Gefährliches Wiedersehen (eBook)

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
253 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2493-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gefährliches Wiedersehen - Iain McDowall
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Der erste Fall für Jacobson und Kerr.

Ein Einbrecher stolpert über eine Leiche: der Besitzer der Wohnung, ein gutaussehender Professor, liegt in einer riesigen Blutlache. Ermittlungen ergeben jedoch, dass Dr. Roger Harvey allseits beliebt war und ein eher unauffälliges Leben führte. Wer hätte also einen Grund gehabt ihn umzubringen? Detective Chief Insepctor Jacobson und sein Team stehen vor einem Rätsel. Doch dann fällt ihnen auf, dass der gegenüber wohnende Nachbar seit dem Mord spurlos verschwunden ist ...



Iain McDowall, in Kilmarnock, Schottland, geboren, war Universitätsdozent für Philosophie und Computerfachmann, ehe er als Autor von Kriminalromanen bekannt wurde. Heute lebt er in Worcester, England, wo sich auch die fiktive Stadt Crowby befindet, in der seine Kriminalromane allesamt spielen.

1


Donnerstag


Es gab zwei Möglichkeiten. Er konnte sich von ihr wegdrehen und seinen Zorn herunterschlucken, bis er einschlief, oder er konnte ihr Kontra geben und sie erneut zum Explodieren bringen. Er entschied sich für die Schlafvariante und zog im Wegdrehen die Decke mit sich. Das war seine letzte Provokation, aber sie weigerte sich, darauf einzugehen, und klammerte sich an ihrem Kissen fest. Vor seinem inneren Auge sah er sie beide wie von einer Kamera hoch über ihnen gefilmt: zwei in sich zurückgezogen daliegende Gestalten in der Intimität von Bettwäsche und aufgestauter Wut.

Er schrie gerade seine Mutter und seinen Vater an, als ihn das hässliche Klingeln des Telefons aus seinen Träumen riss. Cathy neben ihm murmelte etwas Unverständliches und fiel gleich wieder in Schlaf.

»Ian, hier ist Jacobson. Es gibt einen Toten, den es nicht geben sollte, und wir haben den Fall auf dem Tisch. In einer halben Stunde spreche ich zu den versammelten Massen.«

Jacobson fasste sich kurz und blieb gerade so lange am Telefon, bis er ein gegähntes »Okay« hörte. Kerr wusste nicht mehr, wann er schließlich eingeschlafen war, er hoffte nur, ausgeruht genug zu sein, um den Tag zu überstehen. Seine Füße fanden den Teppich und sein Autopilot steuerte ihn ins Bad. Zehn Minuten: Er pinkelte, wusch sich das Gesicht mit kaltem, dann heißem, dann zu heißem Wasser und kämpfte sich verschlafen durch das Elend des Rasierens. Schnell ging er zurück ins Schlafzimmer, wo er in Hemd und Hose stieg, ohne seine Frau aufzuwecken. Von der Tür aus sah er noch einmal zum Bett. Nur ihr schlafender, verwuschelter Kopf war sichtbar, das Gesicht lag halb unter den blonden Haaren versteckt.

»Ich liebe dich«, sagte er, obwohl er doch wusste, dass sie ihn nicht hörte, und schlich leise nach unten. Im Wohnzimmer schaltete er das Licht ein. Der getrocknete Chianti-Fleck auf dem Sofa war nicht mehr rot, sondern braun, die aus dem Regal gerissenen Bücher und Platten lagen im ganzen Zimmer verstreut. Der Riss quer durch den Bildschirm des Fernsehers sah weit schlimmer aus als noch am Abend zuvor. Kerr ließ das Schlachtfeld, wie es war, und ging in den Flur. Auf der Türmatte lagen ein paar Umschläge, ziemlich sicher Rechnungen. Er hob sie auf, trug sie zum Küchentisch und achtete nicht weiter auf das klagende Miauen der Katze draußen vor der Tür. Wenn ihm selbst keine Zeit zum Frühstücken blieb, gab es keinen Grund, warum sie jetzt schon fressen sollte.

