Die goldenen Spinnen (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
256 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-11605-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die goldenen Spinnen -  Rex Stout
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Eigentlich gehören Morde ja zu Nero Wolfes Alltag, aber diesmal sieht die Sache anders aus. Denn dass er die Geschichte von der Frau mit den goldenen Spinnenohrringen, die ihm ein zwölfjähriger Junge aufgetischt hat, nicht ernst genommen hat, lässt Nero Wolfe nicht los - schließlich ist der Junge kurz darauf tot. Unfall ausgeschlossen. Zwei tote Klienten in einer Woche sind schlecht für's Geschäft und weil es diesmal um sein Renommee geht, akzeptiert Nero Wolfe das niedrigste Honorar seiner ganzen Karriere. Nachdem er die Geschichte eines zwölfjährigen Jungen, der Zeuge einer Entführung gewesen sein will, zuerst ignoriert, entscheidet sich Nero Wolfe doch, die Ermittlungen aufzunehmen. Denn am nächsten Tag ist der Junge tot, überfahren von demselben Auto, das er beschrieben hatte. So begibt sich Nero Wolfe auf die Suche nach einer mysteriösen Frau, einem Paar Ohrringe in Form goldener Spinnen und einem grauen Cadillac, denn ihm ist klar: In diesem Fall steht seine Ehre auf dem Spiel.

Rex Stout (1886-1975) wurde berühmt durch seine Kriminalromane mit dem übergewichtigen Privatermittler Nero Wolfe. Zwischen 1933 und 1975 verfasste er 33 Romane und zahlreiche Erzählungen dieser Serie. Bevor er mit 46 Jahren seinen ersten Nero-Wolfe-Roman schrieb, war er ein erfolgreicher Geschäftsmann. Zeitlebens trat er für die Wahrung individueller Freiheitsrechte ein und war lange Vorsitzender des amerikanischen Schriftstellerverbands.

Rex Stout (1886-1975) wurde berühmt durch seine Kriminalromane mit dem übergewichtigen Privatermittler Nero Wolfe. Zwischen 1933 und 1975 verfasste er 33 Romane und zahlreiche Erzählungen dieser Serie. Bevor er mit 46 Jahren seinen ersten Nero-Wolfe-Roman schrieb, war er ein erfolgreicher Geschäftsmann. Zeitlebens trat er für die Wahrung individueller Freiheitsrechte ein und war lange Vorsitzender des amerikanischen Schriftstellerverbands. Rex Stout (1886-1975) wurde berühmt durch seine Kriminalromane mit dem übergewichtigen Privatermittler Nero Wolfe. Zwischen 1933 und 1975 verfasste er 33 Romane und zahlreiche Erzählungen dieser Serie. Bevor er mit 46 Jahren seinen ersten Nero-Wolfe-Roman schrieb, war er ein erfolgreicher Geschäftsmann. Zeitlebens trat er für die Wahrung individueller Freiheitsrechte ein und war lange Vorsitzender des amerikanischen Schriftstellerverbands.

Kapitel Eins


Klingelt es an der Tür des alten Brownstones in der West 35th Street, während Nero Wolfe und ich zu Abend essen, geht für gewöhnlich Fritz und macht auf. An jenem Abend jedoch ging ich selbst, da ich wusste, dass Fritz nicht in der Stimmung war, sich mit einem Besucher zu befassen, ganz gleich, wer es war.

Fritz’ Gemütslage sollte erklärt werden. Jedes Jahr etwa Mitte Mai, so ist es vereinbart, schießt ein Farmer, der oben bei Brewster lebt, achtzehn, zwanzig Stare, steckt sie in eine Tasche, steigt in sein Auto und kommt damit nach New York gefahren. Dabei gilt, dass er sie innerhalb von zwei Stunden, nachdem er sie geschossen hat, bei uns abliefert. Fritz rupft sie, nimmt sie aus, besprenkelt sie mit Salz, bestreicht sie im richtigen Moment mit geschmolzener Butter, wickelt sie in Salbeiblätter und grillt und arrangiert sie auf einer Platte mit heißer Polenta, einem dicken Brei aus fein gemahlenem gelben Maisgries mit Butter, geriebenem Käse, Salz und Pfeffer.

Es ist ein teures Essen, und ein glückliches, Wolfe freut sich immer darauf, aber diesmal machte er Theater. Als die Platte hereingetragen und dampfend vor ihn hingestellt wurde, schnüffelte er, senkte den Kopf, schnüffelte noch einmal, richtete sich auf und sah Fritz an.

