Die Frauen von Paris (eBook)

Roman

(Autor)

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2020 | 1. Auflage
448 Seiten
Aufbau Verlag
978-3-8412-2475-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Frauen von Paris -  Pam Jenoff
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'Ein so grandioser wie rasanter Roman.' Publishers Weekly.

Manhattan, 1946: Die junge Witwe Grace Healey gerät an einen Koffer mit einem Dutzend Fotografien junger Frauen, jede von ihnen auffallend attraktiv. Schon bald findet Grace heraus, dass alle zwölf Frauen während des Krieges von England ins besetzte Frankreich geschickt wurden, um die Landung der Alliierten vorzubereiten - und keine von ihnen ist zurückgekehrt. Beim Versuch, das Rätsel ihres Verbleibs zu lösen, stößt Grace auf eine tragische Geschichte von Mut, Liebe und Verrat. London, 1943: Die alleinerziehende Marie ist verzweifelt, weil sie nicht weiß, wie sie ihre kleine Tochter vor den Bombenangriffen der Deutschen schützen soll - zu kostspielig ist die Unterbringung des Kindes auf dem Land. Dann macht ihr der britische Militärgeheimdienst ein Angebot: Weil die männlichen Agenten im besetzten Frankreich zu schnell enttarnt werden, sollen zum ersten Mal in der Geschichte Frauen als Spione eingesetzt werden. Und zunächst scheint der Plan aufzugehen: Es gelingt Marie, ein Funkgerät zum Résistance-Netzwerk des charismatischen Vesper zu bringen. Doch schon bald wird ihr klar, dass es einen Verräter in ihren Reihen geben muss ...

Ein bislang unbekanntes, wahres Kapitel des Zweiten Weltkriegs und eine bemerkenswerte Geschichte über den Mut der Frauen.

 'Nervenaufreibend spannend, voller Rätsel und hervorragend recherchiert - 'Die Frauen von Paris' ist eine faszinierende Geschichte all jener Frauen, die im Verborgenen halfen, den Krieg zu gewinnen.' Lisa Wingate, Autorin von 'Die Libellenschwestern'.

'Jenoff erzählt diese Geschichte über mutige Frauen im Krieg mit echter Girl Power.' Cosmopolitan.



Pam Jenoff hat jahrelang in Krakau als Vizekonsul der amerikanischen Botschaft gelebt. Als Expertin für den Holocaust in Polen war sie im Pentagon tätig und wurde für ihre Arbeit von verschiedenen Menschenrechtsorganisationen ausgezeichnet. Heute arbeitet sie als Anwältin und lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Philadelphia. 'Die Frauen von Paris' war ein New-York-Times-Bestseller, der in fünfzehn Ländern erscheint und zurzeit in Hollywood verfilmt wird. Im Aufbau Taschenbuch liegt ebenfalls ihr Roman 'Töchter der Lüfte' vor. Gabriele Weber-Jari? lebt als Autorin und Übersetzerin in Berlin. Sie übertrug u. a. Mary Basson, Kristin Hannah, Ronald Balson und Imogen Kealey ins Deutsche.

1. Kapitel
Grace


New York, 1946

Wäre Grace in der vergangenen Nacht nicht einer der schlimmsten Fehler ihres Lebens unterlaufen, hätte sie den Koffer nicht entdeckt.

Es war Dienstagmorgen, zwanzig Minuten nach neun. Normalerweise hätte Grace um diese Uhrzeit in einem Bus Richtung Süden gesessen und wäre von ihrem Wohnheim in Hell’s Kitchen zu ihrem Arbeitsplatz auf der Lower East Side gefahren.

Auf dem Weg zur Arbeit war sie zwar, nur kam sie nicht aus der Gegend, in der sie wohnte. Stattdessen hetzte sie zu Fuß die Madison Avenue hinunter und raffte ihr Haar im Laufen mit einer Spange zusammen.

Sie war kurz davor, auch ihren Mantel abzustreifen und die grüne Strickjacke darunter auszuziehen. Es war dieselbe, die sie am Vortag getragen hatte, und sie wollte nicht, dass ihr Chef sich nachher fragte, ob sie sich nicht hatte umziehen können, weil sie die Nacht nicht zu Hause, sondern woanders verbracht hatte.

Als Grace am Schaufenster eines Kramladens vorbeikam, hielt sie kurz inne und warf einen Blick auf ihr Spiegelbild. Sie wünschte, das Geschäft hätte bereits geöffnet – dann hätte sie sich Puder kaufen können, um den Fleck auf ihrem Hals zu überdecken, auch eine Rolle Pfefferminz wäre nicht schlecht. Sie hätte sich an einem Probefläschchen Parfum bedienen können, um den Geruch von Marks Rasierwasser, der leider noch an ihr haftete, zu übertünchen. Jedes Mal, wenn er ihr in die Nase stieg, schwanden ihr beinah die Sinne, und dann schämte sie sich.

Ein Obdachloser saß zusammengesackt im Eingang des Hauses. Er war grau im Gesicht und stöhnte unruhig im Schlaf. Grace konnte es ihm nachfühlen.

