Krabbenchanson - Die Inselköchin ermittelt (eBook)

Ein Nordsee-Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
432 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-26690-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Krabbenchanson - Die Inselköchin ermittelt - Lili Andersen
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Schön war es, auf der Welt zu sein...
Zwischen Meeresrauschen und Möwengeschrei erholt sich Köchin Louise Dumas von einem gebrochenen Herzen. Seit sich die Französin bei ihrer Patentante auf Pellworm einquartiert hat, geht es ihr viel besser. Schon bald spricht sich herum, dass eine Sterneköchin auf der Nordseeinsel weilt - und Louise bekommt den Auftrag, für die Geburtstagsgäste eines gefeierten Schlagersängers zu kochen. Als am Ende des rauschenden Fests jedoch der Gastgeber tot aufgefunden wird, ahnt Louise, dass mehr als ein simples Unglück dahintersteckt. Während Kriminalkommissar Mommsen noch an einen Unfall glaubt, ist Inselköchin Louise bereits einem gefährlichen Mörder auf der Spur ...

Der erste Fall für die Inselköchin Louise Dumas

Lili Andersen ist das Pseudonym der Krimiautorin und Kunsthistorikerin Liliane Skalecki. Wie ihre Protagonistin Louise Dumas hat auch Lili Andersen französische Wurzeln, ein Herz für kleine friesische Inseln und einen Hang zum Kochen köstlicher Gerichte. Sie lebt mit ihrer Familie in Bremen und Südfrankreich.


Kapitel 1


Wie im Zeitraffer. So hatten sich die letzten zweiundsiebzig Stunden für Louise angefühlt. Eintausend Kilometer in drei Tagen hatte sie zurückgelegt, durch eine Landschaft, die unbemerkt an ihr vorüberflog, als hätte jemand auf die Vorspultaste gedrückt. Zurückgelassen hatte sie ein Leben, das in tausend Scherben zerbrochen war, ein Leben, das ebenso an ihr vorbeigeflogen war wie die Landschaft im Zeitraffer.

Erst jetzt, seit sie an Bord der Fähre war, das Wummern der Motoren und das Geschrei der Möwen in den Ohren, schien die Zeit wieder in ihren gewohnten Rhythmus zu verfallen. Die Wolken flogen bald in geschlossenen Formationen, bald zerfetzt wie ein zerrissenes Tuch über den bleigrauen Himmel. Sie legte den Kopf in den Nacken, fixierte eine der Wolken, beobachtete, wie sie auseinanderwirbelte, sich in einer neuen Form zusammenfügte, in Stücke gerissen wurde, um dann mit einer anderen Wolke zu kollidieren, sich mit ihr zu vereinen und weiterzuziehen. Und das alles in rasender Geschwindigkeit. Wolken im Zeitraffer. Die Fähre pflügte durch das Wasser, Schaumkronen bildeten sich, sprangen wie eine Herde wilder Pferde davon, die ihre langen weißen Mähnen schüttelten. Bald war sie am Ende ihrer Reise angelangt. La mer m’a donné sa carte de visite pour me dire: Je t’invite à voyager. Die Textzeilen aus dem Lied von Georges Moustaki kamen ihr in den Sinn. Das Meer hat mir seine Visitenkarte überreicht, um mir zu sagen: Ich lade dich ein zu reisen. Leise summte sie die Melodie vor sich hin. In Louises Leben gab es zwei Männer, die sie rückhaltlos für ihre Kunst verehrte – den Chansonnier Georges Moustaki und den Regisseur François Truffaut. Sie kannte jedes Lied, jede Textzeile, jeden Film, jeden Dialog.

Als sie fünfzehn war, hatte ihr Vater eine Kur in Lamalou-les-Bains machen müssen und die Gelegenheit für einen seltenen Urlaub mit seiner Frau und seiner Tochter genutzt. Kaum in dem kleinen Ort nördlich von Bézièrs angekommen, sah Louise Menschen zum Platz vor dem Casino pilgern. Irgendetwas Besonderes schien hier stattzufinden. Ihre Eltern, müde von der Fahrt, zogen es vor, sich gemütlich im Ferienhaus einzunisten, doch Louise folgte dem Menschenstrom. Bis zu diesem Tag hatte sie die üblichen Tralala-Popsongs gehört. Sie hatte keine Lieblingsband, auch keinen Sänger, den sie favorisiert hätte. Sie hörte Radio, meist den Sender RFM mit seiner Mischung aus Chansons und internationaler Musik, und das wars. Die Begegnung mit Georges Moustaki, der in diesem Kurort ein Gratiskonzert gab, eröffnete ihr eine Musik, die sie fesselte und sie seitdem nicht mehr verlassen hatte. Es waren die Texte, die Melodien, die Ausstrahlung des alternden Chansonniers und seine Stimme, die schmeichelte und forderte und immer eine Weichheit in sich trug, die Louise tief ins Herz drang.