»Der Salbei?«

»Nein, Sir.«

»Wie meinen Sie das, nein, Sir?«

»Ich dachte, Sie würden sie einmal auf eine von mir vorgeschlagene Art mögen, mit Safran und Estragon. Viel frischem Estragon und einem Hauch Safran, wie sie –«

»Weg damit!«

Fritz versteifte sich und presste die Lippen aufeinander.

»Sie haben mich dazu nicht konsultiert«, sagte Wolfe mit kalter Stimme. »Ohne Vorwarnung feststellen zu müssen, dass eines meiner Lieblingsgerichte radikal verändert wurde, ist ein unangenehmer Schock. Das mag ja essbar sein, aber ich bin nicht in der Stimmung, es zu riskieren. Bitte, schaffen Sie das weg, und bringen Sie mir vier Coddled Eggs und eine Scheibe Toast.«

Fritz, der Wolfe so gut wie ich kannte und sich bewusst war, dass das eine Disziplinarmaßnahme war, die Wolfe mehr schmerzte als ihn, und dass es keinen Sinn hatte, in eine Debatte einzusteigen, griff nach der Platte, aber ich warf ein: »Ich nehme etwas davon, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Wenn der Geruch Ihnen nicht den Appetit auf Ihre Eier verdirbt?«

Wolfe starrte mich an.

So kam Fritz zu seiner Laune, die es mir ratsam erscheinen ließ, selbst an die Tür zu gehen. Wolfe hatte seine Eier gegessen, als die Klingel ertönte, trank Kaffee und bot einen wirklich bemitleidenswerten Anblick, während ich meinen Nachschlag Star auf Polenta, der tatsächlich essbar war, fast beendet hatte. Ich machte mir nicht die Mühe, in Flur und Diele das Licht einzuschalten, sah ich doch im abendlichen Zwielicht genug, um durch die nur von innen durchsichtige Scheibe der Tür zu erkennen, dass der Bursche auf dem Treppenabsatz nicht der große Gewinnbringer war.

Ich machte auf und sagte freundlich: »Falsch verbunden.«

Ich blieb grundsätzlich freundlich, um den Kindern in der Nachbarschaft den Gedanken des Weltfriedens näherzubringen. Das machte das Leben in der Straße, in der es reichlich Ballgewerfe und anderes Theater gab, um einiges ruhiger.

»Falsch geraten«, sagte er mit einer tiefen, nervösen Altstimme. »Sie sind Archie Goodwin. Ich muss Nero Wolfe sprechen.«

»Wie heißt du?«

»Pete.«

»Und weiter?«

»Drossos. Pete Drossos.«

»Aus welchem Grund willst du Mr. Wolfe sprechen?«

»Ich habe einen Fall. Ich werde es ihm erklären.«

Er war ein drahtiger kleiner Kerl mit unordentlichem schwarzen Haar, das geschnitten werden musste, und stechenden schwarzen Augen, der mir bis an den Krawattenknoten reichte. Ich hatte ihn schon mal in der Nachbarschaft gesehen, ohne dass ich etwas für oder gegen ihn hätte sagen können. Die Sache war, ihn wieder loszuwerden, ohne mich mit ihm zu bekriegen, und normalerweise hätte ich das auch getan, doch nach Wolfes kindischem Verhalten Fritz gegenüber dachte ich, ihm würde ein weiteres Kind zum Spielen guttun. Klar, er würde knurren und beißen, aber wenn Pete was abbekam, konnte ich ihn hinterher verbinden. Und so bat ich ihn herein und führte ihn ins Esszimmer.

Wolfe füllte seinen Kaffee auf. Er warf einen Blick auf Pete, der sich, wie ich zugebe, nicht in Schale geworfen hatte, stellte die Kanne ab, sah mich an und sagte:

»Archie. Ich lasse beim Essen keine Unterbrechungen zu.«

Ich nickte verständnisvoll. »Ich weiß, aber das war kein Essen. Sind Eier ein Essen? Das hier ist Mr. Pete Drossos. Er will Sie zu einem Fall konsultieren. Ich wollte ihm sagen, dass Sie beschäftigt sind, musste dann aber an Ihren Ärger darüber denken, dass Fritz Sie nicht konsultiert hat, und ich wollte nicht, dass Sie auch auf Pete sauer sind. Er ist ein Nachbar, und Sie wissen doch, liebe deine Nachbarn wie dich selbst.«

Wolfe aufzuziehen, ist immer riskant. Es mag zu einer unmittelbaren Explosion kommen; wenn nicht, wenn er sich eine Sekunde zum Nachdenken nimmt, kriegt man es oft doppelt zurück. Diesmal nahm er sich mehrere Sekunden, nippte an seinem Kaffee und wandte sich dann höflich an unseren Besucher. »Setzen Sie sich, Mr. Drossos.«

