Letzte Spur: Ostsee (eBook)

Ein Ostsee-Krimi

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020
350 Seiten
Piper ebooks (Verlag)
978-3-492-98687-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Letzte Spur: Ostsee - Karen Kliewe
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Journalistin Johanna Arnold ermittelt in ihrem ersten Fall: ein packender Ostsee-Krimi mit viel Küstenflair und einem Geheimnis aus der Vergangenheit. Für alle LeserInnen von Eva Almstädt und Katharina Peters Eine Nacht im August 2004. Die alten, krüppeligen Birken versperren die Sicht auf den Mond und die ungewöhnlich raue Ostsee. Entlang der Steilklippen des Urlaubs-Örtchens Rerik rennt ein schwedisches Mädchen um sein Leben. Was ist mit ihr geschehen? Wohin ist sie verschwunden? Genau diese Fragen stellt sich die Journalistik-Studentin Johanna Arnold zwölf Jahre später, als ihr ein alter Zeitungsbericht in die Hände fällt. Das frech grinsende Mädchen auf dem abgedruckten Foto könnte ihr Zwilling sein. Als sie sich auf die Suche nach ihrer Doppelgängerin macht, ahnt sie nicht, welch mörderische Kettenreaktion ihre Recherchen in Gang setzen...

Karen Kliewe wurde 1970 in Westfalen geboren, ist verheiratet und Mutter einer Tochter. Nach ihrer Ausbildung zur Fotografin studierte sie Visuelle Kommunikation, arbeitete als Illustratorin, Grafik-Designerin und Fotografin. Ihr Debüt erschien 2020 und bildete den Auftakt einer Serie um die Journalistin Johanna Arnold

Kapitel 2


Rostock

Sie traf sich mit Lisa Rieckhoff im ›Törtcheneck‹, einem kleinen Café in der Großen Wasserstraße in Rostock. Der Name war innen wie außen Programm. Eingerahmt von zwei monumentalen Steinsäulen in Form zweier griechisch anmutender, leicht bekleideter Männer-Statuen, die die Last eines Erkers trugen, bildete die Ecke den Eingang des kleinen Cafés. Das Gebäude war, wie die meisten in dieser Straße, aufwendig restauriert und strahlte in den Farben Lachs, Rosé und Weiß. Die Atmosphäre im Innern war gemütlich. Es gab eine große Vielfalt kunstvoll verzierter Torten, Muffins, Cup-Cakes und Donuts. Ann entschied sich für einen Himbeer-Muffin mit Latte Macchiato.

Lisa Rieckhoff war um einiges jünger, als sie vermutet hatte. Sie stellten sich vor, und Ann berichtete von ihrem Anliegen. Dann sah sie der Frau schweigend dabei zu, wie diese ein riesiges Stück Torte in ihren Mund stopfte und zu kauen begann. Die arbeitenden Kiefermuskeln und der leicht verzerrte, sabbernde Mund entbehrten jeglicher Ästhetik. Ein Teil des Teigs schien fliehen zu wollen, schloss sich zu größeren Krümelpäckchen zusammen, stürzte sich aus dem Maul des alles verschlingenden Wesens, sprang todesmutig von der Tischplatte in den dunklen Untergrund des Café-Bodens – wo er für immer verschwand.

Könntest du dich vielleicht mal konzentrieren?

Eben noch war Ann voller Vorfreude, voller Neugier gewesen. Die Recherche – das war es, was sie an diesem Job am meisten liebte. Das Wühlen in alten Papieren und Datensätzen. Das Kennenlernen verschiedenster Persönlichkeiten. Die Erkenntnis, wenn die vielen kleinen Puzzleteilchen plötzlich einen Sinn ergaben.

Nun kam ihr die Aktion plötzlich total überflüssig vor. Was versprach sie sich von dem Treffen? Was sollte es bringen, sich mit jemandem zu unterhalten, der die beiden vom Foto nie getroffen hatte? Und dann diese Geschichte von ihr und ihrer angeblichen Jugendliebe – was für ein Nonsens!

»So, deine Großeltern leben also in Rerik? Ich komm ja aus der Nähe von Kröpelin. Ist aber auch nicht so spannend. Wollte immer weg hier. Für die großen Blätter schreiben. War aber wohl nicht gut genug. Also bediene ich sämtliche Käseblätter der Umgebung, sofern die mir meine Artikel überhaupt abkaufen. Nebenbei geh ich putzen und helfe in einer Heißmangel aus. Was hast du gesagt? Von wann ist der Artikel?«

Ann zeigte ihr das PDF der Zeitungsseite und das Handyfoto.