Ihre Augen tränten, vom Wind, vor Erschöpfung oder wegen der Erinnerung wusste sie nicht genau, und rasch setzte sie sich die Sonnenbrille auf. In Norderstrand hatte sich die Sonne in bester Junilaune gezeigt, und Louise hatte in einem leichten Pullover am Fähranleger im Hafen Strucklahnungshörn auf die Fähre gewartet, die sie zur Insel bringen sollte. Als sie ihr Motorrad auf die Pellworm 1 schob, hatte ihr die Frau, die die Fahrkarte kontrollierte, geraten, sich noch eine Jacke überzuziehen, die halbstündige Überfahrt würde eine frische Angelegenheit werden. Louise hatte auf ihre Lederjacke gezeigt, die über der Hecktasche, in der sie ihre wichtigsten Reiseutensilien aufbewahrte, lag, und sich für den Rat bedankt.

Louise sah sich an Deck um. Es waren nur wenige Reisende an Bord. Eine Handvoll Touristen, deren vollgeladene Autos an Deck standen, und Inselbewohner, die auf dem Festland arbeiteten. Oder die sich dort mit alledem eindeckt hatten, was es auf Pellworm nicht zu kaufen gab. Auch wenn Tante Fine ihr hundertmal versichert hatte, dass es die wichtigsten Dinge und mehr, viel mehr! auf der Insel gab. Die kleinen Geschäfte und der Supermarkt in Tammensiel seien mit allem bestückt, was das Herz begehrt, die Brötchen in der einzigen Bäckerei wären frisch und kross, an nichts würde es ihr fehlen.

Louise fröstelte. Leider würde es auf Pellworm keineswegs das geben, was ihr Herz begehrte … Wieder traten ihr Tränen in die Augen. Doch diesmal war ganz sicher nicht der starke Wind daran schuld. Sie zog den Reißverschluss ihrer Motorradjacke bis zum Hals und packte den länglichen schmalen Lederkoffer, den sie über der rechten Schulter trug, auf die linke.

»Machen Sie Urlaub auf Pellworm? Oder …«

Louise fuhr herum. Der Wind hatte die letzten Worte mitgenommen. Oder gab es einen Zeitraffer auch in der Sprache? Einen Wortraffer? Der Mann, der wie aus dem Nichts neben ihr aufgetaucht war, hatte seine Arme fröstelnd vor dem Körper gekreuzt, die Hände in den Achselhöhlen vergraben. Kein Wunder, er trug ein Poloshirt, den wärmenden blau-weiß gestreiften Pullover hatte er um seine Hüften über dem deutlich sichtbaren Bauchansatz geknotet.

»Ziehen Sie den mal lieber an«, brummte Louise und machte eine Kopfbewegung in Richtung des molligen Kleidungsstücks. Dann wandte sie sich wieder ihren Wolkenbetrachtungen zu. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war Small Talk mit einem Fremden. Doch der Mann ließ sich nicht beirren und stellte sich neben sie an die Reling. Langsam drehte sie sich wieder zu ihm um und musterte ihn.

Der Mann war in den späten Fünfzigern, das spärliche Haar war kurz geschnitten. Bis auf den kleinen Bauchansatz wirkte er sportlich, war groß gewachsen, und man hätte ihn attraktiv nennen können, wenn seine Ohren nicht wie zwei aufgeblähte Miniatursegel an seinem Kopf gesessen hätten. Louise konnte nicht anders, sie starrte auf die Ohren. Der Mann fing ihren Blick auf und lachte gutmütig. »Mein Markenzeichen. Ich kann damit wie eine Satellitenschüssel jedes noch so kleine Signal wahrnehmen.«

Louise musste lächeln.

»Das ist kein Scherz! Ich glaube, ich höre tatsächlich besser als andere Menschen. Eine Eigenschaft, die meine Kunden davon überzeugt, dass ich weiß was, ich tue. Na, haben Sie eine Idee, was ich beruflich mache?« Der Mann lächelte verschmitzt.

