Volpe und der Strandmörder vom Lido -  Meinhard-Wilhelm Schulz

Volpe und der Strandmörder vom Lido (eBook)

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2020 | 1. Auflage
210 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-3739-8 (ISBN)
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Seit 2015 wird jeweils im Juli eine Frauenleiche an Venedigs Strand gespült. Sie alle sind ertrunken, weisen keine Spuren von Gewalt auf, besitzen aber eine Gemeinsamkeit: Den Toten fehlt stets das Bikini-Oberteil. Tenente di Fusco gibt Commissaria Debora den Auftrag, einem vagen Verdacht nachzugehen. In inniger Freundschaft mit Dalia und Susie verbunden, ist sie die Jüngste in diesem 'Mauerblümchenterzett'. Dalia als treibende Kraft will durch Annoncen für sie alle den Mann des Lebens finden. Dabei geraten sie trotz des Eingreifens von Freund Volpe in Teufels Küche. Denn der Täter, der jeden Juli einen 'perfekten' Mord begeht, hat sie bereits alle drei auf seine Todesliste gesetzt.

3. Teil: Nächtliche Mädchenjagd am Strand (im Juli 2015)


Es ist 23.00 Uhr und stockfinster am Strand des Lido. Der großen Tageshitze ist eine Tropennacht gefolgt und immer noch messen wir 30 Grad, was sich aber durch eine leichte Brise vom Meer aus erträglicher gestaltet. Flache Wogen rollen auf den Strand. Am Horizont steigt der Mond empor und lässt den Sand des berühmten Gestades seltsam flimmern.

Die Badegäste haben sich längst verzogen und das Areal der Natur überlassen; Stille, nichts als Stille über allen Dünen; nur das Schnarren der Heupferdchen und das Geigen der Grillen aus dem angrenzenden grünen Gürtel untermalen die Einsamkeit der Küste, denn wir befinden uns weit im Süden des Lido, in der Via Kirchmayr.

Sie findet sich neben einem Park voller Bäume und Sträucher im ruhigen Viertel der ‚Chiesa Parrocchiale S. Ignazio‘, fernab vom Treiben des majestätisch aufragenden ‚Grand Hotel Excelsior‘, dessen grell erleuchtete Fassade sich in einer Entfernung von über einem Kilometer Metern im Norden abzeichnet.

Heute aber scheint das stille Gebiet zum Leben erwacht zu sein, denn die Musik einer Combo schwingt wellenförmig abebbend über Land und Meer, untermalt von dumpfem Wummern der Trommeln und schepperndem Blech der Becken. Sie geht von einem großen Haus mit zentraler Kuppel aus, das hinter dem Streifen voller Büsche und Bäume liegt, der dort den Strand von der Siedlung trennt.

Das Anwesen ist auf der Vorderseite von einer zwei Meter hohen Mauer umrahmt, auf deren Krone Metallspitzen nach oben spießen. Ein automatisch zu öffnendes Tor samt dem einer Videoüberwachung vorstehendem Portier ist der einzige Zugang zum Anwesen.

Zweifellos haben wir es mit der Behausung eines mehrfachen Millionärs zu tun. Seinen Namen zu nennen, halte ich für überflüssig, da er nur hier und an dieser Stelle in meinem Bericht vorkommt und danach nie wieder. Ferner könnte ich mir einen Prozess wegen Missachtung seiner Persönlichkeitsrechte einhandeln.

Damals war er Fünfundvierzig, nicht mehr so schlank wie früher und von schütterem Haarwuchs, eindrucksvoll durch die grauen Schläfen, eben der Geldsack, der da glaubt, sich durch den Besitz einer jungen Frau hervortun zu müssen. Als italienischer Industrieller soll er Beziehungen bis in die Regierungsebene gepflegt haben.

Unweit seines Hauses ragte eine Platane in den Nachthimmel empor, welcher der Mann keine Beachtung geschenkt hatte. Doch jetzt, wo er seine Verlobung zusammen mit dem angeblich 25. Geburtstag der Freundin begeht, hat sich ein junger Spund eingefunden und ist bis in den Wipfel des Baumes geklettert, um der Feier auf seine eigene Weise beizuwohnen.

