Volpe und die Blüten des Todes -  Meinhard-Wilhelm Schulz

Volpe und die Blüten des Todes (eBook)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Auflage
165 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-3842-5 (ISBN)
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Diese Buch beinhaltet folgende drei Geschichten: Volpe und die Blüten des Todes Die geheimnisvolle Frau aus Deutschland Der Fall Dolabella In diesem sechsten Band befasst sich der Privatdetektiv Volpe mit drei lose zusammenhängenden Fällen: Als er mit einem Burnout-Urlaub im Alpago bei Belluno verbringt, erlebt er Verstörendes: Ein Geschwisterpaar und wenig später der andere Bruder kommen auf grässliche Weise ums Leben, aber kein Täter ist in Sicht, da die jeweilige Wohnung von innen verriegelt war. Der Priester meint, nur Satan stecke dahinter. Volpe hat da seine Zweifel ... Wieder gesund zurück in Venedig, schlittert Volpe in den Fall um eine geheimnisvolle Frau aus Deutschland. Was in und um Venedig wie eine Komödie begann, endet in einer zweifachen Tragödie, die letzte davon eine furchtbare Bluttat im fernen Rom... Volpe wendet sich zeitgleich einem dritten Fall zu, als der junge Rechtsanwalt Dolabella um Hilfe fleht, bevor er wegen Mordes verhaftet wird. Ist er der Mörder des Unternehmers Gaio Urbano? Fast alles spricht dafür. Volpe muss in der fernen Vergangenheit stöbern, um Licht in die makabre Sache bringen zu können ...

3. Teil: Ein gruseliges Ereignis


Ich habe oben schon erwähnt, dass der Alpago von uralten Kirchen geziert ist. Eine davon, noch im byzantinischen Stil erbaut, lag ungefähr eine halbe Meile südwärts unseres Albergo auf einer Anhöhe, an die sich ein paar Hütten schmiegten.

Während wir unsere Blicke über der nach verregneter Nacht im Morgenlicht gleißenden Landschaft schweifen ließen, saßen wir auf der Terrasse und nahmen unser Pranzo (Frühstück) ein, das aus zwei Scheiben Vollkornbrot bestand, die mit Butter und Honig bestrichen waren. Dazu gab es warme Kuhmilch vom nächsten Bauernhof. Es war erst gegen 7.00 am Morgen, denn wir planten eine kräftezehrende Bergtour.

Noch kauten wir auf beiden Backen, da sahen wir zwei ameisenhafte Gestalten den grünen Hügel hinuntereilen und mitten zwischen den armseligen Hütten hindurchrennen.

»Habens eilig, die Menschlein da«, sagte ich kichernd.

»Genau gesagt, Männer«, ergänzte Volpe.

»Unglaublich! Die Entfernung zu groß, das zu erkennen.«

»Frauen rennen anders, zumindest hier auf dem konservativen Lande, wo sie noch lange Kleider tragen, über die sie bei zu großer Eile stolpern, um dann mit dem Gesicht voran in den Dreck zu fallen«, knurrte Volpe.

»Zugegeben! Männer also.«

»Aber keine jungen Männer, wenn ich bitten darf. Der eine ist Priester des tausend Jahre alten Kirchleins.«

»Auch das kann ich nicht erkennen.«

»Er ist aus dem Pfarrhaus herausgestürzt und dann geradewegs den Hügel hinuntergerannt; also ist es der Priester. So früh am Morgen besucht noch keiner das Gotteshaus.

Der andere, der bereits weit hinter ihm zurückgeblieben ist, weil er schon gar keine Kondition hat, muss ihm eine furchtbare Nachricht überbracht haben, und daher hat es der gute Mann jetzt auf mich abgesehen. Gewiss hat sich meine Ankunft herumgesprochen. Aber auch der Geistliche ist es nicht gewohnt, so verrückt durch die Gegend zu fetzen.«

»Woher willst du das wissen?«

»Er ist jetzt nur noch zweihundert Meter von uns entfernt. Siehst du nicht, wie ungeschickt er mit den Armen rudert. Ferner ist er zu korpulent, um unseren Athleten bei den nächsten olympischen Spielen Konkurrenz zu machen, hihihi. Wie die meisten Gottesmänner liebt er herzhafte Hausmannskost und einen guten Tropfen. Das macht sich jetzt bemerkbar.«

»Du hast mich überzeugt«, sagte ich, »und der lange schwarze Mantel verrät den Priester.«

»Hihihi«, kicherte Volpe boshaft, »deine Beobachtungsgabe ist wieder einmal überwältigend. Wo käme ich nur hin, wenn ich dich nicht an meiner Seite hätte?«

Mittlerweile war der Geistliche herangeschnauft und stolperte die Stufen zu unserer Terrasse hinauf. Volpe grinste ihm belustigt entgegen, denn der Übergewichtige war vor Überanstrengung blau angelaufen und bekam kein Wort heraus, während sich allmählich auch der ihm folgende Mann zu uns bemühte.

