Botschafter der Sterne (eBook)

Ein Trisolaris-Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
400 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-26541-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Botschafter der Sterne -  Baoshu
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Ein »Trisolaris«-Roman - die erfolgreichste Saga der chinesischen Unterhaltungsliteratur
China, in nicht allzu ferner Zukunft. In einer Welt, die von der Ankunft einer außerirdischen Sternenflotte vom Planeten Trisolaris bedroht wird, liegt Yun Tianming allein und ohne Hoffnung auf dem Sterbebett. Doch dann wird er für eine Aufgabe auserwählt, die alles bisher Dagewesene übersteigt: Er soll die Menschheit retten und als ihr Bote zu den Trisolariern geschickt werden. Er willigt ein, und so wird Yun Tianming nach seinem Tod ins All geschossen. Seitdem hat niemand auf der Erde von ihm gehört. Dies ist seine Geschichte - es ist die Geschichte eines Verrats ...

Baoshu wurde 1980 geboren und studierte Philosophie in Peking und Leuven, Belgien. Für seine Werke wurde Baoshu bereits sechsmal mit dem Nebula und dreimal mit dem Galaxy Award ausgezeichnet. Mit seinem Roman »Botschafter der Sterne«, der von Cixin Liu persönlich autorisierten Fortsetzung der »Trisolaris«-Saga, gelang Baoshu der internationale Durchbruch.

Zeitalter von Planet Blau, Jahr 63, unser Planet

Und wieder ging die Sonne unter.

Sie war schon halb hinter den Bergen verborgen und erlosch allmählich, während die Kantate des Lebens wie eh und je auf Planet Blau erklang. Alles schien noch genauso zu sein wie während jenes langen nächtlichen Gesprächs vor einundsechzig Jahren (nach hiesiger Rechnung, was vierzig Erdenjahren entsprach) – nur dass unsere Helden alt geworden waren.

Weißhaarig, im runzligen Gesicht ein friedvolles Lächeln, lag Ai AA in eine Strohmatte gewickelt in einer großen Grube in der Erde und rührte sich nicht. Sie nahm die linke Hälfte der Grube ein; die rechte war noch leer. Yun Tianming hockte vom Alter gebeugt vor der Grube und hing seinen Gedanken nach.

Heute Morgen hatte sich seine Frau von ihren sterblichen Fesseln befreit und war in den ewigen Schlaf gesunken, und bald würde er ihr Gesellschaft leisten. Yun Tianming erinnerte sich daran, wie er ihr vor so vielen Jahren zum ersten Mal begegnet war; wie sie sich auf diesem fremden Planeten zum ersten Mal umarmt hatten; wie sie eine ganze Nacht hindurch geredet hatten; wie sie danach all die Jahre Mühsal und Freude miteinander geteilt hatten und wie sie im letzten Jahr in eine Felswand die Worte geritzt hatten: »Wir hatten ein glückliches Leben.«

Bei diesen Worten kam ihm wieder jener Segenswunsch in den Sinn, der so alt war, dass es schien, als käme er vom Anbeginn der Geschichte: »Ich wünsche dir ein glückliches Leben.«

Habe ich ein glückliches Leben gehabt?

Nach einer einsamen Kindheit und Jugend, einer verzweifelten Zeit im Krankenhaus und einer trostlosen Reise als gefrorenes Gehirn in die Tiefen des Weltalls hatte er Jahrzehnte voller Qualen an Bord der trisolarischen Flotte durchlitten – ein endloser Albtraum, der zehntausend Jahre zu währen schien. Ohnmächtig hatte er danach dem Untergang des menschlichen Geschlechts zusehen müssen. Erst mit Hilfe des magischen Rings war er endlich den Trisolariern entkommen und auf den Planeten gelangt, auf dem er sich mit Cheng Xin verabredet hatte.

Dort jedoch war er einer anderen Frau begegnet, und nachdem er die schicksalhafte Fügung, die in dieser Begegnung lag, begriffen hatte, hatte er sich in diese Frau verliebt und gemeinsam mit ihr die zweite Hälfte seines Lebens verbracht.

An materiellen Maßstäben gemessen, war auch diese zweite Hälfte nicht glücklich gewesen. Nur in den ersten zwei Jahren hatten sie beide noch ein recht komfortables Leben geführt, doch dann war der Ring verschwunden.