Louise unterdrückte ein Seufzen. Sie war hier offensichtlich an einen Witzbold geraten. »Hmmm …« Sie tat so, als denke sie angestrengt nach. »Ich glaube, Sie sind Direktor eines Flohzirkus. Wenn sich Ihre kleinen Akrobaten aus dem Staub machen, hören Sie sie niesen, et hop, haben Sie Ihren Trupp wieder eingefangen.«

Ihr Gegenüber brach in ein herzhaftes Lachen aus. »Na, Sie sind mir eine. Nein, Sie kommen ja doch nicht drauf. Ich werde es Ihnen verraten. Ob Sie es glauben oder nicht, ich bin Hörgeräteakustiker.«

Nun musste auch Louise lachen. »Da haben Sie ja wirklich den perfekten Beruf gefunden! Und um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ich besuche meine Patentante auf Pellworm. Und ich werde höchstwahrscheinlich längere Zeit hierbleiben. Mal sehen. Also irgendwie ein Urlaub, aber doch nicht so richtig. Und Sie?«

»Wir machen Urlaub. Richtigen. Wir verbringen unsere Ferien schon seit zehn Jahren auf der Insel. Es gibt keinen schöneren Platz auf dieser Welt als Pellworm. Es ist ein Paradies. Aber wenn Ihre Tante hier wohnt, kennen Sie dieses herrliche Fleckchen Erde wahrscheinlich bestens.«

»Wie man es nimmt. Ich bin als Kind viel dort gewesen. Das letzte Mal ist, oh je, da muss ich nachrechnen, fünfzehn Jahre her.«

»Hubertus, willst du dir etwa den Tod holen?«

Eingepackt in eine Jacke, die vielleicht einem Aufenthalt auf der Zugspitze alle Ehre gemacht hätte, trat eine rundliche Frau auf sie zu. Sie kam nur langsam voran, da sie sich gegen eine aufkommende Windböe stemmte, dabei wedelte mit einer dunkelroten Daunenjacke.

»Zieh sofort deinen Pullover über! Und die Jacke! Meinst du, du schindest Eindruck bei der Dame, wenn deine Haut wie die einer gerupften Gans aussieht?« Sie schüttelte verständnislos den Kopf und reichte Louise die Hand.

»Simone Schulte. Puh, ist das ein Wind. Und so kalt. Man sollte nicht glauben, dass wir Mitte Juni haben. Aber das wird noch, nicht wahr, Knuffelchen? Wir sind für alle Eventualitäten gewappnet. Daunenjacken für Schietwetter, kurze Hosen für die Wattwanderung bei Sonnenschein. Zwei Wochen Pellworm. Wir können es kaum erwarten. Nicht wahr, Knuffelchen? Jetzt sag doch auch mal was. Männer sind so mundfaul. Manchmal denke ich, er hört trotz seiner großen Ohren nicht mehr richtig. Oder, er will mich nicht hören.«

Sie beschirmte ihre Augen mit der Hand und blickte gen Horizont. Dann trompetete sie, als habe sie das Eiland höchstselbst soeben entdeckt, »Land in Sicht!«. Geschäftig wandte sie sich an ihren Mann: »Hubertus, wir müssen zum Wagen. Wir stehen ganz vorne. War schön, Sie kennengelernt zu haben. Machen Sie auch Urlaub hier? Wird Ihnen guttun Kindchen, Sie sehen nämlich etwas blass um die Nase aus.« Mit diesen Worten und einer besorgten Miene, die sowohl Louise als auch Hubertus galt, drehte sich Simone Schulte um und ließ sich vom Wind zu ihrem Wagen geleiten.

Louise schmunzelte und Hubertus seufzte. Er machte keine Anstalten, seiner Frau zu folgen.

»Sie wird auch wieder ruhiger, glauben Sie mir. Das kenne ich schon. Sie betritt die Insel wie ein aufgescheuchtes Huhn, schnattert die ersten zwei Tage wie eine Gans. Und dann, wie durch einen Zauber, beginnt die Entschleunigung. Auf Pellworm wird man einfach entspannt und gelassen. Ja, ein echter Zauber. Aber das kennen Sie ja, wenn Sie schön öfter hier waren, Frau … Ach herrje, Sie hatten ja noch nicht einmal die Möglichkeit, sich...

Erscheint lt. Verlag 13.4.2021
Reihe/Serie Inselköchin-Saga
Inselköchin-Saga
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bestseller Urlaub • Dora Heldt • eBooks • Frankreich • französische Küche • Friesland • Heimatkrimi • Inselköchin • Klaus-Peter Wolf • Kochbuch • Kochbücher • Kochen • Krimi • Krimi Humor • Krimi Insel • krimi lustig • Kriminalroman • Kriminalromane • Krimis • Kulinarischer Krimi • Küstenkrimi • Lebensmittelallergie • Mamma Carlotta • Mord • Nordsee • Rezepte • Schlager • Schlagersänger • Strandlektüre • Urlaubskrimi • Urlaubslektüre • Vergiftung
ISBN-10 3-641-26690-4 / 3641266904
ISBN-13 978-3-641-26690-5 / 9783641266905
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