G. F. Unger 2058 (eBook)

Sterben für dreizehn Dollar

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Aufl. 2020
64 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-9605-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

G. F. Unger 2058 - G. F. Unger
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Ich hatte mich lange gewehrt, mit den Postkutschenräubern gemeinsame Sache zu machen - doch dann entführten sie Nelly, die Frau, die ich liebte ...

Es waren nur knapp drei Meilen von meinem Angelplatz in die Stadt. Nach etwa einer Meile musste man durch eine Felsengruppe, die wie eine Herde versteinerter roter Elefanten mitten im Grün von Büschen und Bäumen stand. Es war ein stiller, schöner Platz – wenn man nicht das Pech hatte, auf Klapperschlangen zu stoßen, denn die sonnten sich hier besonders gern.

Als ich auf dem schmalen Weg durch diese Felsengruppe ritt, stieß ich zwar nicht auf Klapperschlangen, dafür aber auf drei Hombres, die ich mehr als nur flüchtig kannte, sodass ich genau wusste, wie hart und gefährlich sie waren.

Ich war plötzlich sehr wachsam – aber das sah man mir gewiss nicht an. Ich grinste sogar freundlich. Ja, ich wirkte gewiss ziemlich harmlos.

»Hallo, Amigos«, sagte ich, »dies ist ein schöner Tag, nicht wahr?«

Sie grinsten zurück und nickten zustimmend.

Einer war mexikanischer Abstammung, der Zweite zumindest halb – und nur einer war ein Anglo-Amerikaner. Und dieser übernahm auch das Reden.

Er sagte: »Wir sind sehr froh, dass du in so guter und friedfertiger Stimmung bist, Noel Quade – sehr froh. Denn mit dir möchten wir wirklich keinen Streit. Deshalb sind wir dir auch entgegengeritten. Denn es wird Zeit, dass wir mal vernünftig miteinander reden. Du siehst in uns die Abgesandten einer Interessengemeinschaft. Und wir haben dir einen Vorschlag zu machen. Doch zuerst eine Frage. Was verdienst du als bewaffneter Postkutschenbegleitmann?«

Nun wusste ich schon einigermaßen Bescheid.

Aber warum sollte ich ihnen die Frage nicht beantworten? Was ich verdiente, konnte jeder wissen. Und so erwiderte ich: »Hombres, das ist nicht viel. Für jede Fahrt nach Socorro bekomme ich zehn Dollar Lohn und drei Dollar Spesen. Das sind genau dreizehn Dollar. Und warum fragt ihr?«

Sie grinsten so freundlich wie ich – und sie lauerten gewiss nicht weniger wachsam als ich.

Ihr Sprecher sagte: »Dreizehn Dollar – oh, das ist verdammt wenig, wenn man bedenkt, dass man so schnell dafür sterben kann. Denn du sitzt doch ziemlich exponiert auf solcher einer Kutsche, nicht wahr? So hoch oben, fast schon unter dem Himmel.«

Ich nickte.

»Du siehst die Sache in der Tat richtig, Amigo«, sagte ich. »Der Lohn von dreizehn Dollar ist wirklich jämmerlich für solch einen Job. Und was nun, mein Bester?«

Er breitete die Arme aus, zeigte mir seine Handflächen.

»Schließen wir ein Abkommen«, sagte er. »Wenn die Kutsche mal angehalten werden sollte, wirfst du nach dem dritten Warnschuss von unserer Seite dein Gewehr von der Kutsche und versuchst nichts, was uns Kummer bereiten könnte. Dafür schenken wir dir jeweils fünfzig Dollar. Da in jedem Monat zumindest viermal ein Geld- oder Silber- und Goldtransport durchgeführt wird, kannst du also leicht zweihundert Dollar nebenbei verdienen. Na, ist das kein Vorschlag?«

Ich nickte.

