Nachtschwarz (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2020
Penguin Verlag
978-3-641-25772-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nachtschwarz - Robert Bryndza
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Die Wahrheit ist gefährlich. Die Wahrheit ist grausam. Die Wahrheit ist nachtschwarz ...
Ein anonymer Tipp führt Detective Erika Foster zu einem abgelegenen Baggersee außerhalb von London. Dort soll eine riesige Menge Betäubungsmittel versenkt worden sein. Aber dann macht ihr Team einen grausamen Überraschungsfund: Die Taucher finden das Skelett eines kleinen Mädchens, das vor 26 Jahren spurlos verschwand. Als Erika Nachforschungen über den damaligen Vermisstenfall anstellt, stößt sie auf heftigen Widerstand in ihrer Abteilung. Die Familie des toten Mädchens schweigt ebenfalls eisern. Und auch der Mörder ist fest entschlossen, sein Geheimnis für immer zu bewahren - koste es, was es wolle ...

Robert Bryndza ist in England geboren und hat in den USA und Kanada gelebt, ehe er mit seinem slowakischen Mann in dessen Heimat zog. Er hat eine Schauspielausbildung absolviert und ist heute hauptberuflich als Autor tätig. »Das Mädchen im Eis« ist der Auftakt seiner Krimireihe um Detective Erika Foster, die in 22 Ländern erscheint.

5


Erikas Schritte hallten in dem langen, mit Steinfliesen ausgelegten Flur wider, der zum Sektionssaal führte. Als sie die Tür erreichte, begann eine hoch oben an der Wand angebrachte Kamera, wie zur Begrüßung zu summen und sich zu ihr zu drehen. Dann öffnete sich die dicke Metalltür mit einem Klicken, und sie trat ein.

In der Pathologie war es kalt, und es gab kein natürliches Licht. An einer Wand befanden sich Kühlfächer aus Edelstahl, und in der Mitte glänzten vier Autopsietische im fluoreszierenden Licht. Auf dem ersten Tisch war ein blaues Tuch ausgebreitet, und darauf lag das kleine Skelett. Die dunkelbraunen Knochen waren sorgfältig zusammengesetzt worden.

Dr. Isaac Strong stand mit dem Rücken zur Tür, und als er Erika hereinkommen hörte, richtete er sich auf und drehte sich zu ihr um. Er war groß und dünn, und er trug einen blauen OP-Kittel, eine blaue Haube und einen weißen Mundschutz. Seine Assistentin, eine junge Chinesin, war still und konzentriert dabei, auf einer Ablage hinter dem Autopsietisch aus Edelstahl verschiedene in Tüten verpackte Gewebeproben zu sortieren. Ihre Latexhandschuhe knisterten, als sie eine kleine Tüte mit ein paar Haaren nahm und das Etikett mit ihrer Liste abglich.

»Hallo, Erika«, sagte Isaac.

»Danke, dass du mich angerufen hast«, erwiderte sie, während sie an ihm vorbei zu dem Skelett hinüberschaute.

Im Saal roch es unangenehm nach Brackwasser und Verwesung. Erika betrachtete Isaacs blasses, müdes Gesicht. Er zog seinen Mundschutz herunter, hob seine perfekt gezupften Augenbrauen und lächelte sie an. Sie erwiderte das Lächeln, und für einen flüchtigen Moment war die Förmlichkeit gebrochen. Sie hatte ihn schon seit einigen Wochen nicht gesehen. Sie waren zwar eng befreundet, aber im Angesicht des Todes und hier im Sektionssaal war nur das Berufliche von Belang. Mit einem knappen Nicken schlüpften sie wieder in ihre Rollen als Rechtsmediziner und Detective Chief Inspector.

»Laut Vorschrift musste ich den Leiter von MIT und SCIT bei Scotland Yard informieren, aber ich dachte, mein Befund würde dich interessieren.«

»Du musstest das Specialist Casework Investigation Team informieren? Das heißt also, du hast die Leiche identifiziert?«, fragte Erika.

Er hob eine Hand. »Alles der Reihe nach«, sagte er. Sie traten näher an den Autopsietisch. Die halb verwesten Knochen boten einen krassen Kontrast zu dem sterilen Tuch, auf dem sie ausgebreitet waren. »Das ist übrigens Lan, meine neue Assistentin«, sagte Isaac. Die junge Frau drehte sich um und nickte Erika zu. Ihr Gesicht war bis auf die Augen hinter einem weißen Mundschutz verborgen.

