Dorian Hunter 41 - Horror-Serie (eBook)

Die Monster aus der Geisterstadt

(Autor)

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2020 | 1. Aufl. 2020
64 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-9196-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dorian Hunter 41 - Horror-Serie - Ernst Vlcek
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Daponde konnte den Angreifer nicht genau erkennen. Der Schmerz machte ihn blind und taub. Er hatte das Gefühl, dass er mitsamt dem Quipu durch die Luft segelte - nein, schwebte. Ja, er schwebte, und als er auf den Boden aufprallte, war ihm, als tauchte er in die Fluten eines Gewässers ein; ein Meer aus rotem Wasser, das aus seinem Arm quoll, der plötzlich wie ein abgetrennter Stumpf aussah. Krallen durchschnitten die in Blut getauchte Sphäre, wirbelten Daponde wieder empor und schleuderten ihn wie ein Spielzeug davon.
Obwohl er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, klammerte er sich instinktiv an das Quipu wie an einen rettenden Strohhalm. Und auf einmal wusste er, was das alles zu bedeuten hatte. Er war auf dem richtigen Weg gewesen, die Inka-Prinzessin von ihren Alpträumen zu erlösen. Aber auf irgendeine unerklärliche Art war er selbst in diesen Alptraum geraten, und das hatte tödliche Folgen für ihn.
Das schattenhafte Ding mit den furchtbaren Krallen zerriss ihn förmlich in der Luft ...

1. Kapitel

Es erinnerte ihn mit seinen vielen Steinreliefs irgendwie an das berühmte Sonnentor am Titicacasee, obwohl sich die dargestellten Szenen grundlegend voneinander unterschieden.

Als er nun noch wenige Schritte von dem stufenförmig angeordneten Pyramidentempel entfernt war, traten aus dem Inneren vier Priester durch das Tor ins Freie. An ihrer Kleidung erkannte der Inka-Forscher sie sofort als Angehörige der Kaste der Opferpriester. Er schauderte, als er sich unwillkürlich fragte, wie viele Menschen von ihnen schon geopfert worden waren. Doch mit dem Tod des Dämons war hoffentlich auch das sinnlose Morden vorüber. Seitdem legten die Opferpriester sogar eine überraschende Unterwürfigkeit an den Tag.

Huica, der Wortführer der Priester, kniete plötzlich vor Daponde nieder, senkte demütig das Haupt, und sagte in altertümlichem Spanisch: »Seid gnädig, Konquistadoren, und stört nicht den heiligen Schlaf der Prinzessin Machu Picchu!«

Daponde hatte nicht vor, sich auf Diskussionen einzulassen, sondern wollte von seiner Autorität Gebrauch machen, um ans Ziel zu kommen. Von Dorian Hunter und im Umgang mit den Inkas hatte er deren Sprache ein wenig gelernt, so dass er sich leidlich mit ihnen verständigen konnte.

»Gebt den Weg frei!«, verlangte er barsch.

Die Priester zögerten. Huica erhob sich langsam. In seinem Gesicht zuckte es. Er schien noch einen Einwand vorbringen zu wollen, doch als er Dapondes entschlossenen Blick sah, wusste er, dass jede Widerrede zwecklos war. Die Priester zogen sich in den heiligen Bezirk zurück, wo ihre Unterkünfte lagen.

Daponde sah ihnen nach, bis sie seinen Blicken entschwunden waren, dann betrat er das Innere des Sonnentempels, in dem die schlafende Machu Picchu aufgebahrt war.

Es gab nur einen einzigen Raum, der verhältnismäßig schmucklos war. Er wurde von einem halben Dutzend Fackeln erhellt. An der einen Wand hing die unvermeidliche Sonnenscheibe aus purem Gold. Aber sie war das einzig Wertvolle. Die sonst üblichen Ziergegenstände, die die Inkas den von ihnen verehrten Toten beistellten, fehlten; es gab nicht einmal Vasen, Krüge oder Schalen aus Porzellan.

In der Mitte stand ein grob behauener Steinquader, der zwölf Fuß lang, sechs Fuß breit und drei Fuß hoch war. Der Stein war vom getrockneten Blut der Opfer dunkel gefärbt; das Blut klebte in zentimeterdicken Schichten darauf und bildete Klumpen, die wie Wucherungen aussahen.

