Gefürchtet (eBook)
512 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-95967-876-6 (ISBN)
Als Ex-FBI-Agentin Jane Hawk im Tod ihres Mannes ermittelte, stieß sie auf eine Verschwörung von höchstem Ausmaß: Eine elitäre Gruppe, die Arkadier, haben sich vorgenommen, die USA nach ihren Vorstellungen umzugestalten. Dazu nutzen sie Nano-Kontrollmechanismen, die ihrem Opfer den freien Willen rauben. Die sogenannten »Angepassten« führen aus, was ihnen gesagt wird - und wenn es der eigene Selbstmord ist.
Immer mehr Arkadier fürchten die Enttarnung durch Jane. Je höher sie in deren Ränge vorstößt, desto gefährlicher wird es für sie - und ihren fünfjährigen Sohn Travis.
»Der erste Teil einer neuen Serie von Bestsellerautor Dean Koontz ist toller Lesestoff für Freunde von actionreichen, schnellen, leicht futuristischen Thrillern.« FAZ Literaturkalender über Suizid
Dean Koontz ist in Pennsylvania geboren und aufgewachsen. Er begann parallel zu seiner Tätigkeit als Lehrer zu schreiben. Seine Frau Gerda erkannte schnell sein Talent und unterstützte ihn in den folgenden Jahren finanziell, sodass er sich voll auf seine Karriere als Schriftsteller konzentrieren konnte. Inzwischen wurden seine Werke in 38 Sprachen übersetzt und mehr als 450 Millionen Mal verkauft. Dean lebt mit Gerda und ihrem Golden Retriever Elsa in Südkalifornien.
SIEBZEHN
Vielleicht hatten sie den Toten zwischen sich behalten, weil Jane nach wie vor Bedenken hatte, diesen vierfachen Vater in ein so gefährliches Unternehmen zu verwickeln, und Gilberto trotz seines Geredes von semper fidelis und seiner Ehrenschuld Nick gegenüber wohl ebenfalls Bedenken hatte.
Feierlich still auf dem Stahltisch liegend war der Tote ein Hindernis für unbedachtes Handeln, zugleich eine Erinnerung daran, dass sie bei dieser Entführung umkommen könnten. Jane liebte Nick so innig, dass sein Tod ihre Liebe nicht vermindert hatte, und obwohl Gilbertos Dankbarkeit und Bewunderung weniger starke Gefühle waren, diente Janes verstorbener Mann ihnen als Prüfstein, an dem sie Engagement für alles Gute und Wahre in dieser Welt der Finsternis und der Lügen erproben konnten. Aber ein Prüfstein war nur etwas wert, wenn sie vernünftig, aus Pflichtbewusstsein handelten, statt sich von Sentimentalität überwältigen zu lassen. Jane wusste – und Gilberto vielleicht auch –, dass eine Berührung, eine Umarmung, sogar ein Händedruck in den ersten Minuten dieses Wiedersehens ehrliche Gefühle in Sentimentalität verwandeln und ihn dazu bringen konnten, eine schicksalhafte Entscheidung aus falschen Gründen zu treffen.
»Ich bin dir dankbar, dass du das für mich, für Nick tun würdest«, sagte sie. »Aber wenn sie rauskriegen, dass du mir geholfen hast, ist’s ihnen egal, dass du nur gefahren bist. Sie legen dich um. Du musst wissen, was sie bisher getan haben, was sie erreichen wollen, wie viel sie zu verlieren haben.«
Sie betrachtete das Gesicht des Toten, nach der Einbalsamierung so eierschalenweiß, seine Lippen steif, als hätten sie nie gelächelt, und die Lider papierdünn, als hätten all die schrecklichen Anblicke, vor denen er die Augen verschlossen hatte, sie halb abgetragen. Nick war feuerbestattet worden. Auch sie bevorzugte Feuer, falls nach ihrem Tod noch eine Leiche aufzufinden war.