»Oh Mann, das war das erste Jahr, in dem ich Berichte veröffentlicht habe. Kohle bekam man da noch keine. Alles nur für die Anerkennung. Und in der Hoffnung auf zukünftige, regelmäßige Anfragen. Damals dachte ich noch, ich hätte eine tolle Karriere vor mir. Ich bestell mir noch was. Du lädst mich doch ein? Ich bin immer froh, wenn es Menschen gibt, die brotlose Schreiberlinge unterstützen. Na ja, schließlich bin ich extra für dich hergekommen. Der Sprit allein!«

Sie bestellte sich noch ein Stück Sahnetorte und einen großen Milchkaffee.

Ekelige Schmarotzer.

»Ich weiß allerdings nicht, wie ich dir helfen könnte. Ich meine, ich würde ja gern. Deine Geschichte ist schon …«, sie zögerte, »… niedlich. Aber das ist zwölf Jahre her und war nicht grade ein Meilenstein der Geschichte.« Sie lachte, gab dabei einen seltsamen Krächzlaut von sich und entblößte ihre schief stehenden Vorderzähne.

Was für ein Reinfall. Ann bezweifelte, dass die Dame eine fundierte Ausbildung besaß.

Na, gibst du schon wieder auf? Verkriech dich doch in deiner Filmkulisse. Nur nichts riskieren!

Halt den Mund, dachte Ann.

Bevor sie sich trennten, leitete sie das Handyfoto an die Hobby-Redakteurin weiter. Diese versprach, sich zu melden, sollte sie zu neuen Erkenntnissen gelangen.

*

Kröpelin

Fast eine Woche war vergangen, seit sie sich mit Johanna Arnold getroffen hatte. Lisa hatte bis mittags im Mangelstübchen gearbeitet und sich wieder wahnsinnig über das dumme Geschwätz von Gisela aufgeregt, einer nervigen Alten, die dort ihre Rente aufbesserte. Lisa brauchte dringend einen Plan, wie sie aus diesem beschissenen Leben ausbrechen konnte. Aber so sehr sie sich auch den Kopf zermarterte, ihr wollte einfach nichts Gewinnbringendes einfallen.

Die mittlere Reife hatte sie gerade so geschafft und danach keine große Lust auf eine Ausbildung oder andere lernintensive Zukunftsmodelle gehabt. Mit den Artikeln für die Regionalzeitungen war es damals ganz gut losgegangen, und irgendwie hatte sie gehofft, dass da mal was Größeres draus entstehen könnte – bis ein gut aussehender, gut verdienender Mensch käme und sie bis ans Lebensende auf Händen tragen würde.

Jetzt war sie vierunddreißig und musste feststellen, dass das wohl ein wenig naiv gedacht gewesen war. Wie immer, wenn ihre Gedankengänge in dieser Sackgasse und ihre Laune auf dem Nullpunkt angekommen waren, beschloss sie, sich etwas Gutes zu gönnen. Sie fuhr nach Rerik, kaufte ein Eis im Hörnchen, ließ sich auf den Treppenstufen des Hafens nieder und schaute aufs Salzhaff.

Die kleinen, zumeist weißen Segelboote spiegelten sich in der ruhigen, glatten Wasseroberfläche. Möwen drehten ihre Runden. Zwei steuerten direkt auf sie zu, eine kreischte laut und ungeduldig. Sie hofften auf ein paar Krumen Brot, wahlweise ein paar Stücke ihrer Eiswaffel. Die Schulferien waren fast vorbei, trotzdem flanierten etliche Gäste über die überschaubare Strandpromenade und den kleinen Platz zwischen Ostsee und Haff.

Als Lisas Blick auf ein verliebtes Teenagerpärchen fiel, kam ihr Johannas Geschichte wieder in den Sinn.

Egal, jetzt war sie schon mal hier und konnte ebenso gut ein bisschen herumfragen. Viel Zeit würde sie nicht investieren, dafür war die Story zu dürftig und die Chance, nach zwölf Jahren jemanden zu finden, der hier wahrscheinlich nur ein paar Wochen Urlaub gemacht hatte, mehr als gering. Andererseits: Vielleicht konnte sie der OZ einen kleinen romantischen Sommer-Artikel aufschwatzen. Und wenn es nur die zwölf Jahre alte Geschichte von Johanna und Ric wäre, inklusive sehnsüchtigem ›Bitte melde dich-Aufruf‹ an die alte Jugendliebe.

