Gefährliche Begierde (eBook)

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2020 | 1. Auflage
320 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-95967-904-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gefährliche Begierde - Tess Gerritsen
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Es sieht nicht gut aus für Miranda Wood: Man hat ihren Ex-Geliebten Richard in ihrem Bett gefunden - erstochen. Aber so schnell, wie sie im Gefängnis sitzt, so schnell ist sie auch wieder auf freiem Fuß. Jemand hat die Kaution für sie gestellt. Bloß wer? Miranda kann nur Vermutungen anstellen. Ist es jemand, der ihr helfen will, oder jemand, der sie benutzt? Zum Glück sucht Miranda nicht als Einzige nach dem wahren Täter. Chase Tremain, Richards Halbbruder, ist ebenfalls auf der Suche nach dem Schuldigen. Kann Miranda wenigstens ihn davon überzeugen, dass sie es nicht gewesen ist?
»Tess Gerritsen ist eine der besten in ihrem Metier«
USA Today



Tess Gerritsen studierte Medizin und arbeitete mehrere Jahre als Ärztin, bis sie für sich das Schreiben von Romantic- und Medical-Thrillern entdeckte. Die Kombination von fesselnden Stories und fundierten medizinischen Kenntnissen brachte ihr den internationalen Durchbruch. Die Bestseller-Autorin lebt mit ihrem Mann in Maine.

2. KAPITEL

Die Polizeiwache von Shepherd’s Island war in einem ehemaligen Gemischtwarenladen untergebracht, den man umgebaut und im Laufe der Jahre in immer kleinere Räume und Büros unterteilt hatte. Chase hatte das Gebäude als wesentlich eindrucksvoller in Erinnerung, aber es lag auch schon Jahre zurück, dass er es zum letzten Mal betreten hatte. Damals war er noch ein Junge gewesen, ein wilder und ungestümer noch dazu, ein frecher Bengel, für den eine Polizeiwache ganz klar eine Bedrohung darstellte. An jenem Tag, an dem man ihn hierhergeschafft hatte, weil er Mrs. Gordimers Rosenbeet zertrampelt hatte – natürlich ohne jede Absicht –, hatten die Decken höher und die Räume größer gewirkt, und hinter jeder Tür schien ungeahnter Schrecken zu lauern.

Jetzt hingegen sah er die Polizeiwache als das, was sie war: ein heruntergekommenes altes Gebäude, das dringend einen neuen Anstrich brauchte.

Lorne Tibbetts, der neue Polizeichef, passte hervorragend in dieses enge Labyrinth. Falls für die Polizeiarbeit eine Mindestgröße vorgeschrieben war, hatte er es irgendwie geschafft, sie zu umgehen. Er hatte die Statur eines Zwerges, den man in eine adrette khakifarbene Sommeruniform samt optisch größer machender Uniformmütze gesteckt hatte, die vermutlich eine beginnende Glatze verstecken sollte. Auf Chase wirkte er wie ein kleiner Napoleon in Gala-Uniform.

Was ihm an Körpergröße abging, machte Chief Tibbetts durch seine gesellschaftlichen Umgangsformen mehr als wett. Er schlängelte sich zwischen den Schreibtischen und Aktenschränken hindurch, um Evelyn mit der übertriebenen Beflissenheit zu begrüßen, die einer Frau ihres sozialen Standes in dieser Stadt zukam.

»Evelyn! Es tut mir so leid, dass ich Sie bitten musste, zu kommen.« Er legte ihr eine Hand auf den Arm und drückte ihn. Was Trost und Ermunterung spenden sollte, ließ Evelyn zurückschrecken. »Und es war eine grässliche Nacht für Sie, nicht wahr? Wirklich eine grässliche Nacht.«

Evelyn zuckte die Achseln, einerseits, um seine Frage zu beantworten, andererseits aber auch, um sich aus seinem Griff zu befreien.

»Ich weiß, wie schwer es ist, mit dieser Sache fertigzuwerden. Und ich wollte Sie nicht damit belästigen, nicht heute. Aber Sie wissen ja, wie das ist. All diese Berichte, die geschrieben werden müssen.« Er warf Chase einen täuschend flüchtigen Blick zu. Der kleine Napoleon, so stellte Chase fest, hatte scharfe Augen, die alles sahen.

