Schwarzwälder Kirsch (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
352 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2135-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schwarzwälder Kirsch -  Mona Franz
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Mord im Schwarzwald - Christa Haas ermittelt in ihrem ersten Fall Im verschlafenen Schwarzwalddorf Maria Brunn wird am helllichten Tage der erfolgreiche Unternehmer Bertie Haberland in seinem Garten ermordet. Maria Brunn steht unter Schock. Doch nicht alle Dorfbewohner scheinen dem Verstorbenen nachzutrauern. Für die pensionierte Kriminalkommissarin Christa Haas ist der Mord ein Lichtblick. Sie ist gerade erst wegen eines Oberschenkelhalsbruchs ins örtliche Betreute Wohnen gezogen. Endlich mehr Action als die verschrobene Altenheimbackgruppe, zu der ihre Tochter sie angemeldet hat. Christa beginnt zu ermitteln und stößt bald auf alten Zorn und offene Rechnungen unter der heilen Maria Brunner Oberfläche ...

Mona Franz ist das Pseudonym einer deutschen Autorin. Die gebürtige Nordschwarzwälderin  mag Tannengrün und Holzduft und sagt zu einem Stück Schwarzwälder Kirschtorte fast nie Nein. Zum Schreiben zieht sie sich am liebsten auf die heimische Terrasse zurück.

Die gebürtige Nordschwarzwälderin Mona Franz mag Tannengrün und Holzduft und sagt zu einem Stück Schwarzwälder Kirschtorte fast nie Nein. Zum Schreiben zieht sie sich am liebsten auf die heimische Terrasse zurück.

EINS


»Schau mal, wie lustig, ein Rollatorparkplatz!«, rief Anna. Christa bedachte sie mit einem wütenden Blick. »Siehst du jetzt, wo du mich hingebracht hast?«, schnaubte sie. »Zur letzten Station vor dem Grab.« Anna, die gerade eine von Christas Topfpflanzen aus dem Kofferraum lud, verdrehte die Augen. »Mama, ich dachte, das hätten wir besprochen.« Christa sah unruhig zu, wie Anna ihre lang gehegte gelbrote Orchidee aus Sumatra in gefährlicher Schräglage hielt, während sie mit der freien Hand nach einem gerahmten Foto angelte, das Christa in deutlich jüngeren Jahren spärlich bekleidet in Thailand zeigte. »Du kannst nach einem Oberschenkelhalsbruch nicht einfach so tun, als wäre nichts passiert. Dein Haus ist eine Baustelle, da kannst du nicht mit Rollator und Wackelhüfte hin. Man muss noch ein bisschen auf dich aufpassen, wenigstens für zwei, drei Monate. Und du wolltest ja nicht, dass ich mich um dich kümmere.« Christa stellte die Bremsen an ihrem Rollator fest und setzte sich rückwärts auf die Sitzfläche. Ihre Hüfte tat weh, aber das wollte sie nicht zugeben. »Ja, weil du dich auf deinen Job konzentrieren sollst, wenn du schon endlich mal eine Stelle hast. Ist ja nicht so, dass man mit Germanistik an jeder Ecke was findet, und außerdem ist es reaktionär, dass von Töchtern immer erwartet wird …«, weiter kam sie nicht. Anna hielt ihr den Mund zu und küsste sie auf die Wange. Christa kämpfte sich unter Annas Hand hervor. »Und ich will ja auch gar nicht, dass man sich um mich kümmern muss – ich will mein Leben zurück!« In diesem Moment fiel Christas Blick auf den Kleinbus, der neben Annas Auto parkte. »Demenzmobil« stand darauf. Sie schloss die Augen.

Der Wohnblock des Betreuten Wohnens war neu. Als Christa als Kind in Maria Brunn gelebt hatte, war hier nur eine Wiese gewesen, die im Frühjahr ständig unter Wasser stand, weil der Tannbach zu nah daran vorbeifloss. Das neue Gebäude war gelb gestrichen, darin sechs Wohnungen, verteilt auf zwei Stockwerke. Durch die Glasfront war zu sehen, dass jede der sechs Wohnungstüren eine andere schreiend bunte Farbe hatte. Links neben dem Betreuten Wohnen lag das Altenheim »Abendrot«, rechts der Kindergarten »Schwarzwaldzwerge«. Zwischen Betreutem Wohnen und Altenheim gab es im Obergeschoss einen gläsernen Verbindungsgang, durch den gerade ein Pflegebett geschoben wurde.