Und auf diesem Sockel lag Machu Picchu. Sie sah wie eine Schlafende aus – und sie schlief wohl auch tatsächlich. Es war bisher nicht gelungen, sie zu wecken. Der Biologe James Rogard hatte sie untersucht. Ihr Puls schlug nicht, und als er ihr einen Spiegel vor Mund und Nase hielt, beschlug dieser nicht; sie schien nicht zu atmen. Dennoch war auch der Biologe überzeugt, dass sie nicht tot war.

Der Dämon hatte sie in diesen Zustand versetzt. Deshalb verblüffte es alle Eingeweihten – und besonders Dorian Hunter –, dass sie nach seinem Tod nicht aufgewacht war. Nur Jean Daponde wunderte sich nicht. Er hatte das Quipu auf seiner Schulter so weit entziffert, dass er es für den Zustand der Inka-Prinzessin verantwortlich machte.

Das Quipu barg aber noch Geheimnisse, die er bislang nicht gelöst hatte. Verschiedene Anzeichen wiesen auf einen Zauber hin, der weit über den Tod des Dämons hinausreichte. Und einige Knoten deuteten auch auf einen Jahrhunderte währenden magischen Kalender hin. Konnte das bedeuten, dass die Vergangenheit mit der Gegenwart untrennbar war? So wie die Knotenschnüre des Quipu?

Machu Picchu war schön. Jean Daponde hatte schon immer gewusst, dass die Inkas ein edles Volk waren. Aber der Anblick der lebenden Inka-Prinzessin – wenngleich sie scheintot war – raubte ihm förmlich den Atem.

Sie war klein, nicht einmal einen Meter sechzig groß, und hatte eine knabenhafte Figur mit kleinen, harten Brüsten – Daponde zog beschämt seine Hand schnell wieder zurück – und einem schmalen Becken. Ihr Gesicht hatte den rötlichen Teint, war aber nicht so breitflächig wie das anderer Inkas. Ihre etwas zu groß geratene Nase war geradezu klassisch-griechisch. Ihr schwarzes, bis zu den Hüften reichendes Haar war über den Stein ausgebreitet und strahlenförmig angeordnet, als sollten dadurch die Sonnenstrahlen symbolisiert werden. Selbst im Schlaf erinnerte sie an eine kampfbereite Wildkatze. Das bemalte Hüfttuch hatte sich vorn etwas geteilt, so dass er ihre makellosen Beine bis über die Knie hoch sehen konnte.

Daponde leckte sich unwillkürlich die Lippen. Wenn sie nun die Augen aufgeschlagen, ihr Busen sich gehoben und gesenkt hätte – wie begehrenswert wäre sie dann erst für ihn gewesen. Er wischte den Gedanken hinweg.

»Ich werde dich aus deinem Schlaf wecken, kleine Machu Picchu«, murmelte er und breitete das Quipu auf ihrem Körper aus.

Hatte es nicht gerade in ihrem Gesicht gezuckt? Hatte die Berührung mit dem Quipu nicht eine Reaktion bei der Schlafenden hervorgerufen?

Daponde breitete die mehr als zwanzig verschiedenfarbigen Knotenschnüre über den kalten Körper der Inka-Prinzessin. Ja – ihr Körper war kalt, und auch die Luft war kalt, als würde der Leib alle Wärme in sich aufsaugen.

Irgendwo hinter ihm war ein Geräusch. Er drehte sich gehetzt um, sah aber nichts. Es hatte sich so angehört, als würden sich die Steinquader, aus denen der Sonnentempel gebaut war, verschieben; als würden Steine gegeneinander reiben.

Vielleicht brachte er den Tempel zum Einstürzen, wenn er mit dem Quipu manipulierte? Daponde belächelte seine närrische Angst. Und doch war er sicher, dass hier Kräfte am Werk waren, die vorerst vielleicht noch schlummerten, die aber mit dem menschlichen Verstand nicht zu begreifen waren. Schon gar nicht mit einem wissenschaftlich geschulten Verstand.

»Ich weiß, wie ich dich wecken kann, kleine Prinzessin«, flüsterte der Franzose. »Mit Hilfe dieses Quipu werde ich dich von dem Fluch befreien.«

Er nahm eine rotgefärbte Schnur zwischen die Finger, rieb vorsichtig über die Knotenkette und öffnete blitzschnell den untersten Knoten der Schnur. Der Körper Machu Picchus zuckte wie unter einem Schlag zusammen. Jean Daponde hielt den Atem an. Er war auf dem richtigen Weg; er war dabei, das Geheimnis des Quipu zu enträtseln.