Der Ring bestand nicht aus fester Materie, sondern aus einem Strahlenkranz aus immateriellen Fasern. Wie das Miniuniversum war auch er ein Geschenk des Geists gewesen.

Finde den Lauerer und schlage ihn zurück … Der Ring wird dir dabei helfen …

Als er aus dem letzten Albtraum, in dem ihm der Geist erschienen war, erwacht war, hatte sich ihm die Bedeutung einiger weiterer Ideomorphe erschlossen, und der Ring war, wahrscheinlich heraufbeschworen von seinem erwachenden Bewusstsein, auf einmal an seinem Finger aufgetaucht. Mit seinem sanften Silberschimmer wirkte er selbst wie ein kleiner Geist.

Tianming hatte einige Tage gebraucht, ehe er, gestützt auf seine bruchstückhaften Erinnerungen, endlich begriffen hatte, wie er den Ring handhaben konnte: Der Ring wurde allein von seinem Bewusstsein gesteuert. Tianming hatte nur erahnen können, welch ungeheure technologische Möglichkeiten in dem Ring schlummerten: Zum Beispiel konnte er einen Zugang zu dem Miniuniversum eröffnen; er konnte die Computersysteme des trisolarischen Raumschiffs analysieren und kontrollieren; er konnte das Schiff selbsttätig umrüsten und es mit einzigartigen Möglichkeiten ausstatten; er konnte bei Bedarf jedes beliebige kleine Objekt, das Tianming sich wünschte, materialisieren …

Noch hatte er nur einen kleinen Teil seines ganzen Potenzials erfasst, doch eines wusste er jetzt schon: Um die volle Macht des Rings zur Entfaltung zu bringen, hätte er über eine kognitive Fähigkeit verfügen müssen, die für ihn in unerreichbarer Ferne lag: Er hätte in Ideomorphen mit ihm kommunizieren müssen.

Er konnte nicht begreifen, warum der Geist ausgerechnet ihm ein so machtvolles Instrument an die Hand gegeben hatte. Selbst wenn der Geist vielleicht nur eine künstliche Intelligenz und auf seine Hilfe angewiesen war, um den mysteriösen Lauerer zu bekämpfen – wie kam der Geist auf die Idee, ein gewöhnlicher Sterblicher wie er könnte eine solch gewaltige Bürde schultern? Wie sollte ein einzelnes menschliches Wesen, das in den unermesslichen Weiten des Weltalls kaum mehr ins Gewicht fiel als ein Staubkorn, einer dämonischen Macht, die ganze gottgleiche Zivilisationen zerstört hatte, die Stirn bieten? Es war absurd.

Allmählich kehrten immer mehr Erinnerungen zurück. Damals, als er halb wie von Sinnen, halb ohnmächtig gewesen war, hatte er dem Drängen des Geists nicht etwa nachgegeben. Obwohl sein Verstand wie betäubt gewesen war, hatte er sich keine Sekunde lang der Illusion hingegeben, er könnte einer solch machtvollen dunklen Zivilisation Widerstand leisten. Nun erinnerte er sich auch wieder an das Gespräch, das er mit dem Geist geführt hatte:

Warum erzählst du mir all das? Ich will überhaupt kein Sucher werden.

Mir läuft die Zeit davon. Ich werde immer schwächer, und das Universum ist so weit und leer, dass ich, wenn ich dich jetzt verließe, nicht wüsste, wann ich die nächste geeignete Lebensform fände.

Ich bin nicht geeignet! Das ist absurd! Ich weigere mich.

Ich brauche deine Zustimmung nicht.

Das verstehe ich nicht …

Du wirst es noch verstehen.

Er hatte nie begriffen, was der Geist mit seinen letzten Worten gemeint hatte. Eine Zeit lang hatte er geglaubt, der Geist habe auf den Grund seines Bewusstseins geblickt und erkannt, dass er zu guter Letzt seine Mission doch annehmen werde. Als er dann den Trisolariern entkommen und in seinem Raumschiff mit Lichtgeschwindigkeit durch das All geschossen war, war er tatsächlich von hohen Idealen beseelt gewesen und hatte sich geschworen, er werde seine Pflicht erfüllen und den kosmischen Satan vernichten. Doch als er schließlich als Gefangener auf diesem kleinen Planeten der Schwarzen Domäne gestrandet war, hatte er all seinen Kampfeswillen verloren und wollte nur noch den Rest seines Lebens mit der Frau verbringen, die er liebte.