Gemeinsam bildeten die drei Gebäude ein Hufeisen, mit einem gemeinsam genutzten Platz in der Mitte, der durch einen Springbrunnen und einige Blumenbeete aufge­hübscht worden war. »Unser Konzept ist es, Jung und Alt zu einer fröhlichen, kunterbunten Gemeinschaft zu verbinden«, hatte es im Prospekt »Betreutes Wohnen in Maria Brunn« geheißen. Schon da hätte sie absagen sollen. Aber nun war es zu spät. Christa seufzte. »Halt die Orchidee anständig!«, rief sie Anna nach, die den Wohnblock mit den bunten Türen ansteuerte. Anna hörte sie nicht mehr.

»Sie müssen die Frau Haas sein«, sagte da von hinten eine sonore Stimme. Christa drehte sich um, so gut das mit halb verheiltem Oberschenkelhalsbruch und zweiundsiebzig Jahre alter Wirbelsäule möglich war. Ein Mann, fast zu gepflegt, um die fünfzig, mit bunt geblümtem Hemd und Schnauzbart. »Ich bin der Herr Fuchs. Ich leite das Betreute Wohnen und das Altenheim«, er umrundete Christas Rollator, blieb vor ihr stehen und gab ihr die Hand. »Ha, Herr Fuchs und Frau Haas, ist das nicht lustig?«, fragte er gut gelaunt und lachte für zwei. »Wahnsinn«, sagte Christa.

»Ihre Möbel wurden ja schon angeliefert und alles so eingerichtet, wie mit Ihrer Tochter besprochen. Sie bekommen die Wohnung mit der grünen Tür, sehen Sie?« Herr Fuchs zeigte auf die Tür mit entsprechender Farbe im oberen Stock. »Balkon, Küche, behindertengerechtes Badezimmer, alles da für Sie.« Christa rang sich ein Nicken ab. »Ihre Tochter hat Sie auch schon für unsere Backgruppe angemeldet.«

»Sie hat was?« In diesem Moment mobilisierten sich in Christa wieder alle Lebensgeister.

»Sie für unsere Backgruppe angemeldet«, wiederholte Herr Fuchs sehr laut und deutlich. »Die organisieren die Maria Brunner Charity Engel, das ist unser Wohltätigkeitsverein hier im Ort. Sehr aktiv, auch in der Seniorenarbeit. Ich bin selbst Mitglied. Die Backgruppe heißt übrigens ›Die Zuckerschnitten‹. Ist das nicht ein super Name?« Wieder lachte er. »Ja, wirklich super«, knurrte Christa. Herr Fuchs wirkte irritiert. Zum Glück kam in diesem Moment Anna zum Auto zurück.

Eine Stunde später waren alle Orchideen, Fotos, Kissen, Christas geliebte bunte indische Wandtücher und Christa selbst eingezogen. Herr Fuchs hatte sich inzwischen verabschiedet, nicht, ohne einen Stapel Broschüren zu den hauseigenen Aktivitäten und den Essensplan der aktuellen Woche dazulassen. Anna machte Minztee mit frischer Minze und stellte ein Glas davon vor Christa ab, die missmutig den Prospekt »Ernährungsvorträge in unserem Hause« durchblätterte. »Wie ich höre, bin ich dank dir bald eine ›Zuckerschnitte‹«, sagte sie. Anna grinste. »Ich dachte, es wäre gut, wenn du dich gleich ein bisschen integrierst«, sagte sie. »Ich weiß doch, wie grummelig du wegen dem allem hier bist. Und backen kannst du.« Anna schlenderte zur Balkontür, öffnete sie und ging hinaus. »Grummelig«, flüsterte Christa, »grummelig.« Anna wusste nicht, wie es sich anfühlte, plötzlich offiziell zur Zielgruppe der Seniorenarbeit zu gehören.

Christa stand auf und ging zu ihrer Tochter auf den Balkon hinaus. Die Sonne stand schon tief. »Schön, dieses Maria Brunn«, sagte Anna bewundernd. Überall grüne Sommerwiesen, überragt vom Kirchturm der alten Dorfkirche, um den herum sich die gepflegten Einfamilienhäuser der Maria Brunner verteilten, hier und da einzelne Tannen und dahinter der dunkle Wald, der alles einrahmte. Das Dorf wirkte wie einer Schwarzwaldwerbung entsprungen. »Als Kinder haben wir hier am Bach gespielt«, sagte Christa und zeigte auf den Tannbach, der dicht am Altenheimgarten sprudelnd und gluckernd vorbeifloss, »Staudämme bauen und solche Sachen. Da drin gibt’s sogar Forellen.« Kurz nach Christas zehntem Geburtstag hatte ihr Vater eine Beförderung bekommen, und sie waren in die Stadt gezogen. Da war es vorbei gewesen mit Staudämmen und Maria Brunn. »Hättest du auch nicht gedacht, dass du noch einmal zurückkommst, oder?«, Anna legte einen Arm um die Schultern ihrer Mutter.

