MARIPOSA: Mallorca-Krimi -  Roland Winterstein

MARIPOSA: Mallorca-Krimi (eBook)

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2020 | 1. Auflage
289 Seiten
Schardt Verlag
978-3-96152-229-3 (ISBN)
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Es scheint, als hätte Mallorca genug davon, die schönste, die goldene Insel des Mittelmeeres zu sein. Die Hauptsaison klopft an die Tür, und dunkle Wolken ziehen am Horizont auf. Sie bringen nicht nur Regen mit sich, sondern stehen auch für die düstere Stimmung im Urlaubsparadies. Seit einiger Zeit treibt ein Feuerteufel sein Unwesen. Immer wieder gehen Fincas in Flammen auf, erste Opfer sind zu beklagen. Die Polizei ist ratlos, und die Touristik fürchtet leere Betten, als die Presse mit „Touristenkiller“ Schlagzeilen macht. Kommissar Javier Ramos, ein Surfer-Bulle in Flip-Flops, will wie ein Actionheld den Fall lösen – bis seine Tochter entführt wird und auch seine Ex-Frau ins Fadenkreuz des Täters gerät.

1


 

Alles in der Finca „Catalina“ brannte. Alles, außer dem Kamin. Einige Geckos lagen in sicherer Entfernung wie aus Metall gegossen in der Sonne. Kommissar Javier Ramos stand breitbeinig vor dem gelbroten Inferno. Es knisterte laut. Ein rußiger Balken stürzte krachend zu Boden. Der tagträumende Kommissar merkte auf, zuckte aber ungeachtet des gewaltigen Getöses nicht zusammen. Trotz der aufgeladenen Atmosphäre wanderten seine Blicke ruhig umher. Jeder Tatort konnte reden, man musste ihn nur zum Sprechen bringen. Ihn nervten diese hektischen Feuerwehrleute, die verzweifelt versuchten, dem zügellosen Feuer Herr zu werden und in ihrem blinden Eifer jegliche Indizien, wenn diese nicht schon dem Erdboden gleichgemacht worden waren, endgültig zerstörten. Javier stöhnte geschlagen. Hier war eindeutig nichts mehr zu retten. Was sollte dieser Aktionismus bewirken? Er schüttelte verständnislos den Kopf.

Der Wind wehte ihm heiße Funken entgegen, die wie winzige glühende Stiche in seine Haut drangen. Javier wischte sie nicht weg. Wie gesagt, Aktionismus war nicht seine Sache. Dann doch lieber die Schmerzen aushalten. Er war durchtrainiert, auch wenn er mittlerweile ein kleines Bäuchlein hatte, aber die vielen Jahre leidenschaftlichen Surfens waren seiner Statur noch immer anzusehen. Während er versuchte, aufrecht dazustehen, wie ihm sein Orthopäde zwecks jugendlicher Ausstrahlung empfohlen hatte, sah er aus den Augenwinkeln ein knatterndes Motorrad, von einer Staubwolke komplett eingehüllt, über den sonnenverbrannten Weg näherkommen. Er schob sich die schmale Sonnenbrille von der Stirn vor die Augen und wandte sich wieder zum Brandherd. Es war ein aussichtloses Unterfangen, ein sinnloser Kampf gegen einen wütenden Gegner. Doch hätten die Löschbrigaden nicht einfach aufhören und die Flammen achselzuckend betrachten können? Danach eine Pressemitteilung rauschicken mit der bedauerlichen Notiz, dass leider nichts mehr zu retten war? Nein, von diesem Schlag waren die „bomberos“ nicht. Ihr Motto hieß: Weitermachen! Sie hielten die Bälle so lange in der Luft, bis sie platzten oder ihre Arme schwer wurden. Heute Abend würden sie sich in den kleinen, verrauchten Bars in Cala Ratjada wie Helden feiern lassen. Nach deutlich überzogener Sperrstunde würden sie dann schwankend über die Pflastersteine der schmalen Gassen stolz nach Hause trotten, nach kläffenden Streunern treten und leise fluchend weitergehen.

