Von schwarzem Herzen (eBook)

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2020 | 2. Auflage
413 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2495-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Von schwarzem Herzen - Wendy Morgan
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Sie liebt mich ... sie liebt mich nicht ...

Ich will sie ... ich will sie tot ...

Als eine selbstgemachte, herzförmige Valentinskarte ohne Unterschrift im Briefkasten von Rose Larrabee auftaucht, ist sie überrascht, da sie als Witwe und Mutter zweier kleiner Kinder wenig Zeit für Romantik hat. Aber was man für ein romantisches Geschenk halten könnte, ist in Wirklichkeit eine erschreckende Erinnerung an das dunkle Geheimnis, das sie mit zwei anderen Frauen teilt ... ein Geheimnis, das tödliche Folgen hat. Als das Telefon mitten in der Nacht klingelt und ein Lied spielt, das Rose das Blut in den Adern gefrieren lässt, ist sie fest entschlossen, ihre Familie vor der Bedrohung zu schützen. Eine Bedrohung, die sie nicht sehen kann, von der sie aber weiß, dass sie da draußen ist und sie beobachtet. Nachdem eine der anderen Frauen tot aufgefunden wird, ist Rose klar, dass die Valentinskarte nicht das Geschenk eines geheimen Verehrers ist, sondern eine Warnung des Verrückten, der ihren tiefsten, dunkelsten Ängsten allzu nahe kommt - und den sie seit Jahren fürchtet ...



Wendy Morgan hat englische Literatur mit dem Schwerpunkt kreatives Schreiben studiert. Nach ihrem Studium hat sie zunächst als Lektorin und Journalistin gearbeitet, um sich dann ganz ihrem Traumberuf der Schriftstellerin zu widmen. Wendy Morgan lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Söhnen in New York. 

1. KAPITEL


Mommy!«

Rose Larrabee macht sich auf einiges gefasst, als ihr Dreijähriger über den von Spielzeug übersäten Fußboden der Kindertagesstätte auf sie zugestürmt kommt. Das Gebäude ist fast verwaist, wie immer um diese Zeit, wenn sich bloß noch Leo und ein Erwachsener in der Einrichtung aufhalten.

Sie lächelt, als ihr Sohn herangehüpft kommt, ein olympischer Hürdenläufer in Miniformat, der über abenteuerlich gestapelte Holzbauklötze und Spielzeugwolkenkratzer turnt.

»Hi, Schätzchen!« Schmerzhaft verzieht sie das Gesicht, als Leo sich in ihre Arme wirft, schwungvoll und derart ungestüm, dass ihr sein drahtiger dreijähriger Körper mit voller Wucht gegen die Rippen kracht. Auf diese Weise begrüßt er sie jeden Nachmittag beim Abholen von »Toddler Tyme«. So heißt die Tagesstätte. Angesichts des Gefühls der Erleichterung, dass sie ihn wieder wohlbehalten in ihre Arme schließen kann, nimmt sie den Stoß gegen ihren empfindlichen Brustkasten mit der verräterischen Narbe darauf gern in Kauf.

Rose legt ihr Gesicht in Leos hellbraunes Haar und atmet tief seinen Duft ein – ein Hauch von Erdnussbutter, gemischt mit dem unverkennbaren Aroma von Knetgummi. Lächelnd tätschelt sie ihm den Schöpf, wobei ihre Fingerspitzen auf einen verklebten, strohähnlichen Klumpen stoßen. »Hast du dir beim Mittagessen wieder Traubengelee ins Haar geschmiert, Leo?«

»Nö!« Den Kopf schräg gelegt, entzieht er sich ihren Fingern und wehrt mit heftigem Kopf schütteln ab.

»Ganz bestimmt?« Sie streichelt die klebrige Stelle.

»Ja.«

»Er meint, es war wohl Gelee, nur nicht von Trauben!« Grinsend taucht Gregg Silva neben den beiden auf. »Sondern Erdbeermarmelade!«

Rose begrüßt den neuen Mitarbeiter bei Toddler Tyme mit einem Lächeln. »Der nimmt aber auch alles wörtlich, der Schlingel!« Sie beugt sich vor, um den Kleinen auf die Füße zu stellen.