»Ich komme nicht zurück. Ich mache nur kurz halt.«

Anna ging nicht darauf ein. »Was für ein Glück, dass ausgerechnet hier kurzfristig ein Platz frei war«, meinte sie fröhlich. »Vielleicht triffst du ja auch ein paar Sandkastenfreunde.« Christa verzog den Mund. Genau das war ihre Sorge.

Nachdem Anna gegangen war, sah sich Christa noch einmal genauer in ihrer Wohnung um. Sie war ganz hübsch, das musste sie zugeben. Und das behindertengerechte Bad sah nicht so deprimierend aus, wie sie es sich ausgemalt hatte. Nur die Haltegriffe rechts und links neben dem Klo erinnerten daran, wie weit es noch mit einem bergab gehen konnte. Aber so weit würde es mit ihr nicht kommen. Zwei oder drei Monate, das hatten ihr die Ärzte und Anna versprochen, zwei oder drei Monate, und dann könnte sie wieder zurück in ihr Haus in Freiburg ziehen. Sie war stolz darauf, ein Haus zu besitzen. Nicht geerbt, nicht erheiratet. Selbst gekauft. Als erste weibliche Kriminalhauptkommissarin im ganzen Landkreis hatte sie sich das leisten können und auch geleistet, als sich die Kommune auflöste, in der sie gewohnt hatten, solange Anna noch klein war. Zugegebenermaßen war dieses Haus allerdings auch der Grund für ihre aktuelle missliche Lage. Sie hatte vor einem halben Jahr ein paar Renovierungen in Angriff genommen. Nichts Wildes zuerst, nur den Balkon, die Rollladenkästen, hier und da etwas ausbessern. Aber dann hatten die Handwerker immer mehr Vorschläge gehabt, die alle verlockend klangen, und Christa hatte sich in eine Art Renovierungsrausch gestürzt – bis nicht nur das halbe Haus eine Baustelle, sondern auch Christa eines Morgens auf der mit Malerfolie ausgelegten Treppe ausgerutscht war. Nun war das Haus immer noch eine Baustelle und ihr Oberschenkelhals auch.

Christa setzte sich seufzend auf ihr bunt gemustertes Sofa. Zu Hause stand es unter dem Fenster, hier stand es neben dem Notfallknopf. Diese Knöpfe waren in der ganzen Wohnung verteilt. »Damit kannst du die Schwester rufen, wenn irgendetwas ist. Und bitte: Mach das auch!«, hatte ihr Anna zum Abschied gesagt.

Sie war doch kein Pflegefall. Ihre Hüfte war fast wieder gut, nur eben noch wacklig, und manchmal tat sie weh. Christa schloss die Augen. Sie war immer gerne auf Reisen gegangen. Sieben Monate war sie mit ihrem damaligen Freund und ihrer besten Freundin Sabine, die in dieser Zeit nur Shanti genannt werden wollte, mit ihrem alten VW-Bus durch Indien gefahren. Nach Annas Abitur waren sie zu zweit einen Sommer lang durch Schweden gereist, und sobald die Polizei Sabbatjahre möglich gemacht...

Erscheint lt. Verlag 28.2.2020
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte alte Ermittler • Altenheim • Altersheim • Anschlag • Aquagymnastik • Backen • Backgruppe • Beschaulich • Betreutes Wohnen • Bücher für die Coronavirus Zeit • Bücher für die Coronazeit • Bücher für die Covid19 Zeit • Cosy Crime • Cozy • das Lesen geht weiter • Dorf • Dorfbewohner • Feuer • für Social Distancing • Garten • gegen Langeweile • Gemeinde • Humor • Kommissarin • Krimi • Kriminalroman • Kuckucksuhr • Landhauskrimi • lauschige Krimis • Lesen in der Coronakrise • Lesen in der Covid19-Krise • Lesen in Karantäne • Lesen in Quarantäne • Lesen während Shutdown • lieber Buch als Coronavirus • Lieber Buch als Covid19 • lieber Bücher als Corona • Liebschaft • lustig • lustige Krimis • Maria Brunn • Mit Buch in Karantäne • mit Buch in Quarantäne • Moderne Belletristik • Mord • pensioniert • pensionierte Ermittlerin • Polizei • Provinzkrimi • Rache • Regiokrimi • regional • Regionalkrimi • Rente • Rentnerin • Schock • Schwarzwald • Senioren • Spannung • Süddeutschland • Torte • Unterhaltsam • Urlaubskrimi • witzig
ISBN-10 3-8437-2135-1 / 3843721351
ISBN-13 978-3-8437-2135-6 / 9783843721356
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