Lassiter 2478 (eBook)

Lassiter und die falsche Zeugin

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Aufl. 2020
64 Seiten
Bastei Entertainment (Verlag)
978-3-7325-9295-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lassiter 2478 - Jack Slade
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Lumpenhunde! Alle miteinander! Mason Paxton zerbiss einen Fluch auf den Lippen und kippte noch mehr Whiskey in sich hinein. Das Bleistück in seinem Unterschenkel brannte, als würden sich Feuerameisen in sein Fleisch bohren. Als er die Flasche absetzte, fiel sein Blick auf das Werkzeug in der Hand seines Gegenübers. Das metallene Blatt war scharf wie die Zähne eines jungen Schakals. Getrocknetes Blut sprenkelte die Zacken.
Paxton verengte die Augen zu Schlitzen. 'Was wollen Sie mit der Knochensäge, Doc?'

»Ich muss Ihr Bein abnehmen, Mr. Paxton, Sir.« Furcht funkelte in den Augen des graubärtigen Mannes, während er sich die Schürze umband. Dunkle Flecken auf dem Leder erzählten von vergangenen Operationen. Der Zungenschlag des Arztes verriet, dass er selber nicht mehr ganz nüchtern war. Seine dürren Finger zitterten wie Spinnenfäden im Wind. In der Stadt erzählte man sich, Doc Galloway hätte mehr Männer auf den Stiefelhügel gebracht als die Pocken.

Paxton war geneigt, den Gerüchten zu glauben.

»Legen Sie die Säge weg, Doc!«

»Das kann ich nicht tun, Sir. Die Kugel hat Ihr Bein zerfetzt. Wenn ich es nicht abnehme, wird sich der Wundbrand einstellen. Sie könnten daran sterben.«

»Das höre ich nicht zum ersten und vermutlich auch nicht zum letzten Mal. Mir das Bein abzunehmen, kommt nicht in Frage.«

»Die Prozedur wird nicht lange dauern. In sechzig Sekunden haben Sie es überstanden. Das verspreche ich Ihnen.«

»Und ich verspreche Ihnen«, versetzte Paxton gefährlich leise, »dass es keine sechzig Sekunden dauern wird, Ihnen die Eier abzuschneiden.« Mit einer kaum wahrnehmbaren Bewegung ließ er eine silbrige Klinge aus seinem Ärmel gleiten und presste sie an den Unterleib des Arztes. »Ich würde sagen, wir hängen beide an unserer Grundausstattung, nicht wahr?«

»S-sicher, Sir, das tun wir.«

»Also bleibt mein Bein genau da, wo es jetzt ist.«

»Aber ich muss …«

»Doc!«

»Wie Sie wollen, Sir. Wie Sie wollen.«

»Entfernen Sie einfach nur die verdammte Kugel.« Mason Paxton beugte sich auf seinem Sessel vor, setzte die Flasche erneut an die Lippen und trank, ohne die Klinge auch nur einen einzigen Inch zu senken.

Seine Reflexion in der Fensterscheibe zeigte einen elegant gekleideten Mann um die dreißig, mit schwarzen Haaren und einem wachsamen Blick, denen kein Detail seiner Umgebung zu entgehen schien. Sein gepflegter Bart verbarg eine gezackte Narbe an seinem Kinn: eine Erinnerung an einen Überfall auf einen Zug der Union Pacific Railroad. Aus seiner Westentasche ragte die goldene Kette einer Taschenuhr.

Mason Paxton war ein Mann, der sich auszudrücken wusste, über Vermögen und einen guten Geschmack verfügte und in seiner Heimatstadt als ehrbarer Geschäftsmann angesehen war. Der einzige Mensch, der von seiner anderen, dunkleren Seite Kenntnis hatte, war der Arzt, der ihm hin und wieder eine Kugel aus dem Fleisch schneiden musste. Eine fürstliche Bezahlung nach jeder Behandlung verschloss Doc Galloway jedoch den Mund.

Draußen trommelte der Regen gegen die Scheiben wie ein Nachhall der krachenden Detonation des Revolvers, der ihn an diesem Tag erwischt hatte. Ein Treffer, der nicht hätte passieren dürfen. Grimmig starrte Mason Paxton auf sein Bein hinunter.

Sein Plan für den Überfall war sorgsam ausgearbeitet gewesen: Mit sechs seiner Männer wollte er die Lohngelder der Bickford-Minengesellschaft abgreifen. Er hatte herausgefunden, wann sich der Transport von der Bank in Great Falls auf den Weg in den Norden machen würde und wo sie am besten zuschlagen konnten. An und für sich eine todsichere Sache.