Javier lachte verächtlich. Stolz? Auf was? Auf einen Haufen glühender Asche? Er blinzelte den dunklen Rauchschwaden hinterher, die erst im Nordosten der Insel aufstiegen, scheinbar einen kurzen Tanz um den „Far de Capdepera“ vollführten, um sich dann vom pittoresken Leuchtturm weg in alle Richtungen übers weite Meer zu verflüchtigen.

Er wippte in seinen gelben Flip-Flops auf der Stelle und spürte dabei die spitzen Steine unter seinen Fußsohlen. Es käme ihm nie der Gedanke, festeres Schuhwerk zu tragen. Er wollte den Boden dieses Felsens im Wasser unter sich spüren. Und er musste das andere Ende seines Körpers fühlen, deshalb bevorzugte er auch einen 12-Millimeter-Haarschnitt. Javier sah sich versonnen um. Ganz weit hinten, unbehelligt vom Rauch, schwebten zwei, drei unverschämte Wolken am Himmel über dem azurblauen Mittelmeer. Der Sommer kam in die Gänge und machte auch das Halbschattendasein unerträglich.

Der Kommissar steckte seine Hände in die Hosentaschen und musterte die nähere Umgebung. In den 70ern war diese Gegend am Fuße des Bergs extrem angesagt gewesen. Die Farben der Insel im Nordosten zogen trotz nachlassender Attraktivität noch immer Urlauber und Immobilieninteressenten an. Überall mildes, sandbeiges Felsgestein, gekrönt vom leuchtend blauen Himmel. Trotz des erbaulichen Klimas hatten die Palmen links und rechts ihre besten Sommertage hinter sich und ergaben sich dem Palmrüssler, einer tückischen Insektenplage, der viele holzige Pflanzen zum Opfer fielen.

„Tote?“, hörte Javier eine bekannte Stimme hinter sich.

Die Halterung der Yamaha klickte, hakte jedoch nicht ein, und so klickte es noch einmal, begleitet von einem leisen Fluchen. Javier kannte dieses Prozedere nur allzu gut und sah deshalb gar nicht hoch, sondern blickte einem über dem Boden schwebenden Schmetterling nach. Ein Bläuling oder war es ein Admiral? Alles schien auf diesem herrlichen Grundstück zu sterben, schoss es ihm durch den Kopf, bis auf dieses flatternde, zarte Wesen.

Plötzlich zerdrückte ein großer Stiefel den flinken Falter.

Zwei Beamte, der eine hochaufgeschossen, der andere eher an eine fleischgewordene Kanonenkugel erinnernd, trugen schaukelnd wie zwei angetrunkene Matrosen auf Landgang eine Bahre an Javier vorbei. Stan und Olli, so die Spitznamen der beiden, hatten ihren kleinen, heimtückischen Mord nicht bemerkt. Javier verspürte wenig Lust, es ihnen mitzuteilen. Er vernahm einen sachten und vertrauten Schlag auf seiner Schulter.

„Tote?“, vernahm er erneut. Dann bohrte sich ein Zeigefinger in seinen Kugelbauch. „Das gibt wieder eine Verwarnung, Kollege“, grinste Pedro Muntander. „Dienstkleidung ist während der Ausübung unseres Berufes angesagt, sonst hieße diese ja nicht so, nicht wahr? Du rennst hier herum wie ein ...“, er machte eine Pause und schlug einen geringschätzigen Ton an, „… Tourist.“ Pedro richtete sich die zum Pferdeschwanz zusammengebundenen Haare, die vom Helm zerdrückt waren. „Stell dir vor, in Cala Bona gibt es Cafés, da hängen Briefkästen an der Wand. Darauf stehen die Tischnummern des Lokals. So kannst du mit jemandem in Kontakt treten, ohne einen Drink auf Risiko zu spendieren. Ich nehme dich gerne mal mit, einsamer Cowboy!“ Pedro spitzte seine Lippen zu einem übertriebenen Kussmund. „Jemand umgekommen?“, wiederholte Javiers Partner und ließ der Frage einen kleinen Seufzer folgen. Ihm war die gedankliche Abwesenheit seines Freundes nicht unbekannt. Er hatte sich damit arrangiert. Da er keine Antwort erwartete, sah er sich selbst um. „Teure Lage“, sagte er und wies in Richtung der hübsch in die Landschaft gebauten Fincas, auf deren Außenwänden liebevoll gepinselte Schriftzüge zu lesen waren wie: Villa Bärbel, Haus Sonnenschein oder Finca Klaus & Moni. „Die Hütten wären heute nicht mehr zu bezahlen. Jedenfalls nicht von zwei armen Staatsdienern wie uns.“

