Priest of Bones (eBook)

Der Kampf um den Rosenthron 1

***

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
412 Seiten
Klett-Cotta (Verlag)
978-3-608-11580-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Priest of Bones -  Peter McLean
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Soldaten, Gangster, Magier... in den dunklen Gassen der Stadt wird darum gekämpft, wer in den Spelunken, Bordellen und Tempeln des Glückspiels das Sagen hat. Der Soldatenpriester Tomas Piety und seine Leute haben ein einfaches Ziel, sie wollen Alles, und das jetzt. Der Krieg ist aus, aber die Probleme scheinen erst richtig anzufangen. Der Armeepriester Tomas kehrt mit seinen Soldaten und seiner Stellvertreterin Bloody Anne zurück nach Ellinburg. Aber die Stadt hat sich verändert, sein Imperium besteht nicht mehr. Längst haben andere Kriminelle die Kontrolle über die Gasthäuser, Bordelle und das Glücksspiel übernommen und ein dichtes Netz von Spitzeln geschaffen. Aber Tomas will sich zurückholen, was einst ihm gehörte. Er baut eine Gang auf, die an Gewitztheit und Schlagkraft nicht zu übertreffen ist. Und dann ist da noch Billy the Kid, ein Junge, der von der Göttin berührt ist und über beängstigende magische Fähigkeiten verfügt.

Peter McLean wurde in der Nähe Londons geboren und wuchs im alternativen Milieu Norwichs auf. In den heruntergekommenen Nachtklubs bildete er sich sowohl im Nahkampf aus als auch in angewandter Magie, bis er schließlich zur IT wechselte. Nach der Urban Fantasyreihe »The Burned Man« bilden »Priest of Bones« und »Priest of Lies« sein zweites großes Fantasywerk.

Peter McLean wurde in der Nähe Londons geboren und wuchs im alternativen Milieu Norwichs auf. In den heruntergekommenen Nachtklubs bildete er sich sowohl im Nahkampf aus als auch in angewandter Magie, bis er schließlich zur IT wechselte. Nach der Urban Fantasyreihe »The Burned Man« bilden »Priest of Bones« und »Priest of Lies« sein zweites großes Fantasywerk. Jochen Schwarzer, geboren 1967 in Nienburg/Weser, lebt als Übersetzer englischsprachiger Literatur in Berlin. Zu den von ihm übersetzten Autoren zählen Stephen King, Redmond O'Hanlon, Patrick Rothfuss und Hunter S. Thompson.

Eins


Nach dem Krieg kehrten wir heim.

Fünfundsechzigtausend an Schlachtenkoller leidende Berufstotschläger kamen in ihre Heimat zurück, wo es keine Arbeit und nichts zu beißen gab und die Pest wütete. Was hatte Ihre Majestät eigentlich gedacht, wie das ausgehen würde?

»Trinkt, Jungs!«, rief ich. »Das geht ab jetzt aufs Haus!«

»Jawoll!«, erwiderte Bloody Anne, warf den Wirt zur Tür hinaus und sperrte hinter ihm ab.

Er hatte Silber verlangt für Fraß und Bier, das zusammen kaum ein halbes Kupferstück wert war. Das war keine Art, die heimkehrenden Helden zu empfangen, fand ich, und Anne sah das anscheinend genauso. Sie hatte ihm seine Mühe mit ein paar saftigen Tritten vergolten.

»So, das wäre erledigt«, sagte sie.

Bloody Anne war meine Sergeantin. Sie hatte kürzeres Haar als ich und eine schartige Narbe die linke Wange hinab, vom Augenwinkel bis zum Kiefer, die ihrem Mund einen ewig leicht spöttisch-höhnischen Ausdruck verlieh. Mit Bloody Anne legte sich so schnell keiner an, es sei denn, er wusste wirklich nicht, was gut für ihn war.

»Willst du auch?«, fragte ich und hielt ihr einen Humpen hin.

»Was dachtest du denn?«

Sie hatte eine Reibeisenstimme, die sie dem Pulverdampf und dem jahrelangen Befehlebrüllen verdankte. Auch noch so viel Gerstensaft hätte diese Stimme nicht wieder sanft gespült. Wir setzten uns gemeinsam an einen Tisch, und sie nahm ihren Krug und leerte ihn in einem Zug zur Hälfte.

