Lebenslinien (eBook)

Die Geschichte einer Familie vom Lande
eBook Download: EPUB
2019 | 2. Auflage
160 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7504-4696-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lebenslinien -  Karl-Christian Oelker
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"Lebenslinien" ist eine Nachkriegsbiographie und die Geschichte einer Familie vom Lande. Beginnend in den 1950er Jahren, mit Rückblicken auf die Kriegsgeneration und mit Ausblicken in die Zukunft. Brandaktuell, weil schon in den 1970er Jahren mit den Untersuchungen zu den Grenzen des Wachstums und mit der ersten - Ölkrise - sich ein Weltszenario ankündigte, das wir bis heute als ungelöst diskutieren. Eine ganz persönliche Entwicklungsgeschichte unterbrochen von einer großen persönlichen Krise und von einer überraschenden Erkenntnis, die nicht jeder in seinem Leben finden kann.

VITA Karl-Christian Oelker Jahrgang 1950 Als ich noch im Gitterbett lag, tat sich der Himmel über mir auf, grenzenlos. Später habe ich mit meinen Augen die Sterne gezählt, habe in Gedanken neue Welten entdeckt und bin an die Grenze des Universums gereist, habe im Großen das Größte gesucht, um im Kleinen das Kleinste zu finden. Es flüsterte mir zu: Ich werde Dir fremd bleiben, aber suche mich und finde meine Rätsel. Als Junge hatte ich Purzel, meinen Hund. Zum Feind hatte ich einen stolzen Hahn, der glaubte seine Hühner verteidigen zu müssen. Auf meinem Lieblingspferd Maxe bin ich zur Weide gerit-ten und teilte mit dem Pflugschaar die Erde. Im Sommer habe ich das Kornfeld gemäht und die Garben als Stiege zum Trocknen aufgestellt. Im Herbst habe ich mir an den Kartoffelfeuern die Hände gewärmt. Ich bin gefallen und wieder aufgestanden, habe mir den Staub aus den Kleidern geklopft und neue Wege beschritten. Im Amazonas habe ich rosa Delfine und fliegende Fische beobachtet, im Urwald aus Bambusholz eine Flöte ge-schnitten, zu Fuß die Golden Gate Bridge überquert und am Sankt - Lorenz -Strom die Wale beobachtet. Schon immer habe ich mir im Traum Geschichten erzählt, die ich jetzt aufschreibe. Veröffentlichungen: Kanon der Literatur 2014 ISBN 9783932443299 Klopfzeichen 2019 ISBN 9783750426559 Lebenslinien 2019 ISBN 9783750417960

Meine Eltern Käthe und Karl Oelker

Ich bin in dem Klosterdorf Wienhausen* geboren und aufgewachsen. Das Kloster Wienhausen wurde im Jahr 1230 etwa 15 Kilometer von Celle entfernt an der Aller gegründet. Nach der nieder-sächsischen Verwaltungsreform wurde die Samtgemeinde Flotwedel gegründet, zu der auch Wienhausen gehört. Das Dorf hatte in den 50er Jahren etwa 500 Einwohner, inzwischen ist die Zahl auf über 2000 angestiegen. Mein Vater Karl war Landwirt und hatte eine kleine Hofstelle in der Bungerstraße. Karl war das Kind von Karl und Martha Oelker. Martha war früh verwitwet. Ihr Mann starb bereits im ersten Jahr des ersten Weltkrieges an der Ostfront. Karl Oelker war von Beruf Musiker und wurde zu Beginn des Krieges aufgrund seiner Körpergröße dem ersten Garderegiment* zu Fuß in Potsdam zugeteilt. Dieses gehörte zu der 8. Armee.

*Das Kloster wurde um 1230 von Agnes von Landsberg etwa 15 Kilometer von Celle entfernt in Wienhausen an der Aller gegründet. Nach der Wienhauser Chronik gab es schon vorher einige Kilometer entfernt ein Kloster, das dann wegen seiner Lage in einem Sumpfgebiet nach Wienhausen verlegt wurde. Sicher belegt werden kann das allerdings nicht.

1233 wurde die Klostergründung in Wienhausen von Bischof Konrad II. offiziell bestätigt und ihm die seit Mitte des 11. Jahrhunderts dort gelegene Archidiakonatskirche mit allem Grundbesitz und den Zehnten in mehreren Dörfern übertragen. Die Nonnen im Kloster lebten nach den Regeln der Zisterzienser.