Javier zuckte mit den Schultern. Er begann ein kleines Loch in den Boden zu graben.

„Was tust du da?“ Pedro schüttelte verständnislos den Kopf.

„Eine Bestattung“, murmelte Javier, als er den toten Schmetterling konzentriert in die kleine Grube bettete.

Pedro atmete durch. Er war wirklich aufrichtig erstaunt, und es gab wenig, was ihn nach zehn Jahren, vier Monaten und neunzehn Tagen an der Seite dieses seltsamen Kerls noch in Erstaunen versetzte. Doch er musste innerlich lächeln. Sein Kompagnon schaffte es immer wieder, ihn emotional zu berühren.

Javier malte ein Kreuz in die Luft und strich sich über seine kurzen schwarzen Haare. Sein trauriger Blick wanderte zum großen Blau über ihm. „Dieser lauwarme, nicht zu stürmische Wind wäre heute ideal, um in der Cala Agulla zu surfen“, stellte er nach einer Weile fest.

Pedro hob mahnend eine Hand. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Er sah Javier forschend in die Augen, dann winkte er ab. Diesmal klang sein Seufzer tief. Und das mitten in der Dienstzeit ohne Dienstkleidung. Wo soll das alles nur hinführen?, fragte er sich, verkniff sich aber weitere Kommentare.

Javier blinzelte. „Es soll bald schlechter werden. Sie kündigen ein Tiefdruckgebiet an. Mitten im Sommer. Unglaublich! Wir sollten diesen schönen Tag nutzen.“

Pedro hob matt die Arme. „Klar, was sollten wir auch anderes tun? Das kleine Lagerfeuer hier haken wir als Attraktion für die Urlauber ab“, meinte er lakonisch. Dann ging er kopfschüttelnd zu einem Kleintransporter, der bedrohlich nahe an Glut und Feuer parkte. Gänzlich unversehrt, so als ob der Wagen mit dem Feuergott per Du war. Auf ihm prangte der Schriftzug: „Mallorca Boot Service. Reparaturen aller Art“.

„Surfen in der Mittagspause, das wird ein weiterer Nagel im Sarg deiner Karriere“, murmelte Pedro und ging Richtung des Transporters.

Javier nickte. „Den Bootsmechaniker ereilte ein unangemeldeter, lukrativer Auftrag. Laut Nachbarn benötigte ein russischer Eigner raschen Ersatz für seinen erkrankten Yachttechniker. Die haben den Kerl glatt mit einem Hubschrauber abgeholt. Deshalb steht der Wagen noch da. Scheint ein Glückspilz zu sein, der Herr Handwerker. Also, keine Menschen unter den Opfern“, rief er froh und betonte dabei das Wort „Menschen“. Er deutete zu Stan und Olli. Gleichzeitig wirbelte er Sand und Staub mit seinen Flip-Flops auf, um das kleine Grab vor sich endgültig zuzuschütten. „Auf der Bahre liegt nur ein toter Hund.“

Pedro hob verständnislos die Arme. Dann riskierte er doch einen Blick. Stan und Olli schoben die Bahre gerade in den Wagen. In der Tat – da hing ein schlaffer Hundeschwanz, nur halbwegs von einer Decke verborgen.

„Gut, dass ich nur noch drei Monate...

Erscheint lt. Verlag 16.3.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-96152-229-4 / 3961522294
ISBN-13 978-3-96152-229-3 / 9783961522293
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