 

Detective Sergeant Kerr setzte sich in die letzte Reihe des Besprechungsraums. Es gehörte mittlerweile zur Routine der Spurensicherung, den Tatort bei der Ankunft zu filmen. Jemand drehte das Licht herunter, und das neueste Snuff-Video erschien auf dem Schirm: die Leiche eines schlanken, gut ein Meter fünfundsiebzig großen Mannes, das Gesicht nach unten gedreht. Der Tote trug eine blaue Levis 501 und ein grünkariertes Hemd. Seine Haare waren verklebt mit schwarzem, geronnenem Blut. Der Boden um die Leiche herum war ganz damit bedeckt, sodass sie in einer schwarzen Pfütze zu schwimmen schien. Fette Insekten flogen tonlos über den Schirm.

Als das Licht wieder anging, erhob sich vorne im Raum eine stämmige Gestalt. Detective Chief Inspector Frank Jacobson hustete kurz den ungesunden Husten eines Rauchers, bevor er zu sprechen begann.

»Das Opfer wird aller Wahrscheinlichkeit nach als Roger Harvey identifiziert werden, sechsunddreißig Jahre alt, Universitätsdozent, unverheiratet, offenbar keine homosexuellen Neigungen, keine Drogen oder Vorstrafen. Kurz, es gibt kein augenfälliges Motiv, warum man ihm das Hirn zu Brei geschlagen hat.«

Jacobson legte eine kunstvolle Pause ein. Kerr sah unauffällig auf die Uhr. Es war 7.37 Uhr.

»Unser Freund sagt, er hat die Leiche gegen vier Uhr gefunden. Sobald wir die mutmaßliche Tatzeit haben, sollten wir ihn als Täter ausschließen können, immer vorausgesetzt, er hat ein Alibi. Bis dahin halten wir ihn fest, gehen aber erst einmal davon aus, dass er die Wahrheit sagt: dass der Mann längst mausetot war, als er in die Wohnung einbrach.«

 

Kerr und Jacobson folgten dem Constable den Korridor hinunter zu den Verhörräumen.

»Geordie hat also tatsächlich nichts damit zu tun?«

»Er ist unverbesserlich, aber nur für sich selbst eine Gefahr. Hat sich in völliger Panik gemeldet. Zweifellos schreibt er unseren Spurensuchern magische Kräfte zu und nahm deshalb an, dass wir ihn unweigerlich am Kragen hätten, wenn wir den Toten entdecken würden. Also ist er gleich zur nächsten Wache gerannt. Hören Sie, Ian, befragen Sie ihn doch bitte allein. Gehen Sie seine Aussage noch mal mit ihm durch. Vielleicht gibt es ja die eine oder andere Einzelheit, die er beim ersten Mal vergessen hat. Dann kann ich jetzt gleich zu Merchant fahren und sehen, was sie in der Pathologie für uns haben. Sagen Sie McCulloch, dass wir ihn voraussichtlich auf Kaution herauslassen, sobald die Tatzeit klar ist. Das Letzte, was wir im Moment brauchen, ist ein Junkie, der sich in der Zelle aufhängt.«

Der Sergeant öffnete die Tür, und Jacobson sah mit dem Ausdruck eines Zeremonienmeisters zu dem zusammengesunken dahockenden McCulloch hinein.

»Kopf hoch, Geordie. Ich hab Ihnen einen alten Kumpel mitgebracht.«

George McCulloch trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. Teilnahmslos sah er zu, wie sich Kerr zu ihm an den Tisch setzte.

»Hallo, Geordie. Hat mir wirklich leidgetan, das mit Sylvie zu hören.«

»Ich weiß schon, Mr Kerr, aber wenn man erst mal dranhängt …«

Seine ohnehin schwache Stimme verstummte. Es war nicht nötig, das Offensichtliche auch noch auszusprechen. Sylvie und George hatten eine durchaus beeindruckende Serie kleiner Betrügereien hingelegt, Kreditkartendelikte und gelegentlich auch einen altmodischen Einbruch. Wie Lehrer und Ärzte sich immer an ihre ersten Schüler und Patienten erinnern, dachte Kerr, erinnerst du dich immer an deine ersten Straftäter und entwickelst fast so etwas wie Zuneigung zu ihnen. Nach ihrer zweiten oder dritten Verhaftung hatte Kerr – der gerade erst aus der Uniform war und noch voller Enthusiasmus steckte – die McCullochs zu einem Methadonprogramm überredet und sie so vor einer Haftstrafe bewahrt. Mittlerweile war Sylvie an gepanschtem Stoff gestorben und Geordie letzte Nacht offenbar bei einem Mordopfer eingebrochen.

