Bangkok Tattoo (eBook)

Kriminalroman. Jitpleecheep ermittelt in Bangkok (2)

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
336 Seiten
Unionsverlag
978-3-293-31075-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Bangkok Tattoo -  John Burdett
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Die Prostituierte Chanya steht in blutgetränktem Kleid vor dem buddhistischen Ermittler Sonchai Jitpleecheep, die Opiumpfeife noch in der Hand und überzeugt, einen Mord begangen zu haben. In ihrem Bett: ein toter Amerikaner, grausam zugerichtet, Mitarbeiter der CIA und Chanyas Ex-Freund. Doch Sonchai und sein Vorgesetzter glauben nicht daran, dass Chanya mit dem Mord etwas zu tun hat. Um sie zu entlasten, muss ein Schuldiger her, und zwar schnell. Da trifft es sich bestens, dass die CIA nur zu gern an einen Terrorakt glaubt.

John Burdett, 1951 in London geboren, studierte Rechtswissenschaften und arbeitete vierzehn Jahre als Anwalt in Hongkong und London, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Er ist der Schöpfer der in und um Bangkok angesiedelten Krimireihe mit dem buddhistischen Ermittler Sonchai Jitpleecheep. Burdett lebt in Bangkok und in Frankreich.

John Burdett, 1951 in London geboren, studierte Rechtswissenschaften und arbeitete vierzehn Jahre als Anwalt in Hongkong und London, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Er ist der Schöpfer der in und um Bangkok angesiedelten Krimireihe mit dem buddhistischen Ermittler Sonchai Jitpleecheep. Burdett lebt in Bangkok und in Frankreich.

1


Tote Kunden sind einfach nicht gut fürs Geschäft.«

Der Tonfall meiner Mutter Nong drückt unser aller Enttäuschung darüber aus, dass eines der besten Pferde im Stall auf die schiefe Bahn geraten ist. Müssen wir wirklich tatenlos zusehen, wie uns Chanya genommen wird? Diese Frage kann nur Colonel Vikorn beantworten, der den Löwenanteil am Old Man’s Club besitzt und der bereits in seinem Bentley auf dem Weg hierher ist.

»Stimmt«, pflichte ich ihr bei. Wie der meiner Mutter wandert mein Blick immer wieder von der leeren Bar zu dem Hocker, auf dem tropfend Chanyas silberfarbenes Kleidchen ruht (es besteht aus gerade genug Seide, um Brustwarzen und Hinterteil zu bedecken). Dieses Tropfen, das von Anfang an nicht besonders stark war, hat mittlerweile fast ganz aufgehört (ein rostfarbener Fleck auf dem Boden trocknet schwärzlich), aber in meinen mehr als zehn Jahren bei der Royal Thai Police habe ich noch nie ein so blutgetränktes Stoffteil gesehen. Chanyas BH, ebenfalls besudelt, liegt auf halber Höhe der Treppe, und der Slip – ihr einziges anderes Kleidungsstück – befindet sich auf dem Boden vor dem Zimmer im ersten Stock, in das sie sich, ungewöhnlich selbst für eine Thai-Nutte, mit einer Opiumpfeife zurückgezogen hat.

»Und sie hat nicht erklärt, wie’s passiert ist?«

»Nein, wie oft soll ich dir das noch sagen? Sie ist völlig durcheinander hereingestürzt, die Opiumpfeife in der Hand, hat wütend ausgerufen: ›Ich hab ihn kaltgemacht‹, sich das Kleid vom Leib gerissen und nach oben verdrückt. Zum Glück waren zu dem Zeitpunkt nur wenige Farangs in der Bar, und die anderen Mädchen haben großartig reagiert. ›Ach, Chanya kriegt hin und wieder mal so ’nen Koller‹, haben sie gesagt und die Kunden sanft rausgeschoben. Natürlich musste ich alle beruhigen, und als ich endlich Zeit hatte, rauf zu ihr ins Zimmer zu gehen, war sie schon high.«

»Und was hat sie da gesagt?«

»Sie war völlig hinüber vom Opium. Als sie anfing, Zwiegespräche mit dem Buddha zu führen, hab ich dich und den Colonel angerufen. Da wusste ich noch nicht, ob sie ihn wirklich um die Ecke gebracht hat oder auf Yaa Baa ist.«

