Die sieben Relikte (eBook)
480 Seiten
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-26631-8 (ISBN)
Die Arma Christi, die sieben Relikte, sind von unschätzbarem Wert für das Christentum - und sie werden überall auf der Welt aus Tresoren und Schatzkammern gestohlen. Nachdem der ehemalige Geheimagent Cotton Malone Zeuge eines solchen Diebstahls wird, erfährt er, dass bei einer Auktion hochsensible Informationen über das polnische Staatsoberhaupt verkauft werden sollen. Informationen, an denen sowohl Polen als auch die USA interessiert sind, allerdings aus völlig verschiedenen Gründen. Der Eintrittspreis zur Auktion: eines der sieben Relikte. Malone muss seine Prinzipien vergessen und die Heilige Lanze aus einem Schloss in Polen stehlen, um Zutritt zur Auktion zu erhalten. Dort will er das Schlimmste verhindern - aber er gerät mitten in einen blutigen Krieg zwischen drei Nationen um ein Geheimnis, dass ganz Europa aus den Angeln heben und ins Chaos stürzen könnte.
Alle Cotton-Malone-Romane können unabhängig voneinander gelesen werden.
Steve Berry war viele Jahre als erfolgreicher Anwalt tätig, bevor er seine Leidenschaft für das Schreiben entdeckte. Mit jedem seiner hoch spannenden Thriller stürmt er in den USA die Spitzenplätze der Bestsellerlisten und begeistert Leser weltweit. Steve Berry lebt mit seiner Frau in St. Augustine, Florida.
Prolog
Montag, 9. August 1982
Warschau, Polen
15.45 Uhr
Janusz Czajkowski wollte sich von der grausamen Szene abwenden, doch er wusste, dass er es damit nur noch schlimmer machen würde.
Man hatte ihn extra zum Mokotów-Gefängnis gebracht, damit er zusah. Dieser Ort hatte eine lange und wechselhafte Geschichte. Die Russen ließen das Gebäude zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichten. Es wurde ausgiebig von den Nazis genutzt, ebenso von den Kommunisten nach dem Krieg. Nach 1945 wurde hier der polnische politische Untergrund, die Intelligenzija, und auch jeder andere, den man als Bedrohung der von den Sowjets kontrollierten Regierung einstufte, eingekerkert, gefoltert und exekutiert. Das Gefängnis erlebte seinen Höhepunkt während der Stalin-Ära, als Tausende im Gefängnis Rakowiecka-Straße, wie es damals von den meisten Polen genannt wurde, gefangen gehalten wurden. Manchmal nannten sie es allerdings auch verächtlich bei seinem deutschen Namen: Nacht und Nebel. Ein Ort ohne Wiederkehr. In seinem Heizkeller wurden zahllose Menschen ermordet. Offiziell hatten solche Gräueltaten mit Stalin ein Ende gefunden – was jedoch nicht der Realität entsprach. Auch danach wurden jahrzehntelang Dissidenten verhaftet und für »Verhöre« dorthin gebracht.
Der Mann vor ihm war einer von ihnen.
Er war mittleren Alters, nackt, über einen hohen Hocker gebeugt, Handgelenke und Knöchel an die blutbefleckten Holzbeine gefesselt. Ein Wärter stand mit gespreizten Beinen vor dem Kopf des Gefangenen und schlug den Mann auf den Rücken und den nackten Hintern. Der Gefangene gab unglaublicherweise keinen Ton von sich. Der Wärter hörte auf, auf den Mann einzuschlagen, schob den Gefesselten vom Hocker und setzte seine Stiefelsohle auf die Schläfe des Mannes.
Dieser spuckte Rotz und Blut.
Trotzdem gab er keinen Laut von sich.
»Es ist leicht, Angst zu erzeugen«, sagte der große Mann, der neben Janusz stand. »Aber es ist noch leichter, sie vorzutäuschen.«
Der große Mann trug die Uniform eines Majors der polnischen Streitkräfte. Sein Haar war militärisch kurz geschoren, der schwarze Schnurrbart gestutzt und gepflegt. Er war älter, mittelgroß, aber muskulös, mit der arroganten und betont selbstbewussten Persönlichkeit, wie Janusz sie allzu oft bei der Roten Bourgeoisie wahrgenommen hatte. Die Augen waren dunkle, diamantförmige Punkte, und es war nichts aus ihnen herauszulesen. Augen wie diese versteckten immer mehr, als sie enthüllten, und er fragte sich, wie schwer es sein musste, eine solche Lüge zu leben. Auf einem Namensschild stand DILECKI. Er wusste von dem Major nur, dass er den Gefolterten verhaftet hatte.
