbst wenn man es nicht hätte wissen wollen, so klar und deutlich erkennen wie bei einem versehentlichen Abstecher in den FKK-Bereich am Wannsee. Einen Penis würde ich also zur Welt bringen. In etwa dreißig Wochen schon. Kommentar der Ärztin: »Glückwunsch. Na, der Kleine geht bald in die Schule.« Das Gute daran: Die kritischen ersten drei Monate hatten wir quasi so gut wie übersprungen, Familie und Freunde konnten direkt von den Neuigkeiten erfahren, und ich ganz offiziell auf alkoholfreie Drinks umschwenken. Ein kleiner Junge würde schon bald in unser Leben treten, der mir bis heute jeden Tag beweist, dass er ein Kämpfer ist und sich von niemandem sagen lassen würde, dass er zur Party nicht eingeladen ist.

Ich war nun also schwanger und merkte sehr schnell: Ein Baby in sich zu tragen gibt einem das Gefühl, ein Superheld zu sein. Selbst wenn man auf der Couch liegt, sich stundenlang nicht weiter bewegt als bis zum Kühlschrank und zurück – man ist extrem produktiv, schließlich »produziert« man gerade einen Menschen. Ich habe viel gelegen. Ich, die Superheldin. Die superschwache, sehr müde, sich häufig erbrechende Superheldin, die die ganze Zeit entweder weinen oder essen wollte und keine schweren Gegenstände heben durfte. Alle reden über den Glow, aber für mich war es die Zeit der hormonell bedingten Akne, des Haarausfalls und dieses permanenten Katergefühls.

In dieser Phase konsultierte ich beinahe täglich Dr. Google für eine kurze Beratung. Beliebte Sucheingaben in dieser Zeit: Wie groß ist das Baby in Woche 14?, Schmerzfreie Geburt, Hausmittel gegen Sodbrennen, oder Geburt wirklich komplett ohne Schmerzen. Das Internet prophezeite mir für das zweite Trimester der Schwangerschaft eine fantastische Zeit. Ich würde eine Haut bekommen wie Diane Kruger, mit der Energie eines jungen Kalbes ausgestattet sein und geradezu verrückt nach Nimm-mich-gleich-hier-auf-dem-Küchentisch-Sex gieren. Ich glaube jeder, der Dr. Google schon mal konsultiert hat, weiß, dass er ein notorischer Lügner ist. Gibt man Kopfschmerzen Stirn ein, erfährt man ohne Umschweife, dass man vermutlich nur noch wenige Tage zu leben hat.

Ich pickelte also weiter vor mich hin und lümmelte auf dem Sofa. Mit kurzen Unterbrechungen, an denen ich mich schnaufend ins Büro schleppte. Ich zelebrierte den Watschelgang. Nicht, weil man das eben so macht, sondern weil es tatsächlich ein wenig mühsam ist, diesen schwerer werdenden Bauch überall mit hinzutragen. Je runder er wurde, desto deutlicher schien er zu rufen: »Bitte anfassen und Kommentar abgeben!« Ich bin eher klein und schmal gebaut, mein normal großer Bauch wirkte daher etwas überdimensional, dessen war ich mir durchaus bewusst. Viele Leute waren dennoch so freundlich, es mir auch noch einmal zu sagen. Die Bemerkungen reichten von »Uiuiui, das kann ja jetzt jeden Moment so weit sein« (in der 30. Woche) bis zu »Verdammte Axt, hast du da gleich auch noch den Kinderwagen drin?«

Hatte ich nicht. Dass mein Gewicht und die Größe des Bauchs völlig normal waren, bestätigte mir auch meine Hebamme. Die Suche nach einer Hebamme sollte eine ganze Reihe von Suchen und Wartelisten-Einträgen einleiten, die im Laufe des Lebens mit einem Kind noch folgen würden. Von der Suche nach einem Platz beim Babyschwimmen, in der Kita oder im Karatekurs hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht den blassesten Schimmer, doch eine Hebamme hatte ich gefunden. Laila war jung, trug mit Vorliebe weite Haremshosen und Zehenschuhe. Sie besuchte mich alle paar Wochen, tastete meinen Bauch ab, erklärte mir, was der Unterschied zwischen Baby-Stramplern und...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Schlagworte Berlin • coole Eltern • eBooks • Elterndasein • Elternratgeber • Erziehung • Familienalltag • Gesundheit • Herrengedeck • Humor • Kinder • Krise • lustig • lustige • Podcast • Psychologie
ISBN-10 3-641-26586-X / 364126586X
ISBN-13 978-3-641-26586-1 / 9783641265861
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,4 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die lustigsten Patientengeschichten. Das Buch zum Podcast. Von …

von Ralf Podszus

eBook Download (2022)
riva (Verlag)
12,99