»Tun sie das nicht alle?« Gregg gluckst verhalten in sich hinein. »Wir hielten Erdbeermarmelade für angebracht, weil ja diese Woche Valentinstag ist!«

Valentinstag! Ach, du liebe Zeit! Und morgen schon! Das hat Rose total verschwitzt. Gottlob hat sie ihren beiden Kleinen bereits die Schächtelchen mit Karten zum Verschenken in der Schule und in der Tagesstätte gekauft. Sie bekommt im Buchladen auf sämtliche Artikel einen Angestelltenrabatt von fünfzehn Prozent, auch auf Schreib- und Papierwaren.

Klar, Jenna nörgelte über die Allerweltskärtchen, die Rose für sie ausgesucht hatte. Leos hingegen stammten aus dem Bereich Baumaschinen: Planierraupen, Muldenkipper, Betonmixer und dergleichen. Damit gab er sich vollauf zufrieden. Im Augenblick interessiert er sich brennend für alles, was irgendwie mit Dreck zu tun hat oder zum Buddeln benutzt wird.

Während sie zusieht, wie Gregg sich bückt und geschickt den obersten Knopf an Leos winzigem blau-türkis gestreiften Rugby-Trikot schließt, verblüfft es sie zum wiederholten Mal, dass dieser erwachsene Mann – ledig, um die dreißig, kinderlos – ein solches Händchen für Kinder beweist.

Seit ein paar Wochen erst arbeitet Gregg als Vollzeitkraft in der Einrichtung. Von Candy Adamski, der überaus mitteilsamen Leiterin der Tagesstätte, weiß Rose, dass er nach einem Umzug seit kurzem hier im Osten von Long Island wohnt. Er hat Grundschulpädagogik studiert; bei Toddler Tyme arbeitet er tagsüber, und abends absolviert er am Stony Brook College ein Aufbaustudium zum Master.

»Ich dachte, gar nicht so schlecht, mal ein Mann im Kollegium«, hatte Candy gemeint und dabei bedeutungsvoll geguckt. »Besonders für Jungs wie Leo!«

Innerlich hatte Rose sich gekrümmt, auch wenn sie der Leiterin die Anspielung nicht verübelte. Richtig, Jungen wie Leo – Jungen, die vaterlos aufwachsen – brauchen positive männliche Vorbilder. Und Frauen wie Rose – junge, verwitwete Mütter – sollten eigentlich dankbar sein für jede Gelegenheit, bei der sich ihre Söhne mit Männern wie Gregg Silva auseinander setzen müssen.

Das bedeutet indes nicht, dass sie sich innerlich je damit abfinden wird, dass ihre Kinder nicht mehr einer »normalen« Familie angehören! Einer Familie mit zwei Elternteilen, die alle gemeinsam unter einem Dach leben.

Leben, wohlgemerkt!

Vater, Mutter, Schwester und Bruder.

Die ideale Familie.

Alles war so vollkommen!

Wie konnte es sein, dass sie sich dessen damals nie recht bewusst war? Wie konnte sie bloß so viel Zeit vergeuden und sich den Kopf über Banalitäten zerbrechen?

Unbegreiflich, dass sie damals hin- und herüberlegte, ob sie fünf Dollar zusätzlich pro Monat für einen Premium-Kabelkanal ausgeben sollte! Oder dass sie sich aufregte, als ihr chinesisches Stammrestaurant es ablehnte, beim $ 4.95-Sonderangebot für den Mittagstisch Suppe süß-sauer gegen Won Ton zu tauschen!

Nicht zu fassen, dass sie die turnusmäßigen Trainingsstunden im Fitnessstudio schwänzte, nur weil sie wegen ihrer Periode an Unterleibskrämpfen litt! Oder dass sie über die wochenlang anhaltenden Schmerzen jammerte, nachdem sie sich im Kickboxen-Kurs den Rücken gezerrt hatte!

Unglaublich, dass sie Sam immer anschnauzte, wenn der vergaß, sich an der Hintertür die verdreckten Schuhe auszuziehen, wenn er seine Lieblingseiskrem direkt aus der Familienpackung futterte oder wenn er versäumte, ihr telefonisch mitzuteilen, er mache Überstunden und komme erst später nach Hause.

Warum hatte sie Gott nicht gedankt für jeden einzelnen Abend, an dem ihr Mann überhaupt heimkam?

Warum war sie nicht dankbar gewesen für jeden gesegneten Tag, an dem sie morgens aufstand? Mit Schmerzen zwar, die aber nichts weiter waren als eine belanglose Unpässlichkeit, keinesfalls etwas Lebensbedrohendes!

Warum hatte sie sich nicht an solch simplen Genüssen erfreut wie Imbisse zum Mitnehmen, Filme im Kabelfernsehen und den zahllosen anderen Alltagsköstlichkeiten, die sie sich nun nicht mehr leisten kann?