»Das ist Chase«, erläuterte Evelyn und fuhr mit der Hand über ihren Blusenärmel, als wollte sie Chief Tibbetts Pfotenabdruck fortwischen. »Richards Bruder. Er ist heute Morgen aus Connecticut gekommen.«

»Oh, ja.« Tibbetts’ Blick zeigte, dass er den Namen sofort erkannte und richtig einordnen konnte. »Ich habe ein Bild von Ihnen in der Sporthalle der Highschool hängen sehen.« Er reichte ihm die Hand. Sein Händedruck war mehr als kräftig, der Händedruck eines Mannes, der seine geringe Körpergröße auszugleichen versuchte. »Sie wissen schon, das Bild von Ihnen im Trikot der Basketballmannschaft.«

Chase blinzelte überrascht. »Das hängt immer noch da?«

»Da hängen die Spielerlegenden des Ortes. Warten Sie mal, Sie waren in der Klasse von 71, Point Guard, Schulauswahlmannschaft. Richtig?«

»Es überrascht mich, dass Sie das alles wissen.«

»Ich war selbst Basketballspieler. Madison High School, Wisconsin. Rekordhalter drei Mal nacheinander. Und ich habe jede Menge Körbe erzielt.«

Ja, Chase stand es klar vor Augen: Lorne Tibbetts, der randalierende Zwerg auf dem Basketball-Spielfeld. Das passte zu dem schmerzhaften Händedruck.

Die Tür zur Wache wurde plötzlich aufgerissen. »Hey, Lorne?«, rief eine Frau.

Tibbetts drehte sich um und wandte sich erschöpft der Besucherin zu, die wirkte, als hätte der Wind sie von der Straße hereingeweht. »Du schon wieder, Annie?«

»Du wirst mich nicht los.« Die Frau wechselte ihre abgewetzte Schultertasche auf die andere Schulter. »Wann bekomme ich denn nun endlich eine Stellungnahme von dir?«

»Wenn ich eine abzugeben habe. Jetzt verschwinde.«

Die Frau wandte sich unbeeindruckt an Evelyn. Die beiden hätten gut in eine Vorher-Nachher-Story in einem Modemagazin gepasst. Annie mit ihrer schlampigen Frisur, bekleidet mit einem schlecht sitzenden Sweatshirt und Jeans, hätte für Vorher gestanden. »Mrs. Tremain?«, fragte sie höflich. »Ich weiß, es ist ein ungünstiger Moment, aber mir sitzt der Redaktionsschluss im Nacken, und ich brauche nur ein kurzes Zitat …«

»Um Himmels willen, Annie!«, fuhr Tibbetts dazwischen und drehte sich zu dem Polizisten um, der am Empfangstisch saß. »Ellis, schaff sie hier raus!«

Ellis war blitzschnell auf den Beinen. »Komm schon, Annie. Setzt dich in Bewegung, es sei denn, du willst deine Story in einer Arrestzelle schreiben.«

»Ich gehe ja schon.« Annie riss die Tür auf und verschwand murrend nach draußen: »Meine Güte, hier lässt man mich einfach nicht meinen Job machen …«

Evelyn schaute Chase an. »Das war Annie Berenger, eine von Richards Starreporterinnen. Im Moment die reinste Landplage.«

»Ich kann’s ihr nicht verübeln«, meinte Tibbetts. »Genau dafür wird sie schließlich von Ihnen bezahlt, nicht wahr?« Er nahm Evelyn beim Arm. »Kommen Sie, fangen wir an. Ich bringe Sie in mein Büro, den einzigen Raum in diesem Tollhaus, in dem man nicht auf dem Präsentierteller sitzt.«

Lornes Büro befand sich am Ende des Ganges; es war das letzte in einer Reihe von Räumen, allesamt nicht größer als ein Wandschrank. Ein Schreibtisch, zwei Stühle, ein Bücherschrank und Aktenschränke belegten darin fast jeden Quadratzentimeter. Ein Farn welkte unbeachtet in einer Ecke vor sich hin. Trotz der Enge sah alles ordentlich und aufgeräumt aus, auf den Regalen lag kein Staub, der Papierkram war fein säuberlich gestapelt im Ausgangskorb abgelegt. An der Wand hing unübersehbar eine Tafel mit der Aufschrift: Die kleinsten Hunde sind die bissigsten.

Tibbetts und Evelyn nahmen auf den beiden Stühlen Platz. Ein dritter Stuhl wurde für die Sekretärin hereingebracht, die das Protokoll führte. Chase blieb stehen. Es fühlte sich gut an zu stehen, die verkrampfte Beinmuskulatur zu strecken.