»Um Angst zu erzeugen«, sagte Dilecki, »muss man einen Großteil der Bevölkerung dazu bringen, ihre Existenz zu akzeptieren. Das ist ein hartes Stück Arbeit. Man muss Situationen schaffen, die die Menschen sehen und spüren können. Es muss Blut vergossen werden. Terrorismus, wenn Sie so wollen. Aber Angst vortäuschen? Das ist viel einfacher. Man braucht nur alle zum Schweigen zu bringen, die sich der Angst nicht beugen wollen. So wie diesen armen Kerl.«
Der Wärter fuhr fort, mit einer Art Reitgerte auf den Mann einzuschlagen, an deren Spitze ein Metallteil befestigt war. Inzwischen hatten sich blutige Striemen gebildet. Drei weitere Wärter schlossen sich an und prügelten auf den Mann ein.
»Vielleicht bemerken Sie«, sagte Dilecki, »dass die Männer vorsichtig sind. Sie wenden nur so viel Kraft auf, wie nötig ist, um Schmerzen und Qualen zuzufügen, aber nicht genug, um zu töten. Wir wollen nicht, dass dieser Mann stirbt. Ganz im Gegenteil. Wir wollen, dass dieser Mann redet.«
Der Gefangene litt unübersehbar, doch er gönnte seinen Peinigern anscheinend nicht die Befriedigung, es zu zeigen.
»Ihr habt die Nieren vergessen«, rief Dilecki.
Einer der Wärter nickte und konzentrierte seine Schläge auf den entsprechenden Körperbereich.
»Diese Organe sind besonders empfindlich«, bemerkte Dilecki. »Wenn man richtig zuschlägt, braucht man die Leute nicht mal zu fesseln oder zu knebeln. Sie können sich weder bewegen noch einen Laut hervorbringen. Es verursacht extreme Schmerzen.«
Seine durchdringende Stimme war völlig gefühllos, und Janusz fragte sich, was geschehen musste, bevor jemand so unmenschlich wurde. Dilecki war Pole. Die Wärter waren Polen. Der Gefolterte ebenfalls.
Wahnsinn.
Das ganze Land war mittels Macht und Propaganda zusammengehalten worden. Aus dem Nichts heraus hatte sich die Solidarność-Bewegung erhoben und versucht, mit den Sowjets fertigzuwerden, doch vor acht Monaten hatte Moskau schließlich genug von Konzessionen und ihre Zerschlagung befohlen. Über Nacht waren Zehntausende ohne Anklage ins Gefängnis gesteckt worden, viele andere hatte man eingefangen und mit Bussen außer Landes geschafft. Menschen verschwanden einfach. Sämtliche Demokratiebewegungen wurden verboten und alle ihre führenden Köpfe inhaftiert, darunter auch der berühmte Lech Wałęsa. Die Machtübernahme des Militärs war schnell und koordiniert über die Bühne gegangen. Inzwischen patrouillierten in den Straßen aller größeren Städte Soldaten. Man hat eine Ausgangssperre verhängt, die Landesgrenzen dichtgemacht, Flughäfen geschlossen und Kontrollposten an Einfahrtsstraßen zu den größeren Städten aufgestellt. Telefonverbindungen wurden entweder unterbrochen oder abgehört, Post wurde zensiert und der Unterricht in Schulen und Universitäten ausgesetzt.
Es hatte auch Tote gegeben.
Niemand kannte die genauen Zahlen.
Eine Sechstagewoche wurde angeordnet. Die Medien, die Staatsbetriebe, die Gesundheitsfürsorge, die Versorgungsunternehmen, die Kohleminen, Häfen, das Schienennetz und die meisten wichtigen Industriebetriebe wurden der Aufsicht des Militärs unterstellt. Zur Zerschlagung gehörte auch ein Prozess, bei dem die Einstellung jedes Einzelnen zum herrschenden Regime überprüft wurde. Bestandteil des neuen Loyalitätsbeweises war ein Dokument, mit dem sich der Unterzeichner verpflichtete, alle Aktivitäten einzustellen, die in den Augen der Regierung eine Bedrohung hätten darstellen können. Dadurch waren viele ins Netz gegangen, darunter auch er selbst. Offenbar waren seine Antworten nicht zufriedenstellend gewesen, obwohl er gelogen hatte, so gut er konnte.