»Okay. Wie du siehst, ist der Schädel intakt, keine Brüche oder Abschürfungen«, sagte Isaac. Er hob eine Strähne langes braunes, verfilztes Haar an, sodass der glatte Schädelknochen zu sehen war. »Ein Zahn fehlt, und zwar der obere linke Schneidezahn.« Er zeigte mit einem behandschuhten Finger auf die obere braungelbe Zahnreihe. »Und auf der linken Seite, in der Nähe des Herzens, sind drei Rippen gebrochen.« Er zeigte auf die Teile der drei Rippen, die auf dem Tisch lagen. »Die Leiche wurde fest in Plastikfolie eingewickelt, sodass das Skelett größtenteils intakt geblieben ist. Normalerweise gibt es in Bächen und Seen Hechte, Flusskrebse, Aale und alle möglichen Bakterien und sonstige Mikroben, die sich über eine Leiche hermachen und sie zersetzen. Aber die Plastikfolie hat das Skelett perfekt geschützt.«

Isaac zog einen kleinen Wagen aus rostfreiem Stahl heran. Darauf lagen, säuberlich in Asservatenbeuteln verpackt, mehrere persönliche Gegenstände der Toten.

»Wir haben Reste wollener Kleidung gefunden, an einem davon befinden sich mehrere Knöpfe, was darauf hindeutet, dass es sich um eine Strickjacke gehandelt haben könnte«, sagte Isaac und hielt einen Beutel hoch, in dem ein paar braune Stofffetzen waren. Er legte ihn ab und nahm einen anderen Beutel. »Dann gibt es einen Gürtel aus mehreren Lagen synthetischen Materials. Wie du siehst, ist die Farbe verblasst, aber die Schnalle ist noch geschlossen.« Erika sah, wie schmal die Taille gewesen sein musste, um die der Gürtel einmal gelegen hatte. »Und schließlich haben wir noch ein kleines Stück Nylon gefunden, das in den Haaren hing, wahrscheinlich ein Haarband …« Er nahm den kleinsten Beutel von dem Wagen, der eine verfilzte braune, von einem schmalen Stückchen Stoff zusammengehaltene Haarsträhne enthielt.

Erika nahm sich Zeit, alles genau zu betrachten. Das Skelett, klein und verletzlich, schaute sie mit leeren Augenhöhlen an.

»Ich hatte genau so einen Gürtel, als ich acht war. Die Sachen haben einem kleinen Mädchen gehört, nicht wahr?«, fragte sie.

»Ja«, sagte Isaac leise.

»Kannst du irgendetwas über ihr Alter sagen?« Erika sah ihn an und rechnete damit, dass er ihr wie üblich antworten würde, es sei noch zu früh, um irgendwelche konkreten Aussagen zu machen.

»Ich glaube, dass es sich um das Skelett eines siebenjährigen Mädchens namens Jessica Collins handelt.«

Verblüfft schaute Erika erst Isaac, dann Lan an. »Was? Wie kommst du darauf?«

»Es kann sehr schwierig sein, das Geschlecht eines Skeletts zu bestimmen, wenn der Tod vor der Pubertät eingetreten ist. Die wenigen Kleidungsreste haben den Chef des MIT-Teams bei Scotland Yard auf die Idee gebracht, die Unterlagen über verschwundene Mädchen im Alter zwischen sechs und zehn aus den letzten fünfundzwanzig Jahren anzufordern. Wir haben uns auf vermisste Kinder in Südlondon und im Grenzgebiet zu Kent konzentriert. Fast jeden Tag wird irgendein Kind als vermisst gemeldet, aber die meisten tauchen Gott sei Dank bald wieder auf. Als wir die Namen bekamen, haben wir die Odontogramme angefordert und sie von einem forensischen Odontologen untersuchen lassen. Die Zähne unseres Skeletts passen zum Odontogramm eines Mädchens, das im August 1990 verschwunden ist. Sie hieß Jessica Collins.«

Lan nahm einen Aktenordner von der Werkbank und reichte ihn Isaac, der ein Röntgenbild herausnahm und es gegen das Licht hielt.