»O ja, zweihundert Dollar nebenbei wären eine schöne Sache.« In meiner Stimme klang ehrliches Bedauern. »Ich verdiene nämlich einhundertvier im Monat als Begleitmann. Ich käme also auf über dreihundert als Doppelverdiener. Und in einem Jahr könnte ich mir schon eine kleine Ranch kaufen. O ja, das wäre eine große Chance. Nur ist da ein kleiner Haken, gewissermaßen ein Häkchen …«

»Was für ein Haken?« Er fragte es schon mit einem leicht drohenden Unterton in der Stimme.

Ich deutete mit dem Daumen gegen meine Brust.

»Da sitzt ein kleines Männchen drinnen«, sagte ich. »Das hat eine Stimme. Und es rät mir ab. Was soll ich da machen?«

Nun grinsten sie böse und unversöhnlich.

Sie waren Banditen, Sattelwölfe, und wer nicht für sie war, war gegen sie.

So sahen sie es jedenfalls.

Einige Sekunden lang schwiegen wir.

Dann kam auch schon die Drohung, die sie sich sozusagen als letzten Hammer aufbewahrt hatten.

Ihr Sprecher sagte fast lässig: »Diese Nelly Coburne bedeutet dir doch viel, nicht wahr? Du liegst doch jede Nacht, die du in Santa Angel verbringst, mit ihr im Bett. Und in Socorro ist eine gewisse Linda Bondel. Die magst du gewiss ebenfalls sehr, oder nicht? Was müsstest du dir für Vorwürfe machen, wenn den beiden Honeybees etwas zustoßen würde, nur weil du ein dickköpfiger Bursche bist! Na?«

Oha, sie wussten gut über mich Bescheid und kannten sogar meine Liebschaften, obwohl diese zweihundertundfünfzig Meilen voneinander getrennt in zwei verschiedenen Städten auf mich warteten – nämlich hier in Santa Angel und in Socorro.

Ja, ich war schon ein verdammter Hundesohn. Ich hatte zwei Geliebte.

Und beide würden in Gefahr sein, wenn ich mit diesen Banditen nicht gemeinsame Sache machte. Aber eigentlich machte ich ja mit ihnen keine gemeinsame Sache. Ich brauchte nur nicht zu kämpfen – nur nicht bereit zu sein, für dreizehn Dollar zu sterben. Das war es allein. Sie konnten mich auch vom Bock schießen. Dass sie mir dieses Angebot überhaupt machten, hatte sicherlich nur zwei Gründe.

Sie wollten keine Toten bei ihren Überfällen.

Denn wenn sie mich vom Bock schossen, würden die Gold-, Silber- und Geldtransporte von Aufgeboten geschützt werden.

Und sie wollten auch nicht, dass ich kämpfte. Denn ich besaß in diesem Land einen gewissen Ruf. War ich zum Kampf entschlossen, würden sie mich nicht so leicht vom Bock schießen können. Ich würde mich vorsehen. Und das konnte einige Banditen das Leben kosten. Sie hatten zumindest großen Respekt vor mir.

Was also sollte ich tun?

Sie sahen mich fragend an.

Ich sagte: »Das muss ich mir erst noch überlegen, Amigos. Vielleicht gebe ich sogar unter diesen Umständen meinen Job auf. Wir werden sehen. Und jetzt lasst mich durch!«

Ich ritt vorwärts.

Sie versperrten mir auch wirklich nicht länger den Weg. Sie ließen mich schweigend zwischen sich durch.

Ich sah mich nicht mehr um.

Aber ich fluchte bitter vor mich hin.

Denn ich steckte in der Klemme.

Und auf die gebratenen Forellen bei Nelly freute ich mich überhaupt nicht mehr.

Sie schmeckten dennoch gut. Und ich war ja auch kein Bursche von jener Sorte, die sich das Leben besonders schwer machte. Irgendwie ging es immer weiter, fanden sich Auswege, Lösungen, ergaben sich Chancen, Möglichkeiten.

Nelly spürte dennoch, dass etwas nicht mit mir stimmte.

Wir saßen hinter dem großen Saloonbau im Schatten von Arkaden neben dem Kücheneingang. Der Saloon war aus einer alten Fonda entstanden. Sie bildete noch ein Anhängsel, und es war sehr schön hier in Nelly Coburnes privatem Bereich.