»Mrs. Larrabee?« Greggs Stimme zwängt sich in ihre Grübeleien – mit dem Unterton von jemandem, der schon einige Zeit versucht, auf sich aufmerksam zu machen.

»Ja?« Sie lässt ihre Gedanken zurückschwenken in die Gegenwart.

In Greggs blaugrauen Augen liegt gespannte Erwartung.

Rose kommt nicht umhin zu bemerken, wie gut er aussieht: groß, schlank und breitschultrig, bekleidet mit einem maisgelben Rollkragenpullover. Ein üppiger, flachsblonder Haarschopf krönt seine hübschen Gesichtszüge und verleiht ihm die jungenhafte Aura eines kernigen, sonnengebräunten Surfers, selbst jetzt, mitten im Winter. Ohnehin hat er offenbar etwas Farbe bekommen; vermutlich verbringt er die Wochenenden auf den Skihängen nördlich oder westlich von New York City. Wenn Sam ein Wochenende draußen mit den Kindern spielte, kriegte er auch immer so ein frisches, gerötetes Gesicht, sogar hier auf Long Island.

Ach, Sam, was warst du für ein toller Daddy …

»Die Cupcakes!«, sagt Gregg, derweil Leo ungeduldig an ihrem Hosenbein zupft.

»Cupcakes?«, echot sie völlig verständnislos, noch dabei, das Bild ihres Mannes aus ihren Gedanken zu verdrängen.

»Na, für morgen! Die Party zum Valentinstag! Bei der Planungssitzung im Oktober, da haben Sie sich verpflichtet, Törtchen zu backen! Ich wollte Sie nur daran erinnern.«

»Ach ja, sicher! Klar, die Cupcakes! Wie viele sollte ich denn noch mal mitbringen?«

»Dreißig.«

»Stimmt, dreißig.« Sie strahlt Gregg verkrampft an, bemüht zu begreifen, was in Dreiteufelsnamen im Oktober bloß in sie gefahren war, als sie sich überreden ließ, dreißig Törtchen zum Valentinstag zu backen.

Ach was, sie weiß genau, was damals in sie gefahren war! Sie bildete sich nämlich ein, sie könnte auftreten wie eine jener Muttis, für die es ein Klacks ist, Cupcakes zu Feiertagspartys mitzubringen. Selbst gebackene Törtchen, dreißig Stück an der Zahl, möglichst mit rosafarbenem Zuckerguss drauf und Herzchen aus Streuseln!

»Mommy! Meine Jacke!«

Gedankenverloren nimmt sie Leos hellroten Parka vom Haken und hilft ihm beim Anziehen. Das gute Stück stammt von Jenna. Damals, als ihre Tochter noch Einzelkind war, mussten sämtliche Klamotten entweder pink sein oder mit Blumenmuster. Sobald aber Leo das Licht der Welt erblickte, begriff Rose im Handumdrehen, dass kleine Mädchen in Rot, Waldgrün oder sogar Marineblau genauso niedlich aussehen können.

Zum Glück besteht Jenna, was Kleidung betrifft, nicht auf ausgesprochene Mädchensachen. Bis jetzt begnügt sie sich mit Jeans und Pullovern, die ihr kleiner Bruder noch gut auftragen kann. Nur wird, so denkt Rose insgeheim, bald die Zeit kommen, in der ihre Tochter nicht davon abzubringen sein wird, ihre Garderobe selbst auszusuchen. Als Mutter wird Rose es dann wohl nicht leicht haben. Ihr Budget lässt für Mode nicht viel übrig.

Schließlich...

Erscheint lt. Verlag 7.4.2020
Reihe/Serie Wendy Morgan Thriller
Wendy Morgan Thriller
Übersetzer Martin Hillebrand
Sprache deutsch
Original-Titel She loves me not
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Abgelegen • Adler Olsen • Andreas Winkelmann • Angst • Catherine Sheperd • Charlotte Link • Domestic Crime • Einsamkeit • Fred Vargas • Jeffery Deaver • Joy Fielding • Karen Rose • Karin Slaughter • Lee Child • Mary Higgins Clarke • Michael Robotham • Mörder • Nervenkitzel • Psychothriller • Sterben • Tod • Todesangst • umbringen
ISBN-10 3-8412-2495-4 / 3841224954
ISBN-13 978-3-8412-2495-8 / 9783841224958
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