Einige meiner Leute zapften ein frisches Fass an, und andere zerrten indessen die Wirtstochter eine grob gezimmerte Holztreppe hinauf. Kant griente von dort oben zu mir herab, eine Hand schon unter dem Rock des Mädchens. Ich schüttelte den Kopf, um es ihm zu untersagen. Vergewaltigen, das gibt’s bei mir nicht, und meinem Trupp würde ich so etwas keinesfalls gestatten.

Ich bin ja schließlich Priester.

Über Annes Schulter hinweg sah ich, dass Kant mich nicht beachtete und das Mädchen zum Treppenabsatz und damit außer Sicht zerrte. So waren sie, die Zeiten, in denen wir lebten.

Dennoch gab es Grenzen.

Ich stand auf und stieß den Tisch beiseite, und das warme Bier aus den Humpen schwappte auf den mit Sägemehl bestreuten Boden.

»He!«, murrte Anne.

»Kant!«, rief ich.

Er reckte den Kopf unter der Treppenwölbung hervor.

»Was?«

»Lass die Kleine los!«

»Sehr witzig, Chef.«

Er grinste, was seine scheißefarbenen Zähne gut zur Geltung brachte.

Bloody Anne drehte sich um und sah, was vor sich ging.

»Das reicht, Korporal!«, knurrte sie, aber er überhörte auch das.

Dass er glaubte, Anne derart ignorieren zu können, machte mich wütend. Sie war Sergeantin und er nur Korporal – auch wenn diese Dinge keine große Rolle mehr spielten. Kant war einen Kopf größer als ich und gut dreißig Pfund schwerer, aber das war mir egal. Darauf kam es nicht an, das wusste ich, und vor allem war das auch Kant klar. In mir schlummerte ein Dämon, das wusste mein ganzer Trupp nur zu gut.

»Lass sie los«, sagte ich noch einmal, in dem ausdruckslosen Ton, der ein strenges Strafgericht ankündigt.

»Das soll doch wohl ein Scherz sein«, erwiderte Kant, klang nun aber schon etwas unsicher.

»Komm her, Kant!«, sagte ich. »Und du auch, Brak!«

Schlagartig herrschte ängstliches Schweigen im Raum, und man hörte den Frühlingsregen an die geschlossenen Fensterläden wehen. Das Kaminfeuer knisterte qualmend vor sich hin. Kant und sein Möchtegernspießgeselle kamen die Treppe herab und ließen das Mädchen, das in sich zusammengesunken weinte, oben auf dem Absatz zurück. Sie war höchstens sechzehn oder siebzehn Jahre alt, nicht mal halb so alt wie ich.

Ich spürte die Blicke von Anne und meinem restlichen Trupp auf mir. Die Männer setzten Bierkrüge und Flaschen ab, um zuzusehen. Sogar der dicke Luka ließ den Humpen sinken, und um den vom Saufen abzubringen, musste schon einiges geschehen. Meine Leute wussten, dass etwas Unrechtes getan worden war, und wenn in meinen Augen etwas Unrechtes getan worden war, folgte das strenge Strafgericht auf dem Fuße.

Bloody Anne warf mir einen argwöhnischen Blick zu. Sir Eland, der falsche Ritter, stand wie gewöhnlich einfach nur da und grinste spöttisch in die Runde, aber auch er merkte jetzt auf. Billy the Boy war schon halb betrunken, doch da er erst zwölf Jahre alt war, konnte man ihm ja nicht verdenken, dass er nichts vertrug. Grieg, Cookpot, Black Billy und die anderen schauten einfach nur zu.

Ich sah Kant in die Augen und zeigte auf eine Stelle vor mir auf dem Boden.

»Komm her«, sagte ich. »Sofort.«

Ein Holzscheit knackte im Kamin, und Simple Sam zuckte zusammen. Kant funkelte mich wütend an, kam aber herbei, und Brak folgte in seinem Kielwasser wie das Beiboot einer Kriegsgaleone.

»Hättest du gerne jemanden zum Ficken, Kant?«, fragte ich.