Vor dem Bauwerk sieht er ein ihm angebautes, zurzeit nur von rötlichen Scheinwerfern angestrahltes Podest, dessen nach vorne ovale Plattform mit Marmor belegt ist und mit seiner geraden Flanke an einer doppelflügeligen Tür endet. Diese ist von zwei Säulen, auf denen im Stile des Palladio ein tempelartiger Giebel ruht, eindrucksvoll eingerahmt ist. Noch ist sie geschlossen.

Über fünf bequeme Stufen gelangt man vom Podest in den von bunten Lampions erhellten Garten hinunter, wo auf einem mit knirschendem Marmorkies bestreuten Platz in langer Reihe Tische und Bänke aufgebaut sind, dicht besetzt von Partygästen, die fröhlich schnatternd vor ihren Getränken und Speisen hocken, während eine Band, welche aus zwei Saxophonen, einer Trompete, einem Kontrabass, einem elektrischen Klavier, sowie einem Tausendsassa von Schlagzeuger besteht, für lärmende Unterhaltung sorgt.

Der Hausherr hat die Musiker an den linken Rand der oben beschriebenen marmornen Terrasse verbannt, von wo aus sie die Gegend beben machen, während noch dunkel auf dem rechten Flügel dieser seltsamen Bühne eine breite Videoleinwand prangt.

Auf ein unserem Voyeur unbekanntes Zeichen hin flammen nun grell die Scheinwerfer auf, während die Combo einen Ohren zerfetzenden Tusch von sich gibt. In diesem Augenblick öffnen sich die ehernen Türflügel so heftig, dass sie metallisch dröhnend links und rechts an die Bossenquader der Fassade schlagen.

Heraus tritt ein Paar, der oben beschriebene Mann und seine neueste Gespielin namens Rebecca Simone, ihres Zeichens Mitglied das Ballettes an unserem Opernhaus La Fenice, wenn auch nicht die Primaballerina. Ihr Liebhaber ist bereits zum dritten Mal geschieden und hat es eilig, wieder ans Weib zu kommen.

Jetzt treten sie ins Licht der Scheinwerfer. Er marschiert rechts, sie links aus der Sicht der von unten hinauf staunenden Gäste. Im Blickwinkel der beiden hübsch Hässlichen dort oben schreiten sie freilich genau umgekehrt einher und folgen minutiös den strengen Vorschriften des Freiherrn von Knigge.

Mit ihren satten 1,80 Metern Körperlänge überragt Rebecca den Bräutigam um ungefähr 15 Zentimeter. Er ist klein und pummelig, sie kurvenreich empor geschossen, im Grunde ein drolliger Anblick, der unseren Mann im Baum an die inzwischen fast vergessene, einst aber berühmte italienische Schauspielerin Sofia Loren samt Carlo Ponti, ihrem angetrautem Männchen, erinnert.

Leise, leise muss er darüber kichern. Die Gäste hingegen, tief unter ihm an den langen Tischen hockend, beherrschen sich. Keiner lacht, schon gar nicht über den Silikoneuter der Braut. Schließlich will man ja wieder eingeladen werden, denn der Koch des Hauses sucht Seinesgleichen und ist weit und breit für seine Kunst berühmt.

Der Chef trägt ein ihm an den Leib geschneiderten Smoking und hat die Plattfüße in Lackschuhe gezwängt, was seinem Gang nicht unbedingt förderlich ist. Die Angebetete aber steckt in einem tief dekolletierten Glitzerding von Partyfummel (der künftige Besitzer hatte ihr natürlich eine Brustvergrößerung bezahlt), der eher an einen Badeanzug denn ein Kleid gemahnt und nur mit Mühe und Not über die ausufernden Schwellungen des Allerwertesten hinunter reicht, um die vor Muskeln berstenden Schenkel in voller Länge frei zu lassen; ein sportlich gestähltes Biest also, welches sich andererseits die weiblichen Polster nicht weggehungert sondern aufgepolstert hat.