Sie hatte ihn tatsächlich ins Jenseits befördert. Ich ging zu Fuß zum nur ein paar Straßen von der Soi Cowboy entfernten Hotel des Farangs und zeigte meine Polizeimarke vor, um den Schlüssel zu seinem Zimmer zu bekommen. Tja, und dort lag er, ein nacktes amerikanisches Muskelpaket Anfang dreißig, ohne Penis, in seinem eigenen Blut aus einer riesigen Messerwunde, die vom Unterleib bis zum Rippenbogen reichte. Chanya, eine im Großen und Ganzen anständige und ordentliche Thai-Frau, hatte sein Glied auf das Nachtkästchen gelegt, auf dem bereits eine einzelne Rose in einem Plastikgefäß mit Wasser stand.

Mir blieb nichts anderes übrig, als den Raum für die Spurensicherung zu verschließen, dem Hotelrezeptionisten ein paar Scheine in die Hand zu drücken – nun ist er mehr oder minder verpflichtet, das auszusagen, was ich ihm auftrage (das übliche Vorgehen unter Polizei-Colonel Vikorn in District 8) – und auf weitere Anweisungen zu warten. Vikorn hielt sich natürlich in einem seiner Clubs auf, wahrscheinlich umschwärmt von nackten jungen Frauen, die ihn entweder tatsächlich bewunderten oder zumindest so taten, weswegen er ganz und gar nicht in der Laune war, sich an den Schauplatz eines Verbrechens locken zu lassen. Ich musste also die Alkoholnebel in seinem Gehirn zumindest so weit durchdringen, dass er Folgendes begriff: Es ging nicht um ganz normale Ermittlungen, sondern um eine weitaus anspruchsvollere forensische Kaschierungsaktion. Doch erst, als er hörte, dass es sich bei der Tatverdächtigen um Chanya handelte, machte er Anstalten, sich von seinem Lotterbett zu erheben.

»Wo zum Teufel hat sie das Opium her?«, möchte meine Mutter wissen. »In Krung Thep hab ich das letzte Mal als Teenager welches gesehen.«

Voll nostalgischer Gefühle denkt sie an den Vietnamkrieg, als sie selbst noch im Bangkoker Gewerbe tätig war und viele GIs kleine Mengen Opium aus dem Kriegsgebiet mitbrachten (einer von ihnen war mein fast anonymer Vater, aber von ihm später mehr). Ein Mann unter Opiumeinfluss ist mit hoher Wahrscheinlichkeit impotent – was die Abnutzung der Aktiva einer Professionellen enorm reduziert – und beginnt keine Diskussion über die Bezahlung. Nong und ihre Kolleginnen interessierten sich immer besonders für amerikanische Soldaten, die ihnen zuflüsterten, sie hätten Opium in ihrem Hotel. Als gläubige Buddhistinnen griffen die Mädchen natürlich niemals selbst zu der Droge, aber sie ermutigten den Kunden dazu, sodass sie nicht nur den vereinbarten Betrag, sondern auch ein der im Umgang mit Drogennutzern unvermeidlichen Risiken wegen großzügig bemessenes Trinkgeld sowie die Kosten für die Taxifahrt aus seiner Brieftasche nehmen und an ihren Arbeitsplatz zurückkehren konnten. Integrität ist Nong immer schon wichtig gewesen, weshalb die Geschichte mit Chanya sie auch so aus der Fassung gebracht hat.

Die Ankunft des Colonels kündigt sich unverkennbar mit dem Walkürenritt an, der in voller Lautstärke aus der Stereoanlage seines Wagens dringt. Vom Eingang aus beobachte ich, wie sein Chauffeur die hintere Tür öffnet und Vikorn mehr oder weniger aus dem Auto zerrt. (Der Colonel trägt ein wunderschönes beigefarbenes, ein wenig zerknittertes Kaschmirsportsakko von Zegna, eine Hose von Eddy Monetti in der Via Condotti in Rom und seine übliche Wayfarer-Sonnenbrille.)

Der Fahrer stolpert, Vikorns Arm über der Schulter, auf mich zu. »Scheiße. Es ist Samstagabend«, beklagt er sich mit wütendem Blick, als wäre alles meine Schuld. (In District 8 legen wir samstagabends normalerweise sogar Schwerverbrechen auf Eis.) Der buddhistische Pfad ähnelt dem des Christen insofern, als das Karma anderer oft aus heiterem Himmel das eigene beeinflusst.

