Die Wahrheit ist eine Wasserleiche -  Mart Schreiber

Die Wahrheit ist eine Wasserleiche (eBook)

Die Frau des Kommissars
eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
320 Seiten
myMorawa von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99093-880-5 (ISBN)
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Kaum ist Marlies von Ihrem Sabbatical zurück, wird Manfred, ihre Vertretung im Kunstunterricht, wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs verhaftet. Marlies zweifelt an seiner Schuld und besucht ihn in der Untersuchungshaft. Sie kennt die Tochter, da sie für kurze Zeit ihre Schülerin war und weiß um ihre psychischen Probleme. Als Manfred wieder aus der Untersuchungshaft entlassen wird, kommt es zu einem Eklat bei einem Treffen mit seiner Tochter und Marlies. Als Frau des Majors Machler von der Mordkommission gerät sie in die Fänge dieses Kriminalfalls, der letztlich in nicht nur einen Mordfall mündet. Joe Machler ist ziemlich sauer auf seine Frau, die seinen Ruf ramponiert und die er auch verdächtigt, mehr als eine kollegiale Sympathie für Manfred zu empfinden. Schließlich beginnt Marlies auf eigene Faust zu ermitteln. Dabei wird sie letztendlich auch von ihrem Mann unterstützt, der wegen Befangenheit aus dem Fall abgezogen wird.

Mart Schreiber ist mein Pseudonym, mein schreibendes Ich, wenn man so will. Ich bin in Österreich geboren und lebe in Wien. Den Wunsch zu schreiben verspürte ich schon als Kind. Seit gut einem Jahr habe ich es auch in die Tat umgesetzt. Davor habe ich zwei IT-Firmen mitgegründet und die Anteile später wieder verkauft. In meinem Brotberuf bin ich freiberuflich als Projektmanager und Projektcoach tätig.

Kapitel 1 – Der Besuch (Ende September)

Das Landesgericht für Strafsachen im Grazer Bezirk Jakomini ist gut hundert Meter lang und drei Stockwerke hoch. Marlies hatte es in Schönbrunn-Gelb in Erinnerung. Als Malerin hatte sie ein gutes Gedächtnis für Farben und optische Eindrücke. Heute zeigte es sich in einem einheitlichen Grau. Wirkte es dadurch bedrohlicher? Marlies war sich nicht sicher. Vielleicht lag es am Besuch, den sie dort abzustatten hatte. Als das Gebäude noch gelb war, zumindest in ihrer Erinnerung, hatte man sie als Zeugin zu einem Prozess geladen, in dem es um Einbrüche in ihrer Nachbarschaft ging. Sie war in der Nacht auf die Terrasse getreten und hatte zwei schwarze Gestalten durch den Garten des Nachbarhauses laufen gesehen. Es war Vollmond gewesen. Daher konnte sie die beiden ganz gut ausmachen. Wer kennt nicht das Phänomen, dass man sich beobachtet fühlt, bevor man denjenigen sieht, der einen anblickt. So muss es einem der Einbrecher ergangen sein, denn er schaute zu Marlies hoch. Sein Gesicht wurde vom Mond gut ausgeleuchtet. Marlies versuchte sich zu erinnern, wie lange das zurücklag. Sie schätzte, dass es an die zehn Jahre waren.

Die drei doppelflügeligen Türen in der Mitte des Gebäudes waren mächtig in ihren Dimensionen und wirkten durch die dunkelbraune Farbe nicht gerade einladend. Der rechte Flügel der mittleren Tür stand offen. Dahinter konnte man die in Gerichtsgebäuden üblichen Sicherheitsschleusen aus Glas und Metall erahnen.

