Oxen. Lupus (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2020 | 2. Auflage
608 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-43613-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Oxen. Lupus -  Jens Henrik Jensen
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Teil vier der fulminanten Oxen-Serie Der Geheimbund Danehof ist zerschlagen, doch der traumatisierte Ex-Elitesoldat Niels Oxen kämpft weiter mit seinen sieben Dämonen. Für den ehemaligen Geheimdienstchef Axel Mossman soll er nun den vermissten Poul Hansen aufspüren. Die Suche führt ihn dorthin, wo er sich am besten auskennt: in den Wald. Dort trifft er auf Wölfe - und auf rätselhafte Spuren. Hansens Verschwinden scheint mit einer Entführung aus dem Jahr 1963 zusammenzuhängen. Und mit dem unaufgeklärten Fall, bei dem Oxens Partnerin Margrethe Franck ihr rechtes Bein verlor. Gemeinsam stellen Oxen und Franck Nachforschungen an. Aber das ruft dunkle Mächte auf den Plan. Für Leser:innen von Jussi Adler-Olsen, Stieg Larsson und Fans von skandinavischen Krimis und Thrillern. »Auch dieser Thriller ist bis zur letzten Seite Spannung pur und die Sucht ist wieder da, die Sucht nach dem nächsten Roman mit Niels Oxen, dem Menschen mit dem guten Herzen und den dunklen Gedanken aus seiner Vergangenheit.« Andreas Wallentin, WDR 5, Bücher »Was Jens Henrik Jensen mit seiner Reihe um Ex-Elitesoldat Niels Oxen gelungen ist, übertrifft (fast) alles in der Thrillerliteratur.« Susann Fleischer auf >literaturmarkt.info< Alle Bände der Niels-Oxen-Reihe: Band 1: OXEN. Das erste Opfer Band 2: OXEN. Der dunkle Mann Band 3: OXEN. Gefrorene Flammen Band 4: OXEN. Lupus Band 5: OXEN. Noctis Band 6: OXEN. Pilgrim Von Jens Henrik Jensen sind bei dtv außerdem die skandinavischen Thriller-Serien SØG und EAST erschienen.

Jens Henrik Jensen wurde 1963 in Søvind, Dänemark, geboren. Er hat 25 Jahre als Journalist gearbeitet und war in verschiedenen Funktionen, u.a. als Redakteur und Ressortleiter, für die Tageszeitung >JydskeVestkysten< tätig. Seit 2015 widmet er sich ganz dem Schreiben. Sein Debütroman >Wienerringen< erschien 1997, in den folgenden Jahren veröffentlichte er die Kazanski-Trilogie sowie die Nina-Portland-Reihe. Im Rahmen der Recherche für seine Bücher reiste Jensen nach Murmansk, Krakau und durch den Balkan. Weitere Reisen führten ihn nach Australien und Neuseeland sowie nach Nord- und Südamerika. Mit seiner jüngsten Serie um den traumatisierten Ex-Elitesoldaten Niels Oxen wurde er zum Shootingstar der internationalen Krimiszene und eroberte auch in Deutschland soforrt die Top 5 der SPIEGEL-Bestenliste. 2017 gewann Jens Henrik Jensen den Danish Crime Award.

Jens Henrik Jensen wurde 1963 in Søvind, Dänemark, geboren. Er hat 25 Jahre als Journalist gearbeitet und war in verschiedenen Funktionen, u.a. als Redakteur und Ressortleiter, für die Tageszeitung ›JydskeVestkysten‹ tätig. Seit 2015 widmet er sich ganz dem Schreiben. Sein Debütroman ›Wienerringen‹ erschien 1997, in den folgenden Jahren veröffentlichte er die Kazanski-Trilogie sowie die Nina-Portland-Reihe. Im Rahmen der Recherche für seine Bücher reiste Jensen nach Murmansk, Krakau und durch den Balkan. Weitere Reisen führten ihn nach Australien und Neuseeland sowie nach Nord- und Südamerika. Mit seiner jüngsten Serie um den traumatisierten Ex-Elitesoldaten Niels Oxen wurde er zum Shootingstar der internationalen Krimiszene und eroberte auch in Deutschland soforrt die Top 5 der SPIEGEL-Bestenliste. 2017 gewann Jens Henrik Jensen den Danish Crime Award.