Sie beschloss, mit ihrer Recherche bei der Surfschule zu beginnen. Dazu schlenderte sie ein Stück am Haff entlang, auf der Suche nach dem Bulli, der, zusammen mit einem Anhänger, die Einstiegsstelle der Wassersportler markierte. Sie hatte Glück. Während eine Surflehrerin, im knietiefen Wasser stehend, ihren Schützlingen Anweisungen zurief, lag der Inhaber in einem Liegestuhl neben den zum Trocknen aufgehängten Neoprenanzügen und gönnte sich eine Pause. Lisa zeigte ihm ihren abgewetzten Presseausweis und hielt dem Surfer das Handyfoto von Ric und Johanna unter die Nase. Leider konnte der sich nicht an die beiden Teenager erinnern – was ja auch kein Wunder war, nach so langer Zeit und bei der Masse an Surfschülern.

Lisa sah das realistisch. Sie hatte nur eine Chance, wenn der Junge auf dem Foto entweder aus der Gegend stammte oder jedes Jahr hier Urlaub machte. Ein nicht unwesentliches Detail, zu dem diese Johanna ihr auch keine Informationen hatte geben können. Sehr seltsam, wo sie doch so verliebt in ihn gewesen war.

Lisas nächster Stopp war ›Die Jolle‹. Ein Restaurant mit Blick auf den Hafen. Die Bedienungen waren dummerweise ziemlich beschäftigt und wollten oder konnten ihr nicht weiterhelfen.

Ein Häuschen weiter, im Eiscafé Casa di Mare, zeigte sich ihr ein ähnliches Bild: emsig umherlaufende Kellner und viele Gäste, die auf diese warteten. Trotzdem startete Lisa einen letzten Versuch und hielt einer Servicekraft ihr Handy hin.

»Entschuldigung, ich will nicht lange stören. Mein Name ist Lisa Rieckhoff, ich komme von der Ostsee-Zeitung und recherchiere für einen Artikel.« Mit der anderen Hand griff sie in ihre Jackentasche, zog eine ziemlich verknickte Visitenkarte heraus und legte diese auf die Ecke eines in der Nähe stehenden Tischs. »Kennen Sie zufällig diesen jungen Mann? Das Foto ist allerdings zwölf Jahre alt. Er müsste heute also so um die dreißig sein.«

Die angesprochene Frau drehte sich, freundlich lächelnd, zu Lisa um. Ihr langer, dunkelbrauner Zopf fiel ihr elegant über die Schulter. Sie wirkte routiniert, ließ sich, trotz der gut besetzten Tische, den Stress nicht anmerken. Gleichzeitig signalisierte ihre Körperhaltung, dass sie für solche Dinge nun wirklich keine Zeit hatte. So schaute sie auch nur sehr flüchtig auf das Display.

»Tut mir leid, aber ich denke nicht …« Sie hielt inne und fing an zu lachen. »Darf ich das noch mal genauer sehen?« Schützend legte sie die Hand an das Telefon, um die Reflexion der Sonne abzuhalten. »Aber natürlich, das ist er doch! Das ist Federico. Mein Gott, wo haben Sie denn das Foto ausgegraben?«

Lisa konnte es kaum glauben. »Sie kennen ihn? Wissen Sie, was er heute macht? Kommt er hier aus der Gegend? Es wäre wirklich wichtig. Seine Jugendliebe, das Mädchen hier«, sie zeigte auf das Foto, »würde gern Kontakt mit ihm aufnehmen.«

»Meja sucht nach Ric? Tatsächlich? Wie süß. Na ja, sie waren schon ziemlich verliebt damals. Und dann war es – puff«, sie machte eine ausladende Bewegung, »mit einem Mal vorbei! Aber das ist bei den jungen Leuten ja nichts Ungewöhnliches. Und Temperament hatten die beiden, mamma mia

Lisa stutzte. »Was sagten Sie, wie hieß das Mädchen?«

»Meja, Meja Persson. Lustiger Name, nicht wahr? Ich konnte ihn mir nur deshalb so gut merken, weil er mich an zwei Kindheitsfiguren erinnert hat. Meja verband ich mit Maja, also der Biene Maja.« Sie lachte. »Und Persson mit Pettersson, von Pettersson und Findus. Das hat man davon, wenn man so früh Kinder bekommt. Das Mädchen kam wohl...

Erscheint lt. Verlag 4.5.2020
Reihe/Serie Ein Fall für Journalistin Arnold
Ein Fall für Journalistin Arnold
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bücher für den Urlaub • Deutsche Krimis • Deutschland • Inselkrimi • Inselroman • Kommisarin • krimi ermittlerin • krimi norddeutschland • Küste • Küstenkrimi • Meer • Mord • Mörder • Ostsee Krimi • Ostsee Roman • Regionalkrimi • spannende Bücher • Strand • Urlaubskrimi • weibliche Ermittlerin
ISBN-10 3-492-98687-0 / 3492986870
ISBN-13 978-3-492-98687-8 / 9783492986878
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