Diesmal vergaß sie nicht, auch die Sportuhr aufs Band zu legen, wie es ihr oft auf Flughäfen passiert war. Marlies hatte sich telefonisch erkundigt, ob sie sich für einen Besuchstermin anmelden könne. Dem war aber nicht so. Zuerst musste sie zum Zimmer zehn, um sich eine Sprecherlaubnis zu holen. Fünf oder sechs Personen warteten vor ihr, einige davon waren Frauen mit Kopftuch. Zum Glück war die Wartezeit gering. Manche brauchten zwar gute fünf Minuten, einige kamen aber schon nach einer Minute wieder aus dem Raum mit der Nummer zehn. Vor dem Betreten des Zimmers sollte man den sogenannten Sprechzettel ausgefüllt haben, eine einfache Angelegenheit, da nur Name, Adresse, die Beziehung zum Inhaftierten und der Grund des Besuchs zu nennen waren. Der Beamte – ein schmächtiger Mann mit einer Halbglatze - sah kam auf. Er drückte den Stempel auf den Sprechzettel und setzte zur Unterschrift an, als er doch den Kopf hob und Marlies mit ernster Miene anschaute.

„Sie sind die Erste“, sagte er.

Marlies glaubte, in seiner Stimme einen Vorwurf mitzuhören.

„Jemand muss der Erste sein“, antwortete sie und versuchte zu lächeln.

„Na ja, wegen der Tochter.“ Er zögerte, bevor er weitersprach. „Geht mich ja nichts an“, sagte er resignierend und drückte mit dem Kugelschreiber beim Unterschreiben fest auf.

„Zweiter Stock, dann rechts halten, bis sie zum Eingang zur Justizwache kommen.“

„Danke, sehr nett“, versuchte es Marlies in einer süffisanten Höflichkeit. Gerne hätte sie ihn noch gefragt, ob er zu solchen Kommentaren überhaupt berechtigt war. Sie nahm aber ihren Ärger mit.

„Du brauchst dich nicht zu schämen, Marlies“, sagte sie in Gedanken zu sich. „Dann bist du halt die erste. Na und.“

Warum war sie gekommen? Mit jeder Stufe, die sie die prunkvolle Treppe in den zweiten Stock nahm, hämmerte die Frage in ihrem Kopf. Sie war weder verwandt mit Manfred, noch hatte sie etwas mit ihm gehabt. Er war bloß ein Kollege, mit dem sie sich gut verstanden hatte. Ein wenig geknistert hatte es schon zwischen ihnen, mehr aber auch nicht. Sie war froh, die Berührungen von Manfred nicht erwidert zu haben. Wenn seine Hände allzu zudringlich wurden, hatte sie diese weggeschoben und „Hör auf damit, Manfred“ gezischt.

Im zweiten Stock ging sie an den vor einem Gerichtssaal Wartenden vorbei. Sie versuchte aus den Augenwinkeln zu erkennen, wer Zeuge, Anwalt oder gar Beschuldigter sein könnte. Egal. Sie ließ den breiten Gang mit den mächtigen dunkelbraunen Türen zu den Sälen hinter sich. Zur linken Hand waren nur mehr vereinzelt schmucklose schmale Türen in Weiß zu sehen, rechts zeigten doppelflügelige Fenster einen in der Mitte begrünten und doch kahl wirkenden Innenhof. Am Ende dieses langen Ganges verwehrte eine Eisentür, die zusätzlich mit einem massiven Gitter verstärkt war, das Weitergehen. Links wartete eine Frau vor dem ebenfalls vergitterten Schalter. Sie zeigte ihren Sprechzettel und verschwand kurz danach in der gleich danebenliegenden Tür, über der „Wartebereich“ stand.

Ein schon etwas älterer Justizwachebeamter nickte Marlies freundlich zu und bat sie, doch näherzutreten. Sein Gesicht war braungebrannt, die dunkelblaue Uniform stand ihm gut.

„Ihren Sprechzettel, bitte“, sagte er mit sonorer Stimme und oststeirischer Aussprache. Mit dem Zettel in der Hand sah er im Computer nach, wohl um die im Zimmer Zehn erfolgte Eintragung zu überprüfen.

„Passt. Wird aber etwas dauern, Frau Knopfler. Alle Kojen sind besetzt und im Warteraum sitzen sieben Besucher.“

„Wie lange, schätzen Sie?“ Marlies Stimme vibrierte ob ihrer aufsteigenden Nervosität. Das ärgerte sie und war auch nicht ihre Art.

„Hm, eine Stunde wird’s schon sein, glaube ich.“

„Kann man nichts machen. Muss ich da drinnen warten?“ Sie zeigte auf die Tür zum Wartebereich.