2.


Er starrte auf die zarten weißen Finger, die aus den blauen Ärmeln der Winterjacke gekrochen waren. Magnus lehnte mit den Unterarmen auf dem Geländer vor dem Pinguinbecken, die Hände vor dem Bauch verschränkt.

Sie waren so klein, diese Hände. Fein geschnittene, unschuldige Hände, erst vierzehn Jahre alt, die noch viele Sommer vor sich hatten, in denen sie das Leben kennenlernen und Erfahrungen sammeln würden.

Sein Blick fiel auf seine eigenen rauen Pranken, gezeichnet von einem uralten Handwerk. Der Krieger und der Junge … Einen halben Meter voneinander entfernt standen sie da und beobachteten die verspielten Pinguine.

Durch den Wind, der über den Kopenhagener Zoo fegte, fühlte die Luft sich kälter an, als sie eigentlich war, denn für Mitte Februar waren die Temperaturen überraschend mild. Die gelegentlichen Regenschauer machten es natürlich nicht besser.

Er verspürte einen unbändigen Drang, seine Hand auf Magnus’ Hände zu legen. Aber aus Schaden wird man klug, deshalb ließ er es bleiben. Und trotzdem, irgendetwas musste er tun. Irgendetwas, um das Band zwischen ihnen zu stärken, auch wenn er jetzt schon wusste, dass es schiefgehen würde.

Fast beiläufig legte er einen Arm um den Jungen, klopfte ihm leicht auf die Schulter und ließ die Hand dort liegen.

»Tolle Tiere, was? Fast wie kleine Menschen. Weißt du noch, wie sie heißen? Also die Art, meine ich.«

Der Junge starrte ausdruckslos vor sich hin und schüttelte den Kopf.

»Nö …«

»Der Name fängt mit H an. H-u-m…«

»Nö.«

»H-u-m-b-o…«

»Nö.«

»Humboldt-Pinguine. Sie leben in der Antarktis. Es ist die einzige Pinguinart mit diesem fleischfarbenen Rand am Schnabel. Deshalb sind sie so leicht zu erkennen. Es gibt zwanzig verschiedene …«

»Können wir weitergehen, Niels? Mir ist arschkalt. Und wir haben die schon so oft angeschaut.«

Magnus seufzte, drehte den Oberkörper und befreite sich von der Hand auf seiner Schulter.

Niels.

Dieser Name war wie ein Eispickel, der sich jedes Mal in sein Herz bohrte, wenn Magnus ihn benutzte.

Am Anfang hatte er den Kampf aufgenommen und Magnus vorgeschlagen, ihn einfach »Papa« zu nennen, denn das war er schließlich – sein Vater. Aber da hatte er die Rechnung ohne seinen Sohn gemacht. Irgendwann hatte er kapituliert.

In Wirklichkeit besaß er inzwischen nicht einmal mehr die grundlegendsten Eltern-Eigenschaften. Er befand sich im Nicht-mehr-Vaterland. Eine verdammt unfruchtbare Gegend, entstanden aus Jahren der Abwesenheit, wo keine einzige gemeinsame Erinnerung gedieh. Der Gedanke war wie ein Schlag in die Magengrube.

»Okay, lass uns gehen. Was hältst du davon, wenn wir noch kurz bei den Wölfen vorbeischauen, Magnus?«

Er schlug seine Lieblingstiere vor, wohl wissend, dass ein Wolf diesen Tag auch nicht mehr retten konnte.

Magnus zuckte gelangweilt mit den Schultern und vergrub die Hände tief in den Jackentaschen. So konnte es nicht weitergehen. Er musste sich etwas Neues einfallen lassen. Der Zoo hatte ausgedient – ohne je funktioniert zu haben.

Wie schon so oft fiel ihm wieder ein, was er vor ihrem ersten Treffen gedacht hatte: dass der Zoo der perfekte Ort wäre. Weil sie draußen an der Luft sein würden, weil man die Plätze, wo zu viele Menschen waren, meiden konnte und weil er einiges über die Tiere wusste. Am ganzen Leib zitternd hatte er Tiger, Wölfe, Lemuren und alle anderen Zoobewohner angefleht, ihm bei seinem ersten Auftritt als Vater zu helfen.