Doch dann waren anstelle der Kutsche ein Dutzend Sternträger aufgetaucht und hatten Feuer und Blei auf sie regnen lassen. Mit knapper Not war sein Trupp entkommen. Und das auch nur, weil Paxton nie etwas dem Zufall überließ. Er hatte vor dem Coup einen Fluchtweg durch eine stillgelegte Mine ausbaldowert. Sie hatten den Eingang hinter sich zum Einsturz gebracht und ihre Verfolger damit abgeschüttelt.

Sie waren den Verfolgern entwischt.

Trotzdem nagte der Fehlschlag an ihm.

Wie war es möglich, dass die Sternträger genau da aufgetaucht waren, wo sie sich für den Überfall postiert hatten? Als hätten sie genau gewusst, wo sie zuschlagen würden!

Irgendjemand muss uns verraten haben!

Unwillkürlich presste Paxton die Klinge fester an das Gemächt des Arztes, was diesem ein hohes Wimmern entlockte.

»Wenn Sie bitte die Klinge senken würden, Sir.«

»Die bleibt genau da, wo sie ist. Genau wie mein Bein auch.«

»Ich kann mich aber nicht konzentrieren, wenn Sie … Schon gut. Ich fange jetzt an.« Der Arzt stellte Karbol und Tücher bereit und machte sich an die Arbeit, die Kugel zu entfernen.

Wie sich zeigte, war es eine wesentlich aufwändigere Angelegenheit, ein Bein zu retten, als eines abzunehmen. Das Stochern und Schneiden trieb Mason Paxton den Schweiß auf die Stirn. Er leerte die Whiskeyflasche und fluchte und knirschte abwechselnd mit den Zähnen.

Wie immer, wenn er sich eine Kugel einfing, hatte er Doc Galloway zu sich nach Hause bestellt. Er wollte Fragen vermeiden, warum er den Arzt mit einer Kugel im Bein aufsuchte. Das bereute er nun angesichts der dunkelroten Lache, die sich auf seinem Holzfußboden ausbreitete.

Sein Arbeitszimmer wurde von mehreren Petroleumlampen erhellt. Auf dem massiven Schreibtisch lag das in Leder gebundene Buch, in das er mit akribischer Genauigkeit seine Einnahmen und Ausgaben eintrug. Mason Paxton liebte die Ordnung. Mit seinem Fuhrgeschäft wahrte er die Fassade eines ehrbaren Geschäftsmannes. Dass seine Einnahmen keinesfalls für seinen verschwenderischen Lebensstil und seine hohen Ziele ausreichten und dass er sein Geld deshalb aus Raubzügen bezog, hielt er mit der ihm eigenen Sorgfalt geheim.

Neben der Tür wachte Woods. Der Hüne konnte einen Raum allein mit seinen finsteren Blicken füllen. Seine bevorzugte Waffe waren seine Fäuste, mit denen er einem Kontrahenten mühelos den Schädel zertrümmern konnte. Er war ein Mann wie ein Baum und sprach auch ungefähr so viel.

Paxton hielt sein Haus unauffällig, aber gut bewacht. Und er bezahlte seine Leute gut. Damit sicherte er sich ihre Loyalität. Nach außen hin waren sie samt und sonders anständige Leute. Wer in ihnen eine Bande von Outlaws vermutete, lebte nicht lange genug, um seinen Argwohn mit jemandem zu teilen.

Lediglich seine Schwester wusste von seinem Doppelleben.

Und dieses Wissen saß wie ein Stachel in seinem Fleisch.

In letzter Zeit drängte Flora ihn immer öfter, seine Schießeisen an den Nagel zu hängen und sich auf seinen ehrlichen Betrieb zu konzentrieren. Sie hätten schließlich genug Geld, um über die Runden zu kommen. Genug Geld? Das war lachhaft. Es war niemals genug. Nicht, wenn er eines Tages Gouverneur werden wollte. Dazu brauchte er Geld. Geld und Männer. Und er war auf einem guten Weg, sich beides zu sichern.

Leider lief nicht immer alles so glatt, wie er es vorausplante. Bei seinem letzten Überfall auf eine Postkutsche hatte ein Junge dran glauben müssen. Nicht viel älter als elf Jahre. Es hatte Paxton widerstrebt, aber er hatte einen Grundsatz, der ihn am Leben hielt, und an den musste er sich halten: Lass keine Zeugen zurück. Und so hatte er geschossen.