„Ja, genau. Das Handy schalten’s bitte aus. Am besten verwahren Sie es in Ihrer Handtasche. Und die Handtasche muss in eines der Schließfächer, gleich links nach dem Eingang. In den Besucherbereich dürfen’s nämlich nichts mitnehmen, auch keine Fotos oder etwas zum Schreiben.“

„Okay. Und werde ich dann aufgerufen?“

„Richtig. Wir sagen auch die Nummer der Koje dazu. Sind aber eh nur sechs.“

„Darf ich dem Manfred, also dem Herrn Kreuzam, die Hand geben?“

Der Beamte lachte. „Das geht doch gar nicht. Zwischen Ihnen und dem Untersuchungshäftling ist eine Glaswand und Sie müssen sich über einen Telefonhörer unterhalten.“

„Ach so. Das ist ja wie in den amerikanischen Filmen.“

„Ist nicht so schlimm. Seien Sie froh, dass Sie mit dem Häftling ohne Beamten reden können. Das wäre bei Verabredungsgefahr Vorschrift, aber bei Ihnen trifft das nicht zu.“

„Das hoffe ich doch“, sagte Marlies.

„Eine halbe Stunde haben Sie Zeit“, sagte der Beamte, „aber wegen ein paar Minuten mehr werden wir nicht einschreiten.“

„Danke. Ich weiß gar nicht, ob ich so lange brauchen werde.“

Der Beamte zog die Lippen zusammen und schien noch etwas sagen zu wollen.

„Eine Frage noch, Herr…“

„Kogler, Gruppeninspektor Kogler.“

„Hat der Herr Kreuzam vor mir noch keinen Besuch erhalten, Herr Gruppeninspektor?“

„Das darf ich Ihnen eigentlich nicht sagen, aber …“

Er nickte leicht und schmunzelte.

„Bei diesen Fällen haben wir meistens sehr wenige Besuche. Wenn, dann kommen Verwandte oder die Ehefrau.“

Er blickte an Marlies vorbei und sagte „Alles Gute“. Erst jetzt bemerkte Marlies den Mann in Anzug und Krawatte hinter ihr. Wie lange stand der schon da? Hatte er alles mitgehört?

„Grüß Gott, Herr Doktor“ hörte sie den Kogler sagen, während sie die Tür zum Wartebereich öffnete. Sie trat zögernd in den schmalen, schmucklosen Raum ein. Einige der Wartenden, die zur linken Hand auf Plastiksesseln saßen, erkannte sie vom Anstellen beim Zimmer zehn wieder. Ein vielleicht dreijähriges Kind saß in der winzigen Spielecke vorne links. Es schob lustlos die wenigen roten und gelben Plastikklötze hin und her. Gleich beim Eingang befanden sich wie beschrieben die Schließfächer. Marlies steckte ihr Handy in die Handtasche und sperrte diese ein. Sie entdeckte den Hohlspiegel, der an der linken Wand, knapp unter der Decke angebracht war und schräg nach unten zeigte. Entlang der rechten Wand ließ eine Glasfront, die in einem Meter Höhe begann und bis zur Decke reichte, das Wachpersonal erkennen. So ist das, dachte Marlies. Die brauchen nur in den Hohlspiegel schauen, um den gesamten Warteraum zu überblicken. Rechts hinten gab es noch eine Tür mit einem Glasfenster in Augenhöhe. Dahinter verbergen sich die Besuchskojen, dachte Marlies. Eine der Frauen rückte einen Sessel weiter und überließ Marlies mit einer Handbewegung den ersten Sessel beim Eingang. Marlies wunderte sich, warum die Frau das machte. Wollte sie einfach nicht, dass sich Marlies zwischen zwei dem Anschein nach muslimischen Frauen setzte? Die Frau, die den Platz frei gemacht hatte, rückte sogar noch einige Zentimeter zur links von ihr sitzenden. Marlies murmelte ein „Danke“ und setzte sich. Die...

Erscheint lt. Verlag 12.3.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-99093-880-0 / 3990938800
ISBN-13 978-3-99093-880-5 / 9783990938805
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