Umsonst. In den drei Stunden damals hatte Magnus kaum ein Wort gesagt. Hatte sich in den letzten acht Monaten wirklich etwas geändert? Sie redeten mehr miteinander, aber die meiste Zeit blieb der Junge verschlossen.

Ihm graute davor, wie es in den Winterferien werden würde. Es war nicht mehr lange bis dahin. Er und seine Ex zogen nicht gerade an einem Strang, was Magnus betraf. Sie sahen sich nie. Sie redeten nicht über das Ergebnis ihrer einstigen Verliebtheit. Nur vereinzelt gab es kurze, klärende Telefonate – mit Eis in der Leitung.

Sie waren Feinde. Für immer. Nichts konnte daran etwas ändern.

Trotzdem hatte er Birgitte versprochen, sich in den Winterferien um Magnus zu kümmern, obwohl er nicht an der Reihe war. Wie sollte er auch etwas ablehnen, von dem er jahrelang geträumt hatte? Seinen Sohn bei sich zu haben … Er musste sich unbedingt etwas einfallen lassen, um den Super-GAU in seiner Wohnung in Vangede zu verhindern.

Schweigend gingen sie zum Wolfsgehege, blieben auf der Holzbrücke stehen und ließen den Blick über das Gelände schweifen. Es war alles andere als beeindruckend.

»Ich lade dich auf einen Hotdog ein, wenn du dich an den lateinischen Namen erinnern kannst, Magnus.«

Das Angebot wurde mit einem Seufzen und erneutem Schulterzucken kommentiert. War er vielleicht zu oberlehrerhaft? Als Junge aus Skovshoved konnte man auch groß werden, ohne sämtliche lateinischen Namen vom Gnu bis zum Geier zu kennen.

»Na gut. Du bekommst auch so einen Hotdog. Lupus … Canis lupus, Grauwolf. Fantastische Tiere, findest du nicht?«

Magnus brummte irgendetwas Unverständliches und schaute auf seine Uhr.

»Ist es okay, wenn ich bald nach Hause gehe, Niels? Ich habe ein bisschen Kopfweh, und außerdem muss ich noch jede Menge Hausaufgaben machen.«

»Hast du die Nase voll von den Zoobesuchen?«

Magnus zuckte wieder mit den Schultern.

»Ich mag Tiere. Aber wir sind immer nur hier. Das ist langweilig … Nur weil du …« Magnus verstummte.

»Weil ich was? Was meinst du?«

»Na ja, weil es dir nicht so gut geht. Und weil es nie besser wird. Nie können wir was anderes machen. Zu einem Fußballspiel gehen oder so, nur weil du … dich nicht traust.«

»Nicht traust?«

»Du magst es nicht, wenn viele Menschen um dich herum sind. Das hast du selbst gesagt.«

Nicht traust … Er spürte den nächsten Schlag, der genau in seiner Magengrube landete. Schon an einem der ersten Wochenenden hatte er versucht, Magnus die Situation zu erklären. Er hörte sich noch auf der Bank in der Sonne stottern:

»Hör zu, Kumpel … Ich habe … ein paar Probleme. Aber ich arbeite daran …«

Er war so offen damit umgegangen, wie das gegenüber einem Vierzehnjährigen möglich war. So ehrlich, wie man sein konnte, wenn es um den Krieg ging. Krieg gehörte nicht in das Universum eines Kindes.

In diesem einen Punkt waren Birgitte und er sich einig gewesen: Für ihren Sohn sollte Niels ein ganz gewöhnlicher Ex-Soldat sein, ein Soldat wie alle anderen. Ihm etwas anderes zu erzählen, wäre Wahnsinn gewesen. Das Profil eines Jägersoldaten und die Dinge, mit denen sich diese Spezialeinheit beschäftigte, hatten im Hinterkopf eines Kindes nichts verloren.