Zumindest fühlte es sich etwa zehn Minuten lang gut an. Dann spürte er, wie er in sich zusammenzusinken drohte, und konnte kaum noch dem folgen, was gesagt wurde. Er fühlte sich wie der bedauernswerte Farn in der Ecke.

Tibbetts stellte Fragen, Evelyn antwortete – wie immer beinahe flüsternd mit geradezu einschläfernder Stimme. Sie beschrieb detailliert, was am Abend zuvor geschehen war. Ein typischer Abend, sagte sie. Abendessen um sechs mit der ganzen Familie. Lammkeule und Spargel, Zitronensoufflé zum Dessert. Richard trank ein Glas Wein – wie immer. Die Unterhaltung drehte sich um das Übliche, den jüngsten Klatsch aus dem Zeitungsverlag, sinkende Auflage, steigende Druckkosten, Sorgen über eine möglicherweise drohende Verleumdungsklage, Tony Graffams Ärger über jenen jüngsten Artikel. Dann wurde über Phillips Examen gesprochen, über Cassies Noten, über den dieses Jahr besonders schön blühenden Flieder und die Auffahrt, die neu gepflastert werden musste. Eine Unterhaltung, wie sie für ein gemeinsames Abendessen typisch war.

Um neun hatte Richard das Haus verlassen, um irgendwelche Arbeiten im Büro zu erledigen – das hatte er jedenfalls gesagt. Und Evelyn?

»Ich ging nach oben und zu Bett«, sagte sie.

»Was taten Cassie und Phillip?«

»Sie sind ausgegangen. Ins Kino, glaube ich.«

»Es ging also jeder seiner Wege.«

»Ja.« Evelyn ließ den Blick auf ihren Schoß sinken. »Und das war auch schon alles. Bis halb eins, als der Anruf kam …«

»Kehren wir noch einmal zu der Unterhaltung beim Abendessen zurück.«

Und alles wurde noch einmal durchgekaut. Hier und da wurden noch ein paar Details ergänzt, aber im Wesentlichen blieb alles gleich. Chase, dessen letzte Aufmerksamkeitsreserven rasch schwanden, begann in eine Art Dämmerzustand abzugleiten. Inzwischen wurden seine Beine bereits taub und holten sich den Schlaf, dem sein Gehirn sich nur zu gern ebenfalls überlassen hätte. Der Fußboden wirkte von Minute zu Minute einladender – immerhin konnte man dort liegen. Chase spürte, wie er an der Wand herunterzurutschen drohte …

Dann zuckte er, plötzlich wieder wach, zusammen. Alle schauten ihn an.

»Alles in Ordnung mit dir, Chase?«, fragte Evelyn.

»Tut mir leid«, murmelte er. »Ich schätze, ich bin einfach müder, als ich dachte.« Er schüttelte kurz den Kopf, um munter zu werden. »Könnte ich vielleicht, ähm, irgendwo einen Kaffee bekommen?«

»Den Flur entlang«, sagte Tibbetts. »In der Maschine steht eine volle Kanne, und da finden Sie auch eine Couch, wenn Sie eine brauchen. Warum warten Sie nicht einfach dort?«

»Geh nur«, meinte Evelyn. »Ich bin hier bald fertig.«

Erleichtert flüchtete Chase aus dem Büro und machte sich den Flur entlang auf die Suche nach der rettenden Kaffeekanne. Hinter der ersten Tür entdeckte er eine Toilette. Die nächste Tür war abgeschlossen. Er ging weiter und warf einen Blick in den dritten Raum. Hier brannte kein Licht, und im Dunkeln entdeckte er eine Couch, ein paar Stühle und weiteres Mobiliar in einer Ecke. In der seitlichen Wand befand sich ein Fenster, und dieses Fenster erregte seine Aufmerksamkeit, weil es nicht wie ein normales Fenster nach draußen ging; stattdessen...

Erscheint lt. Verlag 16.1.2020
Übersetzer Barbara Minden, Anita Sprungk
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Original-Titel PRESUMED GUILTY
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte bücher krimi • bücher krimi thriller • Bücher Thriller • gute Thriller • Krimi • Krimi Bücher • Kriminalroman • Kriminalthriller • Krimi Thriller • krimi und thriller • Thriller Buch
ISBN-10 3-95967-904-1 / 3959679041
ISBN-13 978-3-95967-904-6 / 9783959679046
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