»Diese Dreckskerle, diese Verschwörer, diese Putschisten, wie immer man sie nennen will … sie haben ein Computerprogramm. Es identifiziert Leute, die unsere Zivilisation in die ›falsche‹ Richtung lenken könnten: Künstler, Journalisten, Lehrer, Wissenschaftler, Soldaten …«
Gilberto runzelte die Stirn. »Falsche Richtung? Wie kann ein Computer entscheiden, welche Richtung für eine Zivilisation falsch ist?«
»Das tut er nicht. Die Kriterien haben sie bei der Entwicklung des Programms festgelegt. Er identifiziert lediglich Zielpersonen. Ihre Theorie lautet, dass man nur genügend sorgfältig ausgewählte Leute, die in einflussreiche Positionen gelangen und andere mit falschen Ideen beeinflussen könnten, eliminieren muss, damit im Lauf der Zeit ein Utopia entsteht. Aber hier geht’s nicht um Utopia, sondern um Macht, um absolute Macht.«
Gilberto war aus dem Krieg mit anhaltender Traurigkeit heimgekehrt, die ihn sanfter und immer um Konfliktvermeidung bemüht gemacht hatte. Aber jetzt war sein Zorn stärker als seine Sanftmütigkeit, als er aufgebracht sagte: »Nur eliminieren, was? Eliminieren. Immer so nette Umschreibungen für Mord.«
»Stalin soll gesagt haben: ›Der Tod eines einzelnen Mannes ist eine Tragödie, aber der Tod von Millionen nur eine Statistik.‹ Hast du damit ein Problem?«
»Sie wollen eine Million umbringen?«
»Im Lauf der Zeit sogar mehr. Zweihundertzehntausend pro Generation in den USA. Das sind achttausendvierhundert pro Jahr.«
»Das haben sie dir erzählt?«
»Einer von ihnen hat ausgepackt. Das musst du mir glauben. Er kann’s nicht mehr bestätigen. Ich habe ihn erschossen. In Notwehr.«
Obwohl Gilberto im Krieg gewesen war, schockierte es ihn. Ein Krieg auf einem anderen Erdteil war etwas anderes als Kämpfe auf den Straßen des eigenen Landes. Er stützte sich mit beiden Händen haltsuchend auf den Stahltisch.
Jane fuhr fort: »Die ausgewählten Opfer stehen auf der sogenannten Hamlet-Liste. Sobald die Zielpersonen identifiziert sind, erfolgt der Angriff, wenn sie am verwundbarsten sind. Wenn sie beispielsweise auf einer Tagung oder allein auf Reisen sind, sodass sie unter Drogen gesetzt oder sonst wie sediert werden können.«
»›Sediert‹?«
»Das Ganze soll nicht nach Mord aussehen. Sie sedieren ihre Opfer und programmieren sie, sodass sie Selbstmord verüben. Nick hat auf ihrer Hamlet-Liste gestanden. Er hat sich mit seinem Kampfmesser des Marine Corps die Halsschlagader durchgeschnitten.«
Gilberto starrte sie lange an, als versuche er zu enträtseln, unter welcher Art Verrücktheit sie litt. »Sie programmieren?«
»Das Leben gleicht heutzutage einem Science-Fiction-Film, Gilberto. Aber keinem Wohlfühlfilm für die ganze Familie. Was weißt du über Nanotechnologie?«
»Mikroskopisch kleine Dinge. Oft Maschinen, die so winzig sind, dass sie unsichtbar sind. Solche Sachen.«
»Hier geht’s um Konstruktionen aus ein paar Molekülen. Hunderttausende – vielleicht Millionen – in einem Serum, das intravenös injiziert wird. Ihr Ziel ist das Gehirn. Sobald sie durch Osmose aus den Kapillaren ins Gehirn gelangen, schließen sie sich zu einem größeren Netzwerk zusammen. Zu einem netzartigen Kontrollmechanismus. Binnen Stunden wird totale Kontrolle möglich. Der Betroffene ahnt nichts davon. Er wirkt unverändert. Niemandem fällt etwas an ihm auf. Aber irgendwann, Tage oder Wochen später, erhält er den Befehl, Selbstmord zu verüben … und gehorcht.«
»Würde ich dich nicht schon lange kennen«, sagte Gilberto, »würde ich glauben, du wärst reif fürs Irrenhaus.«
»So bin ich mir in letzter Zeit oft vorgekommen. Nick hat nicht gewusst, was er tat. Oder er hat’s gewusst, konnte’s aber trotzdem nicht verhindern, was ich noch schrecklicher finde.«
Jane schloss die Augen. Atmete tief durch. »Die Selbstmorde erfolgreicher, glücklicher Menschen sind seit zwei Jahren steil angestiegen. Von Leuten, die nie Depressionen, sondern Freude am Leben hatten. Manchmal reißen sie andere mit in den Tod.« Sie öffnete die Augen. »Du musst die Berichte über diese Frau in Minnesota gesehen haben, Lehrerin des Jahres, die nicht nur sich selbst, sondern auch den Gouverneur und über vierzig weitere Unbeteiligte umgebracht hat. Ich weiß sicher, dass sie ebenso von diesen Leuten kontrolliert wurde wie damals Nick.«