Damals auf der Bank in der Sonne hatte er vorsichtig versucht, Verständnis zu wecken. Hatte versucht zu erklären, was ein Trauma war. Eine Art schreckliche Erinnerung an beängstigende Erlebnisse. Es war nur schwer loszuwerden. Und nervig, weil es dazu führte, dass man sich manchmal unwohl fühlte. Zum Beispiel wenn zu viele Menschen in der Nähe waren und man das Gefühl hatte, alle gleichzeitig im Blick behalten zu müssen. Oder Lärm. Ein lautes Geräusch, das einen erschreckte, als hätte sich jemand hinter einer Tür versteckt und wäre plötzlich mit einem lauten Schrei hervorgesprungen. Und die bösen Träume, die Albträume. Oder diese seltsamen Erinnerungsfetzen, die sogar am helllichten Tag aus dem Nichts auftauchen konnten – Flashbacks. Blitzschnelle kleine Filme einer Situation, die man erlebt hatte. Da konnte es passieren, dass man auf einmal ins Stocken geriet, ganz egal, wo man gerade war.

So ging es ihm leider, weil er als Soldat gearbeitet hatte. Viele Jahre lang. Nicht, um zu töten, sondern um Menschen zu beschützen. Etwas Gutes zu tun. Aber Magnus hatte das anscheinend anders verstanden …

»Dass es nie besser wird? Das habe ich sicher nicht gesagt. Oder doch? Oder … Wer hat das gesagt, Magnus?«

»Niemand … Ich dachte einfach, das ist so.«

Der Junge schützte seine Mutter. Eigentlich war es ja gut, dass er sie nicht verriet. Aber Oxen hatte nicht zum ersten Mal das ungute Gefühl, dass fleißig eine neue Front hochgezogen wurde, während er auf der anderen Seite versuchte, alte Gräben zuzuschütten.

Hier und jetzt, vor dem Alpharüden, der dort drüben durchs Unterholz pirschte, wurde er von der Machtlosigkeit ausgeknockt. Vielleicht war der Kampf zu ungleich, um ihn je gewinnen zu können?

»Es stimmt, dass ich Probleme habe, das habe ich dir ja gleich am Anfang erzählt. Aber diese Probleme kann man lösen. Zum Glück. Ich arbeite daran. Und wenn ich es geschafft habe, dann können wir auch zu einem Fußballspiel gehen. Einigen wir uns darauf, dass wir das mit dem Zoo erst mal sein lassen. Und es ist absolut in Ordnung für mich, wenn du nicht ganz fit bist und jetzt nach Hause möchtest, um deine Hausaufgaben zu machen.«

Diese Ausreden hatte er schon öfter zu hören bekommen, aber was sollte schon Gutes dabei herauskommen, wenn er darauf bestand, dass ihr gemeinsames Wochenende erst Sonntagnachmittag um fünf zu Ende war, obwohl der Junge lieber zu seiner Mutter zurückwollte?

»Von mir aus können wir vorher noch den Hotdog essen«, sagte Magnus.

War das ein Anflug von schlechtem Gewissen oder hatte der Junge einfach Hunger? Er liebte Magnus mehr als alles andere. Er musste versuchen, ein paar Schritte zurück zu machen, und einen neuen Ansatz finden. Eine neue Strategie entwickeln....

Erscheint lt. Verlag 24.1.2020
Reihe/Serie Niels-Oxen-Reihe
Niels-Oxen-Reihe
Übersetzer Friederike Buchinger
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Action & Abenteuer • Afghanistankämpfer • Axel Mossman • Balkankrieg • Dänemark • dänische Krimis • dänischer Geheimdienst • Dietmar Wunder • Elitesoldat • Entführung • Geheimbund • Geheimdienst • Geheimorganisation • Jütland • Kopenhagen • Krimi Dänemark • Krimi Skandinavien • Macht • Machtmissbrauch • Margrethe Franck • Mysterythriller • Niels Oxen • PET • Posttraumatische Belastungsstörung • PTBS • Rache • Selbstjustiz • Skandinavienkrimi • Skandinavien-Krimi • Skandinavienthriller • Skandinavien-Thriller • skandinavischer Thriller • skandinavische Spannung • Thriller Neuerscheinung 2020 • thriller skandinavien • Vergewaltigung
ISBN-10 3-423-43613-1 / 3423436131
ISBN-13 978-3-423-43613-7 / 9783423436137
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