Sie lief weiter. In einer Seitengasse wurden laut scheppernd Mülleimer bewegt, passend zu ihrem Brummschädel. Es war, als wäre die ganze Stadt verkatert und würde sich elend fühlen.

Kalte Böen fegten über die Madison Avenue hinweg und wehten die Fahnen an den Masten auf. Über den Rinnstein wurde eine alte Zeitung gewirbelt.

Als die Glocken der Kirche St. Agnes halb zehn schlugen, beschleunigte Grace ihren Schritt und spürte, wie sie anfing zu schwitzen.

Nun konnte sie bereits den Bahnhof Grand Central erkennen. Nur noch ein kleines Stück, und sie würde in die 42nd Street einbiegen und einen Expressbus die Lexington Avenue hinunter nehmen.

Doch an der nächsten Kreuzung versperrten drei Streifenwagen den Weg und blockierten den Verkehr in Richtung Süden. Dahinter stand quer auf der Fahrbahn ein schwarzer Studebaker, aus der geöffneten Haube stieg Dampf.

Grace nahm an, dass der Wagen in einen Unfall verwickelt gewesen war. Hinter ihm stauten sich noch mehr Autos als sonst an dieser Stelle. Einige versuchten, in die Seitenstraßen auszuweichen und sich an Taxis, Bussen und Lieferwagen vorbeizuschlängeln. Nirgendwo war ein zweiter Unfallwagen zu sehen. An der Ecke stand ein Krankenwagen, die Sanitäter lehnten untätig am Chassis und rauchten.

Grace trat zu einem Polizisten, dessen fleischiges Gesicht direkt aus dem hohen Kragen seiner blauen Uniformjacke zu quellen schien. »Verzeihung, wissen Sie, wie lange die Straße hier gesperrt bleibt? Ich muss zur Arbeit und bin spät dran.«

Der Polizist musterte sie abfällig, als wäre die Idee einer berufstätigen Frau noch immer skandalös oder belustigend. Dabei hatten in den vergangenen Jahren viele Frauen in den Fabriken gearbeitet, um die Männer zu ersetzen, die im Krieg kämpften. »Von hier aus werden Sie eine ganze Weile nicht weiterkommen«, antwortete er und wirkte zufrieden mit sich.

»Was ist denn passiert?«, fragte Grace, doch der Polizist hatte sich bereits abgewandt. Grace trat einen Schritt vor und reckte den Hals, um die Straße hinunterzuspähen.

»Eine Frau wurde totgefahren«, sagte ein Mann mit Schiebermütze an ihrer Seite.

In dem Moment registrierte Grace die blutverschmierten Kotflügel des Studebaker, und ihr wurde übel. »Wie schrecklich«, murmelte sie.

»Ich habe es nicht gesehen«, sprach der Mann weiter, »aber es heißt, dass sie sofort tot war. Ein Glück, da hat sie wenigstens nicht gelitten.«

Ein Glück. Wie oft Grace diese Worte nach Toms Tod gehört hatte. Ein Glück, dass sie noch so jung sei. Ein Glück, dass sie und Tom keine Kinder gehabt hatten. Als wäre sein Tod ohne Kinder leichter für sie geworden. Dabei wären Kinder für sie keineswegs eine Bürde gewesen, sondern vielmehr etwas von ihm, das ihr geblieben wäre.

»Man weiß nie, wann das Ende kommt«, sagte der Mann mit der Mütze.

Grace antwortete nicht. Auch Tom war durch einen Unfall ums Leben gekommen. Er war zur Grundausbildung in Georgia gewesen und hatte sich vor seinem Einsatz in Übersee von ihr verabschieden wollen. Auf dem Weg zum Bahnhof kam der Jeep, in dem er saß, von der Straße ab und überschlug sich. Tom war sofort tot. Er galt als Kriegsopfer, doch wenn man Grace fragte, hätte der Unfall jederzeit und überall geschehen können.

Grace fuhr zusammen, als ein Zeitungsreporter mit Blitzlicht zu fotografieren begann. Sie beschirmte ihre Augen mit der Hand und machte einige Schritte rückwärts, fort von der Zuschauergruppe, die sich gebildet hatte, und dem Geruchsgemisch aus Parfum, Schweiß und Zigaretten.

Sie schaute sich um. In Richtung Westen war auch alles gesperrt, dort kam sie ebenfalls nicht weiter. Und wenn sie über die Madison zurücklief und den Grand Central von hinten umrundete, würde sie noch eine halbe Stunde verlieren.

Erneut verfluchte sie die Nacht, die sie mit Mark verbracht hatte. Wenn es ihn nicht gäbe, stünde sie jetzt nicht hier und wäre auch nicht gezwungen, den Bahnhof zu durchqueren – den Ort, den sie sich geschworen hatte nie wieder zu betreten.

Sie drehte sich um zu diesem gewaltigen Bauwerk, das in der blassen Morgensonne einen grauen Schatten auf den Vorplatz warf. Eine endlose Reihe Pendler strömte ein und aus.