»Was ist los mit dir?«, fragte sie.

Ich sah sie an, und wie immer erfreute mich ihr Anblick und spürte ich jenes prickelnde Gefühl, welches man so leicht nicht erklären kann.

Nelly Coburne hatte eine mexikanische Mutter, und von dieser Mom hatte sie gewiss ihr rassiges, katzenartiges Äußeres. An ihr war alles dunkel – nur ihre Augen waren von einem wunderbaren Blau. Diese Augen hatte sie von ihrem irischen Vater. Und weil sie außer dem Blau seiner Augen so wenig andere Äußerlichkeiten von ihm geerbt hatte, war sie im Innern ganz und gar eine Irin.

Das war ein gewaltiger Kontrast.

Aber auch eine Irin kann lieben, wenn auch etwas anders als eine Mexikanerin. Ich wusste es längst. Und wenn sie nicht die Besitzerin dieses Saloons gewesen wäre, gegen die ich ein armer Hund war, würde ich sie vielleicht längst zu Mrs Quade gemacht haben.

»Was ist los mit dir?« Sie fragte die gleichen Worte zum zweiten Mal, und ihr fester irischer Blick war auf mich gerichtet.

Einen Moment sagte ich mir, dass ich doch ein übler Bursche war, weil ich sie in Socorro mit Linda betrog. Wahrscheinlich war ich beide nicht wert. Ich taugte nicht viel. Aber ich mochte sie wirklich beide. Jede besaß etwas, was ich besonders gern hatte, bei Nelly war es die Mischung von heißem Feuer mit irischer Lebenskraft. Und bei Linda in Socorro war es der Lebenshunger, eine hungrige Lebendigkeit, die gerne gab.

Nelly Coburne sagte plötzlich wütend: »Zum Teufel, mach deine Ohren auf! Ich habe dich zweimal etwas gefragt! Gib Antwort!«

Nun war sie wütend, böse. Sie ertrug Missachtung nicht.

Ich kam mit meinem Blick gewissermaßen aus weiter Ferne zurück – oder aber auch tief aus meinem innersten Kern und den dort verborgenen Gedanken.

»O Nelly«, sagte ich, »was soll ich dir sagen? In einer halben Stunde werde ich auf dem hohen Bock sitzen und insgesamt fünfhundert Meilen fahren müssen, bevor ich dich wiedersehen kann. Was soll ich tun, wenn Banditen die Kutsche überfallen, weil sie vielleicht Gold, Silber oder auf dem Rückweg Lohngelder für die Minen befördert?«

Sie sah mich wissend an. Und weil sie die Wirtin eines Saloons war, wusste sie sofort Bescheid.

Und sie sagte: »Wenn du auf dem Bock neben dem Fahrer sitzt, wirst du für alles kämpfen, was man dir anvertraut hat. Du wirst den Job erledigen, für den man dich bezahlt, selbst wenn diese Bezahlung mies sein sollte. Aber du musst nicht als Begleitmann fahren. Du kannst …«

»Ich weiß«, murmelte ich. »Ich könnte hier als Pascha leben.«

»Ja – leben«, sagte sie. »Verstehst du, leben! Nicht sterben. Noel, ich weiß zu gut, was in diesem Land los ist. Nach dem Kriege wurden viele verlassene Minen wieder in Betrieb genommen. Sie fördern Gold und Silber. Die wertvollen Transporte müssen jetzt durchgeführt werden. Und in der Gegenrichtung muss Geld ins Land kommen, zum...

Erscheint lt. Verlag 14.4.2020
Reihe/Serie G.F.Unger
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Erwachsene • Exklusiv • für • GF • g f barner • Indianer • jack-slade • Jugend • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • Lassiter • lucky-luke • Männer • martin-wachter • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • sonder-edition • Western • Western-roman • Westernromane • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7325-9605-2 / 3732596052
ISBN-13 978-3-7325-9605-8 / 9783732596058
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