Ich will die beiden, bevor wir zur Sache kommen, kurz beschreiben: Der Priester war fürchterlich schief in einen bis zu den Waden reichenden Talar gehüllt; von mittlerer Größe und durchaus kräftiger Statur; funkelnde Schweinsäuglein inmitten eines vom schlohweißen Rauschebart umwallten feisten Gesichtes; die Füße strumpflos in Sandalen; darüber stachelige Waden. Noch rang er nach Atem, als Volpe auch schon sagte:

»Ach du liebes Bisschen! Priester und Schmied in einer Person, wenn auch kein besonders geschickter; endlich mal was Neues! Und auch noch Linkshänder; bemerkenswert.«

»Man muss sehen, wie man über die Runden kommt«, ächzte der Priester, »und als Hirte dieser winzigen Gemeinde komme ich ohne Nebenerwerb nicht aus. Aber woher wollen Sie wissen, dass … gewiss haben es unsere alten Waschweiber ausposaunt.«

»Das nicht«, sagte Volpe, »aber man sieht es.«

»Sind Sie Hellseher? Ich stecke in der Alltagskluft des Priesters. Wie könnte man mir den Dorfschmied ansehen?«

»Erstens einmal ist Ihr langer weißer Bart an den Spitzen versengt und Ihr linker Arm, vor allem der Bizeps, deutlich kräftiger als der rechte. Ferner ist die linke Hand größer als die rechte. Einige Fingernägel Ihrer rechten Hand weisen blaue Stellen auf. Also haben Sie sie bei der Arbeit am Amboss gequetscht oder mit dem Hammer getroffen. Ich weiß nicht, ob das Schmiedehandwerk der richtige Beruf für Sie ist.«

»Ach, so ist das«, murmelte der Priester enttäuscht, »so einfach war das zu erkennen; das reinste Kinderspiel! Und ich hatte Sie schon für einen Hexenmeister gehalten.«

Mit diesen Worten ließ er sich auf einen freien Stuhl fallen, der unter seiner Last gefährlich aufstöhnte. Volpe schob ihm einen gefüllten Becher Milch hinüber. Gierig trank er, während ihm der Schweiß nur so herab rann. Das Blaue aus seinem Gesicht war einer feurigen Röte gewichen. Volpe nahm das Wort:

»Omne arcanum mirificum (jedes Geheimnis ist wunderbar), sagen wir alten Lateiner«, murmelte er verärgert, »aber jetzt wäre es an der Zeit, uns Ihren Begleiter vorzustellen. Nicht wahr, Sie kommen in einer Mordangelegenheit zu mir? Und wie ich sehe, ist es keiner der landläufigen Art.«

Mein innig geliebter Leser (m/w/d), bevor ich im Schildern des Geschehens fortfahre, möchte ich Dir den anderen Signore, wie folgt, beschreiben:

Es war ein fürchterlich magerer und bleicher Kerl mit spiegelnder Halbglatze. Er hielt sich so schief, dass man meinen könnte, er hätte eine Rückgratverkrümmung, ganz so, als trüge er eine schwere Last auf dem Buckel. Im Gegensatz zum geschwätzigen Priester schien er vollkommen in sich gekehrt. Trübsinnig starrte er vor sich hin und blickte aus feuchten Augen zu Boden.