Die Schläge hörten einen Moment lang auf.
Er zwang sich nachzudenken und fragte: »Wer ist dieser Mann?«
»Ein Mathematikprofessor. Er wurde verhaftet, als er ein Solidarność-Treffen verließ. Dadurch gilt er definitionsgemäß nicht mehr als unschuldig.«
»Weiß er etwas?«
»Deshalb wird ja das Verhör durchgeführt«, sagte Dilecki. »Manchmal stochern wir nur im Nebel. Was er weiß, wird sich noch herausstellen.«
Sie schwiegen für einen Moment.
»Verhöre haben auch noch andere Nutzen. Sie schüchtern diejenigen ein, die nicht gefoltert wurden, wodurch wir ihren Widerstand brechen und sie … fügsamer machen.«
Jetzt begriff er, warum er hier war.
Dilecki sah ihn durch zusammengekniffene Lider scharf an. »Sie hassen mich, nicht wahr?«
Lügen war sinnlos. »Absolut.«
»Ist mir egal. Denn ich will, dass Sie mich fürchten.«
Janusz’ Beine begannen zu zittern.
Dilecki richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Gefangenen und machte ein Zeichen. Einer der Wärter trat den Hocker um, sodass der geschlagene Mann hart auf den Zementboden fiel. Seine Handgelenke und Knöchel wurden losgebunden, und der blutige Mann krümmte sich vor Schmerzen. Dennoch schrie er nicht und sagte auch kein Wort.
Das war beeindruckend.
Tatsächlich sogar noch stärker als Dileckis Furcht davor, betrogen zu werden.
Also nahm er sich diesen Mut zum Vorbild und fragte: »Was haben Sie mit mir vor?«
»Ich will, dass Sie die Augen und Ohren offen halten und mir sagen, was Sie sehen und hören. Ich will, dass Sie mir alles berichten, was Sie wissen. Ich will Informationen über unsere Freunde und unsere Feinde. Wir gehen einer großen Krise entgegen und brauchen die Hilfe von Menschen wie Ihnen.«
»Ich bin niemand.«
»Was Sie zum perfekten Spion macht.« Dilecki lachte. »Und wer weiß? Eines Tages werden Sie vielleicht eine große Nummer.«
Ihm war bewusst, was die Befürworter und Unterstützer des Kriegsrechts gerne sagten. Polen war von der UdSSR, der DDR, der Tschechoslowakei, der Ukraine und Weißrussland umgeben, alles Staaten, die von den Sowjets kontrolliert wurden. Man hatte in Polen das Kriegsrecht angeblich verhängt, um das Land vor einer möglichen Militärintervention durch jene Staaten des Warschauer Paktes zu bewahren – wie sie 1956 in Ungarn und 1968 in der Tschechoslowakei geschehen war, als die Sowjets jegliche Opposition niederschlugen. Doch niemand glaubte ernsthaft solchen Unsinn. Es ging den Mächtigen einzig und allein um ihren Machterhalt.
Der Kommunismus existierte nur durch Unterdrückung.
Der polnische Kommunismus wirkte wie eine seltsame Mischung von Sozialismus und Faschismus; eine kleine Gruppe kontrollierte alle anderen und die Ressourcen, während die überwältigende Mehrheit in Hunger und Armut lebte.
Der Gefangene auf dem Fußboden regte sich, sein geschundener Körper verdrehte sich, wie von einer furchtbaren Arthritis gepeinigt. Einer der Wärter trat ihn in den Leib, und aus dem Mund des Mannes spritzte Erbrochenes. Einerseits wollte Janusz dem Mann unbedingt helfen,...
Erscheint lt. Verlag | 19.4.2021 |
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Reihe/Serie | Cotton Malone | Cotton Malone |
Übersetzer | Wolfgang Thon |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The Warsaw Protocol (Cotton Malone 15) |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Agententhriller • Auktion • Cotton Malone • Dan Brown • Das Memphis-Dossier • Die Vatikan-Intrige • eBooks • Freimaurer • Illuminati • Intrige • Krimi • Kriminalromane • Krimis • New-York-Times-Bestseller • Passion Christi • Russland • Spionagethriller • Thriller • Verschwörung |
ISBN-10 | 3-641-26631-9 / 3641266319 |
ISBN-13 | 978-3-641-26631-8 / 9783641266318 |
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