Die Füße der schwer mit Schmuck beladenen Dame stecken in flachen Sandaletten aus grünem Wildleder, deren je zwei Verschnürungen sich wie Schlangen bis in die Kniekehlen empor schlingen, wo sie in einem Knoten enden. Auf Stöckelschuhe verzichtet sie, um den künftigen Gatten nicht um weitere Zentimeter zu überragen. Das auffällig hellgelb blondierte Haar rund um die grell bunt angemalte Visage hat sie zum Knoten hochgebunden, der von einem Band zusammengehalten wird, auf dem die Steinchen nur so flimmern und blinken. Naturgemäß hat sie sämtliche zehn Nägel knallrot lackiert.

Diese eher lächerlich daher kommende Frau wirkte trotz aller Gegenmaßnahmen wie Mitte Dreißig und war dem weit verbreiteten Wahn verfallen, dass sie umso schöner sei, je mehr Farbe sie aufgetragen, je mehr Schmuck sie sich zugemutet hätte. Zu ihrer Entschuldigung können wir anmerken, dass ihr Äußeres so nicht ohne den Willen ihres Gönners hätte zustande kommen können.

Unser junger Mann im Baum jedenfalls schüttelt zweimal angewidert den Kopf. Er kennt das ‚Mädchen‘ von früher und will sehen, was aus ihr wird. Obwohl oder gerade weil sie einmal ein Pärchen waren, hat sie ihn nicht zum Geburtstag, nicht zur Verlobung eingeladen. Ob er ihr das verzeihen kann? Schließlich hat sie ihn (und etliche andere) sitzen lassen, um sich dem reichen Knacker hinzugeben.

Jetzt jedenfalls zieht er ein Opernglas aus der Hosentasche (er trägt dunkelgraue Bermudas und ein schwarzes baumwollenes T-Shirt, was beides gut zu seiner Haarfarbe passt), um den Dingen, welche da unvermeidlich kommen werden, besser folgen zu können, denn ein zweiter Tusch unterbricht, Ruhe heischend, die ‚bewundernden‘ Aufschreie der Männer da unten im ‚Zuschauerraum‘, während das verstohlene Zähneknirschen der Damen weniger laut zu hören war.

Sofort tritt erwartungsfrohe Stille ein, und der stolzgeschwellte Bräutigam watschelt vor den Galgen eines vorsorglich aufgebauten Mikrophons, um, ohne schreien zu müssen, seine Ansprache zu halten, die grübchenreiche rechte Pranke fest um die eher knochige Linke der Mondänen geschlungen, die sich da alle Mühe gibt, kleiner zu erscheinen als sie ist. Nun räuspert er sich und erhebt die Stimme.

»Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde! Hier und heute begehen wir den großen Tag meiner künftigen Gemahlin. So lasset uns denn die Gläser erheben und ihr zum glücklich bewältigten Vierteljahrhundert den Geburtstags-Song widmen!«

Die Band spielte einen Tusch, um dann die alte Melodie anzureißen, in die nun die gesamte Meute der rund vierzig Gäste einstimmte:

»Happy birthday to you, happy birthday to you …«

Als man das hinter sich gebracht und die Sektkelche bis auf den letzten Tropfen geleert hat, intoniert die Combo das zweite Lied, und allesamt stimmten freudig in die Melodie ein:

»Hoch soll sie leben, hoch soll sie leben, dreimal hoch!«

Als die Stimmen verklungen und die Gläser erneut geleert sind, lässt die Band schon wieder ihren misstönenden Tusch erklingen. Der Boss, der seine Flamme mittlerweile nach allen Regeln der Kunst abgeknutscht hat, tritt wieder vors Mikrophon, räuspert sich und bemüht sich (vergebens) um einen feierlichen Ton.

»Liebe Gäste, wir haben Sie freilich noch aufgrund eines ebenso freudigen Anlasses hierher geladen.«

Jetzt leuchtet der Bildschirm hell auf, und vor blauem Hintergrund drehen sich gemächlich zwei ins Riesige vergrößerte Ringe. Der eine ist von schlichter Natur, der andere mit Brillanten besetzt.

»Liebe Freunde, das hier sind die Verlobungsringe, welche wir uns jetzt anstecken...

Erscheint lt. Verlag 13.2.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7389-3739-0 / 3738937390
ISBN-13 978-3-7389-3739-8 / 9783738937398
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