»Das hier kam mit dem Bericht des forensischen Odontologen. Ich habe im Moment keinen Leuchtkasten; die Glühbirnen in dem alten Ding sind kaputtgegangen, und ich warte auf neue«, sagte er frustriert. »Das sind die Probleme, die man hat, seit alles digitalisiert ist. Das ist eine Aufnahme vom Juli 1989. Jessica Collins hat im Garten Crocket gespielt und ist von einem Ball am Kiefer getroffen worden. Da war sie sechs. Hier kannst du erkennen, dass nichts gebrochen wurde, aber auf der Röntgenaufnahme sieht man, dass die Schneidezähne etwas eingerückt und leicht verdreht sind. Und auch die untere Zahnreihe ist ungleichmäßig. Die Aufnahme stimmt genau mit den Zähnen hier überein.«

Sie schauten das Skelett an, betrachteten die oberen Schneidezähne, die ganz schief standen, und den Unterkieferknochen, der neben dem Schädel lag und die Identität der Toten preisgegeben hatte.

»Während der Autopsie konnte ich etwas Knochenmark extrahieren. Ich schicke es gleich ins Labor, aber ich habe eigentlich alle möglichen Aspekte in Betracht gezogen. Ich kann versichern, dass es sich um Jessica Collins handelt.«

Erika fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Irgendein Hinweis auf die Todesursache?«

»Wir haben die drei gebrochenen Rippen auf der linken Seite des Brustkorbs. Das sind glatte Brüche, was auf Gewalteinwirkung auf Lunge oder Herz hindeuten könnte. Es finden sich keine Kerben oder Kratzspuren an den Knochen, was ein Hinweis darauf wäre, dass ein Messer oder ein anderer scharfer Gegenstand benutzt wurde. Außerdem fehlt der rechte obere Schneidezahn, aber er ist nicht abgebrochen. Der ganze Zahn fehlt. Leider kann ich nicht feststellen, wie das passiert ist. Eine Siebenjährige könnte allerdings auch ihre Milchzähne verlieren …«

»Das heißt also, deine Antwort lautet Nein?«

»Genau. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass die Leiche in Plastikfolie gewickelt und mit Gewichten beschwert wurde, müssen wir natürlich ein Verbrechen in Betracht ziehen.«

»Klar.«

»In welchem Jahr bist du nach England gekommen?«, fragte Isaac.

»Im September 1990«, antwortete sie.

»Kannst du dich an den Fall Jessica Collins erinnern?«

Erika dachte an die Zeit zurück, als sie mit achtzehn als Au-pair-Mädchen aus der Tschechoslowakei nach England gekommen war und in Manchester bei einer Familie mit zwei kleinen Kindern gearbeitet hatte.

»Hm, ich weiß nicht. Ich konnte damals nicht viel Englisch, und es war der totale Kulturschock. In den ersten paar Monaten hab ich nur im Haus gearbeitet und meine Freizeit in meinem Zimmer verbracht. Ich hatte keinen Fernseher …« Sie brach ab, als sie bemerkte, dass Isaacs Assistentin sie beobachtete. »Nein, ich erinnere mich nicht an den Fall.«

»Jessica Collins ist am 7. August 1990 verschwunden. Sie hat ihr Elternhaus am Nachmittag verlassen und wollte zur Geburtstagsparty einer Freundin, die die Straße runter wohnte. Sie ist nie bei der Freundin angekommen. Sie wurde nie gefunden. Es war, als wäre sie vom Erdboden verschluckt worden. Es stand in allen Zeitungen«, sagte Isaac.

Er nahm ein Foto aus der Akte. Es zeigte ein blondes kleines Mädchen mit einem glücklichen Lächeln. Sie trug ein pinkfarbenes Partykleid mit einem farblich passenden Gürtel, eine blaue Strickjacke und weiße Sandalen mit einem bunten Blumenmuster. Auf dem Foto stand sie vor einer dunklen Holztür in einem Zimmer, das ein Wohnzimmer sein konnte.

Etwas an dem strahlenden Lächeln, an den unteren Schneidezähnen, die...

Erscheint lt. Verlag 14.12.2020
Reihe/Serie Detective Erika Foster ermittelt
Detective Erika Foster ermittelt
Die Erika-Foster-Reihe
Übersetzer Charlotte Breuer, Norbert Möllemann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Dark Water
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte atmosphärischer Krimi • Detective Erika Foster • eBooks • Englischer Krimi • Frieda Klein • internationaler Bestseller • Krimi • Kriminalromane • Krimireihe • Krimis • London • Nicci French • Nr. 1 Bestseller England • Spannung
ISBN-10 3-641-25772-7 / 3641257727
ISBN-13 978-3-641-25772-9 / 9783641257729
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