Grace sah die riesige Halle vor sich, in die das Tageslicht durch vergitterte Fenster fiel, die große Uhr, bei der sich Freunde und Liebende trafen.

Doch es war nicht so sehr der Bahnhof, den sie nicht ertragen konnte, sondern vielmehr die Kriegsheimkehrer und ihre Familien, die man dort noch immer antraf: die jungen Ehefrauen mit den rot geschminkten Lippen, die mit der Zunge über ihre Zähne fuhren, nur für den Fall, dass der Lippenstift abgefärbt hatte; ihre Hände, die sich vor Aufregung an ihre Handtaschen krallten; die sauber geschrubbten Kinder, die mit unsicheren Mienen auf den Vater warteten, an den sie sich nicht erinnerten, denn als er fortging, konnten sie gerade erst krabbeln; die Väter, die mit einem nicht mehr ganz frischen Blumenstrauß in der Hand aus den Zügen sprangen, die Uniformen von der langen Reise verknittert. Die Wiedersehensfreude, die ihr verwehrt geblieben war.

Grace überlegte, ob sie, statt zur Arbeit zu fahren, lieber nach Hause gehen sollte. Sie könnte das heiße Bad nehmen, nach dem sie sich sehnte, und im Anschluss daran eine Runde schlafen.

Sie verwarf den Gedanken. Sie musste ins Büro. Um zehn Uhr wollte Frankie mit einer französischen Flüchtlingsfamilie sprechen und ihr das Ergebnis nachher für die Akte diktieren. Danach würden die Rosenbergs wegen der Formulare kommen, die sie für ihre Wohnungssuche ausfüllen mussten. Das war das Gute an ihrer Arbeit, sie konnte sich um die Probleme anderer Leute kümmern und die eigenen darüber vergessen. Doch an diesem Tag machte der Gedanke an ihre Arbeit sie einfach nur müde.

Also gut, sie hatte keine Wahl, sie musste durch den Bahnhof. Mit aufmunternd gestrafften Schultern setzte sie sich in Gang.

Grace trat durch den Eingang. Es war das erste Mal seit jenem schrecklichen Nachmittag, als sie aus Connecticut gekommen war. Damals trug sie ein schickes Kleid aus Seidenkrepp unter ihrem Mantel, das Haar hatte sie zu einer voluminösen Tolle frisiert und mit einem Pillbox-Hut gekrönt. Tom hatte mit dem Drei-Uhr-Zug aus Philadelphia kommen sollen, dort hatte er umsteigen müssen.

Als er nicht erschien, nahm sie an, dass er den Anschlusszug verpasst hatte. Sie wartete auf den nächsten Zug. Wieder vergeblich. Danach wurde sie unruhig und ging zu dem Schwarzen Brett am Informationsstand, wo Reisende Nachrichten hinterlassen konnten, falls sie zu früh gekommen waren oder denjenigen, den sie treffen wollten, aus anderen Gründen verpasst hatten. Dort war jedoch keine Notiz von Tom, und sie selbst hatte keine Möglichkeit, ihn zu erreichen. Ihr blieb also nichts anderes übrig, als weiter zu warten. Sie aß einen Hotdog, der in ihrem Mund einen schalen Geschmack hinterließ und mit dem sie ihren Lippenstift verschmierte. Sie schlenderte zum Zeitungskiosk und las die Schlagzeilen, lief umher. Jede Stunde kamen Züge aus Philadelphia an und leerten sich. Jedes Mal drängten sich auf dem Bahnsteig Soldaten, nur Tom war nicht unter ihnen.

Als um halb neun Uhr abends der letzte Zug aus Philadelphia ohne Tom eingetroffen war, war Grace vor Sorge außer sich gewesen. Ihr Mann war nicht der Typ, der einfach nicht erschien. Irgendetwas musste vorgefallen sein.

Dann hatte sie den Leutnant mit dem rötlichen Haar, den sie noch von Toms Vereidigung kannte, gesehen. Mit ernster Miene trat er auf sie zu, und da wusste sie Bescheid. Noch immer spürte sie die fremde Hand, die sie auffing, als ihre Knie nachgaben.

Im Bahnhof hatte sich seitdem nichts verändert. Nach wie vor hasteten Menschen in alle Richtungen, ohne zu wissen, welche Rolle dieses Gebäude in den vergangenen Jahren in...

Erscheint lt. Verlag 8.12.2020
Übersetzer Gabriele Weber-Jari?
Sprache deutsch
Original-Titel The Lost Girls of Paris
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1940er • Die Libellenschwestern • Die Nachtigall • Frankreich • Kate Quinn • Kristin Hannah • Liebe • lilac girls • Lisa Wingate • Manhattan • Nachkriegszeit • New York • résistance • Spionage • Spioninnen • The Alice Network • Und am Ende werden wir frei sein • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-8412-2475-X / 384122475X
ISBN-13 978-3-8412-2475-0 / 9783841224750
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