Kerr las McCulloch seine Aussage vor und bat ihn, die zentralen Stellen ein zweites und sogar noch ein drittes Mal neu zu erzählen. Aber es gab keine Fehler oder Unstimmigkeiten. Entweder sagte Geordie die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, oder er log äußerst geschickt von Anfang bis Ende.

»Und Sie sind absolut sicher, dass Sie sonst nichts gesehen oder gehört haben? Wenn wir das schnell hinter uns bringen könnten …«

»Ich bin mir sicher, Mr Kerr.«

Kerr bot McCulloch eine Zigarette an. Obwohl er Nichtraucher war, hatte er für Fälle wie diesen immer eine Schachtel dabei. Er gab McCulloch Feuer. Kerr ärgerte sich über sein leicht dahingesagtes, unehrliches »schnell«. McCulloch würde diesmal mit Sicherheit eingelocht werden, selbst wenn er hier und jetzt den Namen des Mörders ausspuckte, samt Adresse und Hutgröße. Kerr konnte nichts mehr für ihn tun. Eine Minute lang herrschte unangenehmes Schweigen.

»Okay«, sagte er dann, »das war’s für den Moment. Der Autopsiebericht und die ersten Laborergebnisse sollten bis heute Abend da sein. Wenn alles passt, haben wir nichts gegen eine Kaution. Wenn Sie ausgeraucht haben, bringt Sie der Constable zurück in die Zelle.«

Kerr schob die Zigarettenschachtel über den Tisch und stand auf. McCulloch versuchte sich an einem Lächeln, das so schwach war wie sein dahockender Körper, so dürftig wie seine Zukunftsaussichten.

 

Professor Alasdair Merchants Büro war räumlich von der Leichenhalle getrennt. Wie die meisten Polizisten, die schon öfter mit Leichen zu tun gehabt hatten, war Jacobson nicht scharf darauf, Merchant bei seiner Arbeit zu unterbrechen, sondern wartete nur zu gern, bis der Pathologe Zeit für ihn hatte. Er musste gähnen und spürte mit einem Mal die Anstrengung dieses Morgens, der sich schon viel zu lange hinzog.

Jacobson stand auf und goss Kaffee aus Merchants Maschine in eine Plastiktasse, widerstand aber der Versuchung, sich eine Zigarette anzustecken. Es war wirklich an der Zeit, mit dem Rauchen aufzuhören, sagte er sich, und am besten gleich auch mit dem Trinken, dem Pub-Essen aus der Mikrowelle und den nächtlichen Takeaway-Baltis. Vor allem brauchte er mehr Bewegung. Wenn er so weitermachte, bekam er in ein, zwei Jahren nebenan sein eigenes Kühlfach und sein kaputter Körper diente Merchant als Rohmaterial für seine hoch angesehenen Forschungen.

Es war Merchant kaum anzukreiden, dass er im Unterschied zu Jacobson eine so glänzende Karriere hingelegt hatte. Ebenso wenig war Merchant dafür verantwortlich, dass seine große, schlanke Erscheinung Jacobson ständig zu einem unliebsamen Vergleich mit seinem eigenen körperlichen Zustand verleitete. Ähnliches galt für die gesunde Gesichtsfarbe, die der Pathologe von seinen immer neuen...

Erscheint lt. Verlag 1.4.2020
Reihe/Serie Ein Fall für Jacobson und Kerr
Übersetzer Werner Löcher-Lawrence
Sprache deutsch
Original-Titel A Study in Death
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Chief Inspector • Chief Inspector Jacobson • Ellen Sandberg • Ermittler • Ian Rankin • Irland • Jeffrey Deaver • John leCarré • Kriminalfall • Lee Child • Leiche • Michael Robothan • Mord • Polizeiarbeit • stuart mcbride • Tod • Tot
ISBN-10 3-8412-2493-8 / 3841224938
ISBN-13 978-3-8412-2493-4 / 9783841224934
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