»Ich bin kein Mister. Ich bin Pete.«

»Sehr gut, Pete, setzen Sie sich. Drehen Sie sich mehr zu mir hin, bitte. Danke. Sie wollten mich konsultieren?«

»Jepp, ich habe einen Fall.«

»Ich begrüße jeden neuen Fall, nur ist es zeitlich im Moment ein wenig unglücklich, weil Mr. Goodwin heute Abend zu einem Billard-Spiel wollte, und jetzt wird er selbstverständlich bleiben müssen, um alles, was Sie sagen und was ich sage, aufzuschreiben. Archie, holen Sie Ihr Notizbuch, bitte?«

Wie ich sagte, es ist immer riskant. Er hatte mich am Wickel. Ich ging ins Büro hinüber, um ein Notizbuch und einen Stift zu holen, und als ich zurückkam, stand Fritz mit Kaffee für mich da und mit Keksen und einer Flasche Coca-Cola für Pete. Ich sagte nichts. Mein Stift und mein Notizbuch würden das Gesagte so gut wie automatisch aufnehmen, sie benötigten nicht mehr als ein Fünftel meines Gehirns; mit dem Rest würde ich Pläne entwickeln, um wieder Oberwasser zu bekommen.

Pete redete. »Ich nehm an, es ist okay, dass er mitschreibt, aber ich muss vorsichtig sein. Das Ganze ist streng unter der Hand.«

»Wenn Sie meinen, dass es vertraulich ist, gewiss.«

»Dann rück ich damit raus. Ich weiß, es gibt ein paar Privatdetektive, zu denen man nicht offen sein kann, aber Sie sind anders. Wir wissen hier alles über Sie. Ich weiß, was sie von den miesen Cops halten, genau wie ich. Also erzähl ich Ihnen alles.«

»Bitte doch.«

»Okay. Wie viel Uhr ist es?«

Ich sah auf meine Armbanduhr. »Zehn vor acht.«

»Dann war es vor einer Stunde. Ich weiß, manchmal hängt alles an der genauen Zeit, und gleich, nachdem es passiert ist, bin ich los und hab auf die Uhr im Drugstore an der Ecke gesehen, da war es Viertel vor sieben. Ich hab gearbeitet, die Scheiben-Masche an der Ecke 35th und Ninth, und ein Caddy hielt –«

»Bitte, was ist die Scheiben-Masche?«

»Ach, Sie wissen schon, ein Auto hält, und du springst mit ’nem Lappen hin und fängst an, die Scheibe zu putzen, und wenn es ein Mann ist, und er lässt dich, hast du ihn, und er zahlt wenigstens einen Dime. Wenn es eine Frau ist, und sie lässt dich, hast du sie vielleicht, vielleicht auch nicht. Das Risiko gehst du ein. Also, dieser Caddy hält –«

»Was ist ein Caddy?«

Dem Blick aus den stechenden schwarzen Augen nach zu urteilen, keimte in Pete der Verdacht auf, dass er sich den falschen Detektiv ausgesucht hatte. Ich ging dazwischen, um ihm zu zeigen, dass jedenfalls einer von uns kein Schwachkopf war, und sagte zu Wolfe: »Ein Cadillac.«

»Verstehe. Er hielt an?«

»Jepp, wegen der Ampel. Ich bin gleich zur Scheibe auf der Fahrerseite. Es war eine Frau. Sie drehte den Kopf, sah mir voll ins Gesicht und sagte was. Ich glaube nicht, dass sie ein Geräusch dabei gemacht hat, auf jeden Fall hab ich durch das Fenster nichts gehört, das war fast bis ganz oben hochgekurbelt, aber sie bewegte ihre Lippen, und deshalb hab ich sie verstanden. Sie sagte: ›Hilfe. Hol einen Cop.‹ Genau so, sehen Sie.«

Er formte die Worte mit den Lippen, übertrieb es etwas, ließ aber keinen Ton hören. Wolfe nickte anerkennend. Er wandte sich mir zu. »Archie. Machen Sie eine Skizze von Petes Mund, wie er das macht.«

»Später«, sagte ich verbindlich. »Wenn Sie zu Bett gegangen sind.«

»Es...

Erscheint lt. Verlag 17.3.2020
Übersetzer Werner Löcher-Lawrence
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Schlagworte Autos • Classic Crime • Detektiv • Detektivgeschichte • Krimi • Kriminalroman • Mord • Nero Wolfe • New York • Ohrringe • überfahren • Verbrechen
ISBN-10 3-608-11605-2 / 3608116052
ISBN-13 978-3-608-11605-2 / 9783608116052
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