John Sinclair 2167 (eBook)

Himmelfahrtskommando zur Höllenbrut

(Autor)

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2020 | 1. Aufl. 2020
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-9284-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

John Sinclair 2167 - Ian Rolf Hill
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Der Fall begann mit einem Telefonanruf.
Das war an und für sich nichts Besonderes. Auch der Anrufer weckte zunächst einmal kein Misstrauen in mir. Obwohl jemand wie Abe Douglas nicht zum Spaß anrief. Erst recht nicht, morgens um neun, schließlich lag New York fünf Stunden zurück. Dort herrschte gewissermaßen noch tiefste Nacht.
Allein dieser Umstand sorgte bei mir für ein leichtes Stechen in der Magengegend.
Die wahre Bombe platzte jedoch erst nach Abes knapper Begrüßung.
'Lass alles und stehen und liegen und nimm den nächsten Flieger nach Portland. Suko muss auch mitkommen. Und bringt alles mit, was ihr an Waffen habt.'

Auf einer Insel im Pazifik, fünfzig Seemeilen vor der Westküste der Vereinigten Staaten von Amerika

Sie versuchte, sich ihren Schmerz nicht anmerken zu lassen.

Leichter gesagt als getan, denn Denise Curtis zitterte am ganzen Leib. Sie bebte vor Wut, Enttäuschung und Furcht. Ja, sie hatte Angst, denn ihr Vater, Egeas Demeter, alias Lykaon, hatte ihren Verrat weit weniger gelassen aufgenommen, als ihre Freundin Carnegra prophezeit hatte.

Doch was hatte sie auch erwartet? Dass er sie liebevoll in den Arm nahm und fragte, warum sie seine Söhne einem ihrer ärgsten Feinde gewissermaßen auf dem Silbertablett serviert hatte?1)

Eine Metapher, der es nicht an Ironie mangelte, bedachte Denise den Umstand, dass es sich bei ihren Brüdern (Halbbrüder, um genau zu sein) um Werwölfe gehandelt hatte. So wie sie auch einer war. Zwei Dinge machten jedoch den Unterschied, eigentlich drei, wenn man berücksichtigte, dass Denise ein Einzelkind war und ihre Halbrüder Zwillinge.

Aber diese Unterschiede waren für ihren Daddy Lykaon entscheidend. Obwohl es doch eigentlich Kinkerlitzchen waren.

Sicher, Denises Mutter war ein Mensch und keine Dämonin aus der Urzeit gewesen, ja und? Sie hatte auch keine Tarnung als erfolgreiche Anwältin gehabt, sondern hatte ihr Lebtag am Existenzminimum gekratzt. Untere Mittelschicht nannte man das wohl. Egal, Geld hatte Dad schließlich im Überfluss.

Der zweite Unterschied war da schon deutlich erheblicher, denn im Gegensatz zu ihren Brüdern war Denise ein Mädchen, das naturgemäß nun mal weniger Nachkommen zeugen konnte als ein Mann. Und darum ging es Lykaon schließlich: Nachkommen zeugen, die Blutlinie aufrechterhalten. Blöderweise waren seine Kinder nicht in der Lage, sich durch einen Biss zu vermehren. So wie die Werwölfe von Fenris, seinem ärgsten Rivalen.

Daher ja auch die Idee, Werwölfe zu klonen.

Zu Hunderten wuchsen sie im Herzen der Anlage heran, die unterhalb des altmodischen Herrenhauses im Zentrum der Insel lag, inmitten eines dichten, fast dschungelartigen Waldes.

Trotzdem legte ihr Vater Wert auf eigene Nachkommen, denn die Klone waren nicht mehr als Fußsoldaten. Sie wurden aus dem Erbgut eines früheren Abkömmlings der Blutlinie gezüchtet. Lykaons DNS war dafür dummerweise nicht zu gebrauchen. Die Stränge zerfielen nach kurzer Zeit, sodass die Klone starben.

Er erklärte es natürlich damit, dass man einen Gott nicht kopieren könne, größenwahnsinnig wie er nun einmal war. Vielleicht stimmte diese ganze Sache sogar, dass ihr Vater von Fenris verraten und besiegt worden war. Der hatte ihn gebannt und mit magischen Fesseln gebunden, die Luzifer, der gefallene Engel, löste, indem er Lykaon menschliche Gestalt verlieh und zum König von Arkadien machte.