Zu seinem Pech war Flora das nicht verborgen geblieben. Seitdem hatte sie keine zwei Worte mit ihm gesprochen.

Nicht, dass ihn das sonderlich störte.

Allerdings bedeutete es bei einer Frau selten etwas Gutes, wenn sie sich ausschwieg.

Oh, verdammt noch mal! Der brennende Schmerz in seinem Bein trieb ihn beinahe die Wände hoch. Was stocherte der Doc so lange in seinem Bein herum? Suchte der Kerl da unten etwa nach Gold? Nun, dann würde er eine bittere Enttäuschung erleben. Mehr als Blei war bei ihm nicht zu holen.

Paxton wollte den Mediziner gerade mit einem stärkeren Druck seiner Klinge zur Eile gemahnen, als vor dem Haus plötzlich drei Schüsse peitschten.

Wie von einer Tarantel gestochen, fuhr er hoch und spähte nach draußen.

Sternträger! Ein ganzes Aufgebot stand vor seinem Haus! Auf Pferden. Jeder mit einem Gewehr in der Faust. Regen tropfte von den Hüten der Männer. Sie blickten grimmig herüber.

Paxton fluchte. »Woods, geh und hol Flora her! Beeil dich!«

Der Hüne senkte das Kinn, zum Zeichen, dass er verstanden hatte. Dann stapfte er los, um den Auftrag auszuführen.

Paxton steckte derweil seine Klinge weg und zog seinen mit Silber beschlagenen Colt Peacemaker aus dem Holster.

Doc Galloway verknotete den Verband.

»Sie dürfen das Bein jetzt nicht belasten, Sir«, mahnte er, aber auf die Verletzung durfte Paxton keine Rücksicht nehmen. Da draußen braute sich etwas zusammen, und es war bestimmt nichts Gutes! Er musste bereit sein!

Woods stürmte wieder herein und schaute drein, als wäre ihm soeben ein Blitz in den Hampelmann gefahren.

»Sie ist weg, Boss«, dröhnte er.

»Was soll das bedeuten?«

»Ihre Schwester. Sie ist weg.« Woods schabte sich das bärtige Kinn. Für seine Verhältnisse war das eine enorm lange Rede gewesen. Und sie war noch nicht zu Ende. »Ihre Kleidertruhe steht offen. Das Ding ist leer. Flora hat alles mitgenommen.«

»Mitgenommen?« Paxton brauchte nicht lange, um sich auszurechnen, was das bedeutete: Seine Schwester hatte sich klammheimlich aus dem Staub gemacht. Das ließ für ihn nur einen Schluss zu: Sie war der Grund für das Aufgebot da draußen. Flora hatte ihn verpfiffen! Vermutlich hatte sie den Sternträgern auch seinen Plan für den Überfall auf den Geldtransport verraten. Seine eigene Schwester war für seinen Fehlschlag und die elende Kugel in seinem Bein verantwortlich!

Oh, dafür würde sie bezahlen!

Und ob sie das würde!

»Mr. Paxton?«, drang von draußen die tiefe Stimme des Marshals herein. »Geben Sie auf und kommen Sie mit erhobenen Händen raus! Das ist Ihre einzige Chance. Ihr Haus ist umstellt!«

Sie hatten ihn überrumpelt....

Erscheint lt. Verlag 14.1.2020
Reihe/Serie Lassiter
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer-Roman • Abenteurer • alfred-bekker • Bestseller • bud-spencer • buffalo-bill • Cassidy • Chaco • clint-eastwood • Country • Cowboy • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • erotisch • Erwachsene • erwachsene Romantik • Exklusiv • für • g-f • GF • g f barner • g f unger • Indianer • jack-slade • Karl May • kelter-verlag • Kindle • Klassiker • Krimi • Laredo • larry-lash • lucky-luke • Männer • martin-wachter • Nackt • pete-hackett • peter-dubina • Reihe • Ringo • Roman-Heft • Serie • Sexy • sonder-edition • Unger • Western • Western-Erotik • Western-roman • Westernromane • Wilder Westen • Wilder-Westen • Winnetou • Wyatt Earp • Wyatt-Earp
ISBN-10 3-7325-9295-2 / 3732592952
ISBN-13 978-3-7325-9295-1 / 9783732592951
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