Ab 1528 führte Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg die Reformation in seinem Herzogtum ein. Das Kloster wurde − gegen den Widerstand der Klosterfrauen − in einen evangelisch-lutherischen Frauenkonvent verwandelt. 1531 brach der Herzog durch Abriss der Propstei und aller Kapellen (mit Ausnahme der Allerheiligenkapelle) und durch Einzug des Propsteiguts die Gegenwehr der katholischen Nonnen. Die zerstörten Gebäude wurden 19 Jahre später im Fachwerkstil wiederaufgebaut. 1555 wurde die Lüneburger Klosterordnung erlassen. 1587 wurde offiziell die erste evangelische Äbtissin eingesetzt.

*Das 1. Garde-Regiment zu Fuß war ein Infanterieverband der Preußischen 14.Armee. Es wurde 1806 nach der Niederlage Preußens gegen Napoleon in der Doppelschlacht bei Jena und Auerstedt aus den Resten der früheren Garden zu Fuß neu aufgestellt und war von Anfang an das Leibregiment der Könige von Preußen. Bis auf Wilhelm II., der auch die Uniformen anderer Regimenter trug, trugen seit 1806 alle preußischen Könige und die meisten Prinzen von Preußen die Uniform des 1. Garde-Regiments zu Fuß. Der König von Preußen war jeweils zugleich Regimentschef, Chef des I. Bataillons und Chef der 1. Kompanie dieses Regiments. Daher hatte dieses Regiment auch den höchsten Rang innerhalb der Armee, was sich unter anderem darin zeigte, dass das Offizierkorps des 1. Garde-Regiments zu Fuß beim traditionellen Neujahrsempfang noch vor den Reichsfürsten und dem Diplomatischen Corps am Thron vorbei defilieren durfte. Inoffiziell wurde auch vom „Ersten Regiment der Christenheit“ gesprochen.

Am 1. August 1914 erklärte das Deutsche Reich Russland den Krieg. Um das oberschlesische Industriegebiet besser abschirmen zu können, besetzten deutsche Truppen am 3. August Tschenstochau und Kalisch. Mein Großvater war dabei. Das Gefecht bei Stallupönen fand im August 1914 zwischen Teilen des deutschen Ersten Armee-Korps und Einheiten der russischen Ersten Armee statt. Die zahlenmäßig weit unterlegenen deutschen Truppen brachten den russischen Verbänden beträchtliche Verluste bei und konnten sich während der Kämpfe im Wesentlichen behaupten, mussten aber am Ende des Tages im Schutze der Dunkelheit das Gefechtsfeld räumen, da sie Gefahr liefen, auf beiden Flügeln vom Gegner umfasst zu werden. Bei diesen Gefechten ist mein Großvater gestorben.

Im Oktober 1914 bekam meine Großmutter Martha die Vermisstenanzeige des deutschen Heeres. Verzweiflung und große Trauer brach aus. Martha hatte Karl in dessen Kaserne in Potsdam besucht. Erst wenige Monate war das her, sie konnte es nicht fassen. Meine Großmutter hat um ihren geliebten Mann ihr ganzes Leben lang getrauert. In ihrem kleinen Wohnzimmer hing ein sehr großes Bild von ihrem verstorbenen Mann Karl, mit einem Trauerflor. Sie hat dieses Bild in ihrem ganzen Leben nie abgehängt.

Martha war nun allein mit ihren beiden Kindern Karl und Ilse. Die beiden sind als Halbwaisen aufgewachsen. So hatte mein Vater nie ein richtiges Vorbild und keine Anleitung durch seinen Vater. Mir sagte er immer, ich habe alles durch eigene Anschauung gelernt, habe immer zugesehen, wenn die Erwachsenen eine Arbeit erledigt haben. Dann habe ich es selber ausprobiert und solange geübt, bis ich es konnte. Karl wurde im Mai 1911 geboren, hatte also keine Erinnerung an seinen leiblichen Vater. In seinem und meinem Geburtshaus in der Bungerstraße wohnten noch seine Großmutter und sein Großvater.