»Ich weiß, ich weiß«, sage ich, während ich einen Schritt zurücktrete, um ihn einzulassen, und Vikorn, dessen Sonnenbrille jetzt modisch, wenn auch ein wenig schräg, zum Haaransatz hochgerutscht ist, mich mit einem wässrigen Blick bedenkt.

Entlang der hinteren Wand des Clubs befinden sich gepolsterte Bänke in kleinen Nischen. Auf eine davon lässt der Chauffeur Vikorn plumpsen, während ich ein Mineralwasser aus dem Kühlschrank hole und meinem Colonel reiche, der die Flasche mit wenigen Zügen leert. Voller Erleichterung sehe ich die Verschlagenheit in seine großen Augen zurückkehren. Als ich ihm noch einmal erzähle, was passiert ist, werde ich von meiner Mutter mit mehreren finanziell motivierten Bemerkungen unterbrochen (»Sie bringt uns mehr Geld im Monat als alle anderen Mädchen zusammen«), doch er hat bereits einen Plan, wie sich der Manövrierraum vergrößern lässt, falls es Schwierigkeiten geben sollte.

Innerhalb von zehn Minuten ist er fast wieder nüchtern, weist den Fahrer an, zusammen mit dem Wagen zu verschwinden (er möchte seinen Aufenthalt bei uns nicht an die große Glocke hängen), und sieht mich erwartungsvoll an. »Tja, dann gehen wir mal rauf und nehmen ihre Aussage auf. Hol ein Stempelkissen und DIN-A4-Papier.«

Ich schnappe mir das Kissen, das wir für unseren Geschäftsstempel (»The Old Man’s Club – Stangen aus Stahl«) benutzen, und ein paar Bogen Papier aus dem Faxgerät, das Nong für die wenigen ausländischen Kunden ohne Internetzugang angeschafft hat (eigentlich wollten wir eine E-Mail-Adresse wie hooker.com oder whore.com, aber alles in dieser Richtung war bereits seit Cyber-Urzeiten vergeben, sogar oldman.com, also mussten wir uns mit omcsas.com zufriedengeben), und folge ihm durch die Bar. Nach einem Blick auf Chanyas Kleid über dem Hocker sieht er fragend mich an.

»Versace.«

»Kopie oder echt?«

Ich nehme das blutgetränkte Kleidungsstück vorsichtig in die Hand. »Lässt sich nicht hundertprozentig feststellen.«

Er brummelt vor sich hin wie der gute alte Maigret, als wäre er auf einen für meine detektivischen Fähigkeiten viel zu subtilen Hinweis gestoßen, und dann gehen wir die Treppe hinauf, ohne ein Wort über den dort liegenden BH zu verlieren. Ich hebe den Slip vom Boden vor dem Zimmer auf (er ist federleicht und blutfleckenfrei – es handelt sich eher um ein Stoff-Feigenblatt mit Schnürchen, das die Pobacken teilt, als um echte Unterwäsche) und hänge ihn fürs Erste über ein aus der Wand ragendes Stromkabel. Chanya war zu high, um die Tür zuzusperren, und als wir eintreten, begrüßt sie uns mit einem verzückten Lächeln, bevor sie sich wieder in ihren Buddhahimmel zurückzieht.

Sie ruht splitterfasernackt auf dem Bett, die Beine gespreizt, die vollen, festen Brüste himmelwärts gerichtet (ein hübscher blauer Delfin springt über ihre linke Brustwarze), die langen, schwarz glänzenden Haare auf dem weißen Kissen ausgebreitet. Die Schamhaare hat sie bis auf eine filigrane schwarze Linie, die – vielleicht als Orientierungshilfe für betrunken grapschende Farangs – den Weg zur Klitoris zu weisen scheint, rasiert. Die Opiumpfeife, etwa einen Meter lang, der Kopf zu zwei Dritteln geleert, liegt neben ihr. Der Colonel schnuppert, und ein Lächeln tritt auf sein Gesicht – wie bei meiner Mutter weckt der süßliche Geruch bei ihm angenehme, wenn auch völlig andere...

Erscheint lt. Verlag 1.3.2020
Übersetzer Sonja Hauser
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bangkok • Buddhismus • Großstadt • Kriminalroman • Religion • Spannung • Thailand
ISBN-10 3-293-31075-3 / 3293310753
ISBN-13 978-3-293-31075-9 / 9783293310759
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