Wieder öffnete er mit zitternden Fingern einen Knoten. Diesmal einen fünffachen. Ein seltsamer Laut entrang sich der Kehle des Mädchens. Daponde wertete das als erstes Anzeichen dafür, dass sie im Aufwachen begriffen war.

Minuten später hatte er alle Knoten der roten Schnur gelöst. In Machu Picchu kam jetzt Leben. Ihr Körper machte langsame Schlangenbewegungen. Ihre Körpermitte rotierte wie bei einer Bauchtänzerin. Ihre geschlossenen Lider zuckten.

»Öffne die Augen, Machu Picchu!«, sagte der kleine Franzose beschwörend.

Ihm war plötzlich heiß. Schweiß perlte über sein Gesicht und glitzerte wie Tau in seinem Bart.

Das Inka-Mädchen warf sich herum. Ihre Arme zuckten, und dabei knackten ihre Gelenke, als wären sie eingerostet gewesen. Dann streckte sie die Arme steif in die Luft. Wieder kam ein seltsamer Ton über ihre Lippen. Wollte sie etwas sagen? Ihre makellose Haut bekam plötzlich Flecke, die sich bläulich verfärbten. Was bedeutete das?

Daponde hatte aus den Knotenschnüren herausgelesen, dass ein langer Traum für den Schlaf der Inka-Prinzessin verantwortlich war. Wovon träumte sie jetzt? Sie warf den Kopf hin und her und schnitt Grimassen, als hätte sie furchtbare Alpträume.

»Ich werde dich …« Daponde unterbrach sich, als er wieder das Mahlen gegeneinander reibender Felsquader vernahm. Der Tempel schien in seinen Grundfesten zu erbeben, als ob übernatürliche Kräfte an dem wuchtigen Bauwerk rüttelten.

Machu Picchu bäumte sich auf. Sie schnellte hoch und sackte dann wieder kraftlos zurück. Dann lag sie entspannt da, bis Daponde den nächsten Knoten löste.

Da erhielt er plötzlich einen Schlag gegen eine Schulter. Der Schlag traf ihn mit solcher Wucht, dass Daponde sich um seine eigene Achse drehte, und bevor er noch stehenbleiben konnte, wurde er von Neuem getroffen. Diesmal prallte ein dunkler Schatten wie eine Gewitterwolke gegen seine Brust, hob ihn vom Boden hoch und schleuderte ihn durch die Luft.

Daponde konnte den Angreifer nicht genau erkennen. Der Schmerz machte ihn blind und taub. Er hatte das Gefühl, dass er mitsamt dem Quipu durch die Luft segelte – nein, schwebte. Ja, er schwebte, und als er auf den Boden aufprallte, war ihm, als tauchte er in die Fluten eines Gewässers ein; ein Meer aus rotem Wasser, das aus seinem Arm quoll, der plötzlich wie ein abgetrennter Stumpf aussah. Krallen durchschnitten die in Blut getauchte Sphäre, wirbelten Daponde wieder empor und schleuderten ihn wie ein Spielzeug davon.

Obwohl er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte, klammerte er sich instinktiv an das Quipu wie an einen rettenden Strohhalm. Und auf einmal wusste er, was das alles zu bedeuten hatte. Er war auf dem richtigen Weg gewesen, die Inka-Prinzessin von ihren Alpträumen zu erlösen. Aber auf irgendeine unerklärliche Art war er selbst in diesen Alptraum geraten, und das hatte tödliche Folgen für ihn.

Das schattenhafte Ding mit den furchtbaren Krallen zerriss ihn förmlich in der Luft.

Der gespenstische Schrei ließ sie erstarren. Er kam nicht aus dem Dschungel, sondern aus der Inka-Stadt – vom Sonnentempel. Der Schrei war so durchdringend, dass er selbst das Gekreische der Brüllaffen übertönte.

Arturo Pesce hatte gerade...

Erscheint lt. Verlag 24.3.2020
Reihe/Serie Dorian Hunter - Horror-Serie
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7325-9196-4 / 3732591964
ISBN-13 978-3-7325-9196-1 / 9783732591961
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