Doch die Katze lässt das Mausen nicht, und so servierte Lykaon Zeus während eines Gelages Menschenfleisch, woraufhin ihm dieser die Maske vom Gesicht riss und das Ungeheuer, das er in Wirklichkeit war, enttarnte. Wieder forderte Lykaon seinen Bruder zum Kampf heraus und wieder unterlag er. Durch einen Trick gelang es ihm, dem Götterwolf eine Chimäre unterzuschieben, die anstelle seiner in das Grab auf der Halbinsel Peloponnes gebannt wurde.

Lykaon aber floh in die Neue Welt, wo sich seine Spur im Laufe der Jahrhunderte verlor.

Vermutlich hatte er versucht, weitere Kinder zu zeugen. Ein Unterfangen, das nur von mäßigem Erfolg gekrönt gewesen war. Vielleicht hatte Zeus in seiner Wut mehr kaputt gemacht, als sich Lykaon eingestehen wollte. Immerhin war er ein Gott, sein Samen hätte Hunderte, wenn nicht Tausende Frauen schwängern müssen!

Denise konnte diese Leier nicht mehr hören. Aber er war nun mal ihr Vater und obwohl sie es nicht gerne zugab und er sie ohne mit der Wimper zu zucken geopfert hätte, so sehnte sie sich doch nach seiner Anerkennung. Tatsache war nämlich, dass sich Denise auf der Insel tierisch langweilte. Und aus Langeweile war schließlich Einsamkeit geworden. Es mangelte ja nicht nur an gleichaltrigen Freunden, sondern generell an menschlicher Gesellschaft.

Die Klone zählten in ihren Augen nicht, die waren lediglich zum Kämpfen gezüchtet worden.

Erst als Carnegra eingetroffen war, verletzt und gedemütigt, hatte sie jemanden gehabt, mit dem sie reden konnte wie mit einer echten Freundin. Was schon ziemlich verrückt war, immerhin war Carnegra eine uralte Dämonin aus den Anfängen der Menschheit, mit der Lykaon in grauer Vorzeit die Mantikore gezeugt hatte. Dass sie beide ein und denselben Vater hatten, machte diese ganze Angelegenheit noch schräger.

Denise kümmerte das nicht. Sie war froh gewesen, dass Carnegra ihr Gesellschaft leistete. Zumal diese nicht gut auf Denises Vater zu sprechen war, der versucht hatte, sie zu töten, nachdem er erfahren hatte, dass sie keine Mantikore mehr gebären konnte. Letztendlich hatte sie es Phorkys, dem Vater der Ungeheuer, zu verdanken, dass sie noch lebte. Der war wiederum der Erzeuger von Carnegra und Lykaon, was den Alten des Meeres, wie Phorkys auch genannt wurde, zu Denises Großvater machte.

Jedenfalls hatte Carni ihr geholfen, Terry und Mason aus dem Weg zu räumen. Dass sie dabei kurzzeitig einen Pakt mit John Sinclair hatten eingehen müssen, war nicht mehr als eine Randnotiz. Der Zweck heiligt die Mittel, so sagte man doch, oder?

Carnegra war der Ansicht gewesen, dass Lykaon es sich nicht leisten konnte, deshalb den zornigen Gott zu spielen, indem er Denise tötete. So viele direkte Nachkommen schien er nicht mehr zu haben, und Denise hatte keineswegs vor, sich den Platz an seiner Seite streitig machen zu lassen. Trotzdem war die Enttäuschung groß gewesen, als sie nach Wochen auf die Insel zurückgekehrt waren und Denise festgestellt hatte, dass ihr Zimmer ausgeräumt worden war.

Alles, was sie besessen hatte, war zu einem Haufen schwarzer Schlacke verbrannt!

Auch damals hatte sie versucht, ihren Kummer unter Kontrolle zu bekommen, indem sie das getan hatte, was sie am besten konnte, sie war ausgerastet. Als reißende Bestie war sie tobend durch das Haus gestürmt. Ein dummer Fehler, den sie kurz darauf bitter bereut hatte.

Ihr Vater hatte sie so derbe verdroschen, dass kein Knochen heile geblieben war.