»Das alles kannst du beweisen?«
»Ja. Aber zu wem soll ich mit meinen Beweisen gehen? Das FBI ist nicht völlig korrumpiert, aber aus der Führungsriege gehören einige zu den Verschwörern. So ist’s auch bei der NSA, dem Heimatschutzministerium und so weiter. Diese Leute sitzen überall.«
»An die Presse wenden?«
»Ich hab’s versucht. Ich dachte, ich hätte einen vertrauenswürdigen Journalisten gefunden. War er aber nicht. Ich habe Beweise, viele Beweise. Aber wenn ich sie dem Falschen überlasse und der sie vernichtet, war alles, was ich erduldet habe, vergebens. Und es gibt etwas, das schlimmer als die Hamlet-Liste ist. Viel schlimmer. Nicht jeder, der eine Injektion bekommt, wird zum Selbstmörder programmiert.«
»Sondern?«
»Manche Leute unter ihrer Kontrolle scheinen ihren freien Willen zu behalten, aber das stimmt nicht. Sie werden skrupellos benutzt. Als programmierte Profikiller. Andere werden versklavt und als billige Arbeitskräfte eingesetzt.«
Sie hasste den Tod, der ihr die Mutter und den Mann geraubt hatte, aber als sie auf den Toten zwischen sich und dem Bestatter hinabsah, suggerierte sein wachsbleiches Gesicht einen Seelenfrieden, um den ihn vermutlich viele, deren Gehirn mit einem Nanonetz überzogen und durchwebt war, beneidet hätten.
»Ich habe Männer gesehen, die den Besitz eines Arkadiers – so nennen sie sich selbst – zu bewachen hatten: ein Rudel von Männern in Khakihose und Sportsakko, auf den ersten Blick ganz normal, aber wie Hunde ausgebildet, beengt wie in einem Zwinger lebend. Ihre Persönlichkeiten und Identitäten ausgelöscht. Kein Privatleben mehr. Dafür programmiert, Waffen zu tragen, Sicherungsaufgaben zu übernehmen, Eindringlinge aufzuspüren und zu töten. Sie sind wie … Maschinen aus Fleisch und Blut.«
Falls Jane noch im Zweifel gewesen war, ob er ihr glaubte, hatte sie jetzt Gewissheit, als er sich bekreuzigte.
»Maschinen aus Fleisch und Blut«, wiederholte sie. »Die gibt es auch in Luxusbordellen für reiche, mächtige Leute, die diese Verschwörung finanzieren. Mir ist’s gelungen, in eines reinzukommen – und lebend wieder rauszukommen. Die jungen Frauen sind schöner, als sich mit Worten beschreiben lässt. Aber sie haben kein Gedächtnis mehr. Keine Erinnerung daran, wer sie einst waren oder dass es eine Welt außerhalb des Bordells gibt. Keine Hoffnungen. Keine Träume. Keine Interessen, außer fit und begehrenswert zu bleiben. Dafür programmiert, alle sexuellen Wünsche zu erfüllen. Total unterwürfig. Niemals ungehorsam. Kein Wunsch zu extrem, um nicht erfüllt zu werden. Sie sind sanft, reizend, anscheinend glücklich, aber das ist alles einprogrammiert. Sie sind unfähig, Wut oder Traurigkeit auszudrücken. Aber irgendwo tief in ihrem Innersten … was wäre, wenn in einer von ihnen etwas zurückgeblieben wäre, der blasseste Schimmer menschlicher Gefühle, ein Hauch von Selbstachtung, eine Andeutung von Hoffnung? Dann wäre ihr Körper ein Gefängnis. Sie müssten ein grausig einsames Leben in einer Hölle ohnegleichen führen. Ich habe geträumt, eine dieser jungen Frauen zu sein, und bin zitternd aufgewacht. Ich schäme mich nicht, zuzugeben, dass ich schreckliche Angst habe, meines freien...
Erscheint lt. Verlag | 17.12.2019 |
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Reihe/Serie | Jane Hawk | Jane Hawk |
Übersetzer | Wulf Bergner |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The Crooked Staircase |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | action thriller • action thriller buch • dean koontz buch • Dean koontz bücher • dean koontz deutsch • dean koontz jane hawk • dean koontz jane hawk 3 • dean koontz jane hawk deutsch • gute Thriller • Jane Hawk • jane hawk 3 • jane hawk dean koontz • krimi und thriller • Thriller • Thriller Buch • Thriller Krimi • thriller neu |
ISBN-10 | 3-95967-876-2 / 3959678762 |
ISBN-13 | 978-3-95967-876-6 / 9783959678766 |
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