Kant war größer als ich, ein hässlicher Hüne. Kant, die Kackbratze, wurde er im Trupp genannt, aber nur hinter seinem Rücken und vorgehaltener Hand. Das Kettenhemd und das Lederwams darunter spannten sich über seiner breiten Brust. Die Narben auf seinem Gesicht traten nun, da er wütend auf mich war, fahl und rot hervor. Ich dachte daran, wie er sich diese Narben in Abingon verdient hatte, als er sich beim Fall der Festung einen Weg durch die Bresche in der Westmauer gebahnt hatte. Kant hatte mit seiner Einheit einen ganzen Leichenberg hinter sich gelassen und den auflauernden Bogenschützen tapfer getrotzt. Dafür hatte er einen Pfeil in die Wange kassiert. Er hatte dennoch weitergekämpft, Blut und Zähne spuckend, hatte mit seinem Streitkolben Köpfe, Schultern und Gemächte zerschmettert, hatte niedergeknüppelt und zermalmt und sich den Weg freigeprügelt. Nackte Gewalt – damit bahnte sich Kackbratze Kant seinen Weg durch die Welt.

Kant war ein Kriegsheld.

Aber das war ich auch.

»Klar will ich wen zum Ficken«, erwiderte er. »Wer will das nicht?«

»Du willst also ficken, Kant?«, fragte ich noch einmal, nun aber in sanftem Ton und mit leiser Stimme.

Meine Leute waren lange genug bei mir, um zu wissen, was dieser Tonfall zu bedeuten hatte. Er bedeutete, dass der Dämon in mir erwacht war und nur allzu bald ein strenges Strafgericht erfolgen würde. Kants Besoffenheit – nicht vom Schnaps, sondern von seiner Macht über das Mädchen – hatte jedoch zur Folge, dass er das nicht mitbekam. Diesmal nicht.

»Ja, verdammt nochmal!«, sagte er.

Ich mochte Kant nicht. Ehrlich gesagt hatte ich ihn nie gemocht, aber er war nun mal ein guter Soldat. In Abingon hatte ich gute Soldaten gebraucht. Jetzt brauchte ich gute Männer, und das ist weiß Göttin nicht immer das Gleiche.

»Komm her«, sagte ich noch mal. »Wenn du ficken willst, dann komm her und fick mich.«

Ich sah ihm unverwandt in die Augen. Unter anderen Umständen hätte ich ihm das glatt zugetraut. Wenn ich ein anderer gewesen wäre, irgendein Bauernjunge beispielsweise, wäre Kant, glaube ich, nicht allzu wählerisch gewesen. Für ihn war ein Loch ein Loch, und wenn er seinen Schwanz hineinstecken konnte, war er zufrieden.

»Tomas …«, begann Anne, aber dafür war es schon zu spät, und ich glaube, sie wusste das auch.

Die Klageweiber hingen schwer an meinen Hüften. Sie waren ein aufeinander abgestimmtes Paar schön geschmiedeter Kurzschwerter, die ich nach der letzten Schlacht bei Abingon einem gefallenen Oberst abgenommen hatte. Ich hatte sie »Erbarmen« und »Gnade« getauft.

Meine Leute wussten nur zu gut, was die Klageweiber in meinen Händen anrichten konnten.

»Man soll Mädchen keine Gewalt antun, das gehört sich nicht«, sagte Black Billy und stupste seinen Nebenmann an. »Nicht wahr, Grieg?«

Grieg gab als Antwort nur ein Grunzen von sich. Er war kein Mann der vielen Worte, der Grieg.

»Gütige Göttin …«, murmelte Brak und scharrte mit einem Fuß in dem bierfeuchten Sägemehl auf dem Boden, während Kant mich weiter wortlos anstarrte. »Wir wollten uns doch bloß ein bisschen vergnügen.«

»Sieht sie etwa so aus, als wäre das ein Vergnügen für sie?«, fragte ich.

Kant sah, dass ich auf das Mädchen zeigte, sah, dass mein Blick und meine Hand sich von ihm fort bewegten, und nutzte den Moment. Das hatte ich geahnt, sosehr ich auch gehofft hatte, er wäre vernünftiger. Er war schnell, der Kant, und brutal, aber sonderlich clever war er nicht.

Er stürzte auf mich zu, ein langes Messer in der Faust. Ich wich aus, wirbelte herum, zog...

Erscheint lt. Verlag 20.2.2020
Übersetzer Jochen Schwarzer
Verlagsort Stuttgart
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte Gangster • Glücksspiel • Huren • Magier • Straßenkämpfe
ISBN-10 3-608-11580-3 / 3608115803
ISBN-13 978-3-608-11580-2 / 9783608115802
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