Fragend sah ich ihn an. Allmählich wich die bläuliche Farbe aus seinem Gesicht, und er kam wieder zu Atem. Bevor ihn der Priester noch vorstellen konnte, sagte Volpe: »Lieber Freund, Sie sind um die fünfundvierzig Jahre alt und verdienen Ihre Brötchen als Bürokraft. Das genügt, um nicht zu verhungern, aber reich geworden sind Sie davon nicht. Körperliche Arbeit vermeiden Sie tunlichst und sind, wie der Priester, natürlich Junggeselle geblieben. Ferner sind Sie vom Unheil, das ihr zu berichten habt, persönlich betroffen.«

Der Angekommene brachte vor Verblüffung kein Wort heraus, und Volpe war diesmal nicht mehr bereit zu verraten, wie er all das herausgefunden hatte. Ich versuchte, seinen Gedanken zu folgen und wurde fündig:

Der Besucher hatte Arme wie dürre Hölzer. Seine filigranen Finger wiesen Tintenflecke auf. Er trug keinen Ehering. Einige schwarze Spritzer, winzig klein, entdeckte ich auch auf seinem weißen Hemd, das ziemlich ungepflegt war und nach der Hausfrau schrie. Er schien von Entsetzen ergriffen. Es arbeitete in seinem Gesicht. Er war zwar nicht ganz so nervös wie der Geistliche, aber das Zucken seiner mageren Hände und der unruhige Glanz der Augen verrieten, dass er aufs Höchste erregt war.

Zögerlich nahm er Platz und sah misstrauisch zu Volpe hinüber, ganz so, als hielte er nicht viel von dessen Methoden.

»Ich, äh, ich … heiße Adolfo Grana (Korn)«, stotterte der Priester, »und das da ist mein Untermieter, Signore Ruggiero Lupo (Roger Wolf). Er wohnt seit geraumer Zeit bei mir im Pfarrhaus, gleich neben der Kirche. Für zwei Junggesellen ist dort mehr als genug Platz, doch nun zur Sache: In meiner Gemeinde hat sich etwas Grauenvolles ereignet. Was geschehen ist, erscheint mir so unheimlich, dass ich an das widerliche Walten des Satans glaube. Und jetzt danke ich dem Lieben Gott, dass Sie, lieber Signore Tartini, Venedigs berühmtester Detektiv, hier vor Ort weilen, um uns beizustehen.«

Wütend sah ich dem Priester ins Gesicht und rief: »Mein Freund ist krank und zur Erholung hier. Wenden Sie sich gefälligst an die Carabinieri, an die Männer da drüben in Chiesa d‘Alpago. Wenn die nichts herausbringen, dann holt die Bullen aus Belluno zu Hilfe!«

Noch sagte ich das, als meine Blicke vom Priester auf Volpe fielen: Er war wie umgewandelt; keine Spur von Lethargie und Lebensüberdruss mehr. Kerzengerade saß er auf der Kante des Sessels. Sein fuchsiges Gesicht war urplötzlich gestrafft und rosig aufleuchtend. Mir wollte er wie ein Jagdhund vorkommen, den man aus dem Zwinger entlassen hat, um ihn auf eine frische Fährte zu setzen. Ich begriff, dass es zwecklos wäre, ihn in seinem frisch zum Leben erwachten Jagdfieber aufzuhalten.

Die Signori wechselten kurze Blicke, als wolle der eine den anderen zum Reden ermuntern, da sagte Volpe lächelnd: »Verehrter Signore Lupo, Ihr Freund, der Priester, weiß alles nur von dem, was Sie ihm berichtet haben. Daher halte ich es für angebracht, wenn Sie selbst schilderten, was Sie bei Morgengrauen entdeckten. Jedenfalls war es so grässlich, dass Sie wie von Sinnen zurück zum Pfarrhaus rannten, um den Pastor aus dem Schlaf zu reißen. Nicht wahr, das Grauen hat Sie auf dem Morgenspaziergang ereilt?!«

Na, wenn ich nicht die Methoden meines Freundes kannte, wer dann? Herr Wolf war sorgfältig gekleidet, Hemd, Gürtel, alles tadellos sitzend, wenn auch mit den obigen Mängeln behaftet und kräftiges Schuhwerk an den Füßen, während der Priester im zerknautscht wirkenden Talar steckte, Haar und Bart in wirrem irrem Durcheinander.

Ganz gewiss hatte ihn der Untermieter aus dem Bett geholt, um ihm die Mär zu berichten, von der wir nun erfahren sollten. Aber Meister Wolf klappte den Mund nur mehrfach auf und zu, ekelhaft gelbliche Zahnruinen zeigend, und brachte kein Sterbenswörtchen heraus. Er und Signore Grana mussten meinen Freund für einen Hellseher halten, wo doch im Grunde alles so einfach zu erkennen war. Der Priester sah dem Gebaren seine Hausgenossen nicht mehr länger zu und plapperte drauflos.

»Lieber verehrter...

Erscheint lt. Verlag 17.3.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7389-3842-7 / 3738938427
ISBN-13 978-3-7389-3842-5 / 9783738938425
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