Für sie als Werwölfin und Tochter eines – angeblichen – Gottes keine große Sache, doch es hatte wehgetan und gedauert, bis sie sich erholt hatte und sich sämtliche Knochen wieder zusammengefügt hatten.

Erwacht war sie in einem Verlies, in dem es weder Fenster noch Türen gab. Nur feuchtes, aus Bruchsteinen gefertigtes Mauerwerk. So viel hatte sie wenigstens ertasten können, ansonsten war die Finsternis dermaßen dicht, dass sie nicht mal die Hand vor Augen erkennen konnte.

Denise war allein!

Ohne Gesellschaft, ohne Laptop, ohne Handy!

Was aus Carnegra geworden war, wusste sie nicht, und allein die Ungewissheit das Schicksal ihrer besten, weil einzigen Freundin betreffend, trieb sie in den Wahnsinn. Doch niemand hörte ihr Schreien, Heulen und Flehen. Niemand interessierte sich für sie.

In unregelmäßigen Abständen rutschten Plastikflaschen mit Wasser und Beutel gefüllt mit rohem Fleisch über einen schmalen Schacht, der das Verlies mit Frischluft versorgte, in den Kerker. Ihre Notdurft musste sie in einer der Ecken verrichten, wie das Tier, das sie nun mal war.

Und es kam der Moment, in dem sich Denise wieder nach Boston sehnte. In ihr altes, langweiliges Leben zurück. In die Arme ihrer Mutter, die sie getötet hatte.

Mit diesen Gedanken kamen die Tränen.

Plötzlich war Denise beinahe froh gewesen, dass sie hier unten niemand sah und hörte.

Denise Curtis, Lykaons Tochter, weinte nicht!

Sie war stark und unbeugsam!

Sie wusste doch genau, was ihr Dad mit dieser Aktion bezweckte. Er wollte sie bestrafen, sie brechen. Ihr zeigen, wie schwach sie war. Seiner Gunst nicht würdig. Aber das stimmte nicht. Es war eine Lüge! Und sie würde es ihm beweisen. Ihnen allen würde sie es beweisen!

Wenn es nur nicht so schwer gewesen wäre. Diese endlose Warterei. Allein mit sich und ihren Gefühlen.

Aber sie würde es schaffen, denn sie war Lykaons Tochter!

Und dann waren die beiden Lichter in der undurchdringlichen Schwärze aufgeflammt. Blutrot und so intensiv leuchtend, dass ihr Schein sogar die verbrannte, ledrige Fratze, die das wahre Antlitz Lykaons darstellte, aus der Dunkelheit riss.

Ja, die Schönheit hatte Denise eindeutig von ihrer Mutter geerbt, so viel stand fest. Die innere Stärke aber, die Wut und der alles verzehrende Hass, all das stammte von ihrem Vater!

Vermutlich brach sie deshalb nicht umgehend unter seinem Blick zusammen, der sich wie Feuer in ihre Seele brannte. Er sprach von einer unstillbaren Gier, einem nicht zu sättigenden Hunger. Unwillkürlich schlug Denises Herz schneller, fing an zu rasen, während sich ihr Magen verkrampfte.

Das Mädchen Denise verging fast vor Angst, und so übernahm die Bestie die Kontrolle.

Die Verwandlung nahm nur einen Lidschlag in Anspruch. Aus Furcht wurde Wut, die in ihr hochschoss wie die Lava im Schlot eines Vulkans, kurz vor dem Ausbruch. Denise hatte das Gefühl, ihr Körper müsse bersten. Eine Kribbeln rann über ihre Wirbelsäule, Gänsehaut bildete sich auf jedem Quadratzoll ihres nackten Leibes.

Und wo eben noch ein hübsches, blondes Mädchen gekauert hatte, erhob sich eine kraftvolle Bestie mit schwarzgrauem Pelz und mächtigen Pranken. Denise zog die Lefzen hoch und fletschte die Zähne. Ein in die Enge getriebenes Tier, auf das Lykaon auf seinen baumstammdicken Beinen zu...

Erscheint lt. Verlag 21.1.2020
Reihe/Serie John Sinclair
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • Academy • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horrorthriller • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead
ISBN-10 3-7325-9284-7 / 3732592847
ISBN-13 978-3-7325-9284-5 / 9783732592845
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