Hatte sein Sinneswandel vielleicht den Ring zum Verschwinden gebracht? Oder hatte irgendeine besondere Kraft im Planetensystem dieser Schwarzen Domäne die Macht des Rings gebrochen? Ihm kam Einsteins berühmte Formel in den Sinn: E = mc2. Wenn die Lichtgeschwindigkeit sich auf wenige Kilometer pro Sekunde verringerte, müsste dann nicht auch die Energie deutlich abnehmen? Tianming war in Physik nicht besonders bewandert, sodass er mit seinen Grübeleien zu keinem Ergebnis kam, doch in jedem Fall, so schien ihm, konnte in einer Welt, in der das Licht so ungeheuer langsam war, alles Mögliche geschehen. Selbst der sonst so allwissende Geist hatte vermutlich nicht alles vorhersehen können.

Wahrscheinlich war unter dem Einfluss derselben Kraft, die schon lange vorher den Ring zum Verschwinden gebracht hatte, auch die Energie von Tianmings Raumschiff versiegt. Er und AA hatten seitdem praktisch keinen Zugang mehr zu irgendwelchen höherentwickelten Technologien gehabt. Und so hatten sie ein Leben wie im Mittelalter, nein, eher wie in der Steinzeit geführt.

Um nicht auf diesem Planeten zu sterben, war ihnen nur ein Ausweg geblieben: der Eintritt in das Miniuniversum. Doch auch diesen Ausweg hatten sie sich selbst verbaut.

Viele Jahre später erwies sich, was Cheng Xin über das Leben der beiden vermutet hatte, zumindest zum Teil als richtig. Anfangs hatte sich AA geweigert, das Miniuniversum zu betreten. Nachdem sie Tianmings Geschichte gehört hatte, sah sie in dem Miniuniversum kein Geschenk mehr, sondern ein Grab. Sie wollte keinen Abgrund von Abermilliarden Jahren überspringen, um das Ende des Universums mit anzusehen. Wenn sie beide erst mal das Miniuniversum betreten hätten, würde Tianming, so schwante ihr, sich der Mission des Geists verschreiben und am Ende der Zeit die letzte Entscheidungsschlacht mit dem Lauerer schlagen, um den Kosmos zu retten, bevor dessen Dimensionen noch weiter geschrumpft sein würden. Deshalb hatte sie sich geweigert – weil sie nicht mit ansehen wollte, wie der Mann, den sie liebte, eine Aufgabe auf sich nahm, die zu groß für ihn war und unter deren Last er zusammenbrechen würde.

Natürlich hatte Tianming sie nicht im Stich lassen und allein das Miniuniversum betreten wollen. Und so war die Zeit verstrichen.

Später, als der Ring verschwunden war, hätte AA das Miniuniversum nicht mehr betreten können, selbst wenn sie gewollt hätte. Denn ohne Ring war Tianming außerstande, die Zugangsbefugnisse für das Miniuniversum zu ändern, und so blieben Cheng Xin und er als Einzige zum Zugang autorisiert. AA war auf ewig ausgeschlossen.

Vielleicht hätte er allein das Miniuniversum betreten und von dort aus die Autorisierung ändern können, doch er wagte AA nicht einen Augenblick allein zurückzulassen. Die Zeit im Miniuniversum verging unabhängig vom äußeren Universum. Selbst wenn er sofort nach seinem Eintritt wieder zurückgekommen wäre, wären womöglich schon Millionen Jahre verstrichen und AA, nachdem sie vergeblich am Eingang auf ihn gewartet hätte, längst zu Staub zerfallen.

Er hatte es nicht übers Herz gebracht, AA allein zu lassen, und noch mehr hatte ihn die Einsamkeit geängstigt, die ihm...

Erscheint lt. Verlag 8.3.2021
Übersetzer Marc Hermann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel The Redemption of Time
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte China • chinesische Science-Fiction • Der dunkle Wald • Die drei Sonnen • eBooks • Hard-SF • Jenseits der Zeit • Preisgekrönter Autor • Trisolaris • Yun Tianming
ISBN-10 3-641-26541-X / 364126541X
ISBN-13 978-3-641-26541-0 / 9783641265410
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