Karl besuchte die Volksschule in Wienhausen. Hier wurden alle Kinder in einem einzigen Klassenraum unterrichtet. Mir erzählte er später die Geschichte von seinem Lehrer, der während eines Ausflugs an die nahe gelegene Aller einen Schüler aus dem Wasser rettete und dabei selber ertrank. Mit einer Dorfschulausbildung und während der Wirtschaftsdepression der Nachkriegszeit begann Karl damit den Acker seines Vaters zu bestellen. Er hatte eine Apfelwiese und einen großen Garten, davon konnte man sich selbst ernähren und einige Schweine füttern, die man für gutes Geld verkaufen konnte. Die Familie lebte sparsam und sehr einfach, meine Großmutter Martha besorgte den Haushalt und ihr Sohn spannte Hund und Ziege an um mit dem Bollerwagen die Apfelernte auf den Markt nach Celle zu bringen. Karl war fleißig und die Arbeit auf dem Feld machte ihm Spaß, er fühlte sich frei. Noch vor Beginn des zweiten großen Krieges heiratete seine Schwester Ilse den Schreinermeister Köhler aus Gödensdorf, in der Nähe von Hamburg. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Christa und Karl Heinz. Mit Karl Heinz teile ich schöne Kindheitserlebnisse. Er war wie ein älterer Bruder. Während er eine Schreinerlehre begann, ging ich in die Grundschule in Wienhausen. Ich habe die Gödensdorfer auch einige Male besucht. Sie hatten ein kleines Haus auf dem Berg und bei den Nachbarn haben wir unsere Kartoffelschlachten geschlagen. Wir bauten eine Barrikade aus halbleeren Kartoffelsäcken, verschanzten uns dahinter und be-warfen uns mit Kartoffeln. Niemand wurde dabei verletzt und nur selten landeten wir einen Treffer, aber es hat allen viel Spaß bereitet.

Mit 17 erkrankte Karl Heinz an einem Gehirntumor, bereits ein Jahr später starb er. Er hatte ein Meningeom im Kopf und damals konnte man es noch nicht operieren. 40 Jahre später erkrankte ich ebenfalls an dieser Krankheit; so ist eine genetische Disposition anzunehmen. Ich werde in meiner Krankengeschichte darauf eingehen.

Karl lernte Käthe Heering aus Bröckel kennen und heiratete sie, nachdem er zur Wehrmacht eingezogen wurde, noch im Juni 1939, als er im Sommer auf Heimaturlaub durfte. Ein Jahr später wurde meine Schwester Ilsemarie geboren. Ich werde ihr ein eigenes Kapitel in dieser Familienchronik widmen.

Oft hat mein Vater mir erzählt, wie ungerecht er behandelt wurde, weil er kein Nazi war. Er war das Kind eines Soldaten, der im Ersten Weltkrieg sein Leben für Deutschland ließ. Er betrieb eine kleine Landwirtschaft, die wichtig war für die Ernährung der Bevölkerung. Deswegen war er eigentlich vom Wehrdienst befreit. Im Dorf hatten die National-sozialisten die Herrschaft übernommen, der Kreis-landwirt war ein Nazi, der Bürgermeister ebenfalls. Als der Krieg begann, wurden die ersten jungen Soldaten eingezogen. Schon vor Beginn des Frankreichfeldzugs wurde Karl eingezogen und kam in den sogenannten Heimatpferdepark nach Celle. Der Heimatpferdepark war ein Versorgungsregiment der Wehrmacht, noch waren Pferdegespanne ein wichtiges Transportmittel für die Wehrmacht. Die Ausbildung zum Soldaten dauerte nur drei Monate, dann wurde das Regiment als Versorgungseinheit in den Frankreichfeldzug eingebunden. Karl war in Belgien stationiert, erkrankte noch während des ersten Jahres und wurde zum Genesungsaufenthalt in die belgische Stadt Spa abkommandiert.

Während Karl wider Willen in den Krieg gegen Frankreich ziehen musste, wurde im ersten Kriegsmonat ein französischer Soldat festgenommen und geriet in Kriegsgefangenschaft. Sein Name war Maurice Lapointe. Er war im Elsass aufgewachsen und hatte in der Schule und im Elternhaus die deutsche Sprache erlernt. Maurice kam nach Celle und schließlich landete er auf dem kleinen Bauernhof meiner Eltern in Wienhausen. Er sollte meine Mutter bei der Feldarbeit unterstützen und so einen Beitrag zur Ernährung der Volksgemeinschaft leisten. Geichzeitig war er als Übersetzer zwischen Deutschen und Franzosen tätig. Zwischen Maurice, meiner Mutter und meinem Vater entwickelte sich eine tiefe Freundschaft. Maurice arbeite zuverlässig und meine Mutter behandelte ihn nicht als Kriegsgefangenen, sondern als Helfer und Freund. Maurice war auf dem Feld...

Erscheint lt. Verlag 19.12.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 50er Jahren • Autobiographie • Familiengeschichte • Lebenskrise • Weltbild
ISBN-10 3-7504-4696-2 / 3750446962
ISBN-13 978-3-7504-4696-0 / 9783750446960
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